Helfenburg
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<strong>Helfenburg</strong> (Helfenburk) bei Auscha (Ustek)<br />
Wenn es einem bei einer Reise durch Nordböhmen einmal<br />
in das beschauliche Auscha (Ustek) unweit des<br />
mächtigen Geltschberges verschlägt, dann sollte man<br />
unbedingt einmal die <strong>Helfenburg</strong> besuchen. Es bieten<br />
sich dabei zwei Wege an. Fährt man von Auscha kommend<br />
Richtung Neuland (Ostre, erkennbar an den<br />
"Landmarken" der beiden Gipfelkapellen oberhalb eines<br />
Kreuzweges), dann wird man durch Beschilderung auf<br />
einen Parkplatz auf einer Wiese hingewiesen, von wo aus<br />
der Abstieg in den sogenannten Vogelgrund (benannt<br />
nach dem "Vogelborn", aus dem ein Bächlein Richtung<br />
Tetschendorf am anderen Ende des Tales fließt) in Angriff<br />
genommen werden kann. Der Weg ist etwas länger<br />
und beschwerlicher als von Raschowitz (Rasovice) aus,<br />
da man aus dem Talgrund wieder hinauf zur Burg steigen<br />
muss, während man von Raschowitz kommend so gut<br />
wie keine Höhenunterschiede zu überwinden hat. Ich<br />
empfehle den Weg von Raschowitz aus zu wählen, der<br />
als Wanderweg recht gut markiert und auch um einiges<br />
kürzer ist.<br />
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Die noch recht gut erhaltene Burg liegt meistenteils verborgen<br />
auf einer schmalen, ca. 100 Meter langen Landzunge,<br />
die auf drei Seiten steil in den Vogelgrund abfällt.<br />
Nur ihr mächtiger Turm erhebt sich merklich über die<br />
Umgebung und ist auch aus größerer Entfernung noch zu<br />
sehen. So ist man doch um einiges überrascht, hier eine<br />
wirklich große Burganlage vorzufinden, deren mächtige<br />
Ringmauer noch vollständig erhalten ist.<br />
Ob man nun von Raschowitz kommt oder aus dem Vogelgrund<br />
aufgestiegen ist, die Wege enden auf einem<br />
kleinen Platz vor dem Burgtor. Dieser Platz ist durch Auffüllung<br />
eines ehemals tiefen und bis zu 18 Meter breiten<br />
Burggrabens entstanden, der nur über eine große Zugbrücke<br />
überwunden werden konnte. Schaut man von<br />
hier aus hinauf zu dem gotisch gewölbten Burgtor, so<br />
sind dort noch die Öffnungen auszumachen, wo ehemals<br />
die Rollen für die Ketten der Zugbrücke angebracht waren.<br />
Knapp über diesen Ketten-Öffnungen sind zwei wuchtige<br />
Wappenschilder zu erkennen, auf denen noch kümmerliche<br />
und mittlerweile fast gänzlich verwitterte Skulpturen<br />
zu erkennen sind. Vor über 200 Jahren konnte man auf<br />
dem linken noch deutlich zwei Geierköpfe ausmachen,<br />
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während das rechte Wappen das Wappen des Erzbistums<br />
Prag darstellt: ein ehemals goldener Querbalken im<br />
schwarzen Felde.<br />
Anhand dieser beiden Wappenschilde konnte seinerzeit<br />
der Burgenforscher Friedrich Bernau die sonst nur noch<br />
dem Volksmund als "Affenburg" bekannte Veste als die<br />
"<strong>Helfenburg</strong>" identifizieren. Denn das Wappen mit den<br />
Geierköpfen lässt sich eindeutig dem Kardinal Johann<br />
Ocko von Wlaschim zuordnen (1292-1380), der Bischof<br />
von Olmütz und Erzbischof von Prag sowie enger Berater<br />
Kaiser Karl IV war (1355 nahm er beispielsweise an dessen<br />
Rom-Fahrt teil). Am 15. Dezember 1378 war er es<br />
auch, der die Totenmesse für den am 29. November<br />
1378 in Prag verstorbenen Kaiser gehalten hat. Vier Jahre<br />
