Stadtmagazin CLP Ausgabe 28
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„M-Aktion“ – wobei M für Möbel steht – war der systematische<br />
und gut organisierte, massenhafte Raub von jüdischem<br />
Privatbesitz vor allem aus den besetzten Beneluxländern<br />
und Frankreich während der Zeit des Nationalsozialismus.<br />
Zahlreiche jüdische Familien waren vor den Nationalsozialisten<br />
ins vermeintlich sichere Nachbarland geflüchtet<br />
und saßen dort nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht<br />
in der Falle. Einigen von ihnen gelang noch die weitere<br />
Flucht, aber die Mehrzahl wurde gefangen genommen,<br />
in Konzentrationslager deportiert und ermordet. Ihre leer<br />
stehenden Wohnungen wurden anschließend systematisch<br />
geplündert.<br />
Als besonders effektiv erwiesen sich dabei die Hausraterfassungsteams<br />
unter der Leitung von Reichsleiter Rosenberg,<br />
die mit bürokratischer Akribie den gesamten Hausrat<br />
erfassen ließen. Die wertvollen Kunstschätze wurden direkt<br />
beschlagnahmt, während der Rest zu großen Sammelstellen<br />
gebracht und nach Deutschland abtransportiert wurde. Ein<br />
Großteil gelangte per Lastkahn oder mit Güterzügen in den<br />
Weser-Ems-Raum.<br />
So wurden auch in der Cloppenburger Münsterlandhalle,<br />
in Gaststätten und anderen geeigneten Räumlichkeiten der<br />
Region die Waren angeboten. Die großen Verkaufsaktionen<br />
wurden in der örtlichen Presse beworben. Wie im Delmenhorster<br />
Kreisblatt im April 1943, als per Annonce der Verkauf<br />
von 30 Klavieren angekündigt wurde. Die Bevölkerung deckte<br />
sich fleißig und zu Schleuderpreisen mit dem so genannten<br />
„Hollandgut“ ein, obwohl dem Großteil der Käufer durchaus<br />
bewusst sein musste, woher die Sachen stammten.<br />
Auch durch Schenkungen oder Ankäufe von Privatpersonen<br />
könnte ehemaliges jüdisches Eigentum vom Museumsdorf<br />
unwissentlich erworben worden sein. „Heute gibt es<br />
kaum noch Augenzeugen. Wer weiß heute noch, wo Omas<br />
Sekretär oder das schöne alte Geschirr herstammen? Da ist<br />
leider viel Wissen verloren gegangen“, so Christina Hemken<br />
und betont, wie wichtig es sei, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.<br />
Drei Fundstücke wurden bisher vom Museumsdorf beim<br />
Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gemeldet und in der<br />
„Lost Art-Datenbank“ veröffentlicht: die oben genannte Terrine<br />
sowie ein Kamin-Besteck und ein Tablett aus der Delfter<br />
Porzellanmanufaktur. Diese beiden Gegenstände wurden<br />
dem Museumsdorf im Januar 1945 vom Wirtschaftsamt<br />
Cloppenburg übergeben.<br />
Die Gegenstände werden im Museumsdorf sorgsam verwahrt.<br />
Aber eines sei selbstverständlich, betont die Volkskundlerin,<br />
wenn heute ein Objekt eindeutig seinem Besitzer<br />
zugeordnet werden könnte, würde es sofort zurückgegeben!<br />
Sigrid Lünnemann<br />
Der 330 Seiten starke Katalog „Im Schatten des totalen<br />
Krieges: Raubgut, Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit“<br />
herausgegeben von Christina Hemken und Karl-<br />
Heinz Ziessow ist für 19.80 Euro im Museumsdorf Cloppenburg<br />
sowie im Buchhandel erhältlich.<br />
Für den Weser-Ems-Raum konnte die Forscherin, allein<br />
anhand der erhalten gebliebenen Archivakten, circa 7.000<br />
Verkaufsaktionen feststellen und der Gesamterlös für den<br />
Weser-Ems-Raum wird auf ca. 3,3 Millionen Reichsmark geschätzt.<br />
Nach dem Krieg begab sich die britische Militärregierung<br />
auf die Suche den geraubten Kulturgütern und führte Befragungen<br />
und Hausdurchsuchungen durch. In Cloppenburg<br />
wurde diese Aufforderung sogar von der Kanzel gelesen, anderorts<br />
schickte man Gemeindediener von Tür zu Tür, auf der<br />
Suche nach dem „Hollandgut“. In den Listen ist auch das Museumsdorf<br />
mit dem Kauf einer Kommode und einer Standuhr<br />
zu finden. Diese Stücke sollen allerdings beim Brand<br />
des Quatmannshofes im April 1945 zerstört worden seien.<br />
Allerdings konnte Christina Hemken bei ihren Recherchen<br />
die beiden Gegenstände weder in Eingangsbuch des Museums<br />
noch auf der Liste des beim Brand zerstörten Inventars<br />
finden.<br />
Aufgrund der überproportionalen Belieferung des Weser-Ems-Raumes<br />
ist es nach ihrer Ansicht sehr wahrscheinlich,<br />
dass noch geraubtes jüdisches Eigentum unerkannt in<br />
den Ausstellungen und Depots des Museumsdorfes lagert.<br />
Das „Hollandgut“ gelangte in den Nachkriegsjahren zum Teil<br />
in den Antiquitätenhandel, wovon auch das Museumsdorf<br />
Objekte bezog.<br />
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