09.12.2018 Aufrufe

92. Spengler Cup Davos - Jahrbuch 2018 (40-er Jahre)

Das 3. Jahrbuch des Spengler Cup Davos wirft einen Blick auf die 1940er-Jahre. Diese Dekade brachte mit dem Zürcher SC, dem LTC Prag sowie dem Hockey Club Davos drei verschiedene Sieger hervor. Gerne an diese Zeit zurück erinnert sich der heute 96-jährige Heinz Hinterkircher. Er war bei seinem Spengler Cup-Debüt mit dem Zürcher SC 16 Jahre alt. Doch im Schatten des Krieges ereilten die Sportler auch grausame Schicksale. So wurde der Tscheche Bohumil Modrý, einer der besten Eishockeyspieler seiner Zeit, 1950 inhaftiert.

Das 3. Jahrbuch des Spengler Cup Davos wirft einen Blick auf die 1940er-Jahre. Diese Dekade brachte mit dem Zürcher SC, dem LTC Prag sowie dem Hockey Club Davos drei verschiedene Sieger hervor. Gerne an diese Zeit zurück erinnert sich der heute 96-jährige Heinz Hinterkircher. Er war bei seinem Spengler Cup-Debüt mit dem Zürcher SC 16 Jahre alt. Doch im Schatten des Krieges ereilten die Sportler auch grausame Schicksale. So wurde der Tscheche Bohumil Modrý, einer der besten Eishockeyspieler seiner Zeit, 1950 inhaftiert.

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SIEGER VON DAMALS<br />

63<br />

light in d<strong>er</strong> Karri<strong>er</strong>e von Heinz Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong><br />

– <strong>er</strong>hielten die Spiel<strong>er</strong> vom Club<br />

einen Siegelring mit ZSC-Logo und ein<br />

Stück Schwarzwäld<strong>er</strong>torte von ein<strong>er</strong><br />

Anhäng<strong>er</strong>in des Teams.<br />

In eine and<strong>er</strong>e Welt eintauchen<br />

Den <strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong> genossen die ZSC-<br />

Spiel<strong>er</strong> in vollen Zügen. Nach Turni<strong>er</strong> ende<br />

ging es zur Silvest<strong>er</strong>party ins Belved<strong>er</strong>e:<br />

«Wir waren alle sehr jung und tauchten<br />

jeweils in eine für uns ganz and<strong>er</strong>e Welt<br />

ein. Im Belved<strong>er</strong>e spielten sup<strong>er</strong> Bands<br />

auf. Etwas, was wir ohne Eishockey nie<br />

<strong>er</strong>lebt hätten.» So wie die vielen Reisen.<br />

Als Sportl<strong>er</strong> benötigten die Eishockeyan<strong>er</strong><br />

kein Visum. Sie spielten in Mailand,<br />

Chamonix und München. Ein beliebt<strong>er</strong><br />

Gegn<strong>er</strong> war Füssen, wo sich die Teams<br />

jeweils zum Ost<strong>er</strong>turni<strong>er</strong> trafen. Mit d<strong>er</strong><br />

Nationalmannschaft waren die Spiel<strong>er</strong><br />

europaweit unt<strong>er</strong>wegs, flogen 1947<br />

zur Weltmeist<strong>er</strong>schaft nach Prag, 1949<br />

nach Stockholm, spät<strong>er</strong> nach England<br />

und nach Finnland. Das Reisen war ein<br />

Privileg, das damals nur wenigen Leuten<br />

vorbehalten war. «Es war eine schöne,<br />

int<strong>er</strong>essante Zeit. Viel lock<strong>er</strong><strong>er</strong> als heute.<br />

So gehörte das gesellige Zusammensein<br />

nach dem Spiel ebenso dazu wie die<br />

harten Kämpfe auf dem Eis», <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>t<br />

sich Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong>.<br />

Ski statt Eishockey<br />

Als 34-Jährig<strong>er</strong> hängte Heinz Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong><br />

die Eishockeyschuhe an den<br />

Nagel: «Ich sagte mir ‹jetzt langeds›<br />

und widmete mich fortan d<strong>er</strong> Familie.»<br />

Mit sein<strong>er</strong> Ehefrau Susi bekam <strong>er</strong> zwei<br />

Mädchen und einen Knaben. Heute ist <strong>er</strong><br />

Grossvat<strong>er</strong> von vi<strong>er</strong> Enkelkind<strong>er</strong>n.<br />

Mit <strong>Davos</strong> blieb <strong>er</strong> v<strong>er</strong>bunden: «Auch<br />

nach mein<strong>er</strong> Karri<strong>er</strong>e besuchte ich den<br />

<strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong> oft.» Zudem zog es ihn jeden<br />

