Neue Menschen bereichern unsere Gemeinschaft - Ledder ...
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Fünf Fragen an ...<br />
Nun, die Behinderung setzt klare Grenzen durch<br />
die ganz stark eingeschränkte Motorik. Sie setzt<br />
auch Grenzen in der Belastbarkeit. Emina benötigt<br />
viel an Pflege und pflegerischer Unterstützung. Sie<br />
musste als Zehnjährige viele Dinge neu lernen, die<br />
andere Kinder in der Grundschule lernen. Vor allem<br />
hat Emina lernen müssen, mit der Behinderung<br />
umzugehen, die begrenzten Möglichkeiten<br />
auszuschöpfen. Es ist einfach sehr schwierig für ein<br />
Kind, dann für eine Jugendliche und heute als eine<br />
erwachsene Person, ein selbstbestimmtes Leben<br />
zu führen, wenn gleichzeitig eine hohe Abhängigkeit<br />
von Pflegepersonen und Familienangehörigen<br />
besteht. Um es mal so auszudrücken: Es ist nicht<br />
spaßig und einfach, permanent eine Pflegekraft<br />
‚an der Backe‘ zu haben. Es ist zunächst einmal<br />
eine unglaubliche und für mich eigentlich gar nicht<br />
lewe aktuell 4.2012<br />
‚erfahrbare‘ Einschränkung in der Autonomie. Und<br />
diese Situation ist nicht selbst ausgesucht, sie ist<br />
nicht veränderbar. Es ist eine konstante Bedingung<br />
für das ganze Leben.<br />
Frage 4: Der schwere Unfall mit diesen gravierenden<br />
Folgen geschah Emina mit sechs Jahren. Wie<br />
sehr unterscheidet sich ihr Leben eigentlich vom<br />
Leben „normaler“ junger Leute? Wo funktioniert es<br />
genauso?<br />
Ja, es unterscheidet sich sehr stark. Eine so<br />
hochgradige Querschnittslähmung lässt ein<br />
‚normales‘ Leben gar nicht zu. Es sind enge Grenzen<br />
gesetzt. Es gibt immer wieder akute gesundheitliche<br />
Krisen; es ist einfach sehr anstrengend, mit diesem<br />
Handicap umzugehen. Das ist überhaupt nicht<br />
vergleichbar mit ‚normalen‘ jungen Leuten. Für<br />
Emina ist das aber ihr ‚normales‘ Leben. Sie hat<br />
– das bewundere ich – sich immer wieder psychisch<br />
aufgerappelt, hat sich nicht hängen lassen, eine<br />
unglaubliche Zähigkeit entwickelt. Darin unterscheidet<br />
sie sich überhaupt nicht von anderen jungen Leuten<br />
oder sogar in positiver, vorbildlicher Hinsicht. Ich bin<br />
überzeugt davon, dass sich andere <strong>Menschen</strong> mit<br />
schweren Handicaps, die vielleicht noch in der Reha<br />
sind oder einen Motivationsdurchhänger haben, von<br />
Emina einiges abgucken könnten.<br />
Frage 5: Seit einem Jahr ist Emina in <strong>unsere</strong>m<br />
Berufsbildungsbereich, kommt sehr gerne und<br />
arbeitet inzwischen oft am PC. Stichwort Inklusion:<br />
Ist Werkstatt aus Ihrer Sicht die Zukunft für Emina?<br />
Sehen Sie andere realistische Möglichkeiten für<br />
sie?<br />
Eine Werkstatt halte ich für grundsätzlich richtig.<br />
Und ich weiß ja auch, dass die Werkstätten sehr<br />
unterschiedliche Tätigkeitsbereiche haben oder<br />
sehr individuell welche ‚erfinden‘, Unterstützungs-<br />
und Freizeitangebote organisieren, über die Arbeit<br />
hinaus auch eine Tagesstruktur bieten, soziale<br />
Kontakte ermöglichen, ein Teil des alltäglichen<br />
Lebens darstellen. Ganz sicher bin ich, dass Emina<br />
die sozialen Kontakte, die ihr durch die Werkstatt<br />
zugänglich sind, braucht und nutzt. Und sie kann ihre<br />
Kompetenzen und Fertigkeiten nutzen. Emina wird<br />
auch die Verlässlichkeit der Werkstatt benötigen,<br />
den verstehenden Zuspruch, wenn es eine akute<br />
gesundheitliche Krise geben sollte.<br />
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