Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MR. WHO<br />
35<br />
Sprechen Sie niemanden an, nur weil sie glauben, dass er es ist. Sie werden ihn doch nicht erkennen.<br />
Unser geheimnisvoller Mr. Who treibt sich in der Hotellerie und Gastronomie herum, schnüffelt diskret zwischen<br />
Lobby- und Sky-Bar herum, ermittelt verdeckt aus der Besenkammer heraus, spürt jedes noch so<br />
unbekannte Detail auf und bringt es pointiert und nicht immer ernst gemeint zu Papier.<br />
Der gute Wirt und woran man ihn dingfest machen kann.<br />
Es geht um den guten Gastgeber<br />
- Gastwirt, Hotelier etc. und seine<br />
kompetenten Vertreter. Die<br />
Betonung liegt auf kompetent.<br />
Denn ein schlecht motivierter,<br />
schlecht bezahlter, mit schlechten<br />
Arbeitsbedingungen Kämpfender ist das nicht.<br />
Das hat schon Anna Sacher um die vorletzte<br />
Jahrhundertwende herum erkannt und war,<br />
was Sozialleistungen dem Personal gegenüber<br />
betrifft, ihrer Zeit weit voraus. Klar, dass dergleichen<br />
auch eine kaum vorhandene Personalfluktuation<br />
erzeugt und das ist heutzutage<br />
nicht allzu häufig. Damit hätten wir schon mal<br />
was Charakteristisches für den guten Wirten.<br />
Klar auch, dass sich das in der innerbetrieblichen<br />
Hierarchie von oben nach unten fortpflanzt.<br />
Ein von den überbordenden bürokratischen<br />
Hürden bei der Betriebsausübung oder den<br />
Finanzierungsbedingungen seiner Geldgeber<br />
geknechteter Inhaber wird es kaum bringen.<br />
Stichwort Registrierkassen: Seit mein kleiner<br />
Lieblingsheuriger in Stein, bei dem es eine ganz<br />
ausgezeichnete Rindszunge mit Schwarzwurzeln<br />
und einen hervorragenden Riesling gegeben<br />
hat, wegen der Kassenpflicht das Handtuch<br />
geworfen hat, bin ich mit den Registrierkassen-<br />
Jungs im Finanzamt auf Kriegsfuß!!<br />
Ein guter Laden erfordert im Normalfall immens<br />
viel Investition im Vergleich zu anderen<br />
Branchen, wie etwa bei H&M, DM, Müller,<br />
Aldi und Co, wo keiner nächtigt - zumindest<br />
nicht freiwillig - oder länger sitzt!<br />
Höchstens ein paar Lampen und Regale<br />
müssen‘s halt hinstellen. Aber es gibt begnadete<br />
Ausnahmen.<br />
Ein gutes Hotel/Restaurant oder beides<br />
ist beim Eintreten schon am Geruch zu<br />
erkennen - vorausgesetzt man verfügt über<br />
ein entsprechend geeignetes Organ. Es riecht<br />
nicht nach Küche, nicht nach eventuell sogar<br />
minderwertigen Zutaten, die dort selbst verarbeitet<br />
werden, so wie in Nepal wo sie sogar<br />
manchmal vergammeln. Es riecht nicht muffig,<br />
schlecht gelüftet, nach beim Putzen vergessenen,<br />
mit Altstaub verbrämten, versteckten<br />
Winkeln, die ein mit den Grundprinzipien des<br />
zielführenden Housekeeping vertrauter Chef<br />
natürlich auch höchst selbst überwacht, oder<br />
nach unsauberen Wäschekammern, uralten, nie<br />
gereinigten Strängen von Belüftungsanlagen(!!).<br />
Nein, es besteht ein angenehmer, frischer, keineswegs<br />
unmittelbar von Duftspendern hervorgerufener<br />
Duft. Ein Zeichen, das sich die<br />
