Das Kirchenbuch für die Gemeinde

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7ro Woche des ! 7. S 0 n ntags nach Trinitatis Augenblick, als E r das Haus betritt, liegt da ein wassersüchtiger Mensch, der geheilt sein möchte. Schon ist das theologische „Problem" da, aber anders, als die Gchriftgclehrten es sich gedacht haben. E s ist ein richtiges „Problem", d. h. zu deutsch etwas, das einem vor die Füße geworfen wird. Es liegt da in der Person eines schwerkranken Menschen. Der kann nicht warten, bis der Sabbat vorüber ist, sondern nimmt die Gelegenheit wahr und bittet den Herrn um Hilfe. , Iesus weiß, warum man Ih n geladen hat. Deshalb nimmt auch E r die Gelegenheit wahr, wartet nicht erst, bis die andern Ih m fragen stellen, sondern fragt Selber: Darf man am Sabbat heilen oder nicht) — Alle sehen den Lranken da liegen. Deshalb hat Iesu Frage ein anderes Gewicht, als es sonst theologische Streitfragen haben. S o bekommt E r denn auch keine Antwort. Da gibt E r sie Selber. E r heilt den Lranken. M an sollte meinen, dies wäre eine sehr eindeutige Antwort gewesen. Denn was ist eindeutiger als eine solche Tatsache? Aber Schriftgelehrte und Pharisäer sind auch durch Tatsachen nicht zu überzeugen. Sie sagen unter Umständen, Iesu Wunder seien lauter Tcufelswerk. Darum fährt der Herr fort: „welcher ist unter euch, dem sein Ochse oder Esel in den Brunnen fällt, und der ihn nicht alsbald herauszieht am Sabbattage?" E r erinnert damit an r. Mose rz, 33. 34. Dort wird gesagt, daß jemand, auf dessen Hof der „Ochse oder Esel" des Nachbarn infolge von Unachtsamkeit zu Schaden kommt, für das Gut des Nächsten haftbar ist. Also dem Tier hilft man nicht bloß aus Mitleid, sondern weil man schadenersatzpflichtig gemacht werden könnte. Beim Menschen dagegen heißt es: Heute nicht! Denn es ist Sabbat. I n diesem Fall kann ja niemand auf Schadenersatz klagen. — w a s ist das für eine seltsame Auslegung des Gesetzes Gottes! S o macht Iesus den Pharisäern und den Schriftgelehrten klar, wie sie das Gesetz mißverstehen, und was dessen eigentlicher Sinn ist. Der S inn des Gesetzes ist die Liebe. Sie ist es, die alle einzelnen Gebote richtig auslegt, auch das Gebot der Sabbatruhe. Die Liebe sollte die Auslegerin aller Gesetze und Normen unseres Lebens sein. w o sie nicht regiert, herrscht entweder jene starre Grundsätzlichkeit, die mit dem Lopf durch die w and will, oder jene Grundsatzlosigkcit, die sich immer damit entschuldigt, es sei in diesem und jenem Falle „wirklich nicht gegangen", w enn man um der Liebc

-7- Sonntag nach Trinitatis 7U willen einen Grundsatz aufhebt, so bestätigt immer die Ausnahme die Regel, w a s Iesus hier am Sabbat tut, heiligt ihn, obwohl E r scheinbar das Sabbatgebot durchbricht. Umgekehrt, wo die Liebe mit Rücksicht auf bestimmte Menschen, Umstände und Gelegenheiten neue Grundsätze aufrichtet, führt sie nie Zwang ein, sondern bildet Sitte. Aus der Liebe verstanden ist Gottes Gesetz ein Gesetz der Freiheit. Auch Seine Wahrheit ist eine frei wirkende Wahrheit. Als man zu Tische geht, entsteht ein Rangstreit um die Plätze. Jeder will der vornehmste sein. Dergleichen wäre auf einer heutigen Gesellschaft nicht gut möglich. Aber spielt sich nicht etwas Ähnliches oft genug vorher ab, wenn die Tischordnung festgelegt w ird) Oder auch nachher, wenn die Beschwerden derer einlaufen, die ihrer Meinung nach den unrichtigen Platz bekommen haben) Die Menschen bleiben sich darin zu allen Zeiten gleich. Gäbe es keine Rangordnung und demgemäß auch keinen Rangstreit, dann käme ihnen die W elt vermutlich langweilig vor. w e r kann all die feinen und feinsten Unterschiede im Lopf behalten, die es auf diesem Gebiet gibt) E s ist eine wahre Wissenschaft. Und zu beobachten, aus was für G ründen dieser jenen oder diese jene über die Schulter ansieht und verachtet, das ist eine wahre Romödie. w a s Iesus dazu sagt, will nicht als eine moralische Lehre verstanden werden. Es wird vielmehr ausdrücklich als ein Gleichnis bezeichnet. E r sieht diesen menschlichen Rangstreit mit den Augen des Sohnes Gottes an. I n Gottes Augen ist aller menschliche Rangstreit gleich töricht. Darum gibt der Herr diesen vornehmen Schriftgelehrten eine sehr kräftige Lehre. Sie wollten Ihn, den Zimmermannssohn aus Nazareth, unter die Lupe nehmen; aber sie ahnen nicht, daß sie selber unter den Augen des Sohnes Gottes sind. Der Herr sagt: „Bist du zu einer Hochzeit geladen, so setze dich nicht obenan. Es könnte einer kommen, der noch vornehmer ist als du. Dann mußt du ihm weichen. Setz' dich ganz nach unten. Dann wirst du vielleicht nach oben gebeten und so besonders geehrt". Denn »wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der soll erhöht werden«". Von welcher Hochzeit redet E r da) Meint E r wirklich nur irdische Hochzeiten, oder meint E r das königliche Hochzeitsmahl im Reiche Gottes) Der Text sagt, Seine W orte seien ein „Gleichnis". Also meint E r beides. Und warum) w e il die Schriftgeiehrten und die

