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Society 363 / 2013

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GREEN SOCIETY<br />

Energie<br />

Deutschland ist europaweit der<br />

größte und effizienteste Energieexporteur.<br />

Und das obwohl man<br />

sich 2011, nach dem verheerenden<br />

Nuklearunglück in Fukushima,<br />

dazu entschlossen hat, der<br />

Atomkraft den Rücken zu kehren.<br />

•<br />

Starker Exporteur<br />

66,6 Terrawattsunden an Strom pumpte<br />

Deutschland 2012 in fremde Netze. Dem stehen<br />

immerhin nur 43,8 Terrawattstunden an Stromimporten<br />

gegenüber. Nichts desto trotz müssen unsere<br />

heimischen Netzbetreiber den Bundesbürgern<br />

stellenweise bei ihren Einspeisungen aushelfen.<br />

Jüngstes Beispiel ist der 8. und 9. Dezember des<br />

vorigen Jahres. Das Sturmtief „Ekkehard“ fegte<br />

mit bis zu 169 Stundenkilometern über Europa<br />

hinweg. Die Windräder wurden dadurch im hohen<br />

Norden Deutschlands bis an ihre Grenzen<br />

getrieben. In vielen Stunden höchster Rotorenleistung<br />

wurden sage und schreibe 20 000 Megawatt<br />

an Windenergie eingefangen. Zum Vergleich: Indien<br />

will bis 2020 ein Jahressoll von 20 000 Megawatt<br />

an Atomkraft erreichen. Hier drängt sich<br />

nun die Frage auf: Warum Deutschland unsere österreichischen<br />

Energieunternehmen gelegentlich<br />

um Hilfe bittet? Die Antwort ist ganz simpel.<br />

Weil im Winter wegen der schwachen Sonneneinstrahlung<br />

der Solarstrom fast gänzlich wegfällt,<br />

man einen geringeren Stromimport vorzuweisen<br />

hat und der Verbrauch höher ist, kommen die<br />

Strombetreiber an ihre Grenzen. Trotz der großen<br />

Leistungen durch das Sturmtief im Norden konnte<br />

man aber den Süden damit nicht beliefern, denn<br />

die Leitungen waren völlig überlastet. Da sich die<br />

deutsche Bundesregierung 2011 entschlossen hat,<br />

einen ökologischeren Weg zu gehen, wurden acht<br />

von 17 Atomkraftwerken abgeschaltet - alleine<br />

fünf davon in Süddeutschland. Gleichzeitig musste<br />

Deutschland Windstrom nach Österreich und<br />

Italien exportieren, sonst hätte man Vertragsstrafen<br />

in Millionenhöhe zahlen müssen. Für so eine<br />

große Doppelbelastung waren die Leitungstrassen<br />

nicht ausgelegt und deshalb musste die Bundesrepublik<br />

die österreichischen Energieunternehmen,<br />

wie EVN und Verbund, um Kaltreserven von etwa<br />

935 Megawatt bitten. Der größte Teil kam von den<br />

EVN-Kraftwerken Korneuburg und Theiß mit 785<br />

MW, gefolgt von einem Verbund-Ölkraftwerk bei<br />

Graz mit 150 MW.<br />

•<br />

Wien Energie<br />

Ursprünglich plante die deutsche Bundesregierung<br />

mit vier Reservekraftwerken aus Österreich.<br />

Diese hätten eine Leistung von 1075 Megawatt<br />

an Kaltreserven bereitstellen sollen. Wien Energie<br />

hätte demnach Deutschland ungefähr 140<br />

Megawatt an Stromreserven überführen können.<br />

Doch die Verhandlungen zwischen dem deutschen<br />

Netzbetreiber Tennet, der vierzig Prozent<br />

der Fläche Deutschlands abdeckt, und Wien Energie<br />

wurden abgebrochen. Grund dafür seien die<br />

Fragen nach der nötigen Einsatzdauer und der<br />

Mindestverfügbarkeit des österreichischen Kraftwerks<br />

gewesen. Durch den Wegfall des Wiener<br />

Gaskraftwerkes sind 140 MW an eingeplanter Leistung<br />

an Reserven für Deutschland ausgeblieben.<br />

Mit einem Potenzial dieser Größenordnung lässt<br />

sich der Strombedarf von 140 000 Verbrauchern<br />

decken. Und weil diese Leistung nicht mehr gegeben<br />

ist, steigt das Risiko von Instabilitäten im<br />

deutschen Stromnetz.<br />

•<br />

Die Zukunft<br />

Natürlich profitiert Österreich von der engen<br />

Assoziation mit Deutschland. Denn der Großteil<br />

des österreichischen Stromimports kommt aus<br />

der deutschen Bundesrepublik. Und auch wenn<br />

Österreich neben einem großen Stromexporteur<br />

wie Deutschland nicht mithalten kann, liegt der<br />

Anteil an erneuerbaren Energiebedarf, von dem<br />

Strom u.a. neben Geothermik nur ein Fünftel<br />

stellt, bei 30,8 Prozent. Womit Österreich hinter<br />

Lettland und Schweden europaweit an dritter Stelle<br />

liegt. Dieser Anteil soll sogar in den nächsten<br />

Jahren noch weiter ausgebaut und dadurch vermehrt<br />

auf Ökostrom gesetzt werden. Deutschland<br />

will zum Vergleich bis 2020 einen Anteil von 35<br />

Prozent mittels erneuerbarer Energie abdecken.<br />

Vergleicht man diese zwei Werte und deren Intensität<br />

in punkto Stromaustausch, hat Österreich<br />

doch einen zukunftsorientierteren Weg eingeschlagen<br />

als Deutschland. Und genau deshalb<br />

wird dieses Land weiterhin einen wichtigen Standpunkt<br />

in der europäischen Green <strong>Society</strong> vertreten.<br />

Denn die Richtung die sie eingeschlagen hat,<br />

ist die richtige.<br />

•<br />

Daten und Fakten über Österreich und<br />

Deutschland 2012<br />

in TWh<br />

Stromimport 25 44<br />

Stromexport 17 67<br />

Saldo -8 23<br />

Stromerzeugung 66 618<br />

Stromverbrauch 68 594<br />

Erneuerbare Energie 20 136<br />

Wussten Sie,<br />

dass…?<br />

…als so genannte Kaltreserve<br />

Kraftwerke dienen,<br />

die vom Netz genommen<br />

wurden, um dann bei Stromengpässen<br />

mit geringem<br />

Aufwand aushelfen zu<br />

können?<br />

…ein Auto für jeden Kilometer<br />

1 kWh an Treibstoff<br />

verbraucht?<br />

… der durchschnittliche<br />

Stromverbrauch eines<br />

4-Personen-Haushalts<br />

4 000 kWh pro Jahr beträgt?<br />

…der Strom-Gesamtpreis<br />

(inklusive aller Steuern und<br />

Abgaben) in Österreich<br />

durchschnittlich bei 19,1<br />

EUR-Cent pro kWh liegt?<br />

… man auf einem Hometrainer<br />

volle zehn Stunden lang<br />

strampeln muss, um eine Kilowattstunde<br />

zu erzeugen?<br />

<strong>Society</strong> 1_<strong>2013</strong> | 133

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