Stadtmagazin CLP Ausgabe 28

14.01.2019 Aufrufe

Hobby „So jetzt bist du dran!“ nimmt sie den Fuß vom Spinnrad. Spontan werden Erinnerungen an meine erste Fahrstunde wach, auch hier lief alles schneller als erwartet. Staunend schaue ich auf die wirbelnde Spindel, ein fataler Fehler, wie sich augenblicklich herausstellt, ich gerate aus dem Tritt und verliere den Faden. Auf der Spindel, in der Hand und überhaupt! Während Meike ihn wieder aufnimmt, erklärt sie der Gruppe, man dürfe sich von der Geschwindigkeit des Rades nicht beeinflussen lassen. Ein sehr guter Tipp, solange mein Blick sich ausschließlich auf dem Faden konzentriert, klappt es hervorragend mit dem Spinnen. Und so habe auch ich nach weiteren fünf Minuten den Dreh heraus: Während sich der Faden stetig auf die Spindel wickelt, befinde ich mich in einem Zustand tiefer Entspannung. Mit dem gleichmäßigen Surren der Spinnräder entsteht eine gelöste Atmosphäre. Es gibt es viel zu erzählen und noch mehr zu lachen. Nach ungefähr eineinhalb Stunden, die wie im Fluge vergangen sind, habe ich meine zwei Spindeln voll. Nun soll der Faden zu Garn gezwirbelt werden. Das allerdings erweist sich anstrengender als angenommen und ich bin sehr froh, an einem der modernen Spinnräder zu sitzen. Aus meinem zugegeben nicht so gleichmäßigen Faden wird jetzt richtiges Garn, gefüllt auf einer Spindel. Wohlgemerkt einer Spindel! Wie es die Königstochter im Märchen geschafft haben soll, über Nacht eine ganze Kammer leer zu spinnen – das wird wohl für immer das Geheimnis der Gebrüder Grimm bleiben. Doch weiter in unserem Spinnkurs, wo zu guter Letzt das Garn auf die so genannte Haspel gewickelt wird. Alles klar! Unglaublich stolz auf meine Leistung halte ich nach getaner Arbeit ein kleines Knäuel mit meiner ersten selbst gesponnen Wolle in der Hand. Dieses Erfolgserlebnis kann mir niemand nehmen, denn zu wissen, dass ich dieses Garn ganz alleine hergestellt habe, macht mich glücklich. Mir ist aber auch klar geworden, dass ich in nächster Zukunft zeitlich nicht in der Lage sein werde, die nötige Wolle für größere Projekte selbst zu spinnen. Doch ist es ja noch nicht aller „Wolle“ Abend! Der Gedanke, dass ich mit etwas mehr Übung und Ausdauer immerhin schon das nötige Grundwissen besitze, lässt mich zuversichtlich an zukünftige Spinnereien denken. Die gemeinschaftliche handwerkliche Tätigkeit in diesem Spinnkurs hat mir eine neue Sicht auch darauf beschert, dass selbstgesponnene Wolle und Garne so viel wertvoller sind, als die massenhaften Fertigprodukte aus dem Geschäft. Auch kann ich behaupten, dass ich selten so tiefenentspannt war. Deshalb wird dies nicht mein letzter Ausflug in die Welt der Wolle gewesen sein. Die Anschaffung eines eigenen Spinnrades spukt mir auch schon im Kopf herum. Zuvor aber werde ich noch den einen und anderen Spinnkurs bei Meike Timmer absolvieren und mich dann mit der Suche nach einem passenden Handarbeitskurs beschäftigen – nachdem ich Berge von Wolle gesponnen habe, die dann ja auch kreativ verarbeitet werden müssen... karin niemöller Mit Meike Timmers professioneller und humorvolle Hilfe zum Erfolg: Das erste selbst gesponnene Wollknäuel! 54 Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Hobby

