Society 363 / 2013
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deutschland<br />
Interview<br />
Foto: WKO<br />
Auswirkungen als erwartet und in vielen Gebieten<br />
herrscht Facharbeitermangel, der bei einem stärkeren<br />
Wirtschaftsaufschwung massive Probleme<br />
bringen könnte.<br />
Der hohe Handelsbilanzüberschuss<br />
Deutschlands mit über sechs Prozent sorgt<br />
für Kritik. Kritiker sagen, die Überschüsse gehen<br />
auf Kosten von Ländern mit schwacher<br />
Wirtschaft. Die EU droht Deutschland sogar<br />
ein Mahnverfahren wegen der Übersteigung<br />
der sechs Prozent an. Wie ist die aktuelle Situation<br />
diesbezüglich? Inwiefern ist die Kritik<br />
berechtigt?<br />
2012 ist Deutschland knapp an einer Strafe<br />
wegen zu guter Performance vorbeigeschrammt.<br />
Nachdem die Exporte in den letzten Monaten<br />
doch etwas nachgelassen haben, dürfte die Problematik<br />
heuer nicht wieder auftauchen. Deutschland<br />
nimmt die Kritik an seiner zu guten Exportwirtschaft,<br />
die etwa aus Frankreich kam, ebenso<br />
gelassen hin, wie Kritik an der hohen Quote der<br />
Produktion am BIP. Man ist in den letzten Jahren<br />
bewusst nicht wie andere EU-Staaten den Weg der<br />
Deindustrialisierung gegangen, sondern meint,<br />
und das wurde durch die Erfolge der letzten Jahre<br />
bewiesen, dass der produzierenden Wirtschaft ein<br />
wichtiger Stellenwert zukommt. Wie in der Schule<br />
die schlechten Schüler nicht die guten für ihre<br />
Probleme verantwortlich machen können, gilt<br />
dies auch in der Außenwirtschaft.<br />
Deutschland hat aber auch „hausgemachte“<br />
Faktoren, die Wirtschaft und Export derzeit stärker<br />
bremsen, wie die Energiewende mit den hohen<br />
Energiekosten für Konsumenten und Wirtschaft<br />
und zuletzt deutlich höheren Abschlüssen<br />
bei den Lohnverhandlungen diverser Wirtschaftszweige.<br />
curriculum<br />
vitae<br />
M<br />
ag. Johann Kausl<br />
wurde am 3. Februar<br />
1949 in Wien<br />
geboren. Er maturierte an<br />
der HTL für Nachrichtentechnik<br />
und Elektronik,<br />
absolvierte ein Studium der<br />
Betriebswirtschaft an der<br />
Hochschule für Welthandel<br />
(heute WU), und ist seit<br />
1974 für die Wirtschaftskammer<br />
Österreich tätig. Er<br />
war stv. Handelsdelegierter<br />
in Frankfurt, Moskau, Tokio,<br />
sowie Leiter der Handelsdelegationen<br />
von Los Angeles<br />
und Moskau. Zwischenzeitlich<br />
war er persönlicher<br />
Assistent der WKO-Präsidenten<br />
Rudolf Sallinger und<br />
Leopold Maderthaner. Seit<br />
2010 ist er Wirtschaftsdelegierter<br />
in Berlin.<br />
Bis jetzt trotzt Deutschland der Bankenund<br />
Schuldenkrise in der Europäischen Union.<br />
Nach vier Quartalen mit Wirtschaftsrückgang<br />
2008/09 geht es seitdem für die deutsche<br />
Wirtschaft wieder bergauf. Weshalb ist die<br />
deutsche Wirtschaft so stark? Was sollte man<br />
in Europa – wirtschaftspolitisch – tun, dass<br />
auch die anderen Staaten wieder – aus eigener<br />
Kraft – partizipieren?<br />
Gerade die Schuldenkrise hat der deutschen<br />
Wirtschaft im vergangenen Jahr einige Prozent<br />
weniger Wirtschaftswachstum gebracht als möglich<br />
wäre, und Deutschland ist der größte Zahler<br />
und Hafter im Rahmen der Lösung der Schuldenkrise.<br />
Auch Deutschland würde sich wünschen,<br />
dass das eigene Erfolgsrezept in den EU-Problemländern<br />
zur Anwendung kommt und Deutschland<br />
nicht nur als Sparmeister und Wachstumsbremser<br />
gesehen wird. In vielen Bereichen versucht<br />
Deutschland den Problemländern Unterstützung<br />
bei der Umsetzung erfolgreicher Konzepte wie der<br />
dualen Bildung zu geben, um langfristig positive<br />
Effekte zu erzielen. Derzeit muss aber Deutschland<br />
mit dem „Undank“ leben, auch wenn es, wie<br />
schon erwähnt, größter Zahler und Hafter ist.<br />
Deutschland will Vorbild für den Weg der europäischen<br />
Wirtschaft aus der Krise sein, muss aber<br />
akzeptieren, dass ein Wandel der Wirtschaft der<br />
Krisenländer nicht rasch gehen kann und Geduld<br />
erfordert.<br />
•<br />
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