Leute, die ständig hier sind auch wohlfühlen,<br />
ja hier daheim sind, auch wenn sie es gar nicht<br />
wirklich sind. Die eventuell präsentierten Mehlspeisen<br />
stehen nicht im Raucherbereich, man<br />
muss den auch nicht queren, wenn man aufs<br />
„Häusl“ (dt: WC/Toilette) will. Womit wir im<br />
Zentrum des Miefs angekommen sind. Nicht<br />
allzu selten findet man eine Luftqualität vor,<br />
wie sie das alte Affenhaus in Schönbrunn aufgewiesen<br />
hat. Wobei ich nichts gegen die Affen<br />
sagen will. Aber nicht erst einmal habe ich als<br />
Sofortmaßnahme alle vorhandenen Fenster<br />
aufgerissen. Gleiches widerfuhr auch unangenehmen<br />
Luftstaulagen in Gängen wo sich der<br />
alte gemischt mit dem frischen Küchengeruch<br />
– oder einem noch unangenehmeren Dunst<br />
sammelte. Kurz – ein gutes Haus ist so, wie Eines<br />
in dem man<br />
als Gastg<br />
e -<br />
b e r<br />
selbst gerne wohnt, isst und sich aufhält.<br />
Hier möchte ich gleich einmal die anfangs<br />
erwähnten diversen Behördenabteilungen<br />
beim Kragen nehmen, auf deren Konto sehr<br />
wohl dutzende Auflagen, Vorschriften, Gesetze<br />
und deren Kontrollen gehen, die aber<br />
nicht imstande sind dergleichen Missstände<br />
zu unterbinden. Nicht gleich mit horrenden<br />
Strafen – nein, mit klaren Richtlinien, wenns<br />
nicht klappt mit Aufklärung und freundlicher<br />
bis energischer Ermahnung fürs Erste. Diese<br />
diversen Kontrollabteilungen sind ja sonst<br />
etwa in Hotels nicht immer feinfühlig im Umgang.<br />
Da kommt`s schon vor, dass während<br />
des normalen Geschäftsbetriebes ein halbes<br />
Dutzend Leute den Betrieb stürmt, alle Ausgänge<br />
besetzt und sperrt und nicht weicht,<br />
bevor nach etlicher Zeit - während der jede<br />
normale Geschäftstätigkeit und Fluktuation<br />
unterbunden sind – die diversen Kontrollen<br />
beendet. Ich würd‘s nicht beschreiben, wenn<br />
ich`s nicht erlebt hätte.<br />
Ihr von der Gästeseite vergesst aber nicht, dass<br />
ihr dem routinierten Gastronomen fast nackt,<br />
zumindest was Eurem Persönlichkeitskonstrukt<br />
angeht, gegenüber steht. In der Minute,<br />
nach ein paar gewechselten Sätzen, ist das Gegenüber<br />
erkannt, alles Unechte entlarvt, alles<br />
Echte wohlgeschätzt. So gibt es schon bei der<br />
Reservierung eine Häufung von Doktoren,<br />
Diplomingenieuren, Professoren, die dem<br />
tatsächlichen Bevölkerungsaufbau in keiner<br />
Weise entsprach. Viele alten Kellner aber umgingen<br />
das Dilemma, in dem sie alle mit „Herr<br />
Baron“ und „Gnä Frau“ ansprachen...<br />
Ein guter Wirt – macht meiner Meinung nach<br />
unter anderem, respektive serviert auch einen<br />
guten Erdäpfelsalat oder anderen guten Salat,<br />
aber im Besonderen den sehr guten Erdäpfelsalat<br />
– wie auch gute Petersilerdäpfel, eine<br />
perfekte Schnittlauchsoße. Weitere solche<br />
positiven Knackpunkte sind: frittierte Röstis,<br />
Kartoffelprinzessinentaler, -dukaten etc.<br />
Ich meine: Auch an den (scheinbar!)<br />
geringen Dingen sollt Ihr ihn messen<br />
und erkennen ...<br />
Nr. 2-19 JUNI I HOTELMAGAZIN OFFLINE