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aktuelles<br />
INFORMATIONSDIENST 12 | 2018<br />
Die Brückenteilzeit kommt<br />
arbeitszeit Um Privatleben <strong>und</strong> Beruf besser miteinander zu vereinbaren, wollen viele<br />
Beschäftigte zu bestimmten Zeiten freiwillig in Teilzeit arbeiten. Sie sollen in Zukunft<br />
aber nicht mehr unfreiwillig dabei bleiben müssen. Dafür sorgt künftig die neue, zeitlich<br />
begrenzte »Brückenteilzeit«.<br />
HINWEIS<br />
Weitere Teilzeitmodelle<br />
sind zum<br />
Beispiel:<br />
}}<br />
Elternzeit: Reduzierung<br />
der Arbeitszeit<br />
zur Betreuung<br />
eines leiblichen,<br />
Adoptiv- oder Pflegekindes<br />
}}<br />
Pflegezeit <strong>und</strong><br />
Familienpflegezeit:<br />
Reduzierung der<br />
Arbeitszeit wegen<br />
häuslicher Pflege<br />
eines nahen Angehörigen<br />
Das Teilzeit- <strong>und</strong> Befristungsgesetz (TzBfG)<br />
gewährt in Betrieben ab 16 Mitarbeitern<br />
schon jetzt einen Anspruch auf Teilzeitarbeit.<br />
Dieser entpuppt sich aber oft als Einbahnstraße,<br />
denn er ist zeitlich nicht begrenzt. Einmal<br />
in der Teilzeit gelandet, blieben Beschäftigte<br />
dort oft stecken. Denn der Arbeitgeber ist<br />
bisher nicht verpflichtet, den Beschäftigten<br />
anschließend die Rückkehr zur Vollzeit zu<br />
gewähren.<br />
Das ändert sich 2019<br />
Das soll sich jetzt ändern – durch die sogenannte<br />
Brückenteilzeit. Dieser Anspruch<br />
auf zeitlich begrenzte Teilzeit wird künftig<br />
im neuen § 9a TzBfG geregelt. Er garantiert<br />
Beschäftigten ab dem 1.1.2019, dass sie nach<br />
Ablauf eines vorher vereinbarten Zeitraums<br />
automatisch zur alten Arbeitszeit zurückkehren<br />
können.<br />
Voraussetzungen der neuen Teilzeit<br />
Für die Gewährung der Brückenteilzeit müssen<br />
aber bestimmte Voraussetzungen vorliegen:<br />
• Teilzeitvereinbarung wird nach dem<br />
1.1.2019 abgeschlossen<br />
(Eine bereits bestehende zeitlich nicht<br />
begrenzte Teilzeit kann nicht in Brückenteilzeit<br />
umgewandelt werden.)<br />
• Arbeitsverhältnis besteht länger als<br />
6 Monate<br />
• Arbeitgeber beschäftigt mindestens<br />
46 Arbeitnehmer<br />
• Schriftlicher Antrag auf Verringerung<br />
der Arbeitszeit<br />
• Zeitraum für die Verkürzung beträgt<br />
zwischen 1 <strong>und</strong> 5 Jahren<br />
(In einem Tarifvertrag können aber<br />
Ausnahmen von diesem zeitlichen<br />
Rahmen vereinbart werden.)<br />
Bestimmte Gründe für die Verkürzung der<br />
Arbeitszeit müssen die Beschäftigten bei der<br />
neuen Brückenteilzeit nicht vortragen. Die<br />
Verringerung ist beispielsweise nicht daran<br />
geknüpft, dass die Zeit zur Pflege von Angehörigen<br />
benötigt wird, wie es bei den Teilzeitmodellen<br />
Pflegezeit <strong>und</strong> Familienpflegezeit<br />
notwendig ist.<br />
Ablehnung des Antrags<br />
Liegen die genannten Voraussetzungen vor,<br />
darf der Arbeitgeber den Antrag nur aus zwei<br />
Gründen ablehnen:<br />
• Es liegen betriebliche Gründe vor, die die<br />
Organisation, den Arbeitsablauf oder die<br />
Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigen.<br />
• Beschäftigt der Arbeitgeber zwischen 46<br />
<strong>und</strong> 200 Arbeitnehmer, muss er nur jedem<br />
15. Beschäftigten eine befristete Teilzeit<br />
gewähren (sog. Zumutbarkeitsgrenze).<br />
Wurde einmal Brückenteilzeit in Anspruch<br />
genommen, kann erst nach Ablauf einer Frist<br />
von12 Monaten eine erneute Brückenteilzeit<br />
beantragt werden.<br />
Kritik an der Brückenteilzeit<br />
Neben viel Lob gibt es auch kritische Anmerkungen<br />
zur neuen Teilzeit.<br />
Zunächst erfasst der Anspruch durch die<br />
Untergrenze von 46 Beschäftigten die kleinen<br />
Unternehmen nicht. Aber gerade dort<br />
arbeiten viele Frauen <strong>und</strong> vor allem diese<br />
bleiben häufig in der Teilzeitfalle stecken.<br />
Den Schwellenwert haben auch die Gewerkschaften<br />
von Anfang an kritisiert <strong>und</strong> hätten<br />
ihn gerne komplett aus dem Gesetzesentwurf<br />
gestrichen gesehen.<br />
Im Zusammenhang damit stellt sich außerdem<br />
die Frage, welche Beschäftigten bei<br />
Festlegen des Schwellenwertes zählen. Sind<br />
beispielsweise auch die im Betrieb eingesetzten<br />
Leiharbeiter erfasst?<br />
Und wurde einmal Brückenteilzeit vereinbart,<br />
sind währenddessen keine Veränderung<br />
der Arbeitszeit <strong>und</strong> keine vorzeitige Rückkehr<br />
zur alten Arbeitszeit möglich. v<br />
Franziska Kowalski, Volljuristin,<br />
B<strong>und</strong>-Verlag, Frankfurt am Main.<br />
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