Ein Ort der Trauer und Erinnerung für stillgeborene Kinder stillgeborene – Sternenkinder Viermal im Jahr findet auf dem St. Andreas Friedhof in Cloppenburg eine ganz besondere Trauerfeier und Beerdigungszeremonie statt. Eltern, Großeltern und Geschwister haben dann die Gelegenheit, sich in einer würdevollen Zeremonie von ihren stillgeborenen, ihren sogenannten „Sternenkindern“ zu verabschieden. Stillgeborene Kinder sind Kinder, die tot zur Welt gekommen sind und noch keine 500 Gramm gewogen haben. Diese Sternenkinder sind nicht bestattungspflichtig, können aber in dieser gemeinsamen Trauerfeier mit anderen betroffenen Familien beerdigt werden. Dafür wurde auf dem St. Andreas Friedhof eigens ein Grabfeld – das Sternenfeld – mit einer Steinstele angelegt. Die Stele wurde vom Hospizdienst gestiftet und zeigt zwei stilisierte Hände, die achtsam das kostbare Leben in ihrer Mitte umfassen. Auf dem Sockel ist zu lesen: „Du umschließt mich von allen Seiten und legst deine Hand auf mich“ (Psalm 139). Die Grabstelle bietet den Eltern und Familien einen Ort zum Trauern und zum Erinnern. „Diese Bestattungszeremonie ist für die betroffenen Eltern sehr wichtig. Sie erfahren Trost und Unterstützung. Auch das Gespräch und der Austausch mit anderen Trauernden hilft vielen Eltern bei der Bewältigung“, betont Pastoralreferentin Ursula Willenborg von der katholischen Kirchengemeinde St. Andreas, die in der Krankenhausseelsorge tätig ist. Gemeinsam mit den Krankenschwestern Cäcilia Tebben, Sr. Rosily, dem ambulanten Hospizdienst für den Landkreis Cloppenburg, der evangelischen Gemeinde und einem Bestattungsinstitut bereitet sie die ökumenische Zeremonie mit einem Wortgottesdienst vor. Die Zeremonie ist offen für alle Konfessionen und Nationalitäten und für die Angehörigen entstehen keine Kosten. Mit kleinen und sehr persönlichen Gesten können sich die Familien von ihrem stillgeborenen Kind verabschieden. Die Pastoralreferentin weiß aus vielen Gesprächen, wie sehr die betroffenen Frauen trauern und wie schwer es ihnen oft fällt, über ihre Trauer zu sprechen. Viele verwaiste Eltern stoßen auf Unverständnis, da das soziale Umfeld von der Schwangerschaft noch nicht viel oder gar nichts erfahren hat. Sie können in vielen Fällen die tiefe Trauer um das verlorene Kind nicht nachvollziehen. Diesen Eltern möchten Ursula Willenborg und Cäcilia Tebben Mut machen, über ihre Erfahrung und ihre Trauer zu sprechen. „Die Eltern trauern um ein Kind, das viel zu früh gestorben ist und das für immer in ihrem Herzen und in ihren Gedanken sein wird“, betont Ursula Willenborg. Die Eltern der stillgeborenen Kinder werden vom Pflegepersonal des Krankenhauses auf die Möglichkeit einer Beerdigung hingewiesen und erhalten bei der Entlassung auch ein entsprechendes Schreiben ausgehändigt. Selbstverständlich können die Eltern ihr Kind auch auf ihrem Heimatfriedhof bestatten lassen. Vielen Eltern ist es wichtig, ihrem so früh verstorbenen Kind einen Namen zu geben. Stillgeborene Kinder können auf Wunsch auch beim Standesamt gemeldet werden. Es wird allerdings keine offizielle Geburtsurkunde ausgestellt. Sie werden jedoch immer die Sternenkinder ihrer Familie bleiben. Nächster Bestattungstermin für stillgeborene Kinder ist am 23. Januar 2019. SIGRID LÜNNEMANN Cäcilia Tebben und Ursula Willenborg Nur ein Hauch von Leben, mehr war es noch nicht. Nur ein Hauch von Leben, trotzdem vermissen wir dich. Für kurze Zeit nur bei uns, nicht genug dich richtig kennenzulernen. Für kurze Zeit nur bei uns, gingst viel zu früh zu den Sternen. Vergessen werden wir dich nie, bist in den Sternen und im Wind. Vergessen werden wir dich nie, du bleibst für immer unser Kind. Wir werden nicht aufhören dich zu lieben, auch wenn der Verlust wird immer schmerzen. Wir werden nicht aufhören dich zu lieben, du bist in unseren Gedanken und unseren Herzen. (Carolin Semmelroth) Anmerkung: Bei Kindern mit einem Geburtsgewicht über 500 Gramm besteht eine Bestattungspflicht. Dies gilt auch – unabhängig vom Gewicht – für Kinder, die bei der Geburt noch gelebt haben. Das Stadtmagazin für Cloppenburg & umzu | Stillgeborene – Sternenkinder 55

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„So jetzt bist du dran!“ nimmt sie den<br />

