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Society 363 / 2013

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diplomatie<br />

Interview<br />

Türkei, ich kenne das Land ganz gut – nun Visa<br />

für die Einreise brauchen. Aber es war eine absolut<br />

notwendige Vorbedingung, dass Kroatien sich<br />

hier an die europäische Politik anpasst. Der Beitritt<br />

zum Schengenraum bedeutet sehr viel für<br />

uns und ist ein Hauptziel Kroatiens. Wir erwarten,<br />

dass Kroatien 2015 alle nötigen Voraussetzungen<br />

dafür erfüllen wird. Kroatien als touristisch<br />

orientiertes Land kann vom Schengenbeitritt<br />

profitieren. Mit Russland und der Türkei werden<br />

wir versuchen, aus technischen Gründen, alles<br />

zu ermöglichen, um die Visaanträge in einem guten<br />

Prozess zu erledigen und es den Angehörigen<br />

dieser Staaten zu ermöglichen, kroatische Visa zu<br />

bekommen.<br />

Was ändert sich für kroatische Bürger in<br />

Bezug auf Reisen und am europäischen Arbeitsmarkt?<br />

Kroatische Staatsangehörige können ab dem<br />

EU-Beitritt ohne Visum in die Schengenzone reisen.<br />

Am Arbeitsmarkt kann jeder EU-Mitgliedsstaat<br />

seine eigene Politik gegenüber Kroatien gestalten.<br />

Da gibt es Übergangsperioden mit einem<br />

Maximum von sieben Jahren, um den Arbeitsmarkt<br />

für kroatische Bürger zu öffnen.<br />

Gibt es eine Entscheidung von österreichischer<br />

Seite?<br />

Es gibt noch kein offizielles Statement von österreichischer<br />

Seite. Die prinzipielle österreichische<br />

Politik z. B. mit den EU-Beitrittsländern von<br />

2004 war eine Übergangsphase von zwei plus drei<br />

plus zwei Jahren. Wir warten auf eine offizielle<br />

Ankündigung. Aus meiner Sicht sind die kroatischen<br />

Staatsangehörigen aber keine Gefahr für<br />

den Arbeitsmarkt der anderen Staaten. Wir sind<br />

ein relativ kleiner Staat, der schon gut integriert<br />

ist in Zentraleuropa, beispielsweise leben 100.000<br />

Kroaten in Österreich, die gut integriert sind.<br />

Wie viele Mittel wird Kroatien aus den EU-<br />

Fonds erhalten? Wofür wird das Geld in erster<br />

Linie investiert?<br />

S. E. Gordan Bakota mit<br />

Gertrud Tauchhammer<br />

»Kroatien ist ein<br />

starker Vorreiter<br />

für die<br />

anderen südosteuropäischen<br />

Staaten.<br />

«<br />

Gordan<br />

Bakota<br />

curriculum<br />

vitae<br />

.E. Gordan Bakota<br />

wurde am 16. Jänner<br />

S1967 in Zagreb geboren.<br />

Er studierte Rechtswissenschaften<br />

und absolvierte<br />

die Diplomatische Akademie.<br />

Von 1993 bis 1997 war<br />

er in die Schweiz entsandt –<br />

als Vizekonsul in Zürich und<br />

Leiter der Konsularabteilung<br />

in Bern. Später leitete er<br />

die Konsularabteilung in<br />

Belgrad, danach fungierte<br />

er als Botschaftsrat an der<br />

Botschaft in Washington.<br />

Von 2003 bis 2005 war er<br />

Staatssekretär im kroatischen<br />

Außenministerium,<br />

und von 2005 bis 2011<br />

Botschafter in der Türkei.<br />

Seit Februar 2011 ist er als<br />

Botschafter in Österreich<br />

akkreditiert. Gordan Bakota<br />

ist verheiratet und hat zwei<br />

Kinder.<br />

Die EU-Fonds sind ein wichtiger Teil unserer<br />

EU-Politik. Wir betrachten die EU-Fonds nicht<br />

als Entwicklungshilfe sondern als ein Mittel, um<br />

Schwung in die weiteren Reformen und den Ausbau<br />

der wirtschaftlichen Potenziale zu bringen.<br />

Wir werden versuchen, unsere eigenen regionalen<br />

Projekte so anzupassen, dass wir die EU-Fonds für<br />

diese Zwecke benützen können. Dazu ist es wichtig,<br />

dass die Unternehmen und die regionalen<br />

Behörden gut zusammenarbeiten. Man muss sich<br />

nur ansehen, wie erfolgreich war das Burgenland<br />

bei der Nutzung seiner Fondsmittel war. Für uns<br />

ist es wichtig, aus den Erfahrungen des Burgenland<br />

zu lernen.<br />

Wie wird sich der Beitritt auf die Wirtschaft<br />

auswirken?<br />

Dazu möchte ich drei Dinge sagen: Ersten, der<br />

Beitritt ist ein Reformprozess, der unumkehrbar<br />

ist. Niemand erwartet, dass der Reformprozess<br />

mit dem Beitritt aufhören wird, besonders in<br />

den Bereichen Justiz, Verwaltung und Kampf gegen<br />

Korruption. Wir haben viel erreicht, aber der<br />

Prozess geht weiter. Zweitens ist der Beitritt eine<br />

Chance für unsere Wettbewerbsfähigkeit. Wenn<br />

wir diesem großen Markt beitreten, ist es eine<br />

Herausforderung, aber auch eine Möglichkeit, die<br />

eigenen Potenziale so anzupassen, dass kroatische<br />

Unternehmen die Wettbewerbsfähigkeit erreichen,<br />

um erfolgreich zu sein. Drittens, bei den Investitionen<br />

werden wir bessere Möglichkeiten für<br />

ausländische Investoren anbieten, d.h. eine bessere<br />

Rechtssicherheit, ein besseres Investitionsklima,<br />

eine effizientere Verwaltung, und insgesamt<br />

eine bessere Behandlung der Investoren. Solche<br />

Erfahrungen haben wir nach dem EU-Beitritt von<br />

Polen, Slowakei und Tschechien gehabt. Das erwarten<br />

wir auch für Kroatien.<br />

Was erwarten Sie für den Tourismus?<br />

Im Tourismus kann Kroatien viel anbieten.<br />

Aber es gibt noch viele Möglichkeiten in diesem<br />

Bereich. Österreichische Investoren sind herzlich<br />

willkommen. Wir hoffen, dass die österreichischen<br />

Investoren in größerer Zahl in unseren Tourismus<br />

investieren und ihn verbessern. Tourismus<br />

hat auch viel mit Kultur zu tun. Die kroatische<br />

Botschaft in Wien und das Kulturministerium<br />

in Kroatien werden versuchen, durch kulturelle<br />

Veranstaltung – etwa die Sommerfestspiele in Dubrovnik,<br />

Split und Pula – noch bessere Angebote<br />

für unsere Touristen zu gestalten. Die Botschaft<br />

in Wien kümmert sich ganz wesentlich darum,<br />

die kroatische Kultur vorzustellen und die starke<br />

Verknüpfung mit der europäischen Kultur zu präsentieren.<br />

Was ist Ihr abschließendes Statement?<br />

Trotz einer guten Entwicklung gibt es noch<br />

viel Raum zur Erweiterung der Zusammenarbeit<br />

in vielen Bereichen. Der EU-Beitritt gibt neuen<br />

Schwung und ist in Motor für die weitere Entwicklung.<br />

Da bin ich sehr optimistisch. •<br />

<strong>Society</strong> 1_<strong>2013</strong> | 93

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