Betriebsrat und Mitbestimmung
Betriebsrat und Mitbestimmung | Praxiswissen für kleine Gremien und nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder
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INFORMATIONSDIENST 12 | 2018<br />
7 fragen<br />
7 Fragen zur Erreichbarkeit im<br />
Weihnachtsurlaub<br />
erholungsurlaub Weihnachten gehört der Familie <strong>und</strong> den Lieben. Niemand will in<br />
dieser Zeit von seinem Chef gestört werden. Doch was ist, wenn der Vorgesetzte im<br />
Urlaub anruft? Muss der Arbeitnehmer reagieren? Muss er das Diensthandy auch über die<br />
Feiertage einschalten? Wir haben Ihnen 7 wichtige Fragen beantwortet.<br />
1. Müssen Beschäftigte im Urlaub<br />
erreichbar sein?<br />
Nein. Urlaub dient der Erholung. Jeder Beschäftigte<br />
hat nach § 1 B<strong>und</strong>esurlaubsgesetz<br />
(BUrlG) Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.<br />
Eine Erholung ist dann nicht gewährleistet,<br />
wenn der Beschäftigte ständig damit rechnen<br />
muss, zur Arbeit abgerufen zu werden.<br />
Auch das Beantworten von Telefonaten <strong>und</strong><br />
E-Mails ist Arbeit <strong>und</strong> beeinträchtigt die Erholung.<br />
Nach dem BUrlG müssen Beschäftigte<br />
an ihren freien Tagen von der Arbeit komplett<br />
entb<strong>und</strong>en sein. Fazit: Niemand muss im Urlaub<br />
erreichbar sein, auch dann nicht, wenn er<br />
ein Diensthandy hat. Urlaub ist Urlaub.<br />
2. Was passiert, wenn im Arbeitsvertrag<br />
»ständige Erreichbarkeit« geregelt ist?<br />
Vermehrt finden sich in Arbeitsverträgen Klauseln,<br />
die eine permanente Erreichbarkeit des<br />
Beschäftigten auch an seinen freien Tagen zur<br />
Pflicht machen – oder jedenfalls für ein paar<br />
St<strong>und</strong>en pro Urlaubstag. Eine gern verwendete<br />
Klausel besagt, dass der Beschäftige einmal<br />
täglich die Mailbox abhören oder in einer<br />
bestimmten Zeit telefonisch erreichbar sein<br />
muss. Diese Vorgehensweise ist nicht zulässig<br />
– so das BAG (20.6.2000 – 9 AZR 405/99).<br />
Dies gilt jedenfalls für die 24 Werktage, die jedem<br />
Angestellten als gesetzlicher Mindesturlaub<br />
zustehen. An allen zusätzlichen, vom<br />
Arbeitgeber freiwillig gewährten Urlaubstagen<br />
kann es allerdings vertraglich Sonderregeln<br />
geben. Klauseln im Arbeitsvertrag, die eine<br />
Erreichbarkeit an diesen Tagen vorsehen, sind<br />
nicht unzulässig. Der Chef dürfte dann permanente<br />
Erreichbarkeit verlangen.<br />
3. Gilt etwas anders für Rufbereitschaft<br />
oder Bereitschaftsdienst?<br />
Ja. In beiden Fällen muss der Beschäftigte<br />
permanent erreichbar sein, egal wo er sich<br />
gerade aufhält. Beides muss aber mit dem Arbeitgeber<br />
ausdrücklich vereinbart sein.<br />
Rufbereitschaft bedeutet, dass der Arbeitnehmer<br />
jederzeit für den Arbeitgeber erreichbar<br />
sein muss, um auf Abruf die Arbeit<br />
aufnehmen zu können. Bereitschaftsdienst ist<br />
dann gegeben, wenn sich der Arbeitnehmer<br />
an einem vom Arbeitgeber bestimmten Ort<br />
innerhalb oder außerhalb des Betriebs aufhalten<br />
muss, um bei Bedarf unverzüglich seine<br />
Arbeitstätigkeit aufnehmen zu können.<br />
In beiden Fällen dürfen die Mitarbeiter<br />
nicht im Urlaub sein. Rufbereitschaft oder<br />
Bereitschaftsdienst <strong>und</strong> Urlaub schließen sich<br />
aus.<br />
4. Kann der Chef den Arbeitnehmer in<br />
Notfällen kontaktieren?<br />
Ja. Es gibt ganz wenige Notfälle oder Ausnahmesituationen,<br />
in denen der Arbeitgeber<br />
den Mitarbeiter im Urlaub anrufen oder kontaktieren<br />
darf. Das ist der Fall, wenn der Beschäftigte<br />
ein Passwort kennt, das der Betrieb<br />
dringend benötigt oder wenn sonst irgendein<br />
echter Notfall eintritt. Allerdings gilt hier,<br />
dass die Zeit der Erledigung der Anfrage für<br />
den Beschäftigten Arbeitszeit ist. Die muss<br />
der Arbeitgeber vergüten.<br />
5. Was gilt für Führungskräfte?<br />
Im Prinzip gilt auch für Führungskräfte rechtlich<br />
nichts anderes. Auch wenn sie ein Diensthandy<br />
haben, brauchen sie es im Urlaub nicht<br />
zu benutzen. Dienstliche Anrufe oder Mails<br />
können sie ignorieren. Auch für Führungskräfte<br />
gilt das B<strong>und</strong>esurlaubsgesetz – <strong>und</strong> damit<br />
ist Urlaub arbeitsfreie Zeit.<br />
Allerdings kann es sein, dass es im Interesse<br />
der leitenden Angestellten oder Führungskräfte<br />
liegt, dass die Geschäfte auch während<br />
ihrer Abwesenheit weiter laufen. Aber das<br />
müssen sie dann selbst entscheiden – eine<br />
rechtliche Verpflichtung gibt es nicht.<br />
WICHTIG<br />
Rufbereitschaft<br />
gilt nur dann als<br />
Arbeitszeit, wenn<br />
der Arbeitnehmer<br />
tatsächlich zur<br />
Ar beit kommen<br />
muss. Bereitschaftsdienst<br />
ist immer<br />
Arbeits zeit.<br />
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