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FILMFEST MÜNCHEN MAGAZIN 2019

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RETROSPEKTIVE BONG JOON HO<br />

62<br />

eine kleine Snack-Bar nahe des Han-<br />

Fluss führt, will eigentlich nur Kunden<br />

ein bisschen was zu knabbern bringen.<br />

Doch dann taucht ein dunkler Schatten<br />

im Wasser auf: ein Amphibium,<br />

gigantisch, gleichermaßen grotesk wie<br />

gefräßig. Während Gang-du dieser<br />

unbekannten Lebensform noch entkommen<br />

kann, hat seine Tochter Hyun-seo<br />

weniger Glück. Mit einem<br />

Happs ist sie weg. Oder vielleicht doch<br />

nicht: Familie Park setzt alles daran, die<br />

Verschwundene wiederzufinden und<br />

aus den Pranken der Bestie zu befreien.<br />

Was nicht ganz einfach ist, wenn die<br />

Chaostruppe nicht nur gegen den<br />

übermächtigen Feind ankämpft, sondern<br />

auch gegen Behörden, denen die<br />

gesamte Geschichte eher unangenehm<br />

ist. Aus gutem Grund: In dieser<br />

Mischung aus klassischem Monsterfilm<br />

und Gesellschaftssatire laufen die<br />

größten Ungeheuer auf zwei Beinen<br />

herum. Kleinere Mauscheleien, geheime<br />

Absprachen, zur Not auch mal<br />

eine dreiste Lüge – der Genremix<br />

verpackt eine bittere Farce ins blutige<br />

Genregewand.<br />

Diesen beiden Themen – familiärer<br />

Zusammenhalt und menschliche<br />

Abgründe – blieb Bong auch bei seinem<br />

nächsten Spielfilm treu. Wie<br />

schon the host feierte mother 2009<br />

in Cannes seine Weltpremiere. Dieses<br />

Mal steht eine ältere Witwe im Mittelpunkt,<br />

die sich mit Heilkräutern und<br />

Akupunktur um die Gesundheit ihrer<br />

Mitmenschen kümmert. Vor allem<br />

aber kümmert sie sich um ihren Sohn<br />

Do-jun. Als ausgerechnet der verdächtigt<br />

wird, eine Schülerin ermordet<br />

zu haben, setzt sie Himmel und<br />

Hölle in Bewegung, um ihren Liebling<br />

zu befreien. Einer ihrer Gegner: die<br />

Polizei, die – wie so oft bei Bong – in<br />

einer Mischung aus Faulheit und Inkompetenz<br />

den erstbesten nimmt,<br />

den sie findet. Zumal Do-jun wie<br />

schon sein Leidensgenosse in memories<br />

of murder geistig ein wenig zurückgeblieben<br />

ist.<br />

Allgemein greift Bong hier vieles<br />

auf, was er zuvor schon als Markenzeichen<br />

etabliert hat. Neu ist hingegen<br />

die starke Frauenrolle: Seine Protagonistin<br />

mag den ganzen Film über namenlos<br />

bleiben und letztendlich auf<br />

ihre Rolle als Mutter reduziert werden,<br />

und doch sollte sich niemand ihr in<br />

den Weg stellen, der am eigenen Leben<br />

hängt. Damit brach der Filmemacher<br />

bewusst mit einem traditionellen<br />

Bild des südkoreanischen Kinos: der<br />

Mutter als warmherziges, fürsorgliches<br />

Überwesen. Bei mother wird<br />

diese Fürsorglichkeit ins Extrem übersteigert.<br />

Das Ideal wandelt sich in ein<br />

finsteres Zerrbild, erschreckend und<br />

traurig in seinem isolierten Wahn und<br />

seiner Verzweiflung.<br />

DI 2.7. 17.30 UHR<br />

FILMMUSEUM<br />

HUNDE, DIE BELLEN, BEISSEN NICHT<br />

FLANDERS EUI-GE<br />

Republik Korea 2000 • Regie Bong Joon Ho • Buch Bong Joon Ho,<br />

Derek Son Tae-woong, Ji-ho Song • Darsteller Lee Sung-jae,<br />

Bae Doo-na • Länge 106 Min. • OmeU • FSK 16<br />

Das Thema Isolation hatte Bong<br />

bereits ein Jahr zuvor in dem Episodenfilm<br />

tokyo! (2008) angeschnitten,<br />

mit dem er und seine französischen<br />

Kollegen Michel Gondry und Leos<br />

Carax der titelgebenden Mega-Metropole<br />

ein filmisches Denkmal setzten.<br />

Während Gondry von einer etwas<br />

hölzernen Beziehung erzählt und<br />

Carax einen bizarren Wüterich durch<br />

die Straßen schickt, nimmt sich der<br />

Südkoreaner eines im Grunde sehr<br />

traurigen Stoffes an: „Hikikomori“.<br />

Damit werden Menschen bezeichnet,<br />

meistens junge Männer, die sich daheim<br />

einsperren und den Kontakt zur<br />

Außenwelt vermeiden. Das trifft auch<br />

auf den namenlosen Protagonisten zu,<br />

dessen ganzer Stolz der immer größer<br />

werdende Stapel von Pizza-Schachteln<br />

ist. Bis er sie trifft: die Pizza-Botin. Die<br />

hat zwar auch keinen Namen, ist dafür<br />

aber so liebreizend, dass selbst ein<br />

eingefleischter Eigenbrötler seine<br />

großstädtische Höhle verlässt. Friede,<br />

Freude, Pizzabrot? Das nicht, denn<br />

auch wenn der fernöstliche Filmemacher<br />

sich hier deutlich kürzer fassen<br />

muss und auf fremdem Terrain unterwegs<br />

ist – sein Faible für die kleinen<br />

Besonderheiten des Lebens hat er im<br />

Gepäck dabei.<br />

Das gilt auch für seinen ersten<br />

großen Versuch, international Fuß zu<br />

fassen. Dafür trat Bong eine weite<br />

Reise an, die ihn zunächst nach Frank-<br />

FR 5.7. 22.30 UHR<br />

FILMMUSEUM<br />

MO 1.7. 17.30 UHR<br />

FILMMUSEUM<br />

THE HOST<br />

GWOE MUL<br />

DO 4.7. 15.00 UHR<br />

HFF AUDIMAXX<br />

Republik Korea 2006 • Regie Bong Joon Ho<br />

Buch Bong Joon Ho, Ha Joon-won,<br />

Baek Chul-hyun • Darsteller Song Kang-ho,<br />

Park Hae-il, Bae Doo-na • Länge 115 Min.<br />

OmdU • FSK 16

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