zuvor hatte - wie eine Urkunde beweist - Johann von<br />
Wlaschim ("Ocko" ist quasi ein "Spitzname", übersetzt<br />
"Äuglein", darauf hinweisend, dass er in seiner Jugend<br />
ein Augenlicht verloren hatte) die <strong>Helfenburg</strong> von einem<br />
Nachfahren der ursprünglichen Erbauer, den Berken von<br />
Duba, käuflich für die Erzdiozöse Prag erworben.<br />
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Rechts neben dem großen Einlasstor befindet sich noch<br />
ein schmalerer Einlass. Es kann sein, dass zu ihm eine<br />
eigene Zugbrücke gehört hat. Diese beiden Toren sind<br />
heute vom Vorplatz der Burg aus nicht mehr erreichbar.<br />
Um in die Burg zu gelangen, muss man vielmehr die<br />
ebenerdige Maueröffnung benutzen, durch die man direkt<br />
neben der rechten Ringmauer in die eigentliche<br />
Burg gelangt. Dieses Tor war auch mit einer Zugbrücke<br />
ausgestattet, wie es sich anhand der gegenüber auf dem<br />
Landsockel noch erhaltenen Auflagemauer zumindest<br />
noch erahnen lässt.<br />
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Der Zweck dieses unteren Tores lässt sich nur damit erklären,<br />
dass in Ermangelung einer Vorburg die Wirtschaftsgebäude<br />
im Inneren der Burg selbst gestanden<br />
haben. Durch diese Toröffnung konnten dann nicht zu<br />
breite Fuhrwerke in die Burg gelangen, während man<br />
durch die oberen Tore wohl nur die innere Burg, jedoch<br />
nicht den tiefer gelegenen Zwinger betreten konnte.<br />
Neben dem oberen, schmaleren Torbogen ragt auf einem<br />
ca. 15 Meter hohen mächtigen Sandsteinblock der<br />
gewaltige Bergfried empor. Er ist vollständig aus Sandsteinquadern<br />
erbaut und kann, wenn die Burg für Besucher<br />
geöffnet ist, auch bestiegen werden. Er ist ca. 6 Me-<br />
259
ter breit und ragt nochmals rund 20 Meter in die Höhe.<br />
Oben erweitert er sich in eine leichte Ausladung, die auf<br />
einem starken Gesims ruht. Da der Turm zu einem großen<br />
Teil erneuert wurde, ist es nicht sicher, ob diese Ausladung<br />
auch schon ursprünglich vorhanden war. Im Inneren<br />
befinden sich auf drei Stockwerken mehrere Gemächer<br />
mit einigen Fensteröffnungen. Ursprünglich war der<br />
Turm nur über eine Brücke von der mittleren Hauptburg<br />
aus zugänglich. Die sich im inneren befindlichen wendelförmigen,<br />
rechts gewundenen Treppen sind äußerst<br />
schmal und erlauben immer nur eine Person den Durchgang.<br />
Die Lage dieses Wartturms im Gesamtkonzept der Burganlage<br />
ergibt sich aus dessen strategischen Bedeutung.<br />
Ihm gegenüber befindet sich eine felsige Anhöhe, über<br />
die man Einblick und freies Schussfeld auf die innere<br />
Burg gehabt hätte, würde der mächtige Turm nicht zugleich<br />
als Deckung dienen.<br />
Neben den Turm erweckt nach Eintritt in den Burghof<br />
die noch vollständig erhaltene mächtige Ringmauer die<br />
Aufmerksamkeit. Sie hat einen Umfang von fast 300 m<br />
und ist an einigen Stellen (von außen betrachtet) über 12<br />
m hoch. Man erkennt im regelmäßigen Abstand Zinnen<br />
260
und Balkenlöcher von ehemals hölzernen Anbauten. In<br />
den Zinnen selbst befinden sich schmale Schussspalten<br />
und hinter der Zinnenreihe ein noch gut erkennbarer<br />
und mit etwas Mut begehbarer schmaler Gang.<br />
Unweit davon kann man eine kleine, heute mittels einer<br />
groben Holztür verbarrikadierte Ausfallpforte ausmachen.<br />
Von dem mehr oder weniger breiten Zwingerraum zwischen<br />
