Das Kirchenbuch für die Gemeinde

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,04 Sonntag nach Neujahr c) Weil also im Heidentum die Erkenntnis des göttlichen Gesetzes verfinstert ist, gefiel es Gott, durch eine besondere Offenbarung Seinen Willen noch einmal hell vor aller Augen zu stellen. Deshalb erscheint Gott dem Patriarchen mitmacht Sich ihm mit den Worten erkennbar: „Ich bin der allmächtige Gott, wandle vor Mir und sei fromm" (,. Mose ,7, ,). Deshalb übergibt Gott mündlich und schriftlich dem Mose die schon immer gültigen Zehn Gebote mit ihrem majestätischen Anfang: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht andere Götter haben neben Mir!" (r. Mose ro, r). Deshalb bezeugt die ganze Heilige Schrift, daß der Line lebendige Gott allein der Grund und die Kraft alles Gesetzes sei. 5. Dieses nunmehr in der Bibel geoffenbarte Gesetz der Zehn Gebote trifft uns mit der ganzen Schärfe eines Schwertes (Hcbr. 4, ir) und scheidet das Gore wohlgefällige vom Gott nicht gefälligem Tun. Dabei zeigt es sich, daß wir gerade dann, wenn wir Gottes Willen wirklich genau nehmen, vor Ihm nicht bestehen können, so wie es Paulus im siebenten Kapitel seines Römcrbriefes beschreibt. Dies gibt der Pharisäer in uns nicht zu, er hofft heuchlerisch, daß er seine Übertretungen bestimmter Gebote durch Mehrleistungen bei anderen Geboten wieder ausgleichen könne. Aber gerade der Pharisäer schlägt den Herrn Jesus ans Kreuz. Am Kreuz des Herrn Christus wird offenbar, daß die scheinbar peinlichste Beobachtung des göttlichen Gesetzes zu einer furchtbaren Tat des Gotteshasscs führen kann. S o enthüllen die Zehn Gebote unsere Feindschaft gegen Gott und lassen uns als Wurzel aller Sünden den Unglauben erkenne», der darin besteht, daß wir in unausrottbarer Ablehnung gegenüber dem eingeteilten Herrschaftsanspruch Gottes verharren. In dem gegenwärtigen Weltzustand, wie er durch die Sünde und den Tod gekennzeichnet ist, stellt uns das geoffenbarte Gcsetz der neu verkündeten Zehn Gebote vor den lebendigen Gotr, der da „dräuet zu strafen alle, die diese Gebote übertreten." Helfen kann uns das Gcsetz nicht, es wird vielmehr unser Ankläger, weil wir es unerfüllt gelassen haben. Es gereicht uns unter diesen Umständen zum Tod. „Der Buchstabe tötet" (r. Äor. s, b b). E s befand sich, daß das Gebot mir zum Tode gereichte, das mir doch zum Leben gegeben war. Römer 7, , 0. Diese scharfe Beleuchtung der Sünde, deren wir allein durch die zo Gebot« überführt werden, nennen die lutherischen Bekenntnisschriften den „zweiten Gebrauch des Gesetzes". 4. Aber mit dieser Überführung unserer Sünde durch die Zehn Gebote hat Gott uns Menschen nicht verwerfen und aufgeben wollen. Er will den durch das Gesetz gleichsam zum Tode verurteilten und innerlich schon getöteten Mensche« nicht verdammen, sondern erteilt ihm den Zuspruch durch Iesus Christus, für

Gesetz und Evangelium 105 den der Urteilsspruch des Gesetzes ihn erst empfänglich gemacht hat. Dieser Zuspruch ist das Evangelium , die Lraft Gottes, die da selig macht alle, die daran glauben (Röm. ;, ;ö). w a s uns Menschen nachhängt, weil wir es nicht erfüllt haben, das hat Icsus Christus an unserer Stelle erfüllt, durch Sein sündloscs Leben und Sein Sterben. Im Lichte dieser 8rohcn Botschaft bat nun für den Christen das Gcsetz seinen Schrecken verloren: Es ist nicht mehr gleichsam das Tor, durch das wir in den ewigen Tod eingehen, sondern ein Tor, durch das wir auf den w eg zu Jesus Christus gekommen sind. Indem Christus für uns die von uns unerfüllt gelassenen Gesetzcsvorschriften Gottes erfüllte, hat Er uns auch die Strafe abgenommen. Er hat uns befreit von der Verzweiflung, die das Gesetz bei uns übrig ließ. Damit ist Christus des Gesetzes Ende, jedoch in dem Sinne, daß Er Selbst das Ziel des Gesetzes ist: Christus ist des Gesetzes Ende; wer an Den glaubet, der ist gerecht. Römer ;o, 4. Diese geistliche Erkenntnis des Gesetzes bewirkt einen so vollständigen Wandel, daß das Gcsetz in den Händen des Herrn Christus geradezu die Art des Evangeliums annimmt. Dieselben Worte, die zunächst mit der ganzen Wucht des Gesetzes aus uns einstürmen und alle Selbstvergötzung bei uns Menschen zertrümmern, gewinnen nun durch die Sendung des Heilandes die Bedeutung einer gnädigen persönlichen Zusage: „Ich bin der Herr, dein Gott". Wie „der Tod verschlungen ist in den Sieg" (;. Lor. ?5, 8 5), so wird hier das Gesetz in gewisser Beziehung aufgehoben durch das Evangelium. Aus dem schrecklichen: „Du sollst!" wird das selige: „Du darfst (unter Christi Leiten)!" s. a) Es ist verständlich, daß infolgedessen seit den Zeiten, da der Apostel Paulus den Römerbricf geschrieben hat, immer wieder die 8rage erhoben worden ist, ob denn für einen Christen im Stande des Evangeliums das Gesetz überhaupt noch nötig sei) Die Lirche hat diese 8rage bejahend beantwortet. Die Lirche weiß wohl, daß im Neuen Testament gelegentlich die ganze Lehre des Herrn Christus mit dem Wort „Evangelium" bezeichnet wird (Mark. 1, -). Aber sie liest wenige Verse weiter als Inhalt der ersten predigt des Herrn Iesu: „Tut Buße und glaubt an das Evangelium" (Mark. ), -5). In der ewigen Seligkeit wird es zwar keine Buße, d. i. Sinnesänderung, mehr zu geben brauchen; damit wird auch der Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium aufgehört haben. Aber auf dieser Welt ist die Unterscheidung schon deshalb unaufhcbbar, weil ja auch die Christen an all dem menschlichen Wesen Anteil haben, dem der erste und der zweite Gebrauch des Gesetzes gilt. Der Apostel Paulus bekennt es ja von sich selbst: Nicht, daß ich's schon ergriffen habe oder schon vollkonimen sei;

