Society 363 / 2013
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kosovo<br />
Interview<br />
Fotos: Umweltministerium Kosovo<br />
»Wir haben<br />
100.000 Hektar<br />
des Landes zu<br />
Nationalparks<br />
erklärt. Das<br />
sind zehn Prozent<br />
unseres<br />
Territoriums.<br />
«<br />
Dardan<br />
Gashi<br />
bäude zu erarbeiten. Dazu mussten wir Luftaufnahmen<br />
machen. In gewissen Teilen können wir<br />
das aber nicht tun, denn da müsste man über<br />
serbisches Gebiet fliegen. Die Serben erlauben das<br />
nicht.<br />
Wird sich an der Haltung der Serben etwas<br />
ändern?<br />
Langfristig wird sie sich ändern müssen. Bis Taten<br />
folgen, wird es noch dauern. Wir hoffen, dass<br />
es zu einer Einigung bei den Gesprächen kommt.<br />
Wir sind bereit. Die Gespräche hätten von uns aus<br />
schon längst positiv beendet werden können. Wir<br />
warten darauf, was die allerletzte Entscheidung<br />
von Belgrad sein wird. Wenn es keine Einigung<br />
geben wird, wird es für beide Seiten nicht leichter.<br />
Die gesamte Region leidet darunter. Der wirtschaftliche<br />
Schaden ist groß.<br />
Gibt es Lieblingsprojekte von Ihnen, die Sie<br />
unbedingt realisieren wollen?<br />
Wir haben schon etwas Besonderes geschaffen,<br />
nämlich 100.000 Hektar des Landes zu Nationalparks<br />
erklärt. Das klingt nach nicht viel, es sind<br />
aber zehn Prozent des Territoriums. Das sind zwei<br />
große Parks, einer davon ist in den Albanischen<br />
Alpen angrenzend an Montenegro und Albanien.<br />
Engagiert sich Österreich im Umweltschutz<br />
in Ihrem Land?<br />
Es gibt ein gemeinsames österreichisch-kosovarisches<br />
Projekt mit dem ersten Bärenpark. Ein<br />
zwölf Hektar großes Areal für 14 Bären wurde gemeinsam<br />
mit dem Verein Vier Pfoten geschaffen.<br />
Dort werden Bären leben, die illegal in Käfigen als<br />
Attraktion gehalten wurden.<br />
Wie sieht die Finanzierung von Umweltprojekten<br />
aus?<br />
Aus dem Budget können wir das nicht finanzieren.<br />
Wir finanzieren wichtige Projekte zum Beispiel<br />
mit Softloans der Deutschen Entwicklungsbank.<br />
In Prizren wird etwa eine große Kläranlage<br />
mit einem Investitionsvolumen von dreißig Millionen<br />
Euro geplant.<br />
Gibt es auch EU-geförderte Projekte?<br />
Wegen der langen Vorlaufzeit von mehreren Jahren<br />
gibt es bisher nichts Nennenswertes. Die größeren<br />
Projekte sieht man frühestens in drei Jahren.<br />
Ein Twinning Projekt zwischen dem österreichischen<br />
Umweltbundesamt und der KEPA (Kosovo<br />
Environmental Protection Agency) wurde kürzlich<br />
abgeschlossen. Worum geht es dabei?<br />
Wir planen ein zwischenstaatliches Abkommen<br />
im Umweltbereich und haben einen Vorschlag<br />
nach Wien geschickt. Da steht einiges darin über<br />
Müllentsorgung, Technologietransfer, Nationalparks,<br />
etc. Das wird ein Rahmenabkommen für die<br />
zukünftige Zusammenarbeit.<br />
Wie sieht es im Kosovo mit dem Trinkwasser<br />
aus?<br />
Die Hauptquelle von Trinkwasser sind drei große<br />
Stauseen. Das Problem sind die Leitungen, weil<br />
wir bis zu vierzig Prozent des Wassers verlieren.<br />
Was ist Ihre Botschaft an die Leser von SOCIE-<br />
TY?<br />
Nachdem wir den Nationalpark im Westen<br />
errichtet haben, wollen wir gemeinsam mit Montenegro<br />
und Albanien einen internationalen Dreiländerpark<br />
schaffen. Auch diese Länder haben dort<br />
Nationalparks errichtet. Wir wollen grenzüberschreitende<br />
Wanderwege und Tourismus. Das ist<br />
eine Einladung an die Leser, hinzukommen. Es ist<br />
eine sehr schöne, naturbelassene Gegend.<br />
•<br />
curriculum<br />
vitae<br />
inister Dardan Gashi<br />
wurde am 3. Juli 1969<br />
Mgeboren. Er studierte<br />
Kommunikations- und<br />
Politikwissenschaften an der<br />
Universität Wien. Von 1990<br />
bis 1996 arbeitete er als<br />
Journalist für verschiedene<br />
europäische Medien und bereiste<br />
die Krisenregionen am<br />
Balkan. Zur selben Zeit managte<br />
er am Balkan Projekte<br />
und Fact-Finding-Missions<br />
für die International Helsinki<br />
Federation for Human<br />
Rights in Vienna. Ab 1996<br />
war er als Wahlbeobachter<br />
und offizieller Sprecher<br />
der OSZE in Bosnien und<br />
Herzegowina tätig. Ab 1998<br />
war er mit den Geschehnissen<br />
im Kosovo befasst:<br />
Z. B. für die OSZE (Kosovo<br />
Verification Mission, Kosovo<br />
Mission Planning) und nach<br />
dem Kosovokrieg für die<br />
International Crisis Group in<br />
Prishtina, für die United Nations<br />
Mission in Kosovo (UN-<br />
MIK), das United Nations International<br />
Criminal Tribunal<br />
for the former Yugoslavia<br />
(ICTY) und als Berater in<br />
Medienangelegenheiten und<br />
Medienrecht für die OMIK<br />
(OSCE Mission in Kosovo).<br />
2004-05 war er Beauftragter<br />
für Medienfreiheit der<br />
OSZE im Kosovo. Von 2005<br />
bis 2008 arbeitete er als<br />
Berater von Kosovos Vizepremierminister<br />
Lutfi Haziri.<br />
Er war 2006-07 ebenfalls<br />
als Berater bei den Statusverhandlungen<br />
über den<br />
Kosovo in Wien beteiligt.<br />
Zwischen 2008 und 2011<br />
arbeitete er als Consultant<br />
und freier Schriftsteller.<br />
2010 bis 2011 war er Vizeminister<br />
für die Europäische<br />
Integration im Kosovo. Seit<br />
2011 ist er Umweltminister<br />
des Kosovo. Er schrieb die<br />
Bücher „Im Dienst des Diktators“<br />
über einen nordkoreanischen<br />
Agenten, der sich<br />
nach Österreich absetzte,<br />
„Albanien“, eine politische<br />
Geschichte der Albaner, und<br />
„Durch das Land der Hirten<br />
und Helden“ über den Balkan<br />
in den Jahren 1900-1912.<br />
<strong>Society</strong> 1_<strong>2013</strong> | 71