Mauer und Hauptburg erhebt sich eine vielfach<br />
gespaltene Felsengruppe, auf der die eigentliche Burg<br />
errichtet ist. Von ihr sind allenthalben noch größere<br />
Mauerreste (insbesondere des Palastes) sowie Höhlungen<br />
in den Felsen sowie ein tiefer Brunnen erhalten geblieben.<br />
Auf jeden Fall wurden hier Teile des Sandsteinfelsens<br />
geschickt und mit enormem Aufwand zu verschiedenen<br />
Geschossen, Wohn- und Wirtschaftsbereichen<br />
sowie Verteidigungsanlagen verbunden. Von den<br />
Holzaufbauten sind freilich nur noch die Löcher für die<br />
Stütz- und Tragebalken erhalten geblieben.<br />
Über eine neu errichtete Holztreppe ist der untere, östliche<br />
Teil der Hauptburg seit einiger Zeit auch ohne Kletterei<br />
wieder zugänglich. Über sie gelangt man zum immer<br />
261
noch über 30 m tiefen, mit einem Gitter abgedeckten<br />
Burgbrunnen. Man vermutet, dass er ursprünglich mindestens<br />
doppelt so tief war, aber dann nach und nach<br />
verschüttet worden ist.<br />
Die interessanten Kellerräume, z.T. über 7 m breit und<br />
15 m lang und direkt aus dem Felsen geschlagen, sind<br />
leider durch eine verschlossene Eisentür versperrt, was<br />
eigentlich sehr schade ist. Denn sie stellen neben dem<br />
Turm die eigentliche Attraktion der <strong>Helfenburg</strong> dar. Der<br />
Palais selbst sowie die ebene begraste Fläche zwischen<br />
Palais und Turm sind nicht zugänglich.<br />
Im Zwingerbereich befindet sich ein kleines Blockhaus.<br />
Der Platz davor wird von Jugendlichen gern für ein Lagerfeuer<br />
genutzt. Auch beginnt hier direkt an der Mauer der<br />
Aufstieg zum Wartturm.<br />
Es scheint so, dass diese abgelegene Burg nicht durch<br />
kriegerische Ereignisse zur Ruine wurde, obwohl sie 1429<br />
die Hussiten eroberten. Wahrscheinlich ist sie irgendwann<br />
im 16. Jahrhundert nach einem gelegten Brand<br />
(gelegt von kaiserlichen Söldnern im 30-jährigen Krieg)<br />
weitgehend aufgegeben worden und man hat sie dann<br />
nach und nach verfallen lassen.<br />
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Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass die <strong>Helfenburg</strong> zu<br />
Beginn des 13. Jahrhunderts von dem mächtigen Geschlecht<br />
der Berken von Duba errichtet wurde. Ihre<br />
Nachfahren nahmen dann das Namensprädikat "von<br />
<strong>Helfenburg</strong>" an. Auch scheint sie im Jahre 1350 der Internierung<br />
des italienischen Volkstribun Cola di Rienzo<br />
(1313-1354) gedient zu haben (an ihn erinnert die Oper<br />
"Rienzi" von Richard Wagner), was sich aber nicht sicher<br />
beweisen lässt.<br />
Was die Besitzer der <strong>Helfenburg</strong> betrifft, sind Hans von<br />
<strong>Helfenburg</strong> (um 1370) und Hynek von <strong>Helfenburg</strong> (um<br />
1380) als Namen überliefert. Ersterer verkaufte im Jahre<br />
1375 - wie bereits erwähnt - die Burg an den Prager Erzbischof<br />
Johann Ocko von Wlaschim, der damit seine erzbischhöflichen<br />
Güter an der Nordgrenze seiner Diözese<br />
erweiterte. In der Verkaufsurkunde kann man lesen:<br />
"Um den Nutzen unserer Kirche zu Prag zu bewirken und<br />
in Ansehung dessen, dass die unserem Schlosse Raudnitz<br />
und den unseren erzbischöflichen Gütern nahegelegene<br />
Burg Helfenberg manche Verhinderung und Schäden unseren<br />
erzbischöflichen Gütern wegen der Nähe unserer<br />
Stadt bringen und verursachen und wegen dieser Burg<br />
