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Society 363 / 2013

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Kosovo<br />

Interview<br />

Foto: WKO<br />

„Kosovo nimmt<br />

Sonderstellung ein“<br />

Der österreichische Wirtschaftsdelegierte Christian<br />

Miller über Ressourcen, Investitionen und Privatisierung<br />

im Kosovo. Interview: <strong>Society</strong><br />

Wie beurteilen Sie die<br />

wirtschaftliche Ausgangssituation<br />

des Kosovo?<br />

Blickt man auf die<br />

wirtschaftliche Entwicklung<br />

der letzten Jahre, dann nimmt der Kosovo,<br />

gemeinsam mit Albanien und Polen eine Sonderstellung<br />

ein. Alle drei Länder konnten selbst am<br />

Höhepunkt der Wirtschaftskrise und auch danach<br />

kontinuierliche Wachstumsraten aufweisen. Die<br />

Ausgangsbasis des Kosovo ist natürlich vergleichsweise<br />

niedrig, aber es macht doch zuversichtlich,<br />

dass der Abstand zu den hochentwickelten mitteleuropäischen<br />

Ländern nicht gewachsen, sondern<br />

geschrumpft ist.<br />

Welche Ressourcen hat der Kosovo, um sich<br />

wirtschaftlich entwickeln zu können?<br />

Abgesehen von der Gewinnung und Verarbeitung<br />

von Rohstoffen, bieten der Ausbau der<br />

Infrastruktur, die Energiewirtschaft und der<br />

Umweltsektor ein interessantes Betätigungsfeld.<br />

Grundsätzlich ist der Kosovo ein sehr rohstoffreiches<br />

Land. Recherchen weisen auf Vorkommen<br />

von Eisen, Gold, Silber, Chrom, Magnesium, Aluminium<br />

etc. hin. Mit Ausnahme von Lignit, das<br />

vor allem für den Betrieb des für die Stromversorgung<br />

des gesamten Kosovo so bedeutenden Kohlekraftwerkes<br />

verwendet wird, liegt die Ausbeute,<br />

geschweige denn die Weiterverarbeitung, der anderen<br />

Rohstoffe auf niedrigem Niveau. Während<br />

des Milosevic Regimes kam es kaum zu Investitionen<br />

und der Kosovokrieg führte zu massiven Zerstörungen.<br />

Umso größer ist damit der Aufholbedarf<br />

im produzierenden Sektor.<br />

Wie entwickeln sich die österreichischen<br />

Investitionen im Kosovo?<br />

Die Entwicklung der österreichischen Investitionen<br />

ist durchaus vergleichbar mit der in anderen<br />

Ländern der Region. Ausgehend von den großen<br />

Pionieren, die hier vor allem im Finanz- und<br />

Versicherungswesen zu finden sind, wurde die<br />

Präsenz ausgebaut und weitere Bereiche erschlossen.<br />

Hervorzuheben sind neben dem Finanz- und<br />

Versicherungswesen die Energiewirtschaft und<br />

der Umweltsektor, Bau und Baustoffe, der Bera-<br />

tungs- und Dienstleistungsbereich. Seit Eintreten<br />

der Wirtschaftskrise leidet zwar die Dynamik der<br />

Neuinvestitionen, es ist aber eindeutig bemerkbar,<br />

dass sich die österreichischen Unternehmen<br />

kontinuierlich den Balkan abwärts vorarbeiten<br />

und ihre Präsenz, die in der gesamten Region sehr<br />

wohlwollend gesehen wird, kontinuierlich steigt.<br />

Welchen Anteil haben die Emigranten an<br />

der wirtschaftlichen Entwicklung?<br />

Im Unterschied zur albanischen Diaspora, die<br />

es vor allem nach Griechenland und Italien verschlug,<br />

profitiert der Kosovo auch weiterhin von<br />

seinen Emigranten. Als Teil Jugoslawiens zog es<br />

sie vor allem in die heute wirtschaftlich wesentlich<br />

besser stehenden deutschsprachigen Länder.<br />

Die Überweisungen der im Ausland lebenden Kosovaren<br />

stellen einen für das Land wichtigen Wirtschaftsfaktor<br />

dar und auch die Rückkehr der gut<br />

ausgebildeten Landsleute ist ein Hoffnungsschimmer<br />

für die wirtschaftliche Weiterentwicklung.<br />

Ein weiterer nicht vernachlässigbarer Wirtschaftsfaktor<br />

sind Infrastrukturprojekte, die u.a. mit<br />

Mitteln der Internationalen Finanz Institutionen<br />

realisiert werden.<br />

Was kann man von der Privatisierung der<br />

Wirtschaft erwarten?<br />

Im Kosovo ist man mit dem Thema Privatisierung<br />

eigentlich sehr pragmatisch umgegangen.<br />

Man hat nicht mit dem Argument des „nationalen<br />

Interesses“ versucht, sich vor dem ausländischen<br />

Investor abzuschotten und den Einflussbereich<br />

des Staates zu bewahren. Wie in anderen Staaten<br />

ist es für den Erfolg eines Privatisierungsvorhabens<br />

wesentlich einen Investor zu finden, der<br />

langfristiges Interesse hat und bereit ist entsprechendes<br />

Know-how – von Ausstattung bis Managementtechniken<br />

– mit in das Land zu bringen. Gelingt<br />

dies, ist natürlich ein wichtiger Schritt nach<br />

vorne getan. Mit Projekten, wie der Privatisierung<br />

des Flughafens, sowie Privatisierungen im Energie-<br />

und Bergwerksbereich wurden bereits Schritte<br />

gesetzt. Gegenwärtig ist die Privatisierung der<br />

Post und Telekom in der Endphase und im Laufe<br />

des Jahres sollen auch noch die Konzessionen für<br />

das neue Kohlekraftwerk „Kosova e Re“ sowie das<br />

Schigebiet Brezovica vergeben werden. •<br />

»Für den Erfolg<br />

eines Privatisierungsvorhabens<br />

ist es wesentlich<br />

einen Investor<br />

zu finden, der<br />

langfristiges<br />

Interesse hat<br />

und bereit ist,<br />

entsprechendes<br />

Know-How mit<br />

in das Land zu<br />

bringen.<br />

«Christian<br />

Miller<br />

Curriculum<br />

Vitae<br />

Mag. Christian Miller ist seit<br />

1990 bei der Wirtschaftskammer<br />

Österreich tätig. Er<br />

war stv. Handelsdelegierter<br />

in Algier, Athen und Taipeh.<br />

Seit 2006 ist er Handelsdelegierter,<br />

mit der neuen<br />

Bezeichnung Wirtschaftsdelegierter,<br />

für Slowenien,<br />

Albanien und den Kosovo<br />

im Österreichischen AußenwirtschaftsCenter<br />

Laibach.<br />

<strong>Society</strong> 1_<strong>2013</strong> | 77

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