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Stadtmagazin CLP Ausgabe 30

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Retro<br />

ten sie keine Whatsapp-Gruppe. Stattdessen traf man sich<br />

selbstverständlich im Vorfeld zum sogenannten Schinkenabend,<br />

wobei dem Brautpaar ein Schinken, Butter, Kaffee,<br />

Zucker und ähnliches gebracht wurde. Dabei ging es denn<br />

schon lustig zu, da die Getränke auch nie knapp waren. Die<br />

Eheschließung fand meist morgens statt und danach wurde<br />

bis in die späten Abendstunden gefeiert. Sofern es die Umstände<br />

damals zuließen.<br />

Der Bruder von Theodor mit Frau<br />

Hochzeit früher und heute<br />

Heute, in einer Zeit wo gepaarshipt und getindert wird<br />

ist die Partnerwahl anscheinend eher schwieriger geworden.<br />

Früher, so stellt es sich dar, war die Partnerwahl<br />

wesentlich einfacher, wenngleich auch eingeschränkter,<br />

zumindest räumlich. So lag der Kennenlernradius um die<br />

Jahrhundertwende für die „einfachen“ Leute wohl bei maximal<br />

50 Kilometern. Dabei war nicht nur die Sympathie untereinander<br />

wichtig, sondern auch welchen gesellschaftlichen<br />

und finanziellen Status der Partner hatte.<br />

Heutzutage ist die Auswahl durch das Internet anscheinend<br />

so groß, dass viele von diesem Angebot symbolisch erschlagen<br />

werden und dann doch lieber Single bleiben. Diese<br />

Option war früher sehr ungeliebt, von allen Seiten, ging eine<br />

solche Entscheidung doch damit einher, dass man im elterlichen<br />

Haushalt verblieb. Das wiederum bedeutete, dass<br />

die (oder seltener „der“) Sitzengebliebene von dem Paar,<br />

Hahn holen<br />

Als „Hahn holen“ wird ein im Münster-<br />

und Emsland weit verbreiteter<br />

Hochzeitsbrauch bezeichnet, der<br />

zum Dank an die Nachbarn für ihre<br />

Mithilfe bei der Vorbereitung und Ausrichtung<br />

der Hochzeit veranstaltet<br />

wird. Der Brauch findet als Nachfeier<br />

am Tag nach der Hochzeit<br />

traditionell bei den Brauteltern<br />

statt. Dazu sind die Hochzeitsgäste<br />

und Nachbarn geladen, bewirtet<br />

werden sie mit den vom Vortag übrig<br />

gebliebenen Getränken und Speisen. Früher<br />

wurde dabei die Braut auf ihre Ehetauglichkeit<br />

getestet, indem sie einen Hahn fangen und schlachten<br />

musste. Das Ritual dazu war nicht nett, dem<br />

Hahn gegenüber. Deshalb werden wir es auch nicht<br />

beschreiben und sind darüber hinaus froh, dass diese<br />

Tradition auf dem Misthaufen der Geschichte gelandet ist.<br />

Handgeschriebene Einladung<br />

das dort traditionell einheiratete mit durchgezogen werden<br />

musste. Das war nie nett und nur selten freundlich, da man<br />

als billige Haushaltskraft oder als Knecht auf dem elterlichen<br />

Hof endete.<br />

Soviel zur Partnerwahl. Die Hochzeit selber sah früher auch<br />

etwas anders aus als heute. Vor 1874 war die Eheschließung<br />

allein den Kirchen vorbehalten. Durch die kirchliche Amtshoheit<br />

kam es gar nicht erst zu Ehen von unterschiedlichen<br />

Religionsgemeinschaften. Nach der Einführung der Standesämter<br />

1874 reichte es dann, wenn man sich standesamtlich<br />

trauen ließ. Die meisten Brautpaare begingen danach aber<br />

immer noch den kirchlichen Ritus der Trauung. Dies ist heute<br />

noch so, da die Trauung in der Kirche auch als viel festlicher<br />

und romantischer gilt.<br />

Heute wird viel Zeit und Geld für die Planung der Zeremonie<br />

und der Feier investiert. Fernsehformate zeigen, wie eine<br />

perfekte Hochzeit auszusehen hat. Viele engagieren extra<br />

einen Hochzeitsplaner, der alles koordiniert, damit ja nichts<br />

schiefgeht am vermeintlich schönsten Tag des Lebens. Allein<br />