und den dieselbe bewohnenden Menschen, wenn sie in<br />
263
fremde Hände übergehen würden, unsere Kirche in viele<br />
Gefahren geraten könnte, haben wir, um die der genannten<br />
Kirche drohende Gefahr abzuwenden, damit selbe<br />
keinen Schaden nehme, die oberwähnte Burg und ihre<br />
Zinsungen, Einkünfte, Nutzungen und alle übrigen Zugehörungen<br />
für eine bestimmte Summe Geldes durch Kauf<br />
unserer Kirche und dem Erzbistume auf ewige Zeiten einverleibt,<br />
wie dies in der Land- und Lehntafel des Königreiches<br />
Böhmen und aus den darüber ausgestellten Briefen<br />
zu ersehen ist."<br />
Um das Geld für diesen Kauf aufzubringen, verkaufte der<br />
Prager Erzbischof mit Urkunde vom 12. März 1375 das<br />
erzbischöflich Gericht zu Pilgram mit einigen Gütern sowie<br />
Pfründen an einem gewissen Bunko und dessen Erben,<br />
was 360 Schock Prager Groschen einbrachte.<br />
Auf diese Weise konnte der Grundbesitz des Erzbistums<br />
um über 14 Dörfer zwischen Lewin, Auscha und Duba<br />
erweitert werden. Außerdem wurde die Burg mit der<br />
noch heute sichtbaren Mauer umgeben und die beiden<br />
Wappentafeln über dem Eingangsportal angebracht.<br />
Nach dem Tode von Erzbischof Johann ging der Besitz an<br />
seinen Nachfolger, dem Sohn seines Bruders (Paul von<br />
264
Wlaschim) über, dessen Name Johann von Jenstein<br />
(1347?-1400, Bischof zu Meißen, Erzbischof zu Prag) war.<br />
Bevor er 1394 die <strong>Helfenburg</strong> zu seinem Altersruhesitz<br />
machen konnte, musste er sich gerichtlich mit den Erben<br />
Hans von <strong>Helfenburg</strong> auseinandersetzen, die ihre Ansprüche<br />
an der Burg erneuerten weil sie der Meinung<br />
waren, dass sich die Wlaschim's widerrechtlich in den<br />
Besitz der Burg gebracht hatten. Der Prozess vor dem<br />
Prager Lehnsgericht zog sich von 1383 bis 1386 hin mit<br />
dem Ergebnis, dass nach einigen Güterverschiebungen<br />
und Bürgenauszahlungen die Burg und die Länderreihen<br />
im Erzbistum verblieben und auch Hynek von <strong>Helfenburg</strong><br />
befriedigt war.<br />
Johann von Jenstein war eine außergewöhnliche Persönlichkeit<br />
seiner Zeit. Er besuchte in seiner Jugend die Universitäten<br />
zu Prag, Padua, Montpellier und Paris und<br />
wurde sofort nach Beendigung der Studien (Bakkalaureat)<br />
von Papst Gregor im Alter von 26 Jahren zum Bischof<br />
von Meißen ernannt. Dabei muss erwähnt werden, dass<br />
er selbst nie in Meißen residierte, sondern lediglich den<br />
Titel getragen hat. Bereits drei Jahre später, genau am<br />
20. Oktober 1378, übernahm er von seinem Onkel das<br />
Erzbistum Prag. Nach dem Tod des Kaisers war er dann<br />
für viele Jahre in der Regierung König Wenzels IV invol-<br />
265
viert, bis er 1384 in Ungnade fiel und das Amt des Kanzlers<br />
verlor.<br />
Im Gegensatz zu vielen seiner Vorgänger und Nachfolger<br />
nahm er das Amt eines Bischofs sehr ernst. Er veröffentlichte<br />
viele kirchenpolitische und theologische Schriften<br />
und war an wichtigen Verwaltungsreformen in der Kirche<br />
maßgeblich beteiligt. Im Zusammenhang mit dem "Großen<br />
abendländischen Schismas" der lateinischen Kirche<br />
geriet er wieder in Opposition zum König, der versuchte,<br />
das Erzbistum Prag durch Errichtung eines weiteren Erzbistums<br />
in Westböhmen zu verkleinern und damit den<br />
Einfluss des Erzbischofs zu schmälern. Bei diesem Streit,<br />
der übrigens zum Tod des "bömischen Nationalheiligen"<br />
