Arbeitsschutz und Mitbestimmung

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21.02.2019 Aufrufe

7 fragen INFORMATIONSDIENST 12 | 2018 arbeitshilfe HINWEIS Der Auszug stellt die Regelungen zu den wichtigsten Errungenschaften aus der Arbeitszeit-Betriebsvereinbarung der DHL Delivery Kassel GmbH dar. Die komplette Betriebsvereinbarung finden Sie in Ihrer exklusiven Online-Datenbank. Arbeitszeit-Betriebsvereinbarung der DHL Delivery Kassel GmbH – Auszug § 3 Dienstplangestaltung 1. Beginn und Ende der zu leistenden täglichen Arbeitszeit einschließlich der Ruhepausen sowie die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage sind in allgemeinen Dienstplänen gemäß dem Muster in Anlage 1 festgelegt. Diese Dienstpläne werden über das Jahr fortlaufend aneinandergereiht. Die Dienstpläne können mit Zustimmung des Betriebsrats geändert werden, ohne dass es einer Kündigung dieser Betriebsvereinbarung bedarf. 2. Auf Basis der allgemeinen Dienstpläne werden Einsatzpläne erstellt, die die in den jeweiligen Depots eingesetzten Beschäftigten den Dienstplänen nach Anlage 1 namentlich zuordnen (Muster Anlage 2). Die Einsatzpläne können mit Zustimmung des Betriebsrats geändert werden, ohne dass es einer Kündigung dieser Betriebsvereinbarung bedarf. § 4 enthält spezielle Regelungen zur mitbestimmten Dienstplan- und Einsatzplanänderungen in Einzelfällen. Die Einsatzpläne sind am »schwarzen Brett« in den Depots auszuhängen. Jeder Beschäftigte erhält eine Kopie des für ihn geltenden Einsatzplanes. 3. Stimmt der Betriebsrat den von der Arbeitgeberin vorgelegten Einsatzplänen nicht zu, finden innerhalb von einer Woche Verhandlungen mit dem Arbeitgeber statt, mit dem Ziel, einvernehmliche Einsatzpläne zu erstellen. Kommt eine Einigung nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle. Die aktuellen Anlagen 2 werden dem Betriebsrat jeweils zum 15.01. und zum 15.07. eines Jahres zur Information vorgelegt. § 6 Arbeitszeitkonto 1. Überschreitungen der täglichen dienstplanmäßigen Arbeitszeit werden als Mehrleistungen minutengenau erfasst und fortlaufend addiert. Bei Ausfallzeiten durch berechtigtes Fernbleiben von der Arbeit (z. B. Erholungsurlaub oder Krankheit) gilt die dienstplanmäßige Arbeitszeit als erbracht. 2. Auf dem Arbeitszeitkonto können maximal 40 Stunden angesammelt werden. 3. Innerhalb von 12 Monaten muss das Arbeitszeitkonto eines jeden Beschäftigten ausgeglichen sein. Soweit innerhalb dieses Zeitraums das Zeitguthaben durch Freizeit nicht ausgeglichen werden kann, ist im Rahmen der tariflichen Regelungen finanziell abzugelten. 4. Zur Erfassung der geleisteten Arbeitszeit gilt folgendes: Kommen; die Arbeitszeit wird erst ab dem im Dienstplan festgelegten Beginn erfasst Gehen; unverzüglich nach Arbeitsende § 8 Mitbestimmung des Betriebsrates 1. Aufgrund der schwankenden Verkehrsmenge, der Unwägbarkeiten des Außeneinsatzes und Verkehrsbehinderungen oder sonstiger Störungen des Regelprozesses, hat der Betriebsrat Überschreitungen der dienstplanmäßigen Arbeitszeit arbeitstäglich bis zu 45 Minuten seine Zustimmung mit dem Abschluss dieser Betriebsvereinbarung erteilt, sofern a) das Arbeitszeitkonto nicht mehr als 40 Stunden Mehrleistungen aufweist, und b) die Summe der Mehrleistungen 180 Minuten je Kalenderwoche nicht übersteigt. 2. Weitere Überschreitungen der in Nr. 1 lit. a) und b) geregelten Grenzwerte bedürfen der ausdrücklichen Zustimmung des Betriebsrats. 3. Eine Rückholung aus einem dienstplanmäßig freien Tag ist nur mit Zustimmung des Betriebsrats und dem Einverständnis des Beschäftigten möglich. Eine Rückholung kann nur 8 mal pro Jahr erfolgen. Die Rückgewährung des dienstplanmäßig freien Tages in Freizeit unter Anrechnung auf das Arbeitszeitkonto erfolgt zeitnah innerhalb von sechs Wochen. Auf Antrag des Beschäftigten kann auch eine Barabgeltung der geleisteten Stunden erfolgen. Quelle: Betriebsvereinbarung der DHL Delivery Kassel GmbH. Ihre Arbeitshilfe online unter: www.aum-web.de 10