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c) Weil also im Heidentum <strong>die</strong> Erkenntnis des göttlichen Gesetzes verfinstert ist,<br />

gefiel es Gott, durch eine besondere Offenbarung Seinen Willen noch einmal<br />

hell vor aller Augen zu stellen. Deshalb erscheint Gott dem Patriarchen mitmacht<br />

Sich ihm mit den Worten erkennbar: „Ich bin der allmächtige Gott,<br />

wandle vor Mir und sei fromm" (,. Mose ,7, ,). Deshalb übergibt Gott<br />

mündlich und schriftlich dem Mose <strong>die</strong> schon immer gültigen Zehn Gebote<br />

mit ihrem majestätischen Anfang: „Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst nicht<br />

andere Götter haben neben Mir!" (r. Mose ro, r). Deshalb bezeugt <strong>die</strong> ganze<br />

Heilige Schrift, daß der Line lebendige Gott allein der Grund und <strong>die</strong> Kraft<br />

alles Gesetzes sei.<br />

5. Dieses nunmehr in der Bibel geoffenbarte Gesetz der Zehn Gebote trifft uns<br />

mit der ganzen Schärfe eines Schwertes (Hcbr. 4, ir) und scheidet das Gore<br />

wohlgefällige vom Gott nicht gefälligem Tun. Dabei zeigt es sich, daß wir<br />

gerade dann, wenn wir Gottes Willen wirklich genau nehmen, vor Ihm nicht<br />

bestehen können, so wie es Paulus im siebenten Kapitel seines Römcrbriefes<br />

beschreibt. Dies gibt der Pharisäer in uns nicht zu, er hofft heuchlerisch, daß<br />

er seine Übertretungen bestimmter Gebote durch Mehrleistungen bei anderen<br />

Geboten wieder ausgleichen könne. Aber gerade der Pharisäer schlägt den Herrn<br />

Jesus ans Kreuz. Am Kreuz des Herrn Christus wird offenbar, daß <strong>die</strong> scheinbar<br />

peinlichste Beobachtung des göttlichen Gesetzes zu einer furchtbaren Tat des<br />

Gotteshasscs führen kann. S o enthüllen <strong>die</strong> Zehn Gebote unsere Feindschaft<br />

gegen Gott und lassen uns als Wurzel aller Sünden den Unglauben erkenne»,<br />

der darin besteht, daß wir in unausrottbarer Ablehnung gegenüber dem eingeteilten<br />

Herrschaftsanspruch Gottes verharren. In dem gegenwärtigen Weltzustand,<br />

wie er durch <strong>die</strong> Sünde und den Tod gekennzeichnet ist, stellt uns das<br />

geoffenbarte Gcsetz der neu verkündeten Zehn Gebote vor den lebendigen Gotr,<br />

der da „dräuet zu strafen alle, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Gebote übertreten." Helfen kann uns<br />

das Gcsetz nicht, es wird vielmehr unser Ankläger, weil wir es unerfüllt gelassen<br />

haben. Es gereicht uns unter <strong>die</strong>sen Umständen zum Tod. „Der Buchstabe<br />

tötet" (r. Äor. s, b b).<br />

E s befand sich, daß das Gebot mir zum Tode gereichte,<br />

das mir doch zum Leben gegeben war.<br />

Römer 7, , 0.<br />

Diese scharfe Beleuchtung der Sünde, deren wir allein durch <strong>die</strong> zo Gebot«<br />

überführt werden, nennen <strong>die</strong> lutherischen Bekenntnisschriften den „zweiten<br />

Gebrauch des Gesetzes".<br />

4. Aber mit <strong>die</strong>ser Überführung unserer Sünde durch <strong>die</strong> Zehn Gebote hat Gott<br />

uns Menschen nicht verwerfen und aufgeben wollen. Er will den durch das<br />

Gesetz gleichsam zum Tode verurteilten und innerlich schon getöteten Mensche«<br />

nicht verdammen, sondern erteilt ihm den Zuspruch durch Iesus Christus, <strong>für</strong>

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