Das Kirchenbuch für die Gemeinde
St>4 Woche des s. Sonntags nach Trinitakis geben. E r w ar ein Ascher vom See Genezareth. Eines Tages nun predigt Iesus gerade an der Stelle, wo er seine Boote liegen hat. E r ist eben damit beschäftigt, seine Netze zu waschen. Denn er war in der Nacht draußen gewesen zum Aschen. Da drängt das Volk den Herrn aus lauter Begierde, Ih n zu hören, beinahe ins Wasser. Iesus tritt in eins der Fischerboote und bittet Simon, dessen Besitzer, ein wenig vom Lande abzustoßen, damit die Leute nicht nachkommen können. Petrus unterbricht seine Arbeit und tut, worum Jesus ihn bittet. S o vollendet der Herr vom Schiff aus seine Rede. Es scheint nun zunächst so, als ob Iesus Sich für diese kleine Gefälligkeit habe bedanken wollen. E r sagt zu Sim on: „Ähre hinaus auf die Höhe und werft eure Netze aus, daß ihr einen Zug tut". Aber das klingt gar nicht mehr wie eine Bitte, sondern schon wie ein Befehl. Nicht eine kleine Gefälligkeit, sondern Gehorsam und G lauben heischt der Herr. Petrus w ar ein erfahrener Ascher. E r wußte, daß das Fischerhandwerk in der Dunkelheit oder im ersten Morgengrauen getan sein will. Auch hatte er eine anstrengende Nacht hinter sich und in ihr nichts gefangen. S oll er jetzt bei hellichtem Tage noä> einmal hinausfahren? E r hat seine Zweifel und spricht sie aus. Aber auch er hat den Worten Jesu gelauscht, während er seine Netze wusch. Darum fügt er hinzu: „Meister, auf Dein W ort hin will ich das Netz auswerfen". Da geschieht das große Wunder. Sie fangen eine Menge Fische, so viele, daß die Netze reißen. Petrus muß seine Gesellen im andern Boot heranwinken, daß sie ziehen helfen; er kann's mit den Leuten, die mit ihm in seinem Boote sind, allein nicht schaffen. Als nun der glitzernde Reichtum der vielen Fische beide Boote bis an den Rand füllt, da erschrickt er vor dem Wunder. Nein, nicht bloß vor dem Wunder, sondern daß Der, der es getan hat, mit ihm im Boote sitzt. E s treibt ihn auf die Änie. Über seine Lippen kommen die W orte: „Herr, geh' von mir fort! Ich bin ein sündiger Mensch", w a s für eine seltsame Wirkung! M an könnte sich denken, daß Petrus dem Herrn dankbar die Hand gereicht hätte, oder daß er Ihm vor Freude um den Hals gefallen wäre. Aber was er empfindet, ist etwas ganz anderes. E r fühlt, daß er nicht mit Dem in demselben Boot sitzen darf, durch den Gottes Finger so sichtbar am Werke ist. Christi Güte und die Nähe Dessen, durch den Gott Wunder tut, treibt ihn zum Bekenntnis seiner Sünde.
5. Sonntag nach Trinitatis sös Einige meinen, die Bekehrung des Menschen müsse immer auf ein und dieselbe weise vor sich gehen. Zuerst müsse er zur Erkenntnis seiner Sünde und danach zum Glauben an Gottes Gnade geführt werden. Daraus machen sie dann eine „Methode". Der Erfolg ist aber meistens, daß es weder zu einer ehrlichen Sündenerkenntnis noch zu einem freien und fröhlichen Glauben an Gottes Gnade kommt. Denn es ist ja alles der Bekehrungsmethode zu verdanken; Gott Selbst war in keinem von beiden. Hier sehen wir, daß Christus es bei Petrus genau umgekehrt gemacht hat. I n lauter Güte und Liebe ist E r ihm nahegekommen, und gerade das beschämt ihn tief. E s gibt also hierin keine „Methode". Gottes Heiliger Geist wirkt, wie E r will. Nur das eine macht uns diese Geschichte vom großen Aschzug klar. w o Gott zufaßt, da faßt E r stets mit beiden Händen zu, der strafenden und der gütigen Hand. Sein Zorn ist nie ohne Seine Liebe, und in Seiner Liebe wird uns fühlbar, wie sehr wir Seinen Zorn verdient haben. Daß w ir dieses beides nie vergessen möchten! Petrus hat einen großen Hang getan, aber -er Herr auch. E r sagt nun zu ihm: „Hürchte -ich nicht! Denn von nun an sollst du Menschen fangen". Darauf werden die Boote ans Land gebracht, und Petrus mitsamt seinen Gesellen verläßt alles und folgt Ihm nach. w ie merkwürdig ist das! Der größte Hischzug seines Lebens ist für Petrus zugleich der letzte; er ist selber dabei für einen andern Dienst eingefangen worden. Denn nun wird der Hischcr