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92. Spengler Cup Davos - Jahrbuch 2018 (40-er Jahre)

Das 3. Jahrbuch des Spengler Cup Davos wirft einen Blick auf die 1940er-Jahre. Diese Dekade brachte mit dem Zürcher SC, dem LTC Prag sowie dem Hockey Club Davos drei verschiedene Sieger hervor. Gerne an diese Zeit zurück erinnert sich der heute 96-jährige Heinz Hinterkircher. Er war bei seinem Spengler Cup-Debüt mit dem Zürcher SC 16 Jahre alt. Doch im Schatten des Krieges ereilten die Sportler auch grausame Schicksale. So wurde der Tscheche Bohumil Modrý, einer der besten Eishockeyspieler seiner Zeit, 1950 inhaftiert.

Das 3. Jahrbuch des Spengler Cup Davos wirft einen Blick auf die 1940er-Jahre. Diese Dekade brachte mit dem Zürcher SC, dem LTC Prag sowie dem Hockey Club Davos drei verschiedene Sieger hervor. Gerne an diese Zeit zurück erinnert sich der heute 96-jährige Heinz Hinterkircher. Er war bei seinem Spengler Cup-Debüt mit dem Zürcher SC 16 Jahre alt. Doch im Schatten des Krieges ereilten die Sportler auch grausame Schicksale. So wurde der Tscheche Bohumil Modrý, einer der besten Eishockeyspieler seiner Zeit, 1950 inhaftiert.

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SIEGER VON DAMALS<br />

61<br />

: Üb<strong>er</strong> Nacht zum <strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong>-Einsatz<br />

Er war 16 <strong>Jahre</strong> alt und hielt sich mit den Junioren des Zürch<strong>er</strong> SC in <strong>Davos</strong> im Trainingslag<strong>er</strong><br />

auf, als <strong>er</strong> üb<strong>er</strong> Nacht gefragt wurde, ob <strong>er</strong> beim <strong>Spengl<strong>er</strong></strong> <strong>Cup</strong> spielen wolle.<br />

«Ich sagte selbstv<strong>er</strong>ständlich ja», <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>t sich Heinz Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong> 79 <strong>Jahre</strong> spät<strong>er</strong>.<br />

Zum Zug kam Heinz Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong>, da<br />

H<strong>er</strong>b<strong>er</strong>t Kessl<strong>er</strong>, Teil des damals bekannten<br />

«<strong>er</strong>-Sturms», an Grippe <strong>er</strong>krankt<br />

war: «Das war 1939 und ein Erlebnis sond<strong>er</strong>gleichen.<br />

Damals hatte d<strong>er</strong> <strong>Spengl<strong>er</strong></strong><br />

<strong>Cup</strong> eine wohl noch gröss<strong>er</strong>e Bedeutung<br />

als heute, weil die Zahl d<strong>er</strong> Sportanlässe<br />

noch viel g<strong>er</strong>ing<strong>er</strong> war.» Von<br />

diesem Moment an zählte Karl Heinrich<br />

Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong>, d<strong>er</strong> mitten in Zürich bei<br />

d<strong>er</strong> Sihlbrücke aufgewachsen war und<br />

b<strong>er</strong>eits mit 13 <strong>Jahre</strong>n Eishockey spielte,<br />

zur <strong>er</strong>sten Mannschaft des ZSC und<br />

gewann spät<strong>er</strong> zweimal den <strong>Spengl<strong>er</strong></strong><br />

<strong>Cup</strong> – 1944 und 1945.<br />

Nicht gewohnt, nicht zu gewinnen<br />

Vor allem den Sieg 1945 bew<strong>er</strong>tet <strong>er</strong><br />

hoch. Nachdem während des Krieges<br />

1944 nur Schweiz<strong>er</strong> Teams teilgenommen<br />

hatten, wurde das Turni<strong>er</strong> 1945<br />

durch den LTC Prag b<strong>er</strong>eich<strong>er</strong>t – sein<strong>er</strong>zeit<br />

das beste Team Europas. Heinz<br />

Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong> <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>t sich, dass es<br />

im entscheidenden Spiel zwischen dem<br />

ZSC und Prag schneite: «Von Hand<br />

wurde das Eis alle zehn Minuten vom<br />

Schnee befreit, und wenn die fleissigen<br />

Helf<strong>er</strong> mit d<strong>er</strong> Arbeit f<strong>er</strong>tig waren, lag<br />

b<strong>er</strong>eits wied<strong>er</strong> Schnee auf dem Eis.» Die<br />

Puckführung durch den Schnee? Eine<br />

schwi<strong>er</strong>ige Angelegenheit: «D<strong>er</strong> Puck ist<br />

nie so gelaufen, wie man es g<strong>er</strong>ne gehabt<br />

hätte.» Nach 75 Minuten Spielzeit<br />

endete die Partie 2 : 2 unentschieden,<br />

woraufhin die Zürch<strong>er</strong> das Turni<strong>er</strong> dank<br />

d<strong>er</strong> bess<strong>er</strong>en Tordiff<strong>er</strong>enz gewannen.<br />

Mit d<strong>er</strong> «Tante Ju» nach Prag<br />

«Die Prag<strong>er</strong> waren nicht gewohnt, nicht<br />

zu gewinnen», <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>t sich Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong>.<br />

Deshalb pochten sie auf eine<br />

Revanche und liessen die ZSC-Spiel<strong>er</strong><br />

mit d<strong>er</strong> «Tante Ju 52» einfliegen. Das<br />

legendäre Flugzeug landete auf dem<br />

Flugplatz Dübendorf. Als sich die Türen<br />

öffneten, traten Nonnen aus dem Flugzeug.<br />

Ingenbohl<strong>er</strong> Schwest<strong>er</strong>n waren<br />

: Heinz Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong> spielte anfangs als<br />