INFORMATIONSDIENST 12 | 2018 rechtsprechung Keine Nachtarbeit für stillende oder schwangere Arbeitnehmerinnen EuGH 19.9.2018 – C-41/17 mutterschutz Auch wenn Schichtarbeit nur teilweise zur Nachtzeit geleistet wird, gilt diese Zeit als Nachtarbeit, Arbeitnehmerinnen genießen dann einen besonderen Mutterschutz. Das gilt auch für die Gefährdungsbeurteilung. Die Klägerin ist Arbeitnehmerin eines spanischen Sicherheitsdienstes. Im November 2014 brachte sie ein Kind zur Welt, dieses stillte sie auch. Seit März 2015 arbeitet sie im Wachdienst in einem Einkaufszentrum in variablen, achtstündigen Wechselschichten. Diese umfassen auch Nachtschichten. Die spanische Regelung gibt Schwangeren oder Stillenden einen Anspruch auf Umgestaltung ihrer Arbeitsbedingungen oder Arbeitszeiten, wenn ihrer Tätigkeit besondere Gesundheitsrisiken für die Mutter oder das Kind innewohnen. Bescheinigt der medizinische Dienst oder die Berufsgenossenschaft, dass eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen nicht möglich ist oder ungeeignet, um die Risiken zu beseitigen, ruht das Arbeitsverhältnis während dieser Zeit und die Arbeitnehmerin erhält (staatliche) Lohnersatzleistungen. Die Arbeitnehmerin wollte das bezahlte Ruhen ihres Arbeitsverhältnisses erreichen und hatte bei der Berufsgenossenschaft die Erteilung einer entsprechenden Bescheinigung beantragt. Der Arbeitgeber teilte der Berufsgenossenschaft mit, die Tätigkeit der Arbeitnehmerin beinhalte keine besonderen Risiken, weshalb auch keine Anpassung der Arbeitsbedingungen notwendig sei. Die Berufsgenossenschaft lehnte darauf den Antrag der Arbeitnehmerin auf bezahltes Ruhen des Arbeitsverhältnisses ab. Hiergegen klagte sie. Das sagt das Gericht Der EuGH stellte zunächst klar, dass auch dann Nachtarbeit vorliegt, wenn im Rahmen eines Schichtmodells nur zum Teil während der Nachtzeit gearbeitet wird. Auch die Tätigkeit der Klägerin sei daher nach dem Europarecht als Nachtarbeit anzusehen. Für sie gelten damit die besonderen Schutzvorschriften für schwangere und stillende Arbeitnehmerinnen. Da Nachtarbeit ein besonderes Risiko für schwangere oder stillende Arbeitnehmerinnen darstellen kann, müssen die Arbeitsplätze von Schwangeren oder Stillenden unter Berücksichtigung ihrer individuellen Situation auf die Risiken der Nachtarbeit hin überprüft werden. Unterbleibe eine solche Prüfung, liegt eine Diskriminierung der betroffenen Frauen bei der Gefährdungsbeurteilung vor. Für die Arbeitnehmerin reicht es dabei aus, dass sie Tatsachen oder Beweise vorbringt, die eine Diskriminierung vermuten lassen. Dem ist genüge getan, indem die Arbeitnehmerin vorbringt, dass eine entsprechende Prüfung ihres Arbeitsplatzes verweigert wurde. Der Arbeitgeber muss dann beweisen, dass eine solche Prüfung durchgeführt und die individuellen Situation der Arbeitnehmerin dabei berücksichtigt wurde. Ebenso muss der Arbeitgeber beweisen, dass eine erfolgte Anpassung der Arbeitsbedingungen eine geeignete Abhilfemöglichkeit darstellt und ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht nötig ist. Das bedeutet die Entscheidung für Sie Die Entscheidung bekräftigt nochmals die bereits zuvor vom EuGH aufgestellten Anforderungen an eine ordnungsgemäße Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsplätze schwangerer und stillender Arbeitnehmerinnen. Sie verdeutlicht damit noch einmal für alle Arbeitgeber, welche Anforderungen an sie gestellt werden. Hinsichtlich der Nachtarbeit besteht für Schwangere und stillende Mütter auch in Deutschland ein strenger Schutz. § 5 Mutterschutzgesetz (MuSchG) verbietet ihre Beschäftigung in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr generell. Nur ausnahmsweise darf zwischen 20 Uhr und 22 Uhr gearbeitet werden. v Claudia Isabell Grothe, Fachanwältin für Arbeitsrecht, AfA Rechtsanwälte Nürnberg. GESETZ Seit dem 1.1.2018 gilt die Neufassung des MuSchG. Das reformierte Gesetz verankert die euro pa rechtlichen Vor gaben aus der »Mutterschutzrichtlinie« nun weitgehend direkt im formellen Gesetzesrecht. So sieht es in § 10 vor, dass die Gefährdungen für Arbeitsplätze von Schwangeren oder stillenden Arbeitnehmerinnen gesondert beurteilt werden müssen. Die besonderen Umstände dieser Arbeitnehmerinnen sollen so bei der Gefährdungsbeurteilung explizit Berücksichtigung finden. 11

