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Programmheft ansehen - Gürzenich Orchester

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»dreimal heimatlos: als Böhme in Österreich, als Österreicher unter<br />

Deutschen und als Jude überall.« Während der letzten Proben<br />

mit der ziemlich unwilligen Tschechischen Philharmonie in einem<br />

Mehrzweck-Festsaal waren tatsächlich Kellner damit beschäftigt,<br />

geräuschvoll die Tische zu decken.<br />

Erst bei der Generalprobe sprang der Funke vom dirigierenden<br />

Komponisten auf das <strong>Orchester</strong> über: »… so unerschütterlich<br />

tschechisch sich das <strong>Orchester</strong> dem deutschen Dirigenten gegenüber<br />

fühlte, es war erobert« berichtete der Schriftsteller William<br />

Ritter. Nach der Uraufführung am 19. September 1908 gab es<br />

eine Viertelstunde begeisterten Applaus und höfliche Rezensionen.<br />

Die Kritiker schlugen erst nach der zweiten, wiederum von Mahler<br />

geleiteten und mit Retuschen versehenen Aufführung in München<br />

am 27. Oktober desselben Jahres zu. Rudolf Louis von den<br />

Münchner Neuesten Nachrichten, ein höchst mittelmäßiger Komponist,<br />

aber gefürchteter Kritiker und noch dazu erklärter Antisemit,<br />

konstatierte in Mahlers Sinfonie »geräuschvolle Kakophonien«<br />

und nannte das Stück gar ein »Monstrum an Impotenz und<br />

Künstlichkeit«. Das Publikum allerdings spendete frenetischen<br />

Beifall. Doch erst nach Mahlers Tod kam es wieder zu vereinzelten<br />

Aufführungen des Stücks und auch seit der Mahler-Renaissance<br />

nach 1960 zählt die »Siebente« zu den weniger oft gespielten<br />

Werken des Komponisten.<br />

Im Dezember 1907 hatte Mahler die »Siebente« dem Verleger<br />

Hinrichsen als ein Werk »vorwiegend heiteren, humoristischen<br />

Inhalts« angeboten, dessen Instrumentation »keine besonderen<br />

Ansprüche« stelle: »Nur im vierten, vorletzten Satz, einer Serenade,<br />

ist Guitarre und Mandoline vorgesehen«. Der Kompositionsprozess<br />

lag jedoch auch damals schon relativ lange zurück. Bereits<br />

1904, in der geliebten Kärntner Sommerfrische in Maiernigg am<br />

Wörthersee, skizzierte Mahler die beiden »Nachtmusiken«, fast<br />

parallel zur Komposition des tragischen Finales der »Sechsten«.<br />

Der viel beschäftigte Operndirektor und charismatische Dirigent<br />

kam immer nur in den Ferien dazu, an seinen riesigen symphonischen<br />

Entwürfen konzentriert zu arbeiten. Im Sommer 1905, der<br />

wiederum in Maiernigg verbracht wurde, stockte zunächst die Weiterarbeit<br />

an der »Siebenten«. Erst nach Wochen kam am See die<br />

Inspiration zurück. »Ich stieg in das Boot um mich hinüberfahren<br />

zu lassen. Beim ersten Ruderschlag fiel mir das Thema (oder<br />

mehr der Rhythmus und die Art) der Einleitung zum 1. Satze ein«<br />

berichtete Mahler seiner Frau. In einem Monat war das Werk laut<br />

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