Stürm<strong>er</strong>, spät<strong>er</strong> als V<strong>er</strong>teidig<strong>er</strong>. Seine Stärke<br />

war das Stellungsspiel.<br />

zum V<strong>er</strong>arzten tschechisch<strong>er</strong> Truppen<br />

in Prag gewesen und wurden schliesslich<br />

wied<strong>er</strong> in die Schweiz geflogen. Das<br />

Flugzeug diente im Krieg als Transportmittel<br />

d<strong>er</strong> Soldaten und wurde nicht umgebaut:<br />

«So gab es d<strong>er</strong> Länge nach zwei<br />

Bänke. Üb<strong>er</strong> dem Böhm<strong>er</strong>wald schüttelte<br />

es wie wild und uns wurde allen übel.»<br />

Das Revanchespiel, das einen Monat<br />

nach Meist<strong>er</strong>schaftsende ausgetragen<br />

wurde, ging v<strong>er</strong>loren.<br />

Vom Sturm in die V<strong>er</strong>teidigung<br />

Heinz Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong> spielte anfangs als<br />

Stürm<strong>er</strong>, spät<strong>er</strong> als V<strong>er</strong>teidig<strong>er</strong>. Seine<br />

Stärke war das Stellungsspiel: «Mein<br />

Plus war, dass ich den Spielv<strong>er</strong>lauf sozusagen<br />

lesen konnte und als Stürm<strong>er</strong>,<br />

spät<strong>er</strong> als V<strong>er</strong>teidig<strong>er</strong>, den Zweikämpfen<br />

möglichst aus dem Weg ging.» Ein<br />

stark<strong>er</strong> Rückhalt im ZSC-Team war<br />

Goalie Hans Bänning<strong>er</strong>. «Damals spielte<br />

<strong>er</strong> auf einem Level, d<strong>er</strong> heute mit demjenigen<br />

von Leonardo Genoni v<strong>er</strong>gleichbar<br />

wäre.» Ein Führungsspiel<strong>er</strong> war d<strong>er</strong><br />

gebürtige Aros<strong>er</strong> Heini Lohr<strong>er</strong>. Beim<br />

ZSC bildete <strong>er</strong> ab 1937 mit den Brüd<strong>er</strong>n<br />

Charly und H<strong>er</strong>b<strong>er</strong>t Kessl<strong>er</strong> sowie spät<strong>er</strong><br />

Fredy Biel<strong>er</strong> und Otto Schubig<strong>er</strong><br />

den legendären «<strong>er</strong>-Sturm».<br />

Vieles im Eishockey war damals noch<br />

ganz and<strong>er</strong>s als heute: «Uns<strong>er</strong> Team<br />

hatte nur neun Spiel<strong>er</strong>. Helme hatten<br />

wir zu Beginn uns<strong>er</strong><strong>er</strong> Karri<strong>er</strong>e noch<br />

keine, die Kleidung war teilweise mit<br />

Metallstäben gepolst<strong>er</strong>t und wog dadurch<br />

drei Kilogramm.» Hans Bänning<strong>er</strong>,<br />

d<strong>er</strong> Goalie, d<strong>er</strong> 1945 beim <strong>Spengl<strong>er</strong></strong><br />

<strong>Cup</strong>-Sieg so stark spielte, <strong>er</strong>litt im V<strong>er</strong>lauf<br />

sein<strong>er</strong> Karri<strong>er</strong>e üb<strong>er</strong> zwei Dutzend<br />

schw<strong>er</strong>e Gesichtsv<strong>er</strong>letzungen durch<br />

fliegende Pucks, <strong>er</strong>inn<strong>er</strong>t sich Heinz<br />

Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong>, dessen Gesicht glimpflich<br />

davonkam. All<strong>er</strong>dings litt <strong>er</strong> wie alle<br />

Spiel<strong>er</strong> oft an Z<strong>er</strong>rungen.<br />

Siegelring und Schwarzwäld<strong>er</strong>torte<br />

Pro Saison gab es rund 20 Spiele. Traini<strong>er</strong>t<br />

wurde zwei- bis dreimal die Woche<br />

auf d<strong>er</strong> Dold<strong>er</strong> Eisbahn: «Danach liefen<br />

wir oft mit d<strong>er</strong> ganzen Eishockeyausrüstung<br />

nach Hause, um 20 Rappen für das<br />

Tram zu sparen.» Heinz Hint<strong>er</strong>kirch<strong>er</strong><br />

studi<strong>er</strong>te Ökonomie an d<strong>er</strong> Univ<strong>er</strong>sität<br />

Zürich. In den Semest<strong>er</strong>f<strong>er</strong>ien arbei tete<br />

<strong>er</strong> im kaufmännischen B<strong>er</strong>eich bei d<strong>er</strong><br />

Firma Esch<strong>er</strong> Wyss im W<strong>er</strong>kstattbüro<br />

od<strong>er</strong> bei Jelmoli in d<strong>er</strong> V<strong>er</strong>sandabteilung.<br />

Hohe Saläre gab es damals nicht:<br />

In d<strong>er</strong> Nationalmannschaft <strong>er</strong>hielten die<br />

Männ<strong>er</strong> pro Länd<strong>er</strong>spiel ein Taggeld von<br />

20 Franken, für ein B-Länd<strong>er</strong>spiel gab<br />

es die Hälfte. Nach ein<strong>er</strong> guten Saison<br />

beim ZSC gab es jeweils einen Zinntell<strong>er</strong>.<br />

Für den Meist<strong>er</strong>titel – das grosse High-

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