Johannes von Nepomuk führte (er wurde am 20. März<br />
1393 zu Tode gefoltert und anschließend in die Moldau<br />
geworfen), geriet auch Johann von Jenstein in Lebensgefahr<br />
und konnte sich nur durch Flucht auf die Burg Raudnitz<br />
vor den königlichen Häschern retten. Kurz darauf<br />
begab er sich nach Rom an den päpstlichen Hof, um<br />
Papst Bonifacius IX zu veranlassen, gegen den böhmischen<br />
König zu intervenieren. Daran hatte dieser aber<br />
aus politischen Gründen kein Interesse, da Wenzel IV auf<br />
der Seite des römischen Papstes stand und nicht an Seite<br />
des Gegenpapstes in Avignon. Johann von Jenstein muss-<br />
266
te also, ohne viel erreicht zu haben, nach Böhmen zurückkehren,<br />
wo er sich auf die <strong>Helfenburg</strong> zurück zog.<br />
Von dort aus erklärte er am 2. April 1396 seinen Rücktritt<br />
vom Amt des Erzbischofs zu Prag zu Gunsten seines Neffen<br />
Wolfram von Skworetz. 1399 reiste er wiederholt<br />
nach Rom, wo er am 2. April vom Papst zum Patriarchen<br />
von Antiocha erhoben wurde und am 14. Juni 1400<br />
starb.<br />
Mitten in den Hussitenkriegen wird für das Jahr ein Ritter<br />
mit Namen Aleich von Malikowic als Verwalter des bischöflichen<br />
Besitzes <strong>Helfenburg</strong> erwähnt (1423). Zwei<br />
Jahre später soll sie dann wieder in den Besitz der Herren<br />
von Duba gelangt sein, die sie aber schnell an den<br />
Ritter Johann Smirizky von Smirie (Schmiritz) abtraten.<br />
Der entsprechende Vertrag wurde auf der <strong>Helfenburg</strong><br />
selbst ausgestellt und datiert auf den 25. November<br />
1429. Im darauf folgenden Jahr zog sich der vom Papst<br />
Martin V aus seinen Ämtern enthobene Prager Erzbischof<br />
Konrad von Vechta (1370-1431), der zugleich auch<br />
Kanzler der Prager Universität war, unter dem Schutz der<br />
Familie Smirie auf die <strong>Helfenburg</strong> zurück, wo er sich in<br />
diesen kriegerischen Zeiten sicher dünkte. Von dort aus<br />
erteilte er trotz Verbot durch die römische Kurie der<br />
Universität wieder die Erlaubnis, Promotionen und Ma-<br />
267
gisterprüfungen abzuhalten (August 1430) und ernannte<br />
den Magister Martin Kunesch zu seinem bevollmächtigten<br />
Vizekanzler. Sicher ist, dass Erzbischof Konrad am 5.<br />
Dezember 1431 gestorben ist. Ob auf der Burg Raudnitz<br />
an der Elbe oder auf der <strong>Helfenburg</strong>, ist nicht überliefert.<br />
Es gibt sogar das Gerücht, dass er auf der <strong>Helfenburg</strong><br />
begraben sein soll.<br />
Johann Smirizky von Smirie (1400-1453) war nicht nur<br />
Besitzer der <strong>Helfenburg</strong>. Auch die Burgen Raudnitz, Bösig<br />
und die Burg Hauska nannte er sein eigen. Zuerst ein<br />
überzeugter Hussit und hussitischer Feldherr, wechselte<br />
er später als Utraquist wieder zu den Katholiken und<br />
errang mit dem Heer der "Waisen" zusammen den blutigen<br />
Sieg über die beiden Prokops in der Schlacht bei Lipan<br />
(31. Mai 1434). Zur Zeit des Sächsischen Bruderkrieges<br />
machte er sich den mächtigen Georg von Podiebrad<br />
(1420-1471) zum Feind, als er 1449 dem Strakonitzer<br />
Bund beitrat. Georg von Podiebrad wurde vom Kaiser<br />
Friedrich III zum Landesmarschall von Böhmen ernannt<br />
und am 27. April 1451 in Prag zum Landesverweser bestellt.<br />
Das führte in der Folgezeit zu Auseinandersetzungen<br />
mit den Katholiken, die den noch nicht volljährigen<br />
Ladislaus Postumus (1440-1457) als König sehen wollten.<br />