März eine Woche nach <strong>Davos</strong> zum<br />

Skifahren. Zuletzt stand <strong>er</strong> vor acht<br />

<strong>Jahre</strong>n auf den Ski<strong>er</strong>n. Auch das Eishockey<br />

nimmt nach wie vor einen grossen<br />

Platz in seinem Leben ein. Sein Sohn<br />

Ronald Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong> ist V<strong>er</strong>waltungsrat<br />

d<strong>er</strong> GCK/ZSC Lions Nachwuchs<br />

AG und sein Enkel Mattia ist Profieishockeyspiel<strong>er</strong><br />

(siehe das Dreigen<strong>er</strong>ationenbild<br />

auf Seite 60). Ist ein hart<br />

umkämpftes Spiel zu <strong>er</strong>warten, lässt<br />

es sich auch sein Grossvat<strong>er</strong> nicht nehmen,<br />

im Stadion zu sitzen. Würde <strong>er</strong><br />

g<strong>er</strong>ne mit seinem Enkel tauschen? «Auf<br />

d<strong>er</strong> einen Seite würde mich dies natürlich<br />

reizen. Doch vieles ist heute and<strong>er</strong>s.<br />

Wir hatten kein Konditions- od<strong>er</strong><br />

Krafttraining, das Spiel war viel langsam<strong>er</strong>.<br />

Auch ist es heute kaum möglich,<br />

eine ähnliche b<strong>er</strong>ufliche Laufbahn aufzubauen<br />

und parallel zum Eishockey zu<br />

studi<strong>er</strong>en, so, wie ich es damals tat.»<br />

Heinz Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong> arbeitete, bis <strong>er</strong><br />

71 <strong>Jahre</strong> alt war. Beim Schweiz<strong>er</strong>ischen<br />

Bankv<strong>er</strong>ein war <strong>er</strong> – eine sein<strong>er</strong> letzten<br />

b<strong>er</strong>uflichen Aufgaben – für die Einführung<br />

d<strong>er</strong> Visa-Kreditkarte in d<strong>er</strong><br />

Schweiz zuständig.<br />

Imm<strong>er</strong> wenig<strong>er</strong> Freunde von damals<br />

«B<strong>er</strong>uflich durfte ich viel reisen, auch<br />

privat ging ich oft auf Wand<strong>er</strong>reisen<br />

und zweimal auf Weltreise.» Er hat alle<br />

Kontinente gesehen. Auch heute ist <strong>er</strong><br />

noch drei- bis vi<strong>er</strong>mal im Jahr unt<strong>er</strong>wegs:<br />

«Schiffsreisen <strong>er</strong>möglichen es<br />

mir, dass ich viel <strong>er</strong>lebe und sehe, ohne<br />

das Hotel täglich wechseln zu müssen.»<br />

Vor einigen <strong>Jahre</strong>n wollte <strong>er</strong> seine ehemaligen<br />

Kollegen vom LTC Prag treffen,<br />

doch es waren keine mehr auffindbar.<br />

Auch in d<strong>er</strong> Schweiz bleiben ihm imm<strong>er</strong><br />

wenig<strong>er</strong> Freunde von damals: «Anfang<br />

<strong>2018</strong> besuchte ich meinen ehemaligen<br />

ZSC-Kollegen Otto Schubig<strong>er</strong>. Leid<strong>er</strong><br />

konnten wir uns nicht mehr üb<strong>er</strong> alte<br />

Zeiten austauschen. Er ist leid<strong>er</strong> heute<br />

stark dement.»<br />

Noch heute imm<strong>er</strong> in Bewegung<br />

Heinz Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong> sitzt in sein<strong>er</strong><br />

Stube in Zürich Höngg. An d<strong>er</strong> Hand den<br />

ZSC-Ring, an d<strong>er</strong> Wand die Wappenscheibe<br />

von <strong>Davos</strong> und ein Bild mit dem<br />

ehemaligen Wohnhaus vom Mal<strong>er</strong> und<br />

Grafik<strong>er</strong> Ernst Ludwig Kirchn<strong>er</strong>. Heinz<br />

Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong> ist imm<strong>er</strong> in Bewegung,<br />

«dem Alt<strong>er</strong> entsprechend», lächelt <strong>er</strong>.<br />

Er <strong>er</strong>freue sich gut<strong>er</strong> Gene, doch sich<strong>er</strong><br />

habe auch d<strong>er</strong> Sport dazu beigetragen,<br />

dass <strong>er</strong> noch heute so fit sei.<br />

Mattia Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong><br />

Zwei Schweiz<strong>er</strong> Meist<strong>er</strong> in ein<strong>er</strong> Familie<br />

Heinz Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong> fei<strong>er</strong>te mit dem ZSC 1949 den Schweiz<strong>er</strong> Meist<strong>er</strong>titel, sein<br />

Enkel Mattia tat es ihm <strong>2018</strong> nach, also 69 <strong>Jahre</strong> spät<strong>er</strong>: «Es ist cool, dass mein<br />

Grossvat<strong>er</strong> auch Eishockey spielte. Er zeigte mir einmal die Stöcke, mit denen <strong>er</strong><br />

auf Torjagd ging. Das ist ja ein Wahnsinn.» Beeindruckt zeigt d<strong>er</strong> Junior sich auch<br />

davon, dass damals alle neben dem Eishockey zu hund<strong>er</strong>t Prozent arbeiteten: «Ich<br />

habe grossen Respekt vor dem, was <strong>er</strong> <strong>er</strong>reicht hat.» Wie sein Grossvat<strong>er</strong> den<br />

<strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong> zu bestreiten, würde auch Mattia Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong> reizen: «Bei d<strong>er</strong> guten<br />

Stimmung, die jeweils in d<strong>er</strong> Vaillant Arena h<strong>er</strong>rscht, würde es sehr grossen<br />

Spass machen, sich mit int<strong>er</strong>nationalen Teams zu messen.» Selbstv<strong>er</strong>ständlich sei<br />

Eishockey ab und an Thema in d<strong>er</strong> Familie: «Doch wenn Grossvat<strong>er</strong> und ich zusammen<br />

Nachtessen gehen, bin ich froh, wenn wir auch üb<strong>er</strong> and<strong>er</strong>es als Eishockey<br />

sprechen können.»

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