Berliner Zeitung 08.12.2018
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 287 · 8 ./9. Dezember 2018 B1<br />
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Service<br />
Curaçao: Das ist mehr<br />
als nur der blaue Schnaps<br />
Reise, Seite B3<br />
Porzellanmaler: Profis<br />
mit ruhigem Händchen<br />
Karriere, Seite B4<br />
Die Chancen für CNG-Pkw<br />
stehen schlecht. Aber warum?<br />
Mobile Welten, Seite B8<br />
Ein Winterwunderland? Haben<br />
wir in der Großstadt<br />
eher selten. Undwenn, dann<br />
istdas kalteGlückeigentlich<br />
nicht weiß, sondern fast immer<br />
braun-matschig vom Dreck der vielen<br />
Autos. Na und, denken Sie jetzt<br />
vielleicht. Wer braucht schon<br />
Schnee? Eine Einstellung, die man<br />
teilen kann. Bisman ein Winterwunderland<br />
für sich entdeckt.<br />
Wir haben eine dreijährige Tochter<br />
(Ruby) und unsere Großstadt-<br />
Schneemänner haben noch nie eine<br />
Lebensdauer von mehr als 24 Stunden<br />
gehabt. Wir sind eher Sommertypen,<br />
aber wir wollen wissen, was<br />
die Faszination Winterurlaub ausmacht.<br />
Warum manche Freunde ihren<br />
ganzen Jahresurlaub im Schnee<br />
verbringen – von November bis<br />
März. Es verschlägt uns nach Österreich.<br />
Ins–Achtung, keine Übertreibung<br />
–wunderschöne Alpbachtal.<br />
Märchenhafte Kulisse<br />
Wir entscheiden uns, mit dem Auto<br />
anzureisen. Gut acht Stunden sind<br />
wir von Berlin aus unterwegs. Und<br />
das kann mit einem Kleinkind eine<br />
Ewigkeit sein. Waswir dafür aber bekommen,<br />
ist die Ankunft in einer anderen<br />
Welt.<br />
Das Navi führt uns mitten durch<br />
den Wald hinein ins Skigebiet, das<br />
für sich selbst als schönstes TalTirols<br />
wirbt. 46 Lifte, 2128 Höhenmeter<br />
–wer hier seinen Alltag nicht für<br />
einige Tage vergessen kann, dem ist<br />
wohl nicht mehr zu helfen.<br />
Unsere Ferienwohnung liegt direkt<br />
in Alpbach, einem idyllischen<br />
Ort fernab von Hochhäusern und<br />
Städtelärm. Es reihen sich bezaubernde<br />
Holzhäuser einheitlich aneinander.<br />
Seit 1953 bauen die Alpbacher<br />
ausschließlich im hergebrachten<br />
Alpbacher Baustil. Ein<br />
bisschen märchenhaft wirkt es<br />
schon. Märchenhaft schön. Mit<br />
Blick auf die Berge.<br />
Natürlich hat man hier im Winter<br />
eine Schneegarantie. Meterhoch<br />
liegt er am Straßenrand. Undauf den<br />
Bergen sowieso. Der Schlitten wird<br />
ganz schnell zum ständigen Begleiter.<br />
KeinWunder,man kann ihn auch<br />
nahezu für jeden Weg nutzen. Die<br />
Vorteile der „Alpbachtal Seenland<br />
Card“, die jeder Urlauber vom Gastgeber<br />
ausgehändigt bekommt, locken<br />
uns.<br />
Wenn der Vater mit der Tochter –Wanderung durch verschneite Wälder im schönen Alpbachtal<br />
Eine Fackelwanderung durch<br />
das nächtliche Dorf ist inklusive.<br />
Viel romantischer geht es eigentlich<br />
auch nicht.<br />
Ruby quietscht vergnügt in der<br />
Trage auf meinem Rücken. Und wären<br />
wir es nicht sowieso, ich hätte<br />
Juppi aus dem Zauberwald<br />
locktinsein Paradies<br />
Das österreichische Alpbachtal bietet Familien<br />
und Pisten-Profis Erholung vom Alltag<br />
mich glatt noch einmal in meinen<br />
