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Society 363 / 2013

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green society<br />

obsoleszenz<br />

Das Schlagwort von der<br />

„geplanten Obsoleszenz“<br />

geistert durch die<br />

Medien. Immer mehr<br />

Menschen können mit<br />

diesem komplizierten<br />

Wort auch etwas anfangen: Gemeint ist<br />

die absichtlich verkürzte Lebensdauer<br />

von Produkten, um sie vorzeitig altern zu<br />

lassen oder unbenutzbar zu machen. Ein<br />

berühmtes Beispiel aus der ersten Hälfte<br />

des 20. Jahrhunderts ist das so genannte<br />

Phoebuskartell, zu dem sich die größten<br />

internationalen Glühbirnenhersteller<br />

zusammengeschlossen hatten. Die Filmemacherin<br />

Cosima Dannoritzer zeigt in<br />

ihrem Dokumentarfilm „Kaufen für die<br />

Müllhalde“ aus dem Jahr 2011, wie sich<br />

die Teilnehmer des Phoebuskartells darauf<br />

verständigten, die Lebensdauer von<br />

Glühbirnen absichtlich von 2500 auf 1000<br />

Stunden zu verkürzen, um deren Absatz<br />

künstlich zu steigern.<br />

•<br />

Arten der Obsoleszenz<br />

Es gibt drei Arten der Obsoleszenz:<br />

Die funktionelle Obsoleszenz lässt ein<br />

Produkt durch technische Innovationen<br />

altern – doch nicht immer ist die technische<br />

Innovation eine echte Verbesserung<br />

des Produkts sondern oft reiner Marketing-Gag,<br />

wie z. B. die scheibchenweise<br />

Auf-den-Markt-Bringung von nur geringfügig<br />

veränderten TV-Geräten.<br />

Bei der qualitativen Obsoleszenz geht<br />

ein Produkt nach einiger Zeit kaputt, weil<br />

absichtlich billige Verschleißteile oder<br />

elektronische Lebenszeitbegrenzer eingebaut<br />

sind, z. B. bei Druckern.<br />

Die psychologische Obsoleszenz beschreibt<br />

die Methode, Produkte durch die<br />

Beeinflussung des Konsumenten mittels<br />

Werbung, Marketing und PR künstlich veralten<br />

zu lassen und den Wunsch nach etwas<br />

Neuem, Begehrenswerterem zu wecken.<br />

•<br />

Wegwerfgesellschaft<br />

In der heutigen Wegwerfgesellschaft ist<br />

es ganz normal, nicht mehr funktionierende<br />

Geräte zu entsorgen und neue Geräte zu<br />

kaufen, statt sie zu reparieren. Es gehört<br />

sogar zur Normalität, selbst Geräte, die<br />

noch völlig in Ordnung sind, wegzuwerfen,<br />

nur weil sie nicht mehr der neuesten<br />

Mode oder Technik entsprechen. Dahinter<br />

steckt System: Der Konsument wird durch<br />

die ständige Werbung dazu angehalten,<br />

stets nach etwas Neuerem und vermeintlich<br />

Besserem Ausschau zu halten. Wer<br />

sein Handy schon zwei Jahre nicht ausgetauscht<br />

hat, lebt mit dem Gefühl, ein altes,<br />

Die Wegwe<br />

Welch seltsame Blüten die moderne<br />

Marktwirtschaft treibt, lässt sich an einem<br />

Phänomen besonders gut veranschaulichen:<br />

dem der „geplanten Obsoleszenz“.<br />

Text: SOCIETY<br />

wertloses Ding zu besitzen. Kaputte Geräte<br />

werden in der Regel deshalb weggeworfen<br />

und durch neue ersetzt, weil die Reparatur<br />

teurer kommt als der Neuerwerb. Dabei<br />

müssten viele Geräte gar nicht frühzeitig<br />

kaputt gehen, wenn die Hersteller sich<br />

nicht dazu entschlossen hätten, absichtlich<br />

billige Verschleißteile einzubauen.<br />

Reparaturen werden überdies durch bestimmte<br />

Konstruktionsmerkmale und teure<br />

Ersatzteile absichtlich kostspielig oder<br />

unmöglich gemacht.<br />

Ein Gutachten von Stefan Schridde, dem<br />

Initiator der Internetplattform „MURKS?<br />

NEIN DANKE!“, das er gemeinsam mit der<br />

ARGE REGIO Stadt- und Regionalentwicklung<br />

in Berlin und im Auftrag der Bundestagsfraktion<br />

Bündnis 90/Die Grünen<br />

in Deutschland durchgeführt hat, enthüllt<br />

außerdem, dass neue Geräte immer<br />

schneller kaputt gehen. Eine Beispielliste<br />

zeigt, wie die Hersteller von Produkten wie<br />

Waschmaschinen und TV-Geräten absichtlich<br />

die Lebensdauer verkürzen:<br />

•<br />

Typische Beispiele<br />

Bei elektronischen Geräten werden<br />

häufig zu schwach dimensionierte Elektrolytkondensatoren<br />

eingebaut (ELKOs)<br />

bzw. an Stellen, wo sie hoher Hitze ausgesetzt<br />

sind und daher schneller kaputt gehen.<br />

Dabei würde ein ausreichend dimensionierter<br />

ELKO nur wenige Cent mehr<br />

kosten und die Lebendauer des Gerätes<br />

um Jahre verlängern.<br />

128 | <strong>Society</strong> 1_<strong>2013</strong>

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