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Woche des ! 7. S 0 n ntags nach Trinitatis<br />

Augenblick, als E r das Haus betritt, liegt da ein wassersüchtiger<br />

Mensch, der geheilt sein möchte. Schon ist das theologische „Problem"<br />

da, aber anders, als <strong>die</strong> Gchriftgclehrten es sich gedacht haben. E s<br />

ist ein richtiges „Problem", d. h. zu deutsch etwas, das einem vor<br />

<strong>die</strong> Füße geworfen wird. Es liegt da in der Person eines schwerkranken<br />

Menschen. Der kann nicht warten, bis der Sabbat vorüber<br />

ist, sondern nimmt <strong>die</strong> Gelegenheit wahr und bittet den Herrn um<br />

Hilfe. ,<br />

Iesus weiß, warum man Ih n geladen hat. Deshalb nimmt auch<br />

E r <strong>die</strong> Gelegenheit wahr, wartet nicht erst, bis <strong>die</strong> andern Ih m<br />

fragen stellen, sondern fragt Selber: Darf man am Sabbat heilen<br />

oder nicht) — Alle sehen den Lranken da liegen. Deshalb hat Iesu<br />

Frage ein anderes Gewicht, als es sonst theologische Streitfragen<br />

haben. S o bekommt E r denn auch keine Antwort. Da gibt E r sie<br />

Selber. E r heilt den Lranken.<br />

M an sollte meinen, <strong>die</strong>s wäre eine sehr eindeutige Antwort gewesen.<br />

Denn was ist eindeutiger als eine solche Tatsache? Aber Schriftgelehrte<br />

und Pharisäer sind auch durch Tatsachen nicht zu überzeugen.<br />

Sie sagen unter Umständen, Iesu Wunder seien lauter Tcufelswerk.<br />

Darum fährt der Herr fort: „welcher ist unter euch, dem sein Ochse<br />

oder Esel in den Brunnen fällt, und der ihn nicht alsbald herauszieht<br />

am Sabbattage?" E r erinnert damit an r. Mose rz, 33. 34. Dort<br />

wird gesagt, daß jemand, auf dessen Hof der „Ochse oder Esel" des<br />

Nachbarn infolge von Unachtsamkeit zu Schaden kommt, <strong>für</strong> das<br />

Gut des Nächsten haftbar ist. Also dem Tier hilft man nicht bloß<br />

aus Mitleid, sondern weil man schadenersatzpflichtig gemacht werden<br />

könnte. Beim Menschen dagegen heißt es: Heute nicht! Denn es ist<br />

Sabbat. I n <strong>die</strong>sem Fall kann ja niemand auf Schadenersatz klagen. —<br />

w a s ist das <strong>für</strong> eine seltsame Auslegung des Gesetzes Gottes! S o<br />

macht Iesus den Pharisäern und den Schriftgelehrten klar, wie sie<br />

das Gesetz mißverstehen, und was dessen eigentlicher Sinn ist. Der<br />

S inn des Gesetzes ist <strong>die</strong> Liebe. Sie ist es, <strong>die</strong> alle einzelnen Gebote<br />

richtig auslegt, auch das Gebot der Sabbatruhe.<br />

Die Liebe sollte <strong>die</strong> Auslegerin aller Gesetze und Normen unseres<br />

Lebens sein. w o sie nicht regiert, herrscht entweder jene starre Grundsätzlichkeit,<br />

<strong>die</strong> mit dem Lopf durch <strong>die</strong> w and will, oder jene Grundsatzlosigkcit,<br />

<strong>die</strong> sich immer damit entschuldigt, es sei in <strong>die</strong>sem und<br />

jenem Falle „wirklich nicht gegangen", w enn man um der Liebc

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