Stadtmagazin CLP Ausgabe 30
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über den Tellerrand<br />
Blühender Austausch –<br />
zwischen dem Museumsdorf Cloppenburg und dem Park der Gärten in Bad Zwischenahn<br />
Bei der bäuerlichen Bevölkerung dienten ausladende<br />
Blumen- und Ziergärten der Repräsentation<br />
Foto: Micheal Stephan<br />
Barockgarten Arkenstede<br />
Im Rahmen einer „blühenden“ Kooperation des Cloppenburger<br />
Museumsdorfes mit dem Park der Gärten in Bad<br />
Zwischenahn, ist vor dem Adelssitz Arkenstede im Museumsdorf<br />
eine repräsentative Parkanlage entstanden, die<br />
beispielhaft für den Zeitgeist und die gartengestalterische<br />
Kunst des 17. und frühen 18. Jahrhunderts ist.<br />
Die „Burg Arkenstede“ war jahrhundertelang im Besitz<br />
von adligen Familien aus dem Niederstift Münster und dem<br />
Osnabrücker Raum. Die symmetrisch gestaltete Anlage vor<br />
dem Herrenhaus ist jedoch keine Rekonstruktion des ehemals<br />
zum Haus Arkenstede gehörenden Gartens, sondern<br />
unter der Leitung von Dipl.-Ing. Elke Schwender in Zusammenarbeit<br />
mit dem Park der Gärten in Bad Zwischenahn und<br />
dem Museumsdorf Cloppenburg gestaltet worden.<br />
Mit dem Überschreiten der hölzernen Brücke gelangt der<br />
Besucher in die damalige Welt des Adels. Der Stellenwert<br />
adeliger Lustgärten, sowie auch bürgerlicher Gartenanlagen<br />
ist unbestritten. Ihre Vorbildfunktion war für Nachahmer<br />
vor allem in den Städten des 19. Jahrhunderts von<br />
hoher Bedeutung. So entstanden prächtige Landschaftsgärten<br />
im sogenannten „englischen Stil“ mit geschwungenen<br />
Wegeführungen und effektvoll eingesetzten Blickachsen.<br />
Weit weniger bekannt ist, dass auch die bäuerliche Oberschicht<br />
großflächige Gartenanlagen plante und anlegte. Dabei<br />
handelte es sich nicht nur um Nutzgärten für Obst und<br />
Gemüse, sondern auch um Ziergärten, die mit damals noch<br />
exotischen Sträuchern, Bäumen oder Blumen bepflanzt waren:<br />
die Bauerngärten, damals und auch heute wieder der<br />
Stolz leidenschaftlicher Gartengestalter- und besitzer.<br />
Als ideenreiche Aspekte der Gartengestaltung auf dem<br />
Lande wurden darin Ruheplätze, wie die beliebten Grotten,<br />
geschaffen. Aber auch Pavillons und künstliche Anhöhen,<br />
in den ansonsten flachen Geländen, waren in Mode. Diese<br />
sich beständig wandelnden Gärten, manche von ihnen<br />
gut versteckt hinter Baumgruppen und Alleen, wurden von<br />
Generation zu Generation weitergegeben, ein wenig verändert,<br />
aber im Grunde nach dem ursprünglichen Gusto<br />
erhalten.<br />
Natürlich diente diese zeitraubende Beschäftigung auch<br />
dem Wahren des eigenen Prestiges. Sowohl dem der Auf-<br />
traggeber wie auch dem der Gestalter. Um stets auf dem<br />
neuesten Stand zu bleiben, welche Gewächseteils aus<br />
Übersee, teils aus Asien – die Botaniker und Pioniere nach<br />
Europa brachten, informierten sie sich in druckfrischen Gartenbüchern,<br />
tauschten sich als Mitglieder von Gartengesellschaften<br />
untereinander aus oder beauftragten weitere<br />
Gärtnereien mit der Ausstattung ihrer Gärten. Bereits um<br />
1900 spannte sich ein verzweigtes Netz an Gärtner*innen,<br />
Wissenschaftlern und Baumschulbetreibern über die Grenzen<br />
des Kaiserreichs hinaus nach ganz Europa.<br />
Der Gartenbeitrag aus dem Jahr 2007, des niedersächsischen<br />
Freilichtmuseums Museumsdorf Cloppenburg im<br />
Park der Gärten in Bad Zwischenahn stellt hingegen einen<br />
„Ländlichen Blumengarten“ aus der Zeit um 1900 bis 1920<br />
dar. In erster Linie waren die Gärten auf dem Lande Versorgungsgärten,<br />
und zwar unabhängig von der Größe und Ausstattung<br />
des Hofes. Eine kleine Anpflanzung mit verschiedenen<br />
Obstbäumen seitlich des Hauses versorgte die Familie<br />
mit Früchten der Saison und auch der großflächige, hinter<br />
dem Haus liegende Gemüsegarten wurde intensiv bewirtschaftet.<br />
Zu den Hauptgemüsesorten, die jährlich angebaut<br />
wurden, gehörten neben Kartoffeln, vor allem Busch- und<br />
Stangenbohnen, Zwiebeln, Karotten, Rote Bete und Kohl.<br />
Ausladende Blumen- oder Ziergärten waren nur dort anzutreffen,<br />
wo es die finanziellen und personellen Möglichkeiten<br />
der bäuerlichen Bevölkerung erlaubten und wo zugleich<br />
eine Freude an der Gartenliebhaberei vorhanden war. Auch<br />
solche Gärten dienten der Repräsentation, denn die Gartenkunst<br />
hatte einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert,<br />
einschließlich der Grotte, denn diese Affinität galt auch im<br />
bäuerlichen Anwesen als das Nonplusultra. Man sprach in<br />
diesem Zusammenhang sogar vom „Grottenfieber“.<br />
Schauen wir auf´s Heute, stellen wir fest, dass sich die Details<br />
zur Gartengestaltung möglicherweise verändert haben.<br />
Mit Gartenhäusern, Grillplätzen, Teichen, Swimmingpools &<br />
Co im Sortiment, das unbedingte Streben nach einer Gartenanlage<br />
(Balkonien eingeschlossen) ist jedoch geblieben.<br />
Als individueller Ausdruck des eigenen Lebensstils – das<br />
wiederum hat sich nicht verändert. Weder in Cloppenburg,<br />
noch in Bad Zwischenahn, noch sonst irgendwo.<br />
KARIN NIEMÖLLER<br />
*Teilweise zusammengestellt aus Texten des Museumsdorf Cloppenburg und dem Park der Gärten Bad Zwischenahn.<br />
Die Grotte im Themengarten 44 Familie Onnen in Minsen-Förriern, Jeverland 1911 im Ländlicher Bauerngarten im Park der Gärten Schmuckbeet im Themengarten<br />
Garten des Bauernhofes in der Steingrotte<br />
„Ländlicher Bauerngarten<br />
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