INFORMATIONSDIENST 12 | 2018<br />

rechtsprechung<br />

Keine Nachtarbeit für stillende oder<br />

schwangere Arbeitnehmerinnen<br />

EuGH 19.9.2018 – C-41/17<br />

mutterschutz Auch wenn Schichtarbeit nur teilweise zur Nachtzeit geleistet wird,<br />

gilt diese Zeit als Nachtarbeit, Arbeitnehmerinnen genießen dann einen besonderen<br />

Mutterschutz. Das gilt auch für die Gefährdungsbeurteilung.<br />

Die Klägerin ist Arbeitnehmerin eines spanischen<br />

Sicherheitsdienstes. Im November<br />

2014 brachte sie ein Kind zur Welt, dieses<br />

stillte sie auch. Seit März 2015 arbeitet sie<br />

im Wachdienst in einem Einkaufszentrum in<br />

variablen, achtstündigen Wechselschichten.<br />

Diese umfassen auch Nachtschichten.<br />

Die spanische Regelung gibt Schwangeren<br />

oder Stillenden einen Anspruch auf<br />

Umgestaltung ihrer Arbeitsbedingungen oder<br />

Arbeitszeiten, wenn ihrer Tätigkeit besondere<br />

Ges<strong>und</strong>heitsrisiken für die Mutter oder das<br />

Kind innewohnen. Bescheinigt der medizinische<br />

Dienst oder die Berufsgenossenschaft,<br />

dass eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen<br />

nicht möglich ist oder ungeeignet, um<br />

die Risiken zu beseitigen, ruht das Arbeitsverhältnis<br />

während dieser Zeit <strong>und</strong> die Arbeitnehmerin<br />

erhält (staatliche) Lohnersatzleistungen.<br />

Die Arbeitnehmerin wollte das bezahlte<br />

Ruhen ihres Arbeitsverhältnisses erreichen<br />

<strong>und</strong> hatte bei der Berufsgenossenschaft die<br />

Erteilung einer entsprechenden Bescheinigung<br />

beantragt. Der Arbeitgeber teilte der<br />

Berufsgenossenschaft mit, die Tätigkeit der<br />

Arbeitnehmerin beinhalte keine besonderen<br />

Risiken, weshalb auch keine Anpassung der<br />

Arbeitsbedingungen notwendig sei. Die Berufsgenossenschaft<br />

lehnte darauf den Antrag<br />

der Arbeitnehmerin auf bezahltes Ruhen des<br />

Arbeitsverhältnisses ab. Hiergegen klagte sie.<br />

Das sagt das Gericht<br />

Der EuGH stellte zunächst klar, dass auch<br />

dann Nachtarbeit vorliegt, wenn im Rahmen<br />

eines Schichtmodells nur zum Teil während<br />

der Nachtzeit gearbeitet wird. Auch die Tätigkeit<br />

der Klägerin sei daher nach dem Europarecht<br />

als Nachtarbeit anzusehen. Für sie<br />

gelten damit die besonderen Schutzvorschriften<br />

für schwangere <strong>und</strong> stillende Arbeitnehmerinnen.<br />

Da Nachtarbeit ein besonderes<br />

Risiko für schwangere oder stillende Arbeitnehmerinnen<br />

darstellen kann, müssen die Arbeitsplätze<br />

von Schwangeren oder Stillenden<br />

