Berliner Zeitung 08.12.2018
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 287 · 8 ./9. Dezember 2018 21<br />
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Schönes Wochenende<br />
STADT, LAND, MENSCH<br />
Die Suche<br />
nach dem<br />
Glück<br />
Warum gehört dem Wolf das<br />
Bodemuseum, obwohl der<br />
Isegrim nicht mal mit dem<br />
kleinen Rotkäppchen fertig<br />
wird? Und warum sitzen in<br />
den Vorstellungen im<br />
Monbijoupark fast nur<br />
Erwachsene?<br />
Märchenhüttenchef<br />
Christian Schulz gibt die<br />
Antworten<br />
VonMargarethe Gallersdörfer<br />
Christian Schulz gründete vor 21 Jahren das Ensemble der Märchenhütte. BERND FRIEDEL (2)<br />
Das Kinderkreischen<br />
dringt bis nach draußen:<br />
In „Der Wolf und die sieben<br />
Geißlein“ gibt es nur<br />
einen Schauspieler –Florian Kleine,<br />
den Wolf. Und die Geißlein, die er<br />
fressen will? Sitzen alle im Zuschauerraum,<br />
und kichern auch nach der<br />
Vorstellung noch ganz aufgeregt „Da<br />
ist der böse Wolf!“, als Florian Kleine<br />
über die Brücke geht, die Jacobhütte<br />
und Wilhelmhütte miteinander verbindet.<br />
Die Märchenhütte im Monbijoupark<br />
ist ein großer Erfolg: Mit 80000<br />
Zuschauern bei 1600 Vorstellungen<br />
in nur drei Monaten Laufzeit rechnet<br />
der Ensembleleiter Christian Schulz.<br />
„Was Siehier sehen, ist aber die Ausnahme“,<br />
sagt Schulz und zeigt auf<br />
die aufgeregte Kinderschar vor der<br />
Hütte. „90 Prozent unserer Zuschauer<br />
sind Erwachsene.“ Im Ernst?<br />
Im Ernst. Märchen sind etwas für alle<br />
Generationen, glaubt Christian<br />
Schulz. „Wir spielen das Kind im Erwachsenen<br />
an.“<br />
Schulz ist 48 Jahrealt und hat eine<br />
jugendliche Ausstrahlung. Er sitzt in<br />
einem mit Theaterutensilien vollgestopften<br />
Raum auf dem Dachboden<br />
der Jacobhütte und redet sehr<br />
schnell. Egal, ob Rotkäppchen,<br />
Schneewittchen, oder eben die sieben<br />
Geißlein, glaubt er, esgeht immer<br />
um die gleichen Fragen: Wie<br />
kann man sich trotz widriger Umstände<br />
weiterentwickeln, wie kann<br />
man Erfolg haben? Wie kann man<br />
seine Ängste überwinden? Große<br />
Herausforderungen bezwingen und<br />
am Ende glücklich werden?<br />
Fragen, die auch Christian Schulz<br />
immer wieder beschäftigen. Nach<br />
Berlin ist er kurz vor der Wende gekommen,<br />
um Psychologie zu studieren.<br />
„Ich wollte unbedingt diesen<br />
Abschluss“, sagt Schulz, „und dann<br />
habe ich ihn nie wieder benutzt.“<br />
Wäreder 48-Jährige eine Märchenfigur,dann<br />
wohl „Hans im Glück“. Vor<br />
21 Jahren hat er sein Ensemble gegründet<br />
hat und es klappt alles –irgendwie.<br />
Sie spielten Freilufttheater<br />
im Monbijoupark, und vier Jahre<br />
später eröffnete Schulz dortauch die<br />
Strandbar gegenüber vom Bodemuseum<br />
–„die erste in Europa“, wie er<br />
nicht ohne Stolz betont. Sie wurde<br />
ein Riesenerfolg und sicherte die Finanzierung<br />
des Theaters. Die Idee<br />
zur Märchenhütte entstand, weil<br />
Schulz irgendwann keine Lust mehr<br />
hatte,jeden Herbst alle seine Schauspieler<br />
zu entlassen. „Also haben wir<br />
uns 2006 überlegt: Waserzählt man<br />
sich im Winter? Und dann sind wir<br />
schnell auf Märchen gekommen.“<br />
Beiden Zuschauernsollte das Gefühl<br />
entstehen, dass es wirklich die<br />
gleichen Geschichten sind, die seit<br />
Streng und gut: In nur drei Monaten kamen 80 000 Besucher in die Märchenhütte.<br />
Jahrhunderten „von Großmuttermund<br />
zu Enkelkindohr“ weitergegeben<br />
werden. Auch wenn der Wolf<br />
dem Rotkäppchen gegenüber in einem<br />
vonzehn klassischen Märchen,<br />
die diese Saison aufgeführt werden,<br />
zwischendrin mal behauptet, das<br />
Bodemuseum gehöreihm.<br />
Und so fuhr Christian Schulz<br />
nach Polen und importierte vondort<br />
die beiden Holzhütten, die heute auf<br />
dem Bunker im Monbijoupark stehen<br />
und nach den Gebrüdern<br />
Grimm benannt sind. ZumKomplex<br />
gehört heute auch ein Glühweinstand,<br />
eine kleine Pizzeria und ein<br />
Hüttchen, in dem eine neapolitanische<br />