Mann verliebt bei dem gut 90-minütigen<br />
Spaziergang bergauf und bergab<br />
mit unseren flackernden Lichtern<br />
in der Hand.<br />
Vormittags Ski-Schule für unsere<br />
Kleine, nachmittags die Gegend<br />
Von Dajana Rubert<br />
Im klassischen Vollholz-Stil sind alle Häuser in Alpbach gebaut.<br />
Ein Paradies für Abfahrtsläufer und solche,die es werden wollen: das Alpbachtal. DAJANA RUBERT (3)<br />
als Familie erkunden –das ist der<br />
Plan für die Woche. Wir fahren mit<br />
der Gondel den Reitherkogel hinauf,<br />
genießen die unfassbar klare<br />
Aussicht. Ob wir Frostbeulen hier<br />
oben in der Höhe frieren? Aber<br />
nein! Die Sonnenstrahlen wärmen<br />
uns die Nasen. Beim Wandernlasse<br />
ich sogar die Jacke offen. Natürlich<br />
sind es Minusgrade,aber die fühlen<br />
sich hier einfach nicht so kalt an.<br />
Den Berg hinunter rodeln wir mit<br />
dem Schlitten. Wir kommen vorbei<br />
an Juppis Zauberwald, der Kinder<br />
zum Entdecken von Trollen und<br />
Feen einlädt.<br />
Ich teile mir mit meiner Tochter<br />
einenRodel, wie die Österreicher die<br />
Schlitten nennen. Zusammen haben<br />
wir einfach einen Mega-Spaß. Allein<br />
könnte sie die teils rasanten Abfahrten<br />
noch nicht bewerkstelligen.<br />
Und auch das Skifahren kommt<br />
für Ruby zu früh. Es gibt andereKinder<br />
in der Gruppe, gleich alt, die<br />
durchaus ihren Spaß haben. Aber es<br />
sind eben die, bei denen auch<br />
Mama, Papa und der große Bruder<br />
vonjeher die Pisten auf Skiernunsicher<br />
machen.<br />
Für unsere Tochter bietet der<br />
Schnee einfach zu viele andereMöglichkeiten.<br />
Schneeengel machen,<br />
Schneeballschlachten schlagen, sich<br />
die Flocken auf der Zunge zergehen<br />
lassen, wenn sie frisch vom Himmel<br />
fallen. Man kann schon ins Schwärmen<br />
geraten.<br />
Wandern am Limit<br />
Einmal haben wir es sogar gewagt,<br />
eine Alm zu Fußerklimmen zu wollen.<br />
Weil der Weg als Rodelbahn<br />
hochgelobt ist. Zurecht. Dennoch:<br />
Wir wären fast gescheitert. Aufgeben<br />
wollten wir. Nicht nur einmal.<br />
Ob ich ihn loswerden wolle, hat<br />
mein Mann mich vor Erschöpfung<br />
gefragt. Aber wir sind angekommen<br />
–sogar gemeinsam –, oben auf<br />
der Faulbaumgartenalm.<br />
Hatten wir uns unten noch ausgemalt,<br />
wie wir oben schön Kaiserschmarrn<br />
essen, als Belohnung sozusagen,<br />
wurden wir enttäuscht<br />
undwaren trotzdem so dankbar.Es<br />
gab nichts anderes als Erbsensuppe<br />
oder Bockwurst mit Toastbrot zu<br />
essen. Dazu eine kalte Cola. Undfür<br />
uns die Erkenntnis, dass nach der<br />
maximalen Erschöpfung sogar eine<br />
Suppe schmecken kann.<br />
UnsereWoche geht am Ende viel<br />
zu schnell vorbei. Logisch, bei den<br />
Möglichkeiten, die das Alpbachtal<br />
bietet. Der Schneemann namens<br />
Ola, den wir nach unserer Ankunft<br />
als erstes gebaut haben, stand bei<br />
der Abfahrt übrigens immer noch.<br />
Nurdie Mütze, dieRubyOla geborgt<br />
hatte,damit er nicht friert, musste er<br />
nach sieben Tagen einbüßen. Das<br />
wirderwohl verkraftet haben.<br />
DieReportage wurdeunterstützt vom<br />
Tourismusverband Alpbachtal.<br />
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