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INTERNATIONAL - NEPAL<br />
60<br />
Eine Schule für Nepal<br />
Unser Redakteur Jo Wagner begleitete die Hochschule Karlsruhe die in Kathmandu<br />
ein Schulprojekt unterstützt. Keine leichte Aufgabe für Studenten und Professoren,<br />
denn Anreise, Höhenlage und Erdbebenschäden sorgten für große Herausforderungen.<br />
Die Schule liegt in Japhe, etwa<br />
130 Kilometer entfernt im<br />
Osten der nepalesischen<br />
Hauptstadt Kathmandu,<br />
was in diesem Teil der Welt<br />
eine etwas längere Anreise<br />
bedeutet. Gute sechs Stunden ist man in einem<br />
geländegängigen Fahrzeug unterwegs:<br />
zunächst auf Straßen, dann auf Wegen, durch<br />
trockene Flussbetten und letztlich über enge<br />
Geröllpisten, neben denen es oftmals ein paar<br />
hundert Meter in die Tiefe geht. „Regnet es ein<br />
paar Tage, gibt’s leider kein Durchkommen<br />
mehr“, erklärt Krishna Gautam, Initiator eines<br />
Schulprojekts, für das sich auch der Studiengang<br />
Bauingenieurwesen der Hochschule<br />
Karlsruhe – Technik und Wirtschaft seit drei<br />
Jahren engagiert.<br />
Die Schule wird neu gebaut und sukzessive<br />
erweitert. Dabei sind in dem auf rund 2.100<br />
Meter hoch gelegenen Dorf auch Studenten<br />
aus Karlsruhe aktiv vor Ort eingebunden, die<br />
nach Vorarbeiten und Planung in Nepal ein<br />
Praxissemester und Studienarbeiten machen<br />
können. Ob Machbarkeitsanalyse, Grundlagenpläne,<br />
Einsatz von intelligenten und einfachen<br />
Baumethoden und Baumaterialien, Planung,<br />
technische Detailpunkte oder Umsetzungschancen:<br />
Ausgangspunkt war ein studentisches<br />
Projekt unter Leitung von Prof. Dr.-Ing. Stefan<br />
Linsel und Dipl.-Ing. Alexander Keller, für das<br />
im Bachelorstudiengang auch technische Details<br />
erarbeitet wurden. „Das erlernte Wissen<br />
in die Praxis umzusetzen, gibt Studierenden<br />
hier die Möglichkeit, eigene Fähigkeiten und<br />
das zukünftige Berufsfeld unter realen Bedingungen<br />
hautnah zu erproben“, erläutert Prof.<br />
Dr.-Ing. Dr. h.c. Erwin Schwing, Dekan der<br />
Nr. 2-19 JUNI I HOTELMAGAZIN OFFLINE<br />
Fakultät für Architektur und Bauwesen an der<br />
Hochschule Karlsruhe Technik und Wirtschaft,<br />
das Vorhaben. Über einen privaten Kontakt<br />
kam es zum ersten Engagement vor Ort an<br />
der Schule. „Das hat sich weiter entwickelt und<br />
wir haben uns dann auch stärker für die gute<br />
Sache engagiert“, so Prof. Schwing.<br />
Mehr Platz für Bildung<br />
Die ursprünglichen Schul-Räumlichkeiten<br />
boten jedoch nur rund 90 Schülern von fünf<br />
bis zwölf Jahren Raum – bei einem Bedarf an<br />
Schulplätzen für gut 500 Schüler. Doch obwohl<br />
die Schule quasi mitten in Japhe liegt, ist sie in<br />
keiner Weise verkehrstechnisch erschlossen;<br />
von der „Hauptstraße“ geht’s nochmals rund<br />
80 Höhenmeter nach oben. Schüler, Lehrer<br />
oder Material müssen über enge Stufen hinauf<br />
– alles in der nepalesischen Höhe. Die<br />
Lage der Schule ist dafür einmalig: Ein Blick<br />