Weihnachtskrippe aufgebaut<br />
ist. In der Mitte steht eine Feuerschale,<br />
drum herum ein Stuhlkreis.<br />
„Diese archaische, gemütliche Atmosphäre<br />
ist der größte Teil unseres<br />
Erfolgs“, glaubt Christian Schulz.<br />
„Die Leute sind einfach gerne hier.“<br />
Märchenhütte, Monbijoustraße3B, bis 24.Februar.Spielplan<br />
undTickets unterwww.maerchenhuette.de.<br />
Restkarten auf Anfrageander<br />
Abendkasse.Tickets: 5/14Euro<br />
KOCHSTUNDE<br />
Rezept der Woche<br />
Geschmorter Lauch<br />
Wie koche ich Gemüse, von dem jeder Nachschlag<br />
möchte?“, war die Frage,die der Zwei-Sterne-Koch Andree<br />
Köthe vom Restaurant Essigbrätlein in Nürnberg mit diesem<br />
Lauch-Rezept beantwortete.Sehr einfache Fragen an sehr<br />
gute Köche sind die pfiffige Idee von„Nachgefragt. 30 Spitzenköche<br />
verraten ihre Küchengeheimnisse“ (Stefanie Hiekmann,<br />
EMF, 26Euro). Wie gelingt das perfekte Steak? Waskochen<br />
Siefür Ihre Kinder? Wasist das Geheimnis guter Schmorgerichte?<br />
Als Antwort –zum Beispiel von Tim Raue, Alfons<br />
Schubeck, Julia Komp –gibt es jeweils nicht nur ein Rezept,<br />
sondernauch Erhellendes zum jeweiligen Thema. (pa.)<br />
Zutaten<br />
4–6 Stangen Lauch<br />
fürdie Vinaigrette<br />
5ELOlivenöl<br />
Saft von1/2 Orange oder Blutorange<br />
abgeriebene Schale von1/4 Bio-Orange<br />
1/2 TL Ahornsirup oder Honig<br />
1/2 TL Weißweinessig, Salz, Pfeffer<br />
zumAnrichten<br />
1Handvoll Cashewkerne,grobgehackt<br />
Zubereitung<br />
Den Backofen auf 250 Grad (Umluft) vorheizen. Den Lauch<br />
gründlich waschen und gut abtrocknen. Alle Stangen nebeneinander<br />
auf ein Backblech legen und den oberen, dunkelgrünen<br />
Teil abtrennen. DenLauch nun im heißen Ofen 45–55 Minuten<br />
backen, bis die äußere Haut der Lauchstangen nahezu<br />
schwarzverbrannt ist. In der Zwischenzeit aus Olivenöl, Orangensaft<br />
und -schale, Ahornsirup, Essig, Salz und Pfeffer eine<br />
Marinade mixen. Denverbrannten Lauch aus dem Ofen nehmen,<br />
kurz abkühlen lassen und die verbrannten Schichten<br />
vorsichtig abziehen. Sie lassen sich leicht trennen –und zurück<br />
bleibt hellgrüner,weich geschmorter Lauch. DieStangen<br />
auf einem Teller anrichten und noch warmmit der Vinaigrette<br />
beträufelt servieren. Dazu passen einige gehackte Cashew-<br />
Kerne, die für etwas Biss sorgen.<br />
EMF; ISTOCKPHOTO (2)<br />
rinFriedrike Maltz sieht aus wie aneinandergereihte<br />
kleine Bauklötze in<br />
Rosa und Weiß. Die neuesten Trends<br />
und Entwicklungen zeigen sich hier.<br />
Wer auf der Suche nach erlesenen<br />
Weihnachtsgeschenken ist, wird auf<br />
der Zeughausmesse fündig.<br />
Egal, ob Sie auf der Messe etwas<br />
kaufen oder nur schauen wollen, mit<br />
Ihrer Eintrittskarte können Sie alle<br />
Ausstellungen des DHM besuchen.<br />
Neben der immer besuchenswerten<br />
Dauerausstellung zur „Deutschen<br />
Geschichte vom Mittelalter bis zum<br />
Mauerfall“ widmet sich eine Ausstellung<br />
im Pei-Bau der Bedeutung des<br />
Meeres für Europa, als Kriegsschauplatz,<br />
Handelsraum und Sehnsuchtsort.<br />
Im Fokus einer weiteren Ausstellung<br />
steht Christbaumschmuck von<br />
den Anfängen bis heute. Denn, egal,<br />
ob Kugeln, Strohsterne, Kerzen oder<br />
Lametta, der Schmuck des deutschen<br />
Weihnachtsbaums ist auf der ganzen<br />
Welt verbreitet.<br />
ADRESSEN<br />
Deutsches Historisches Museum,<br />
Unter den Linden 2, Berlin-Mitte.<br />
Informationen zu Ausstellungen und<br />
Öffnungszeiten unter:<br />
www.dhm.de<br />
Zeughausmesse im Deutschen Historischen<br />
Museum, Sonnabend von10Uhr<br />
bis 21 Uhr,Sonntag 10 Uhr bis 18 Uhr.<br />
Eintritt zur Messe inklusivealler Ausstellungen<br />
8Euro, ermäßigt 4Euro, freier<br />
Eintritt für alle bis 18 Jahren.<br />
Anna Sykora, Werkstattladen, Fichtestraße<br />
1a in Berlin-Kreuzberg,Öffnungszeiten<br />
wochentags 14 Uhr bis 18 Uhr.<br />
weitere Informationen unter:<br />
www.anna-sykora.de<br />
Außergewöhnlicher Schmuck: ein faltbare Kette von FriedrikeMaltz.<br />
MALTZ<br />
Anna Sykora wurde für ihre Arbeiten mit dem Bayerischen Staatspreis ausgezeichnet.