In diesem Zusammenhang wurde Johann Smirizky von<br />
268
Smirie des Hochverrats angeklagt und am 7. September<br />
1453 auf dem Altstädter Ring mit dem Schwert gerichtet.<br />
Georg von Podiebrad gelangete 1458, nach dem frühen<br />
Tod Ladislaus, zu böhmischen Königswürden (1458-<br />
1471).<br />
Gleich nach dem nicht gerade ruhmvollen Tod Johann<br />
Smirizkys verkaufte seine Witwe die Herrschaft Raudnitz<br />
samt <strong>Helfenburg</strong> für 4000 Schock Prager Groschen an<br />
Heinrich von Rosenberg, der aber kurz darauf starb. Seine<br />
Brüder haben daraufhin die <strong>Helfenburg</strong> pfandweise<br />
Zdenko von Sternberg (1410-1476) überlassen, Er war zu<br />
jener Zeit oberster Burggraf von Böhmen, Jugendfreund<br />
und Anhänger Georg von Podiebrads und mit ihm durch<br />
seine Schwester Kunigunde von Sternberg verschwägert.<br />
Später, als Georg König wurde, kühlte sich ihr Verhältnis<br />
jedoch merklich ab (Stichwort "Grünberger Einigung").<br />
Als es dann Ende 1466, Anfang 1467 zu kriegerischen<br />
Auseinandersetzungen kam, wurde einige Burgen, darunter<br />
auch die <strong>Helfenburg</strong>, kurz belagert und wahrscheinlich<br />
kampflos von des Königs Truppen eingenommen.<br />
Sie gelangte so in den Besitz der königlichen Kammer<br />
und wurde kurze Zeit später bereits neu verpfändet,<br />
und zwar an den erbitterten Gegner des Gegenkönigs<br />
Mathias Corvinus, dem Ritter Kapler von Selewic auf<br />
269
Winterberg. Aber auch er blieb nicht lange Besitzer der<br />
<strong>Helfenburg</strong>. Um 1475 muss sie bereits an Wilhelm (I) von<br />
Ihleburg (1415-1489) gelangt sein (dieser Ritter beteiligte<br />
sich maßgeblich an der sogenannten Wartenberger<br />
Fehde gegen die Sechsstadt Zittau). Auf jeden Fall beschwerte<br />
sich der sächsische Kurfürst Ernst bei Wilhelm<br />
Ihleburg, dass seine Besatzung der <strong>Helfenburg</strong> sächsische<br />
Kaufmannswagen ausgeraubt und auch einige sächsische<br />
Landeskinder erschlagen haben, Wilhelm von<br />
Ihleburg schickte daraufhin ein auf der <strong>Helfenburg</strong> am<br />
23. März 1475 verfasstes Schreiben an den Kurfürsten,<br />
worin er versichert, dass er an der ihm zur Last gelegten<br />
Gewalttat unschuldig sei und das es lediglich ein Scharmützel<br />
zwischen den kurfürstlichen Leuten und den Herren<br />
Berka von Duba gegeben haben soll. Da der Kurfürst<br />
diesen Brief zurück wies und dabei betonte, dass an dem<br />
genannten Scharmützel der Vogt der <strong>Helfenburg</strong>, Georg<br />
Harnisch mit 6 Pferden beteiligt war, kam es zu einem<br />
weiteren Briefwechsel, Wie die Sachlage letztendlich für<br />
von Ihlenburg und seiner Familie ausgegangen ist, lässt<br />
sich aufgrund fehlender Dokumente nicht mehr rekonstruieren.<br />
Auf jeden Fall war Wilhelm von Ihleburg an<br />
einem Ausgleich mit dem sächsischen Kurfürsten interessiert,<br />
wie ein auf Anfang April 1475 datierter Brief<br />
270
seines Schwagers Burian von Guttenstein auf Breitenstein<br />
an den Kurfürsten beweist.<br />
Wilhelm (I) von Ihleburg wurde später sogar königlicher<br />
Unterkämmerer in Prag. Als er am 11. September 1489<br />
im damals sehr hohen Alter von 74 Jahren starb, wurde<br />
er in der Kirche zu Charwatz (Charwatice) bei Mscheno<br />
Mšeé-lázě egae.<br />
Bis in das erste Viertel des 16. Jahrhunderts verblieb die<br />
Burg im Besitz der Familie Ihleburg, die sich nun meistens<br />
