FILMFEST MÜNCHEN MAGAZIN 2019
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FR 28.6. 22.00 UHR<br />
GASTEIG FORUM – OPEN AIR<br />
KEEP SURFING<br />
Deutschland 2009 • Regie Bjoern Richie Lob • Buch Bjoern Richie Lob,<br />
Benjamin Quabeck • Mit Dieter Deventer, Steffen Dittrich, Mark Steffan<br />
Gassner, Markus Knörringer, Florian Kummer • Länge 94 Min. • OF<br />
OPEN AIR<br />
138<br />
langjähriger Bekanntschaft immer noch<br />
höflich siezen. Der Postbote Angerer,<br />
der die Briefe noch jedem persönlich<br />
aushändigt, bemerkt zwar, dass es allen<br />
immer mehr pressiert, doch für einen<br />
Tratsch im Treppenhaus ist immer Zeit.<br />
Zusätzlich hat die Hausmeisterin mit<br />
ihrer Tochter Christa, dem „Schneckerl“,<br />
alle Hände voll zu tun. Denn über einer<br />
Leberkässemmel will doch der eine oder<br />
andere Fehltritt von deren Freund Bertl<br />
besprochen werden.<br />
Ganz anders als mit den bodenständigen<br />
Haidhausenern verhält es sich mit<br />
der Film-High-Society in Helmut Dietls<br />
rossini – oder die mörderische frage,<br />
wer mit wem schlief. Hier denkt ein<br />
jeder als erstes an sich und dann darüber<br />
nach, wer es mit wem treibt oder zumindest<br />
treiben könnte. Dabei wollen Regisseur<br />
Uhu Zigeuner und Produzent Oskar<br />
Reiter den erfolgsversprechenden Film<br />
„Die Loreley“ auf die Leinwand bringen.<br />
Doch wie soll man sich darauf konzentrieren,<br />
wenn nebenbei noch Konkurrenten<br />
ausgestochen und schöne Frauen<br />
erobert werden wollen? Für die Lusthöhle<br />
des „Rossini“ ließ Dietl sein<br />
Schwabinger Lieblingsrestaurant „Romagna<br />
Antica“ detailgetreu nachbauen. Der<br />
Vergleich mit dem Originalschauplatz,<br />
mit seinen Stammgästen wie Rainer<br />
Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff<br />
und Bernd Eichinger, liegt daher auf der<br />
Hand. Es ist ein Reigen der Machos und<br />
Narzisst*innen, die unerschütterlich<br />
ihren Visionen nachgehen. Im Film wie<br />
im echten Leben ist München dabei<br />
immer geliebte Konstante, in der Gleichgesinnte<br />
sich verbünden.<br />
Aber die Diva München bietet auch<br />
die ein oder andere Möglichkeit, sich zu<br />
entfalten, etwa den Surfern, die ihrer<br />
Leidenschaft heute vor allem am Eisbach<br />
und an der Floßlände nachgehen können.<br />
Der Dokumentarfilm keep surfing<br />
von Bjoern Richie Lob widmet sich diesem<br />
kontraintuitiven Phänomen, in einer<br />
Stadt, die nur vom Meer träumt. Zu<br />
Beginn mussten Surfliebhaber sich vor<br />
allem zu helfen wissen: Beim Brettl-<br />
Fahren wurde eine Schnur über die Isar<br />
gespannt, an der ein Holzstück im Fluss<br />
trieb, das als Surfboard diente. Dann, als<br />
der Wellengang am Eisbach entdeckt<br />
war, aber noch keine Eisenschiene im<br />
Wasser ihn dauerhaft aufrechterhielt,<br />
mussten die Surfer ihn künstlich erzeugen,<br />
indem sie das Wasser fächelten.<br />
Heute zieht der Eisbach Touristen und<br />
Surfbegeisterte aus aller Welt an. Und<br />
sendet seine Talente in sie aus. Eines<br />
dokumentiert dieser Abriss über die<br />
Geschichte der Münchner Welle deutlich:<br />
Egal, ob Haiti oder Kanada locken –<br />
als Sehnsuchtsort lässt die Isar niemanden<br />
unberührt.<br />
Doch wer sich so in die Stadt im<br />
Süden verliebt, dass er sie gar nicht<br />
mehr verlassen will, steht vor einem<br />
Problem. Denn eine Beziehung muss<br />
verdient werden und München macht<br />
sich rar. Das merkt der Verehrer spätestens,<br />
wenn er eine Wohnung sucht. In<br />
Thomas Schwendemanns neuer Komödie<br />
schmucklos fällt das auch dem<br />
Regisseur Augustin und dem Autor<br />
Roland auf. Nur, dass neben dem Zuhause<br />
auch noch Aufträge, eine Freundin<br />
und Geld fehlen. Da kommt die Idee auf,<br />
die alte Giesinger Kneipe der Oma wieder<br />
herzurichten. Die Gentrifizierung<br />
droht zwar, diesen Plan zu durchkreuzen,<br />
doch dort, wo Menschen über Bier<br />
und Schnaps Freundschaften schließen,<br />
entsteht nicht nur gemütliche Geselligkeit,<br />
sondern auch ein Zusammenhalt,<br />
der einiges möglich macht. Dazu versammelt<br />
Schwendemann einige Legenden<br />
Münchens vor der Kamera: von<br />
Michaela May und Uschi Glas bis hin zu<br />
Marianne Sägebrecht und Eisi Gulp –<br />
eine illuster besetzte Weltpremiere<br />
beim Filmfest Open Air.<br />
Ob Schickeria-Baby oder Grande<br />
Dame – München weiß um seine Klischees<br />
und spielt sie schamlos aus. Nur<br />
um im letzten Moment zu überraschen.<br />
Wer sich mit Entdeckergeist dieser<br />
Stadt, im Leben wie im Film, hingibt, hat<br />
sich eine fortwährende Liebe verdient.<br />
Tatjana Michel<br />
TERMINE<br />
Im Gasteig (Forum) immer<br />
um 22 Uhr<br />
Fr, 28.6. keep surfing<br />
Sa, 29.6. rossini<br />
So, 30.6. schmucklos<br />
Mo, 1.7. neun leben hat die katze<br />
Di, 2.7. die hausmeisterin<br />
Mi, 3.7. katzelmacher<br />
Do, 4.7. zur sache, schätzchen<br />
Fr, 5.7. meister eder und<br />
sein pumuckl