Dr. Julius - TMV
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hten<br />
kblick auf die<br />
„Traditionen“<br />
des Christuskindes in einem Stall oder einer<br />
Höhle liegend, seiner Eltern, der<br />
Hirten und Engel, der Sterndeuter – aufzustellen,<br />
reicht bis in die frühe Kirche zurück.<br />
Man geht davon aus, dass Papst<br />
Liberius Mitte des 4. Jahrhunderts eine<br />
Basilika mit einer Krippenkapelle errichten<br />
ließ. 420 erbaute man an dieser Stelle<br />
Santa Maria Maggiore, wo man<br />
Holzstücke aufbewahrte, die angeblich<br />
von der Krippe Jesu stammen sollten.<br />
Wahrscheinlich ist an dieser Stelle in den<br />
Weihnachtstagen auch die erste dreidimensionale<br />
Krippe gestanden. Seit jener<br />
Zeit ist es in Santa Maria Maggiore üblich,<br />
die Geburt Jesu Christi in Form einer<br />
Krippe mit einem in Windeln gewickelten<br />
Kind zu zeigen. Daraus entwickelte sich<br />
der Brauch, als Nachbildung der<br />
Geburtsszene Christi neben dem Altar<br />
eine Krippe aufzustellen. In Santa Maria<br />
Maggiore steht auch (siehe nebenstehendes<br />
Bild) die älteste noch erhaltene<br />
Krippe der Welt aus dem Jahr 1291.<br />
ff ii dd dd ii bb uu uu ss<br />
Geburt Christi<br />
vom niederländischen<br />
Maler<br />
Pieter Aertsen<br />
(1566) in der<br />
Kirche St.<br />
Servatius zu<br />
Selent. (Öl auf<br />
Holz)<br />
„Beim Christbäumeaufsammeln“<br />
von P.L.<br />
Hoyt aus dem<br />
„Harper’s Weekly“<br />
von 1902.<br />
Der Brauch, dem eigentlichen Weihnachtsfest<br />
am 24. Dezember die Bescherung,<br />
jenen heutzutage fast wichtigsten<br />
Teil der Feiertage, vorzuschalten, ist<br />
jüngeren Datums. Im 17. und 18. Jahrhundert<br />
wurde im Morgengrauen des 25.<br />
Dezembers, nach der Rückkehr von der<br />
Christmette, beschert. Mit dem heutigen<br />
Gebaren des ausgiebigen Essens und<br />
Trinkens mit nachfolgender Bescherung,<br />
dem sich noch ein Besuch der Mitternachtsmette<br />
und dem Ausschlafen am ersten<br />
Weihnachtsfeiertag anschließt, hat<br />
das wenig zu tun. Die Kirchen legten deshalb<br />
die Metten einfach auf den Nachmittag<br />
vor der Bescherung, um wenigstens<br />
die Tradition zu wahren. Ein Fest wandelt<br />
sich: vom religiös zum familiär ausgerichteten;<br />
von der im ländlichen Milieu ehrfürchtig<br />
ersehnten Winterwende zur glanzvollen<br />
Selbstdarstellung eines neuen<br />
Standes, des Bürgertums; von dem auf<br />
dem Lande mit gehörigem Aberglauben<br />
erwarteten Feiertag, der die dörfliche Ge-<br />
Nr. 99 / Dezember 2007<br />
Tiroler Mittelschülerverband<br />
meinschaft zusammenfasste, zu einem<br />
Instrument, das geeignet war, die paternalistische<br />
Familienstruktur zu stärken.<br />
Und heute? Mit abnehmender Bedeutung<br />
der Kirche hat Weihnachten privaten<br />
Charakter als Fest der zeitweiligen<br />
Besinnung auf diesseitige Werte, etwa<br />
auf Mitmenschlichkeit oder ein paar gelungene<br />
Stunden im Kreis der engeren<br />
Familie oder von Freunden. Als Erfolg gilt<br />
schon, dem Weihnachtsrummel durch<br />
frühzeitigen Geschenkeinkauf ausgewichen<br />
zu sein. Weihnachten ist eine logistische<br />
Herausforderung, in der es darum<br />
geht, die Ladenöffnungszeiten so<br />
geschickt zu nutzen, dass die Vorräte<br />
vom 24. mittags bis 27. morgens reichen.<br />
Und die meisten Buchgeschäfte könnten<br />
ohne Weihnachten gar nicht überleben –<br />
in den Wochen vor dem Fest machen sie<br />
meist den halben Jahresumsatz. Wo<br />
aber bleibt das Wesentliche?<br />
Andreas Petö v/o Morgoth, ABI<br />
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