STADTMAGAZIN_2019-03-web
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12<br />
TITEL<br />
Das große<br />
Heimspiel<br />
Interview mit Johannes Strate /<br />
Revolverheld-Konzert am 18. März<br />
Geboren in Bremen und aufgewachsen<br />
in Worpswede ist mittlerweile<br />
Hamburg der Lebensmittelpunkt<br />
von Revolverheld-Sänger Johannes Strate.<br />
Dennoch hat der 38-Jährige nie den<br />
Bezug zu seiner alten Heimat verloren –<br />
weshalb er sich auch ganz besonders auf<br />
das Konzert in der ÖVB-Arena freut.<br />
Was bedeutet es Ihnen, in die Heimat<br />
zurückzukehren und in der großen Halle<br />
auf der Bürgerweide aufzutreten?<br />
Es ist in der Tat für mich das große Heimspiel.<br />
Ich habe, als sie noch Stadthalle hieß,<br />
früher als Helfer dort gearbeitet und die<br />
Bühnen aufgebaut. Als Kind habe ich dort<br />
so große Künstler wie Roxette und Sting gesehen.<br />
Dass ich jetzt selbst auf einer dieser<br />
Bühnen in der großen Halle spielen darf,<br />
fühlt sich schon ein wenig irreal an und ich<br />
freue mich riesig darauf.<br />
Sie wohnen mittlerweile in Hamburg.<br />
Haben Sie noch Bezug zu Bremen?<br />
Natürlich, viele meiner Freunde wohnen<br />
noch in der Stadt und ich gehe auch regelmäßig<br />
zu Werder-Heimspielen. Zudem bin<br />
ich ja auch Botschafter des Vereins. Meine<br />
Eltern wohnen nach wie vor in Worpswede<br />
und mein Vater hat noch immer den<br />
WESER-KURIER abonniert – den lese ich<br />
natürlich immer, wenn ich zu Hause bin<br />
(lacht).<br />
In Bremen endet gerade die Kohlfahrtzeit.<br />
Pflegen Sie solche Traditionen noch?<br />
Nein, aber das ist eine Superidee. In diesem<br />
Jahr fahren wir mit der Band und dem<br />
Management ein Wochenende nach Sankt<br />
Peter-Ording, um dort die Ideen für die<br />
kommenden Jahre zu besprechen. Aber<br />
vielleicht verbinden wir das in Zukunft mit<br />
einer Kohlfahrt, würde ich sowieso gerne<br />
mal wieder machen.<br />
In diesem Jahr gibt es Revolverheld 15 Jahre.<br />
Wenn Sie zurückschauen, wie hat sich<br />
die Band entwickelt?<br />
Ich kann mich noch gut an die Anfangszeiten<br />
erinnern, als wir zum Beispiel noch<br />
im Meisenfrei oder Tower angeklopft und<br />
gefragt haben, ob wir dort spielen dürfen.<br />
Wir sind im Prinzip die Gleichen geblieben<br />
– aber vielleicht nicht mehr so mit Vollgas<br />
durchgedreht wie vor 15 Jahren.<br />
Johannes Strate (2.v.l.) will mit seiner Band Revolverheld die ÖVB-Arena rocken. Foto: B. Schnermann<br />
„Vollgas durchgedreht“ – was meinen Sie<br />
damit?<br />
Ich erinnere mich an einen Gig, den wir bis<br />
in die Nacht in Kiel gespielt haben und anschließend<br />
mit dem Bus noch nach Köln<br />
gefahren sind, weil wir dort morgens einen<br />
Studiotermin hatten. So etwas würden wir<br />
heute wohl nicht mehr machen – wahrscheinlich.<br />
Zumindest würden wir, glaube<br />
ich, lieber zweimal darüber nachdenken.<br />
Und musikalisch?<br />
Musikalisch und textlich haben wir uns als<br />
Band natürlich auch entwickelt. Vor 15 Jahren<br />
noch eher vom Crossover und Nu Metal<br />
geprägt, war unsere Musik eher laut und<br />
krachig. Heute sind wir deutlich poppiger<br />
geworden und klingen vielleicht eher nach<br />
Coldplay.<br />
Auf dem aktuellen Album „Zimmer mit<br />
Blick“ sind auch politische Töne zu vernehmen.<br />
Ist das etwas, das mit dem Alter<br />
kommt, oder das Resultat einer ganz bewussten<br />
Entscheidung?<br />
In erster Linie war das eine bewusste Entscheidung.<br />
Es kommen beim Songschreiben<br />
mittlerweile einfach bestimmte Themen<br />
auf den Tisch, die mit 25 noch nicht so<br />
relevant für uns waren. Mit Ende 30, Anfang<br />
40 guckt man einfach anders auf die Welt.<br />
Zudem bin ich seit mittlerweile sechs Jahren<br />
Vater. Als Elternteil nimmt man einen<br />
ganz anderen Blickwinkel ein und natürlich<br />
gucke ich ganz genau hin, in was für einer<br />
Welt mein Sohn aufwächst. Was passiert<br />
mit dem Klima? Was bedeutet der Rechtsruck,<br />
der gerade durch Europa und die USA<br />
geht? Das sind Alltagsfragen, die mittlerweile<br />
beim Songschreiben mit einfließen.<br />
Gab es einen konkreten Zeitpunkt für die<br />
bewusste Entscheidung?<br />
Eigentlich nicht, aber es war beim Schreiben<br />
für das aktuelle Album. Ich saß irgendwann<br />
im Studio und merkte, dass ich gerade drei<br />
bis vier Songs über Themen verfasst hatte,<br />
die mich offensichtlich sehr beschäftigten.<br />
Das Songschreiben ist an dieser Stelle auch<br />
ein therapeutischer Vorgang, da man sich<br />
an den Themen, die einen gerade beschäftigen,<br />
abarbeiten kann. Gemeinsam als Band<br />
haben wir dann entschieden, dass wir diese<br />
Songs mit auf das Album nehmen wollen.<br />
Wir haben auch schon früher Stellung bezogen,<br />
etwa durch Auftritte bei „Laut gegen<br />
Nazis“. Aber jetzt findet sich diese Haltung<br />
auch in unseren Texten wieder.<br />
Seit 30 Jahren gibt es „MTV unplugged“, ein<br />
Format, bei dem Stars wie Bon Jovi, Nirvana,<br />
Bruce Springsteen oder Udo Lindenberg<br />
aufgetreten sind. 2015 standen dann<br />
Revolverheld auf der Unplugged-Bühne.<br />
Wie war das für Sie?<br />
Ein totaler Ritterschlag, etwas ganz Besonderes.<br />
Ich bin mit MTV aufgewachsen, habe<br />
meine Helden wie Nirvana, Pearl Jam oder<br />
Sting dort gesehen. Als die Anfrage kam, so<br />
ein Konzert zu spielen, haben wir uns besonders<br />
viel Mühe gegeben, mit verschiedenen<br />
Leuten zusammengearbeitet und<br />
„Revolverheld: Unplugged in drei Akten“<br />
entworfen.<br />
Wenn man sich Songs wie „Generation<br />
Rock“ von 2005 oder aktuell „Liebe auf<br />
Distanz“ anhört, entdeckt man eine deutliche<br />
Veränderung. Könnte man sagen,<br />
dass Revolverheld als Band erwachsen geworden<br />
ist?<br />
„Generation Rock“ war damals total überzogen<br />
und übertrieben. Aber wir haben das<br />
damals eben gefühlt. So nach dem Motto:<br />
„Geballte Faust und voller Energie in die<br />
Welt hinaus“. Heute müssen wir nicht mehr