Berliner Zeitung 08.12.2018
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 287 · 8 ./9. Dezember 2018 – S eite 9 *<br />
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Berlin<br />
VorGericht: Hubertus<br />
Knabe kämpft weiter<br />
um sein Amt<br />
Seite 17<br />
Kirche bietet Berlin Friedhöfe als Bauland an Seiten 10 und 11<br />
Antisemitismus an Schulen –wie eine Initiative aufklären soll Seite 12<br />
Senatorin in der Sackgasse<br />
Nach der Abberufung des Verkehrs-Staatssekretärs Jens-Holger Kirchner gerät Regine Günther immer<br />
mehr unter Druck. Teile der Grünen drängen sie zum Einlenken. Krisengespräch am Wochenende<br />
VonStefan Strauß und Elmar Schütze<br />
Verkehrssenatorin Regine Günther muss für ihre Entscheidung viel Kritik einstecken.<br />
IMAGO<br />
Freitagmorgen 8 Uhr. Der<br />
einzige Termin an diesem<br />
Tag, den die Führungsspitze<br />
der Pankower Grünen<br />
noch gefunden hat. Eineilig einberufenes<br />
Krisentreffen in der Geschäftsstelle<br />
des Kreisverbandes in<br />
der Pappelallee. Einziges Thema:<br />
Der organisierter Protest gegen die<br />
Abberufung von Jens-Holger Kirchner,<br />
dem Grünen-Verkehrsexperten<br />
und Staatssekretär in der Verwaltung<br />
von Senatorin Regine Günther. Die<br />
Causa Kirchner –längst ist sie auch<br />
eine Causa Günther,denn es geht inzwischen<br />
auch um die politische Zukunft<br />
der Senatorin selbst.<br />
Vorein paar Tagen hat Günther<br />
angekündigt, den krebskranken<br />
Kirchner in den einstweiligen Ruhestand<br />
zu schicken – gegen seinen<br />
ausdrücklichen Willen und kurz vor<br />
der geplanten und ärztlich empfohlenen<br />
schrittweisen Rückkehr in den<br />
Beruf imneuen Jahr. Seitdem wird<br />
Günther heftig kritisiert, vor allem<br />
von den Grünen, die die parteilose<br />
frühereKlimaschützerin zu ihrer Senatorin<br />
für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz<br />
gemacht hat. „Den besten<br />
Verkehrsfachmann rauszuschmeißen,<br />
weil er krebskrank ist und vielleicht<br />
noch ein paar Wochen bis zur<br />
Genesung braucht, das macht man<br />
nicht“, schrieb der Abgeordnete<br />
Andreas Otto.<br />
Zweieinhalb Stunden dauert das<br />
Krisentreffen. Der Pankower Kreisvorsitzende<br />
Jens Haustein ist mit dabei,<br />
Andreas Otto und Bettina Jarrasch,<br />
die Fraktionsvorsitzende Cordelia<br />
Koch und der Bundestagsabgeordnete<br />
Stefan Gelbhaar.Kirchner ist<br />
der Liebling der Pankower Grünen.<br />
Nilson nennen ihn seine Freunde.Er<br />
war jahrelang Stadtrat. Der gelernte<br />
Tischler engagierte sich schon in den<br />
80er Jahren Zeiten in der oppositionellen<br />
Prenzlauer-Berg-Szene.<br />
Die interne Runde der Politiker in<br />
der Pappelallee berät, wie es weitergeht<br />
mit Kirchner. Und, so ist später<br />
aus dem Kreis der Teilnehmer zu hören,<br />
alle waren sich einig, dass er auf<br />
10%<br />
seinen Posten zurückkehren muss.<br />
Nach demTreffenredet niemand offiziell.<br />
EinBeteiligter sagt im Gespräch<br />
mit der <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong>: „Wir sind<br />
alle frustriert über die Entscheidung<br />
derSenatorin –und wir verstehen sie<br />
überhaupt nicht.“ Es gebe viele Anrufe<br />
und E-Mails vonMitgliedern, denen<br />
es genauso gehe. Manche fordernjetzt<br />
den Rücktritt der Senatorin.<br />
Fachlich und menschlich schade sie<br />
mit ihrer Entscheidung dem Ansehen<br />
der Partei,heißt es.<br />
Am Ende fordern die Pankower<br />
Grünen, dass die Senatorin Kirchner<br />
zurückholt ins Amt. „Man kann Entscheidungen<br />
immer rückgängig machen“,<br />
heißt es nach dem Treffen. Es<br />
gehe jetzt um eine Wiedereingliederung<br />
Kirchners nach langer Krankheit,<br />
anfangs in Teilzeit nach dem<br />
Hamburger Modell.<br />
Darüber wollen die Grünen in<br />
PankowamWochenende im Landesverband<br />
reden. DieLandeschefs Nina<br />
Stahr und Werner Graf haben Günthers<br />
Entscheidung offiziell mitgetragen.<br />
Es sei notwendig gewesen, die<br />
Stelle des seit dem Sommer abwesenden<br />
Politikers neu zu besetzen. Nun<br />
wird sich der Verbraucherschützer<br />
Ingmar Streese um die wichtigsten<br />
Verkehrsthemen der Stadt kümmern.<br />
Am Dienstag wird der Senat über<br />
die Abberufung Kirchners entscheiden.<br />
Wie der Tagesspiegel berichtet,<br />
will Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin<br />
Ramona Pop<br />
(Grüne) dann vorschlagen, Kirchner<br />
doch nicht in den einstweiligen Ruhestand<br />
zu versetzen. Für den designierten<br />
Nachfolger Ingmar Streese<br />
soll demnach eine neue Stelle geschaffen<br />
werden<br />
Ein Kompromiss wäre vielleicht<br />
der Opposition recht. Der CDU-<br />
Fraktionsvorsitzende Burkard Dregger<br />
schreibt, er sei über die Entlassung<br />
„zutiefst befremdet“. Der Regierende<br />
Bürgermeister solle Kirchner<br />
nicht entlassen, schließlich<br />
müssten sich Beschäftigte im öffentlichen<br />
Dienst auf die Fürsorgepflicht<br />
des Dienstherren verlassen können.<br />
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Sonntag<br />
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KW 49 /Be