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Lebenslust Goettingen Sommer 2019

D A S M A G A Z I N F Ü R K U N S T & K U LT U R , S H O P P I N G , G E N U S S U N D M E H R

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lebenslust:gö KULTUR 49<br />

All You Need is Love<br />

„Die Wunderübung“ – mit diesem Stück von Daniel Glattauer<br />

inszeniert Franziska Ritter am Jungen Theater eine temporeiche<br />

Boulevard-Komödie, die höchsten Unterhaltungswert und sogar<br />

einigen, wenngleich seichten Tiefgang mitbringt.<br />

Joana fühlt sich nicht mehr wohl in ihrer Ehe. Mit Kindern und<br />

Haushalt alleingelassen und ohne echte Höhepunkte im Leben<br />

hat sie sich auf ein bemerkenswert hohes Frustrationslevel aufgeschwungen<br />

und da Frustration bekanntlich Aggression erzeugt,<br />

produziert Joana auch beim Paartherapeuten reihenweise messerscharfe<br />

Sottisen, mit denen sie ihren Ehemann Valentin genussvoll<br />

eindeckt. Dieser lässt sich nur allzu gern in Rage bringen und feuert<br />

fleißig zurück. Ein verhängnisvoller Kreislauf, den der zunehmend hilflose<br />

Paartherapeut verzweifelt versucht zu unterbrechen. Und so fliegen<br />

Vorwürfe, Beschimpfungen und Einiges an bitterem Sarkasmus<br />

spielraum<br />

Mimik regen die Zuschauer immer wieder zu herzhaften Lachern und<br />

Zwischenapplaus an.<br />

Natürlich geizt Glattauer in seiner Vorlage nicht mit Klischees. Die frustrierte<br />

Hausfrau, der unachtsame Karriere-Macho und der butterweiche<br />

Therapeut, das sind gleich drei Steilvorlagen, die dazu<br />

einladen, den jeweiligen Typus kräftig durch den Kakao zu ziehen.<br />

Wenn dabei noch eine seichte Kritik an der (mittlerweile fast schon<br />

wieder abebbenden) Coaching-Industrie an den Mann gebracht und<br />

dem Einzelnen gleichzeitig im Hinblick auf eigene Schwächen der<br />

Spiegel vorgehalten wird, dann vermittelt dies zumindest eine vordergründige<br />

Aussage, die den Abend fein abrundet. Wer wird es dabei<br />

der Inszenierung noch übel nehmen, wenn sie an einigen Stellen<br />

etwas zu dick aufträgt und manchmal doch etwas krachledern daher<br />

kommt?<br />

Jacqueline Sophie Mendel, Jan Reinartz und Karsten Zinser<br />

in „Die Wunderübung“.<br />

munter hin und her, nur unterbrochen von den mehr oder weniger<br />

ebenso eigentümlichen wie ergebnislosen Annäherungs- und Wohlfühlübungen<br />

des ratlosen Beraters. Hinreichend Stoff für Pointen ist<br />

also vorhanden.<br />

Nach einer Stunde dann die Wende, angekündigt durch einen<br />

(ebenso komischen wie martialischen) Zwischenfilm: Der Berater seinerseits<br />

ist per SMS von seiner Ehefrau auf die Transferliste gesetzt<br />

und auf einmal beweisen die zerstrittenen Eheleute ungeahnte Teamfähigkeit,<br />

wenn es gilt, den Therapeuten zu therapieren oder sich<br />

gegen dessen Vorwürfe zu verteidigen. Doch Frieden herrscht damit<br />

noch lange nicht. Das spätere, mit einer weiteren überraschenden<br />

Wende einhergehende Happy End offenbart den nächsten zündenden<br />

Konfliktherd.<br />

Für das Publikum bringt diese rasante Komödie Einiges an Zwerchfelltraining<br />

mit sich, insbesondere, weil Karsten Zinser, Jan Reinartz,<br />

aber allen voran Jacqueline Sophie Mendel, die erst kurzfristig einspringen<br />

musste, ihre Charaktere nach einer etwas gestelzten Anfangsphase<br />

mit viel Spielfreude und Schauspielkunst auf die Bühne<br />

bringen. Insbesondere Mendels punktgenauer Habitus und ihre<br />

Foto: Dorothea Heise<br />

Das Premierenpublikum jedenfalls ist am Ende restlos begeistert und<br />

quittiert die famose Leistung des Ensembles mit einem langanhaltenden<br />

Applaus. Fazit: Rasant, unterhaltsam und durchaus sehenswert.<br />

■ Jan Thomas Ockershausen<br />

Nachwuchsdramatiker*innenwettbewerb<br />

Das Thema des diesjährigen Wettbewerbs lautet „Leben in der<br />

digitalen Gesellschaft“. Eine Chance für junge Bühnenautor*innen<br />

auf die Uraufführung ihres Dramas an einem der<br />

größten Studierendentheater Deutschlands und Europas im Jahr<br />

2020. Arbeit 4.0, soziale Netzwerke, Automatisierung, künstliche Intelligenzen,<br />

Digitalisierung, Daten und das sind nur einige Stichworte,<br />

die unter das Thema des diesjährigen Wettbewerbs passen. Die Digitalisierung<br />

vollzieht einen Spagat zwischen Chancen und Risiken, erzeugt<br />

Utopien und Dystopien und irgendwo dazwischen ist der<br />

Mensch und sieht sich massiven Veränderungen gegenüber. Der<br />

Fokus der Texte soll genau auf diesen Veränderungen liegen: Wo kommen<br />

sie her, wie vollziehen sie sich oder, in die Zukunft gerichtet,<br />

wohin werden sie führen? Und was passiert dabei mit uns? Die Jury,<br />

die die Texte ohne Kenntnis der Autorennamen, -biographien etc. bewertet,<br />

setzt sich in diesem Jahr folgendermaßen zusammen: Dr. Carola<br />

Croll: Stiftung Digitale Chancen, Apl. Prof. Dr. Anke Detken:<br />

Seminar für Deutsche Philologie, Universität Göttingen, Eva Tanita<br />

Kraaz: Litlog. Göttinger eMagazin für Literatur – Kultur - Wissenschaft,<br />

Johanna-Thea Mohrmann: Vandenhoeck & Ruprecht, Fabian Joel Walter:<br />

Karl Mahnke Theaterverlag. Schicken Sie ihr Stück bis zum 30. Juni<br />

<strong>2019</strong> an die Georg-August-Universität, Seminar für Deutsche Philologie,<br />

Theater im OP, Stichwort: NDW <strong>2019</strong>, Käte-Hamburger-Weg 3,<br />

37073 Göttingen, Mail: thop@gwdg.de, Tel.: 0551-39 22177, Formalia<br />

entnehmen Sie www.thop.unigoettingen.de/drama/index.php ■

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