Schneefrau

Cambra Skadé
Die Schneefrau

Ein roter Geschichtenfaden führt weißwärts.

Er führt hinein in ein weites Feld,
weit wie ein Schneefeld, zu den
Geschichten, die mich geformt haben.
Der Winterfaden will aufgespult werden.

Auf Urgroßmutterwegen den Spuren
im Schnee folgen.

Ahnenlandkarten,
von Alta bis Südtirol,
vom Novemberdunkel bis zum Februarlicht.

Wintergedanken fallen wie
Schneeflocken aus den Wolken.
Einzelne Worte kristallisieren
sich heraus:

Driften,
Frostflaum,
Nachtdunkel,
Nordlicht,
Schneebrücken

Wenn der Nordwind ruft, überlässt man sich
der Stille, der Zeit des Beisammenseins an
den Innenfeuern.

Schneewehen haben die letzten Rosen umhüllt.
Manches wird erinnert, lebt noch einmal auf
und wenn es Zeit ist, dann darf man es im
Schneesturm erfrieren lassen.

Der Gesang des Winterwindes erzählt
vom offenen, weißen Raum.

Schnee lesen. Winterlauschen.

Die Winterwege sind alte Clanwege.

Die Nacht,
die Stille,
das Weiß gehören dazu.
Die Sonne lässt es leuchten.

In den vielen
geerbten Wintermänteln
ist Schnee zu riechen
und der Duft von Kerzen.

Wintermärchen schlafen in den Manteltaschen.

Die Geschichtenschichten
des Winterzeitenclans

von der glitzernden Schneeschicht
hinein in den Pulverschnee, durch Firn
und Harsch, Altschnee kennen,
Neuschnee riechen, lange bevor er kommt.

Die festen Grenzen verwischen. Im Schneetreiben,
in den weißen Schrägstrichen Kommendes lesen.

Schnee atmet, tanzt in Kristallen, weckt das Sanfte.

Vielfältig kann
sich dieses sinnliche
Verhältnis zum Winter
gestalten.

Um jede Wintergeschichte froh sein,
die erinnert, gehütet, weitergegeben
worden ist.

Denn es sind die Geschichten, der Stoff,
aus dem der Geist des Winters zusammensetzt ist
und alle, die dem Winterclan angehören.

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