Fuß vom Spinnrad. Spontan werden Erinnerungen<br />

an meine erste Fahrstunde<br />

wach, auch hier lief alles schneller als<br />

erwartet. Staunend schaue ich auf die<br />

wirbelnde Spindel, ein fataler Fehler,<br />

wie sich augenblicklich herausstellt, ich<br />

gerate aus dem Tritt und verliere den<br />

Faden. Auf der Spindel, in der Hand und<br />

überhaupt!<br />

Während Meike ihn wieder aufnimmt,<br />

erklärt sie der Gruppe, man dürfe sich<br />

von der Geschwindigkeit des Rades<br />

nicht beeinflussen lassen. Ein sehr guter<br />

Tipp, solange mein Blick sich ausschließlich<br />

auf dem Faden konzentriert,<br />

klappt es hervorragend mit dem Spinnen.<br />

Und so habe auch ich nach weiteren<br />

fünf Minuten den Dreh heraus:<br />

Während sich der Faden stetig auf die<br />

Spindel wickelt, befinde ich mich in einem<br />

Zustand tiefer Entspannung.<br />

Mit dem gleichmäßigen Surren der<br />

Spinnräder entsteht eine gelöste Atmosphäre.<br />

Es gibt es viel zu erzählen<br />

und noch mehr zu lachen. Nach ungefähr<br />

eineinhalb Stunden, die wie im<br />

Fluge vergangen sind, habe ich meine<br />

zwei Spindeln voll. Nun soll der Faden<br />

zu Garn gezwirbelt werden. Das allerdings<br />

erweist sich anstrengender als<br />

angenommen und ich bin sehr froh,<br />

an einem der modernen Spinnräder zu<br />

sitzen. Aus meinem zugegeben nicht<br />

so gleichmäßigen Faden wird jetzt richtiges<br />

Garn, gefüllt auf einer Spindel.<br />

Wohlgemerkt einer Spindel! Wie es die<br />

Königstochter im Märchen geschafft<br />

haben soll, über Nacht eine ganze Kammer<br />

leer zu spinnen – das wird wohl für<br />

immer das Geheimnis der Gebrüder<br />

Grimm bleiben.<br />

Doch weiter in unserem Spinnkurs,<br />

wo zu guter Letzt das Garn auf die so<br />

genannte Haspel gewickelt wird. Alles<br />

klar! Unglaublich stolz auf meine Leistung<br />

halte ich nach getaner Arbeit ein<br />

kleines Knäuel mit meiner ersten selbst<br />

gesponnen Wolle in der Hand. Dieses<br />

Erfolgserlebnis kann mir niemand nehmen,<br />

denn zu wissen, dass ich dieses<br />

Garn ganz alleine hergestellt habe,<br />

macht mich glücklich.<br />

Mir ist aber auch klar geworden, dass<br />

ich in nächster Zukunft zeitlich nicht in<br />

der Lage sein werde, die nötige Wolle<br />

für größere Projekte selbst zu spinnen.<br />

Doch ist es ja noch nicht aller „Wolle“<br />

Abend! Der Gedanke, dass ich mit etwas<br />

mehr Übung und Ausdauer immerhin<br />

schon das nötige Grundwissen<br />

besitze, lässt mich zuversichtlich an zukünftige<br />

Spinnereien denken.<br />

Die gemeinschaftliche handwerkliche<br />

Tätigkeit in diesem Spinnkurs hat mir<br />

eine neue Sicht auch darauf beschert,<br />

dass selbstgesponnene Wolle und<br />

Garne so viel wertvoller sind, als die<br />

massenhaften Fertigprodukte aus dem<br />

Geschäft. Auch kann ich behaupten,<br />

dass ich selten so tiefenentspannt war.<br />

Deshalb wird dies nicht mein letzter<br />

Ausflug in die Welt der Wolle gewesen<br />

sein. Die Anschaffung eines eigenen<br />

Spinnrades spukt mir auch schon im<br />

Kopf herum.<br />

Zuvor aber werde ich noch den einen<br />

und anderen Spinnkurs bei Meike Timmer<br />

absolvieren und mich dann mit der<br />

Suche nach einem passenden Handarbeitskurs<br />

beschäftigen – nachdem<br />

ich Berge von Wolle gesponnen habe,<br />

die dann ja auch kreativ verarbeitet<br />

werden müssen... karin niemöller<br />

Mit Meike Timmers professioneller und humorvolle Hilfe zum Erfolg: Das erste selbst gesponnene Wollknäuel!<br />

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