FILMFEST MÜNCHEN MAGAZIN 2019
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Zum zweiten Mal kooperiert das filmfest münchen mit dem Museum<br />
Brandhorst. Dieses präsentiert im Rahmen der Jubiläumsausstellung<br />
„Forever Young – 10 Jahre Museum Brandhorst“ ein Werkkonvolut<br />
des US-amerikanischen Filmemachers, Kameramanns und Künstlers<br />
Arthur Jafa. Parallel dazu zeigt das filmfest münchen das Filmprogramm<br />
„A Peculiar Vantage: A Selection of Black Cinema“, mit dem deutschen<br />
Untertitel „Black Cinema: Eine eigene Perspektive“. Arthur Jafa höchstpersönlich<br />
hat eine Longlist mit Filmen erstellt, die von Regisseurin<br />
Megan Fraser auf sieben einzelne Programme gekürzt wurde. Am 1. Juli<br />
<strong>2019</strong> um 19 Uhr findet dazu ein Panelgespräch mit Arthur Jafa und Gästen<br />
im Foyer des Museum Brandhorst statt.<br />
In a peculiar vantage: a selection<br />
of black cinema zeichnet Jafa seine<br />
eigene filmkünstlerische Herkunft<br />
nach. Drei seiner wichtigsten Videowerke<br />
sowie sein epischer Film akingdoncomethas<br />
(2018), der zeitgleich im<br />
Museum Brandhorst als Europapremiere<br />
gezeigt wird, erfassen seine tonangebende<br />
Stimme im zeitgenössischen<br />
Kunstkontext. Ergänzt werden sie im<br />
Programm des filmfest münchen um<br />
Beiträge von Filmemacher*innen, die<br />
für Jafas Schaffen maßgeblich waren,<br />
aber auch um junge Positionen, die<br />
seinen inhaltlichen wie ästhetischen<br />
Ideenkomplex aufgreifen und weiterdenken.<br />
Arthur Jafa ist der Künstler<br />
der Stunde. Ob Musikvideos, bildende<br />
Kunst oder Film – in allen Medien<br />
findet er eine neue Perspektive und ist<br />
die führende Stimme einer Generation.<br />
In seinen Werken reflektiert der<br />
1960 geborene Jafa die eigene Identität<br />
als in Mississippi aufgewachsener<br />
„African American“, und damit die<br />
kollektive Erfahrung, als Schwarzer in<br />
einer von Weißen dominierten Gesellschaft<br />
seinen Platz zu finden.<br />
Die Bildgestaltung für Julie Dashs<br />
daughters of the dust brachte Jafa<br />
1991 den Preis für die beste Kamera auf<br />
dem Sundance Film Festival ein. Von<br />
da an war der Grundstein für seine<br />
Karriere als Kameramann gelegt. Eine<br />
seiner bekanntesten Kollaborationen<br />
war mit Regisseur Spike Lee für dessen<br />
Milieustudie crooklyn (1994); bereits<br />
1992 hatte er diesen bei malcom x<br />
unterstützt.<br />
Thematisch knüpfen Jafas Regiearbeiten<br />
an sein Kamerawerk an; doch<br />
hier fand er zu seiner eigenen Filmsprache.<br />
Zum 50-jährigen Jubiläum<br />
von Martin Luther Kings historischer<br />
Rede „I Have a Dream“ griff er 2014<br />
mit dreams are colder than death<br />
das Thema der Bürgerrechtsbewegung<br />
auf. Darüber hinaus beschäftigt<br />
sich Jafa insbesondere mit der afroamerikanischen<br />
Musikkultur, etwa in<br />
dem Filmporträt new soul rebel:<br />
adrian younge, das er 2014 gemeinsam<br />
mit Malik Sayeed realisierte.<br />
Oder im Kurzfilm apex (2013), wo seine<br />
Bildfolgen den treibenden Rhythmus<br />
der Techno-Beats von DJ Robert<br />
Hood aufnehmen.<br />
Seine zahlreichen Musikvideos wie<br />
etwa für die R’n’B Queen Beyoncé,<br />
ihre Schwester Solange und den Rapper<br />
Jay-Z besetzen weiße Bildwelten<br />
