Das Kirchenbuch für die Gemeinde

Freiheit und Gehorsam der Linder Gottes____________6)s
wissen. „Unser Wandel ist im Himmel". Für Himmel sagen wir auch: Reich
Gottes. Nichts anderes meint das obige Schriftwort. Das hieße also: „Unser
Wandel ist im Reich« Gottes". Das klingt erstaunlich: Mein Wandel, mein
tägliches Leben und das deine spielt sich ab im Reiche Gottes? Spielt es
sich denn nicht auf der Erde ab) Auf dieser diesseitigen, tat- und leiderfüllten
Erde) Ganz gewiß! Aber eben diese diesseitige tat- und leiderfüllte Lrde ist
zugleich der L>rt, da das Reich Gottes, das einst kommen wird, seinen Anfang
hat. Und dieser Anfang des Reiches Gottes mitten im Diesseits geschieht sn
den Lhristenmenschcn, in ihrem Glauben, Denken, Tun und Lassen, also in
unserem Leben, unserem Glauben, Denken, Tun und Lassen.
Das ist für viele Menschen, die erst wieder entdecken müssen, was Christenglaube
ist, «ine Feststellung, die sie sehr überrascht, und die von ihnen
nicht sofort erfaßt wird. Also Christenglaube ist nicht eine Angelegenheit des
Jenseits) Nein, so sicher nicht, wie die Gegner der Lirche es gerne sagm.
Christenglaube ist maßgebend für unser Handeln im Diesseits, — das gilt
es zu begreifen. „Unser Wandel ist im Himmel". Das griechische Wort,
das Luther mit „Wandel" übersetzt, heißt auch „Bürgerrecht". Also: „Unser
Bürgerrecht ist im Himmel." „Unser Bürgerrecht", w eil wir getauft sind,
unterstehen wir dem Recht, das im Reich Gottes gilt. Grund unseres Handelns
ist also nicht wandelbares irdisches Recht, — sondern das, was im
Reich Gottes gilt. Das klingt nicht nur erstaunlich, sondern das ist auch
erstaunlich. Und es bedeutet sehr viel mehr, als wir zuerst meinen.
2.g) Ls bedeutet zuerst, daß für unser Leben die Gebot« Gottes unbedingt
gelten. Nicht, als wollten wir durch ihre Beachtung das Himmelreich verdienen
oder etwas Besseres sein als andere Menschen. Das Himmelreich ist
uns geöffnet durch die Taufe auf Christi Tod und Auferstehung, und nur
dadurch. Aber am Halten der Gebote zeigt sich, ob wir das glauben. Das
Halten der Gebote kann zu Zeiten, um nach Menschenart zu reden, sehr
unpraktisch und unvorteilhaft sein. Ls kann dem sogenannten gesunden Menschenverstand
widerstreiten; es kann gewissen weit verbreiteten Lebensgrundsätzen
widersprechen. Nur wenige Beispiele. Daß du den Sonntag heilig
hältst, kann sehr unvorteilhaft erscheinen, zumal wenn du meinst, die Sonntagsarbeit
nötig zu haben, um die Deinen durchzubringen. w a s kommt dabei
heraus, wenn du zur Lirche gehst) So wirst du obendrein noch gefragt. Und
mancher ist dann um ein« Antwort verlegen. Daß du das sechste Gebot hältst,
keusch lebst, deinem Ehegemahl mit der Liebe deines Herzens zugleich den
reinen Leib zu geben dich bemühst, das machen Altersgenossen verächtlich und
nennen in ihrer zügellosen Wollust Unnatur, was doch vom Geist gebändigte
Natur ist! Daß du das achte Gebot hältst und darauf verzichtest,
vom Nachbarn Böses zu reden, Richtiges oder Unrichtiges, macht das Leben
weniger interessant und gibt dir weniger Gelegenheit dreinzureden. Und so
fragst du: warum denn nicht «in wenig reden über den anderen) Ist das