"Eulenberg" nannte. Man weiß z.B., daß Agnes Gräfin<br />
von Helfenstein (1484-1550) und verwitwete von Eulenberg<br />
(ihr Mann war Wilhelm (II) von Ihleburg) viele<br />
Jahre auf der <strong>Helfenburg</strong> lebte. Nach ihrem Tod ging die<br />
Burg und der dazugehörige Landbesitz an ihre Tochter<br />
Anna über (darunter auch die Ronburg und das Städtchen<br />
Drum) und damit an die Familie Kurzbach, in die sie<br />
eingeheiratet hatte.<br />
Unter Wilhelm, dann Heinrich II. von Kurzbach waren die<br />
Herrschaften <strong>Helfenburg</strong> und Ronburg bis 1591 vereinigt.<br />
1591 erwarb dann Johann Sezima von Austi auf Auscha<br />
die Burg. 1623, nach der Schlacht am Weißen Berg, wurde<br />
jedoch dessen ganzer Besitz konfisziert und die Hel-<br />
271
fenburg wurde in die Grundherrschaft der Jesuiten in<br />
Lieeshitz Liěšie itegiet.<br />
In dieser Zeit war sie wahrscheinlich schon nicht mehr<br />
bewohnt, die letzte Erwähnung als Schloss stammt von<br />
1591. Am 1. November 1620 plünderten die kaiserlichen<br />
Truppen unter Karl Bonaventura von Buquoy die verlassene<br />
<strong>Helfenburg</strong> und setzten sie dabei wahrscheinlich in<br />
Brand. Seitdem wurde sie nur noch ab und an besucht,<br />
wie eingeritzte Jahreszahlen zu beweisen scheinen, die<br />
man bei der Renovierung des Wartturmes gefunden hat.<br />
Nach Aufhebung des Jesuitenordens 1773 gelangte das<br />
Gut Liebeschitz an den religiösen Studienfond, von welchem<br />
es Ferdinand von Lobkowic im Jahre 1839 erwarb.<br />
1887 ließ der Herrschaftsbesitzer Josef Edler von Schroll,<br />
der das Gut von den Lobkowicern 1871 übernommen<br />
hatte, umfangreiche Sicherungsarbeiten an der Ruine<br />
durchführen. Zu dieser Zeit war schon nicht mehr bekannt,<br />
dass diese Burg im Vogelgrund früher einmal<br />
"<strong>Helfenburg</strong>" genannt wurde. Der Grund ist im<br />
30jährigen Krieg zu suchen, den viele Menschen in den<br />
umliegenden Dörfern nicht überlebt haben. So haben<br />
sich nur schwache Erinnerungen an eine Elfenburg oder<br />
Alfenburg erhalten, aus dem dann später "Affenburg"<br />
272
wurde. Als 1678 der Jesuit und bedeutende böhmische<br />
Geschichtsschreiber Bohuslav Balbin (1621-1688) Liebeschitz<br />
besuchte, bezeichnete er das Schloss "Hratken"<br />
bereits als öd und leer, was bedeutet, dass es damals<br />
schon weitgehend eine Ruine gewesen sein muss.<br />
Zum Abschluss soll auf jeden Fall erwähnt werden, dass<br />
erst Josef Edler von Schroll Ende des 19. Jahrhunderts<br />
die Ruine von Baumbewuchs befreien ließ. Außerdem<br />
ließ er den halb eingestürzten Wartturm erneuern (1887)<br />
und auf dem Platz vor dem Burgtor ein Hegerhaus mit<br />
Schanklokal errichten, welches aber nicht mehr erhalten<br />
ist.<br />
Heute wird die Burg von einer Gruppe Freiwilliger unter<br />
Leitung des Regionalmuseums Leitmeritz betreut und<br />
instand gehalten. Insbesondere wurden in den letzten<br />
Jahren über Holztreppen und Brücken wieder Teile der<br />
Hauptburg zugänglich gemacht. Und bei schönem Wetter<br />
kann auch der mächtige Wartturm bestiegen werden,<br />
von wo man eine schöne Aussicht in Richtung Hoher<br />
Geltsch und Neuland mit seinen zwei barocken Kapellen<br />
hat.<br />
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Quelle: OpenStreetMap<br />
GPS-Koordinaten; 50° 34' 45.67" N / 14° 23' 0.54" E<br />
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