das Hochzeitskleid ist bekanntermaßen Gegenstand<br />

diverser Extra-Beschreibungen. Heute gibt es für die Braut<br />

quasi nichts, was es nicht gibt. Lang – kurz, schlicht – pompös,<br />

weiß – creme – eierschalenfarben oder auch farbig. Den<br />

Wünschen sind dort höchstens finanzielle Grenzen gesetzt.<br />

Vor 100 Jahren hingegen wurde für die Hochzeit kein Extrakleid<br />

angeschafft. Vielleicht war es neu, aber sicherlich<br />

nicht nur für diesen Anlass. Man dachte praktisch und das<br />

Festgewand war schwarz oder in einigen Gegenden eine<br />

aufwendige Tracht. Dieses Kleid konnte dann auch zu anderen<br />

festlichen Angelegenheiten getragen werden. Weiß war<br />

dann höchstens der Schleier, der auf die Jungfräulichkeit der<br />

Braut hinwies.<br />

Die Feier selber war früher eine Gemeinschaftsaktion von<br />

Nachbarn und Familie. Und um sich abzusprechen, brauch-<br />

Dabei wurde das Essen in den meisten Fällen von Nachbarsfrauen<br />

und Verwandten selbst gekocht. Die obligatorische<br />

Hühnersuppe durfte dabei nicht fehlen. Symbolisierte<br />

sie doch die Fruchtbarkeit, die dem Paar gewünscht wurde.<br />

Auch heute ist dies noch immer eine beliebte Vorspeise und<br />

wird bei der Tradition des Hahnenholens nochmal gegessen.<br />

Bei den heutigen Festlichkeiten findet man meist ein opulentes<br />

Buffet. Vor 100 Jahren gab es eher mehrere Gänge mit<br />

Fleisch, Kartoffeln und Gemüse. Wenn man noch länger in<br />

der Zeit zurückgeht, findet man Berichte von Hochzeitsgelagen,<br />

die mehrere Tage dauerten und dabei viele Ochsen,<br />

Hühner, Schweine usw. ihr Leben lassen mussten. Natürlich<br />

nur in adligen Kreisen.<br />

Das Fest wurde immer schon mit Tanz und Spielen begangen.<br />

Besonders beliebt war früher die Entführung der<br />

Braut. Dabei wurde diese meist in Nachbarhäusern versteckt<br />

und der Bräutigam musste sie suchen und auslösen. Dieser<br />

Brauch wird heute nur noch wenig praktiziert. Der Schleiertanz<br />

ist ein Brauch, der früher wie heute die Kasse des Paares<br />

aufbessern sollte. Der Schleier wird über das Brautpaar<br />

gehalten und wer mit Braut oder Bräutigam tanzen möchte<br />

muss Geld in den Schleier werfen. Heute wird dies sicherlich<br />

vom Brautpaar für die bevorstehende Hochzeitsreise<br />

genutzt. Dies blieb den Paaren früher eher verwehrt. Ging<br />

doch am nächsten Tag gleich der Alltag wieder los. Gerade<br />

im ländlichen Bereich mussten die Tiere versorgt werden.<br />

Blieb ihnen noch die Hochzeitsnacht. Doch wer verheiratet<br />

ist und die Hochzeit ausgiebig gefeiert hat weiß, dass man<br />

froh ist das eheliche Bett überhaupt zu finden. Die Hochzeitsnacht<br />

ist in der Regel kurz, da am nächsten Morgen<br />

noch das Hahnenholen stattfindet, wobei viele der Hochzeitsgäste<br />

sich wieder einfinden. Früher waren sicher die Erwartungen<br />

an die Hochzeitsnacht von dem Brautpaar noch<br />

höher. Vorher kam es nicht in Frage, gemeinsam die Nacht<br />

zu verbringen. Gelegentlich gönnen scherzhafte Gäste dies<br />

dem Brautpaar heute dafür in der Hochzeitsnacht nicht. Sie<br />

lassen sich einiges einfallen, wie sie in deren Schlafzimmer<br />

kommen und dort Luftballons, Erbsen, volle Wasserbecher<br />

usw. verteilen, damit das Brautpaar erst mal Arbeit hat, bevor<br />

es zur Ruhe kommt.<br />

Durch die Unterschiede der Möglichkeiten und der Voraussetzung<br />

der Eheschließungen früher und heute, sind die Erwartungen<br />

aber sicherlich dieselben geblieben. Gemeinsam<br />

alt werden, in guten wie in schlechten Zeiten. Und das unabhängig<br />

von Stand, Alter, Herkunft, Religionszugehörigkeit<br />

und mittlerweile auch Geschlecht.<br />

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