Programmheft - Gürzenich Orchester
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»Man müßte weggehen von hier …«<br />
Béla Bartóks 2. Konzert für Violine<br />
und <strong>Orchester</strong><br />
Béla Bartók selbst hätte wohl kaum behauptet, vor seinem zweiten<br />
Violinkonzert je ein anderes geschrieben zu haben. Natürlich<br />
gibt es eine solche Nr. 1, doch kam sie kurz nach der Fertigstellung<br />
gewissermaßen der Welt abhanden, ein Umstand, über den<br />
Bartók alles andere als unglücklich war. Sein erstes Violinkonzert<br />
hatte er 1907 für Stefi Geyer komponiert, eine junge Geigerin,<br />
deren musikalisches Talent ihn faszinierte, deren persönlicher<br />
Charme aber auch tiefere Gefühle in ihm weckte. Anfang 1908,<br />
kaum dass Bartók die Instrumentierung des Konzerts abgeschlossen<br />
hatte, kündigte Stefi die Freundschaft mit ihm überraschend<br />
auf – was sie nicht hinderte, ihn um das Manuskript des Werks<br />
bitten. Bartók kam ihrem Wunsch nach, doch aufgeführt hat die<br />
Geigerin das ihr zugedachte Konzert nie. Sie hielt es vielmehr<br />
unter Verschluss, so dass seine Existenz bis zur Uraufführung<br />
1958, zwei Jahre nach ihrem Tod, im Dunkel blieb. Einen der<br />
Sätze hatte Bartók allerdings bereits kurz nach der Trennung in<br />
einem anderen Werk wiederverwendet, in den »Zwei Porträts für<br />
<strong>Orchester</strong>« op. 5, die eine Art Resumée der Beziehung zu Stefi<br />
darstellen. Damit hatte er das Violinkonzert ad acta gelegt.<br />
Erst dreißig Jahre später kam er auf das Genre zurück. Verantwortlich<br />
dafür war der Auftrag des Geigers Zoltán Székely, mit dem<br />
Bartók nach dem Ersten Weltkrieg Konzerte gegeben und dem er<br />
bereits seine 2. Rhapsodie für Violine und Klavier (1928) gewidmet<br />
hatte. Bartóks neues, zweites Violinkonzert steht an der Schwelle<br />
zu seiner letzten Schaffensphase – seinem Spätstil, wenn man so<br />
will. Es entstand zwischen August 1937 und Dezember 1938, in<br />
einer Zeit, in der sich auch in seinem Leben entscheidende Veränderungen<br />
ankündigten. Als aufmerksamer Beobachter des politischen<br />
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