Stadtmagazin CLP Ausgabe 28
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Geschichte<br />
Körperhygiene früher und heute<br />
Weihnachten rückt unaufhaltsam näher. Ein längst<br />
erwartetes Fest, das sich früher durch ein eher<br />
seltenes Ereignis ankündigte: Es stand ein ausgiebiges<br />
Bad an. Dies war bis Mitte letzten Jahrhunderts in der<br />
Tat eine ungewöhnliche Sache, denn immerhin waren dafür<br />
einige aufwändige Vorbereitungen zu treffen. So musste der<br />
Raum, in dem gebadet wurde, geheizt sein. Und da es sich<br />
anbot, das Badewasser auf dem Küchenherd zu erhitzen,<br />
fand der Badetag in der Küche statt.<br />
Zweimal im Jahr: Zu Weihnachten, wie schon gesagt und<br />
das nächste Mal zu Ostern. Den Sommer über musste das mit<br />
der Hygiene über Waschschüssel klappen.<br />
Doch zurück zum Tag der gründlichen Reinigung aller Familienmitglieder,<br />
doch dazu musste erst einmal Wasser geholt<br />
werden. Entweder kam es aus dem nächsten Brunnen,<br />
dann musste es hochgepumpt werden oder es kam aus dem<br />
nächsten Fluss, dann mussten die Eimer geschleppt werden.<br />
Bei der Schufterei vorab war klar, dass nicht nur eine Person<br />
pro Wasserfüllung badete. Es kam die ganze Familie<br />
dran, hintereinander. Zuerst der Vater, dann der älteste Sohn<br />
bis zum jüngsten und anschließend die Mutter, gefolgt von<br />
den Töchtern, dem Alter nach, von älter bis jung.<br />
Oft war es so, dass die Mutter erst ganz zum Schluss badete,<br />
um sich so ein klein wenig Privatheit zu sichern. Wann übrigens<br />
die Großeltern an der Reihe waren, das war in jedem<br />
Haushalt unterschiedlich bestimmt. Dort war der Opa der<br />
erste vor dem Vater und die Oma vor der Mutter, andernorts<br />
gab es eine eigene Wannenfüllung für die Alten...<br />
Zwischenzeitlich wurde das Wasser wurde immer nur heiß<br />
nachgefüllt. Badezusätze gab es nicht, gewaschen wurde<br />
sich mit Kernseife, auch die Haare. Und eine Badewanne in<br />
dem Sinne hatten früher die Leute auch nicht. Meist war es<br />
nur eine große Schüssel, in der man sitzen konnte: Der Badezuber.<br />
Vielleicht können sich einige Leser noch an jene Zinkbadewannen<br />
erinnern. Auch ich hab noch in so einer Badewanne<br />
draußen mit meinen Geschwistern gebadet, obwohl wir<br />
zu der Zeit auch ein Badezimmer mit Badewanne hatten.<br />
Nun bedeutete diese vorweihnachtliche Badegeschichte<br />
nicht, dass unsere Vorfahren ständig dreckig waren, denn<br />
sie wuschen sich mit meist kaltem Wasser aus der Schüssel.<br />
Während die Haare einmal in der Woche gewaschen wurden.<br />
Welch ein Vergleich zu heute, wo die meisten Menschen<br />
mindestens einmal am Tag duschen. Und die zugehörigen<br />
Pflegeprodukte kaum zu zählen sind. Da hat jeder da sein<br />
eigenes Duschgel, das eigene Shampoo, die Spülung, die<br />
Haarkur, das Peeling und, und, und. Und die Hände werden<br />
nicht mehr nur gewaschen, sondern danach gleich desinfiziert<br />
und dann eingecremt.<br />
Sicherlich ist die fortschreitende Hygiene ein Gewinn für<br />
die Gesundheit der Menschen. Aber wieder mal stellt sich die<br />
Frage: Wo ist das richtige Maß? Zwischen zwei Mal im Jahr<br />
und zwei Mal am Tag wird es doch noch eine Zwischenlösung<br />
geben. Wissenschaftler empfehlen etwa zwei bis drei<br />
Mal in der Woche zu duschen.<br />
Doch wenn wir ehrlich sind, dient das Baden und Cremen<br />
meist weniger der Sauberkeit, als dem persönlichen Wohlbefinden.<br />
So ist der Badezuber in der Küche von früher heute<br />
der Wellnesstempel mit Allrounddusche und Whirlpool.<br />
Auch diese Zeiten haben sich geändert und als die Jüngste<br />
in der Familie bin ich sehr froh darum, nicht die Letzte beim<br />
weihnachts- und beim österlichen Familienbadetag gewesen<br />
zu sein.<br />
Michaela Mense<br />
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