FILMFEST MÜNCHEN MAGAZIN 2019
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CINEMATIC VR:<br />
K I N O<br />
ERLEBEN<br />
VIRTUAL WORLDS<br />
42<br />
Ein amerikanisches Diner mitten in Washington<br />
D.C. wird zum virtuellen Aufarbeitungsort:<br />
Ben’s Chili Bowl war in den<br />
Fünfzigerjahren ein sicherer Reise-Ort für<br />
schwarze Amerikaner. Das sagte zumindest<br />
das sogenannte Green Book. In der Virtual-<br />
Reality-Experience traveling while black<br />
ist dieses alte Diner die Kulisse, um sich<br />
auf eine dokumentarische Spurensuche<br />
zu begeben in einem Amerika, in dem Rassismus<br />
auch heute noch eine alltägliche<br />
Rolle spielt. Zu Wort kommen die Restaurantbesitzerin<br />
Virginia Ali, die Bürgerrechtlerin<br />
Courtland Cox sowie Samaria Rice,<br />
die Mutter von Tamir Rice, einem Teenager,<br />
der 2014 von einem Polizisten in Cleveland<br />
erschossen wurde.<br />
Ein klassischer Dokumentarfilm auf<br />
den ersten Blick: Allerdings findet man<br />
sich selbst in dieser Kulisse wieder, sitzt<br />
den Interviewpartnern direkt gegenüber<br />
und lauscht ihren bisweilen sehr persönlichen<br />
Geschichten und Erfahrungen. Das<br />
ist eine der Stärken von Virtual Reality: das<br />
immersive Eintauchen in andere Welten<br />
und Perspektiven. Das renommierte kanadische<br />
VR-Studio Felix & Paul, das bereits<br />
mehrfach mit einem EMMY ausgezeichnet<br />
wurde, hat in den vergangen fünf Jahren<br />
eine eigene VR-Filmsprache entwickelt.<br />
Walking down memory lane: gymnasia<br />
Walking down memory lane: gymnasia<br />
Mit ihren Arbeiten wollen sie nicht nur virtuelle<br />
Welten abbilden, sondern vor allem<br />
Geschichten neu erzählen.<br />
Auf Englisch nennt Félix Lajeunesse,<br />
einer der beiden Gründer von Felix&Paul,<br />
seine Herangehensweise „Cinematic VR“:<br />
„Das ist Live Action. Und da spielen bei uns<br />
zwei Schlüsselbegriffe eine zentrale Rolle:<br />
zum einen Intimität, zum anderen Gegenwärtigkeit<br />
— das Gefühl, in der Experience<br />
live dabei zu sein und sie zu erleben statt<br />
nur zuzusehen.“<br />
Felix&Paul kombinieren filmische Mittel<br />
mit neuester Technologie, haben nie<br />
einfach eine Kamera in den Raum gestellt,<br />
um zu erfassen, was um sie herum passiert.<br />
Stattdessen setzen sie sich zum Ziel, audiovisuelles<br />
Erzählen weiterzudenken.<br />
Was kann VR leisten, was im klassischen<br />
Film nicht oder nur schwer umzusetzen<br />
ist? VR ist laut Felix&Paul das einzige Medium,<br />
das diese Intimität erlaubt. Als Beispiel<br />
nennen sie gerne ihre erfolgreiche<br />
Weltraum-VR-Serie space explorers, der<br />
Captain-Marvel-Protagonistin Brie Larson<br />
ihre Stimme lieh: „Wir wollten, dass die<br />
User das Gefühl haben, selbst zum Entdecker<br />
und Astronauten zu werden,“ sagte<br />
Félix Lajeunesse in einem Interview mit<br />
PROFESSIONAL<br />
DAY<br />
Im Rahmen der virtual worlds veranstaltet<br />
das Bayerische Filmzentrum<br />
auch einen Professional Day. Am 3. Juli<br />
eröffnet um 13 Uhr Colum Slevin<br />
(Head of Media für VR/AR Experiences<br />
bei Facebook) mit einer Keynote über<br />
Storytelling und die aktuellen Entwicklungen<br />
bei Oculus im Carl-<br />
Amery -Saal/Gasteig dieses Branchen-<br />
Event. Im Anschluss moderiert er das<br />
Panel felix&paul studios' and the<br />
evolution from cinematic vr to<br />
immersive entertainment mit Felix<br />
Lajeunesse, Martin Enault (beide<br />
Felix&Paul Studios) und Myriam<br />
Achard (Phi Centre) — eine Würdigung<br />
der bahnbrechenden Werke dieser in<br />
Montréal angesiedelten VR-Künstler.<br />
Weitere Keynotes halten Balthazar<br />
Auxietre, der zu Storytelling in VR<br />
Games referieren wird sowie Chloé<br />
Jarry (Lucidrealities Studio) und Julie<br />
Walsh (Walsh Galleries). Das komplette<br />
Programm finden Sie unter<br />
http://VirtualWorlds-Munich.com.