mit Symboliken aus der afroamerikanischen<br />
Lebenskultur und bemächtigen<br />
sich des sonst von Weißen<br />
genutzten Prinzips der kulturellen<br />
Aneignung.<br />
Die Found-Footage-Videocollage<br />
zu Jay-Z’s Song „4:44“ kann als Übergang<br />
zu Jafas Videokunst gelesen<br />
werden. Mit Bildsequenzen aus Internetvideos<br />
rückt er die systemische<br />
Unterdrückung der Schwarzen Bevölkerung<br />
und die Gewalt gegen Minderheiten<br />
ins Zentrum. In der Videoinstallation<br />
love is the message – the<br />
message is death (2016) wendet Jafa<br />
ebendiese Technik an und bringt<br />
somit vermeintlich disparate Bildwelten<br />
in eine, wie er es nennt, „affektive<br />
Nachbarschaft“ zueinander. Hier arrangiert<br />
er historische und zeitgenössische<br />
Aufnahmen der afroamerikanischen<br />
Kultur zu Kanye Wests Song<br />
„Ultralight Beam“.<br />
Die Auseinandersetzung mit<br />
„Blackness“ ist Dreh- und Angelpunkt<br />
seines künstlerischen Schaffens. Jene<br />
kollektive Erfahrung, Schwarz zu sein<br />
in einer von Weißen heterosexuellen<br />
Männern dominierten Gesellschaft,<br />
schließt per se die Perspektiven von<br />
Frauen, LGBTQIA+ und all derer ein,<br />
die sich in dieser Welt nicht repräsentiert<br />
sehen.<br />
Mit der Filmreihe a peculiar<br />
vantage: a selection of black cinema<br />
eröffnet Arthur Jafa für das filmfest<br />
münchen seine persönliche Perspektive<br />
auf die Geschichte des Black<br />
Cinema in den USA. Die Themen, die<br />
in den von ihm ausgewählten Filmen<br />
verhandelt werden, beschäftigen Jafa<br />
bis heute. So inspirierte Ed Blands<br />
the cry of jazz aus dem Jahr 1959<br />
Jafas Filme sowohl inhaltlich als auch<br />
formal: Darin manifestieren collageartige<br />
Bilder den Jazz als identitätsstiftendes<br />
Moment afroamerikanischer<br />
Kultur. Auch in Larry Clarks passing<br />
through (1977) wird der Jazz als einer<br />
der Grundpfeiler afroamerikanischer<br />
Identität dargestellt. Julie Dashs<br />
Kurzfilm diary of an african nun aus<br />
demselben Jahr geht dagegen der Bedeutung<br />
der katholischen Kirche für<br />
die afroamerikanische Gemeinschaft<br />
nach – ein Thema, an das Jafa mit<br />
akingdoncomethas (2018), zu sehen<br />
im Museum Brandhorst, anknüpft. Ein<br />
jüngerer Beitrag ist Dennis Dortchs<br />
a good day to be black and sexy<br />
(2008). Der Film untersucht stereotype<br />
Darstellungen schwarzer Körper<br />
und Sexualität.<br />
Mit seinen Werken steht Jafa in der<br />
Tradition eines emanzipierten Schwarzen<br />
Selbstverständnisses, wie es vom<br />
Black Cinema geprägt wurde. Selbstbewusst<br />
verkehrt er rassistische<br />
Stereotype in ihr Gegenteil und macht<br />
sie so für das – Weiße – Gegenüber<br />
erfahrbar. In seiner auf der Biennale<br />
in Venedig gezeigten Videoarbeit the<br />
white album (2018) stellt er rassistische<br />
Klischees aus und bildet damit<br />
den afroamerikanischen Blick auf die<br />
Weiße Hegemonie ab. Dieser tritt Jafa<br />
mit seinem Werk entgegen und präsentiert<br />
die amerikanische (Kultur-)<br />
Geschichte als primär afroamerikanisch<br />
geprägte. Für dieses Werk wurde<br />
Jafa unlängst der Goldene Löwe auf<br />
der Biennale in Venedig verliehen.<br />
BLACK CINEMA<br />
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