übers gesamte Tal erwartet einen, wenn man<br />
schnaufend oben angekommen ist. „Das ist<br />
für die Schulkinder kein Problem“, schmunzelt<br />
Gautam. Er hat gut lachen, denn er ist hier<br />
aufgewachsen, war auch Trekking-Guide, ist<br />
also Höhe gewohnt. Die Kinder kommen übrigens<br />
aus der gesamten Region zur Schule,<br />
„sind teilweise täglich rund eine Stunde zu<br />
Fuß unterwegs um pünktlich da zu sein“, so<br />
Gautam. Denn einen Schülertransport oder<br />
Bus nach Fahrplan gibt’s nicht. „Der kommt<br />
morgens irgendwann zwischen 8 und 11 Uhr“,<br />
lacht Gautam, „wenn es nicht regnet.“ Denn<br />
dann ist die Geröllpiste unpassierbar – und<br />
Japhe verkehrstechnisch quasi von der Außenwelt<br />
abgeschlossen. „Wir wollen Kindern<br />
einen Schulbesuch ermöglichen“, denn viele<br />
gehen wegen der Kosten für Schuluniform,<br />
Stifte und Bücher nicht zur Schule, ihre Eltern<br />
können sich das nicht leisten: „Genau da<br />
wollen wir mit dem Projekt ansetzen, wollen<br />
Kindern so eine Chance geben.“ Denn die Eltern<br />
sind meist in der Umgebung in der Landwirtschaft<br />
tätig – obwohl sich nur ein geringer<br />
Teil des Landes für eine landwirtschaftliche<br />
Nutzung eignet und eine große Abhängigkeit<br />
vom Monsun besteht.<br />
Zielgerichtetes Engagement<br />
Grundstock der Schule ist ein Areal am Hang,<br />
das durch Spenden realisiert werden konnte.<br />
Der russische Architekt Roman Gec hat maßgeblich<br />
den Bau initiiert und ermöglicht. Nach<br />
und nach brachten sich weitere in das Projekt<br />
ein, die Hilfsorganisation Hiscos (sammelt<br />
Spenden, die den Betrieb der Schule und die<br />
Bezahlung der Lehrer sichern, Internetadresse<br />
im Abspann) und als wesentlicher Partner<br />
auch die Hochschule aus Karlsruhe, die jetzt<br />
federführend den künftigen Substanzerhalt<br />
übernimmt.<br />
Ob statische Berechnungen machen, Fundamente<br />
ausführen, Materialtransport organisieren,<br />
Planungen angehen oder Mauern setzen:<br />
Die Karlsruher Helfer sind fleißig, berücksichtigen<br />
dazu auch noch die handwerklichen Leistungen<br />
der Bewohner des Dorfes. Eine Vordimensionierung<br />
erfolgte übrigens im Rahmen<br />
von Projektarbeiten an der Hochschule. Tim<br />
Hertkorn vom Studiengang Infrastructure Engineering<br />
verbrachte sechs Monate vor Ort:<br />
„Als ich in Karlsruhe von dem Projekt hörte,<br />
war ich gleich stark daran interessiert – und<br />
konnte dann erfreulicherweise mein Praxissemester<br />
in Japhe machen.“ Auf großes Interesse<br />
stieß das Karlsruher Engagement übrigens<br />
bei der Tribhuvan University in Kathmandu,<br />
die entsprechende statische Berechnungen zur<br />
Verfügung stellte, denn immerhin liegt Nepal<br />
an der Grenze zweier tektonischer Erdplatten<br />
in einer geologischen Hochrisikozone.<br />
Der Schulhausbau entsteht an einer exponierten<br />
Hanglage, schwer zugänglich für Maschinen<br />
– und auch eine ausreichende und gesicherte<br />
Stromversorgung für die Nutzung üblicher<br />
Baugeräte steht nicht zur Verfügung. Klare