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Berliner Zeitung 08.12.2018

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Bilder:Stefan Josef Mueller<br />

Aufdem ehemaligen Werftgelände der Wasserschutzpolizei<br />

der DDR verwirklichteTanja Linckeihren<br />

Entwurf.Das Haus hält den Blick auf<br />

die Spree frei und fügt sich in seiner Anmutung<br />

in die industriell geprägte70-er-Jahre-Struktur<br />

der Uferbebauung ein. Treppe,Küchen und<br />

Bäder befinden sich in einem zentralen Kern<br />

aus Leichtbeton.<br />

IM GESPRÄCH MIT<br />

TANJA LINCKE<br />

Tanja Linckehat sich den Traum einesjeden Architektenerfüllt und ihr eigenesHaus gebaut. Und das Ergebnis<br />

istallesandereals gewöhnlich. Wielebt es sich in einem Wohnraum, der nur minimal zoniert ist?<br />

Frau Lincke, Ihr „Haus an der Spree“ ist ein<br />

spektakulärer Anblick, wie es auf einem mächtigen<br />

Betonpfahl ruht. Das weckt Erinnerungen<br />

an Pfahlbauten in asiatischen Ländern. Warum<br />

haben Sie das Haus „auf den Pfahl gestellt“:<br />

wegen möglichen Hochwassers an der Spree?<br />

Tanja Lincke: Nein, an dieser Stelle ist kaum<br />

mit Hochwasser zu rechnen. Es ging mir vor<br />

allem darum, den Blick auf die Spree nicht<br />

zu verbauen.<br />

Der Ort ist ungewöhnlich: Direkt nebenan befindet<br />

sich eine Ruine und auf der anderen Seite ein<br />

Bootshaus der Wasserschutzpolizei. Wie sind Sie<br />

an das Grundstück gekommen?<br />

Das Grundstück wurde im Jahr 2008 über<br />

den Liegenschaftsfonds versteigert. Mein<br />

Mann hat es ersteigert. Das war riskant,<br />

denn wir wussten damals noch nicht, in welchem<br />

Umfang sich Altlasten auf dem Grundstück<br />

befinden. Zum Glück musste nur eine<br />

kleine Fläche saniert werden.<br />

Ihnen gehört nicht nur das Grundstück des Neubaus,<br />

sondern auch der Ruine nebenan. Warum<br />

war Ihnen das wichtig?<br />

Ursprünglich gab es die Ruinen nicht. Mein<br />

Mann –der Künstler Anselm Reyle –und ich<br />

haben sie aus dem baufälligen Werft-Hauptgebäude<br />

herausgearbeitet. Die Form der<br />

Ruinen haben wir anhand von Modellen<br />

entwickelt und später eins zu eins auf das<br />

Gebäude übertragen. Das große, offenstehende<br />

Tor der Hauptruine inszeniert den<br />

Blick auf die Spree. Bepflanzt haben wir den<br />

Die Architektin Tanja Linckebewohnt das Haus selbst<br />

mit ihrer Familie.Derzeit gestaltet sie unter anderem<br />

einen DDR-Bau aus den 70ern zum Ferienhaus um.<br />

Ruinengarten mit wilden Stauden, Gräsern,<br />

Essigbäumen und Birken. Wir wollten damit<br />

der morbiden Schönheit, die man von<br />

verwaisten Industrie-Arealen kennt, einen<br />

Raum geben.<br />

Wie ist Ihr Wohnhaus im Inneren aufgeteilt?<br />

Im Kern befinden sich alle Elemente, die<br />

man nicht verschieben kann: Treppenhaus,<br />

Küche, Bäder. Dadurch bleibt die umlaufende<br />

Wohnebene frei und kann je nach Erfordernis<br />

unterschiedlich bespielt werden. Ein<br />

großer Schrank teilt aktuell zwei Schlafräume<br />

ab. Ein weiteres Regal zoniert den<br />

restlichen Wohnbereich.<br />

Die Räume sind ja wirklich sehr offen. Vermissen<br />

Sie da nicht manchmal ein wenig Privatheit?<br />

Nein, das funktioniert sehr gut. Wenn die<br />

Kinder älter werden können wir mit flexiblen<br />

Elementen einen weiteren Raum bilden<br />

und später wieder zurückbauen.<br />

Welches aktuelle Projekt beschäftigt Sie denn<br />

gerade besonders?<br />

Unter anderem den Umbau eines 70er-Jahre-Gebäudes<br />

in ein Ferienhaus. Das Haus<br />

steht bei Lindow, nordwestlich von Berlin.<br />

Durch den Umbau soll die klare, einfache<br />

Gebäudeform auch im Inneren erlebbar<br />

werden. Vonaußen soll der Charakter mit<br />

DDR-Rauputz und Satteldach aus Wellblech<br />

erhalten werden.<br />

Welche Architekturprojekte in Berlin begeistern<br />

Sie derzeit?<br />

Ich bin sehr beeindruckt von Arno Brandlhubers<br />

Terrassenhaus in Wedding. Es<br />

schöpft die gesamte Tiefe des benachbarten<br />

Gründerzeitvorderhauses mitsamt Seitenflügel<br />

voll aus. Nichts ist hier gestaltet, sondern<br />

folgt einer klaren baulichen Logik. Das Gebäude<br />

wirkt dadurch sehr selbstverständlich.<br />

Das Interview führte Ingrid Bäumer

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