unter Berücksichtigung ihrer individuellen<br />

Situation auf die Risiken der Nachtarbeit hin<br />

überprüft werden. Unterbleibe eine solche<br />

Prüfung, liegt eine Diskriminierung der betroffenen<br />

Frauen bei der Gefährdungsbeurteilung<br />

vor.<br />

Für die Arbeitnehmerin reicht es dabei<br />

aus, dass sie Tatsachen oder Beweise vorbringt,<br />

die eine Diskriminierung vermuten<br />

lassen. Dem ist genüge getan, indem die Arbeitnehmerin<br />

vorbringt, dass eine entsprechende<br />

Prüfung ihres Arbeitsplatzes verweigert<br />

wurde.<br />

Der Arbeitgeber muss dann beweisen,<br />

dass eine solche Prüfung durchgeführt <strong>und</strong><br />

die individuellen Situation der Arbeitnehmerin<br />

dabei berücksichtigt wurde. Ebenso<br />

muss der Arbeitgeber beweisen, dass eine<br />

erfolgte Anpassung der Arbeitsbedingungen<br />

eine geeignete Abhilfemöglichkeit darstellt<br />

<strong>und</strong> ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses nicht<br />

nötig ist.<br />

Das bedeutet die Entscheidung für Sie<br />

Die Entscheidung bekräftigt nochmals die<br />

bereits zuvor vom EuGH aufgestellten Anforderungen<br />

an eine ordnungsgemäße Gefährdungsbeurteilung<br />

der Arbeitsplätze schwangerer<br />

<strong>und</strong> stillender Arbeitnehmerinnen. Sie<br />

verdeutlicht damit noch einmal für alle Arbeitgeber,<br />

welche Anforderungen an sie gestellt<br />

werden.<br />

Hinsichtlich der Nachtarbeit besteht für<br />

Schwangere <strong>und</strong> stillende Mütter auch in<br />

Deutschland ein strenger Schutz. § 5 Mutterschutzgesetz<br />

(MuSchG) verbietet ihre Beschäftigung<br />

in der Zeit von 20 Uhr bis 6 Uhr<br />

generell. Nur ausnahmsweise darf zwischen<br />

20 Uhr <strong>und</strong> 22 Uhr gearbeitet werden. v<br />

Claudia Isabell Grothe, Fachanwältin für<br />

Arbeitsrecht, AfA Rechtsanwälte Nürnberg.<br />

GESETZ<br />

Seit dem 1.1.2018<br />

gilt die Neufassung<br />

des MuSchG.<br />

Das reformierte<br />

Gesetz verankert die<br />

euro pa rechtlichen<br />

Vor gaben aus<br />

der »Mutterschutzrichtlinie«<br />

nun weitgehend<br />

direkt im formellen<br />

Gesetzesrecht.<br />

So sieht es in<br />

§ 10 vor, dass die<br />

Gefährdungen<br />

für Arbeitsplätze<br />

von Schwangeren<br />

oder stillenden<br />

Arbeitnehmerinnen<br />

gesondert beurteilt<br />

werden müssen.<br />

Die besonderen<br />

Umstände dieser<br />

Arbeitnehmerinnen<br />

sollen so bei<br />

der Gefährdungsbeurteilung<br />

explizit<br />

Berücksichtigung<br />

finden.<br />

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