vom See Genezareth zu einem Iünger Iesu, danach zu einem Apostel und wird es bleiben, bis er für Christus in den Tod geht. w a s liegt alles dazwischen, von diesem Tage seiner Berufung an bis zu dem Tage, da er in Rom den Tod eines Märtyrers starb! Auf seltsame weise hat Iesus Seinen ersten Iünger gewonnen. Es geht ganz genau so zu, wie E r es später in den beiden Gleichnissen vom Schatz im Acker und von der köstlichen perle geschildert hat. Petrus fand den Schatz und die perle und gab für sie alles andere auf — mit tausend Hreuden. S o geht es allen echten Iüngcrn Iesu. Auch für sie gibt es freilich manchmal Zeiten, in denen sie mit Kummer feststellen: w i r haben uns die ganze Nacht geplagt, und es war alles vergebens. Aber dann erhält einer von ihnen den Befehl, das Netz noch einmal auszuwerfen. Nach allen Regeln der Erfahrung wird's nichts nützen. Aber er tut's, weil es der Herr gebietet. Und nun ist es, als ob die Menschen gerade auf ihn und sein W ort ge-
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5. Sonntag nach Trinitatis sös<br />
Einige meinen, <strong>die</strong> Bekehrung des Menschen müsse immer auf ein<br />
und <strong>die</strong>selbe weise vor sich gehen. Zuerst müsse er zur Erkenntnis<br />
seiner Sünde und danach zum Glauben an Gottes Gnade geführt<br />
werden. Daraus machen sie dann eine „Methode". Der Erfolg ist<br />
aber meistens, daß es weder zu einer ehrlichen Sündenerkenntnis noch<br />
zu einem freien und fröhlichen Glauben an Gottes Gnade kommt.<br />
Denn es ist ja alles der Bekehrungsmethode zu verdanken; Gott<br />
Selbst war in keinem von beiden. Hier sehen wir, daß Christus es bei<br />
Petrus genau umgekehrt gemacht hat. I n lauter Güte und Liebe ist<br />
E r ihm nahegekommen, und gerade das beschämt ihn tief. E s gibt<br />
also hierin keine „Methode". Gottes Heiliger Geist wirkt, wie E r<br />
will. Nur das eine macht uns <strong>die</strong>se Geschichte vom großen Aschzug<br />
klar. w o Gott zufaßt, da faßt E r stets mit beiden Händen zu, der<br />
strafenden und der gütigen Hand. Sein Zorn ist nie ohne Seine Liebe,<br />
und in Seiner Liebe wird uns fühlbar, wie sehr wir Seinen Zorn<br />
ver<strong>die</strong>nt haben. Daß w ir <strong>die</strong>ses beides nie vergessen möchten!<br />
Petrus hat einen großen Hang getan, aber -er Herr auch. E r sagt<br />
nun zu ihm: „Hürchte -ich nicht! Denn von nun an sollst du Menschen<br />
fangen". Darauf werden <strong>die</strong> Boote ans Land gebracht, und<br />
Petrus mitsamt seinen Gesellen verläßt alles und folgt Ihm nach.<br />
w ie merkwürdig ist das! Der größte Hischzug seines Lebens ist <strong>für</strong><br />
Petrus zugleich der letzte; er ist selber dabei <strong>für</strong> einen andern Dienst<br />
eingefangen worden. Denn nun wird der Hischcr vom See Genezareth<br />
zu einem Iünger Iesu, danach zu einem Apostel und wird es bleiben,<br />
bis er <strong>für</strong> Christus in den Tod geht. w a s liegt alles dazwischen, von<br />
<strong>die</strong>sem Tage seiner Berufung an bis zu dem Tage, da er in Rom<br />
den Tod eines Märtyrers starb!<br />
Auf seltsame weise hat Iesus Seinen ersten Iünger gewonnen. Es<br />
geht ganz genau so zu, wie E r es später in den beiden Gleichnissen<br />
vom Schatz im Acker und von der köstlichen perle geschildert hat.<br />
Petrus fand den Schatz und <strong>die</strong> perle und gab <strong>für</strong> sie alles andere<br />
auf — mit tausend Hreuden. S o geht es allen echten Iüngcrn Iesu.<br />
Auch <strong>für</strong> sie gibt es freilich manchmal Zeiten, in denen sie mit Kummer<br />
feststellen: w i r haben uns <strong>die</strong> ganze Nacht geplagt, und es<br />
war alles vergebens. Aber dann erhält einer von ihnen den Befehl,<br />
das Netz noch einmal auszuwerfen. Nach allen Regeln der Erfahrung<br />
wird's nichts nützen. Aber er tut's, weil es der Herr gebietet. Und<br />
nun ist es, als ob <strong>die</strong> Menschen gerade auf ihn und sein W ort ge-