Berliner Zeitung 08.12.2018
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<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 287 · 8 ./9. Dezember 2018 – S eite 19<br />
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Berlin<br />
AM WOCHENENDE<br />
Voller Erfolg: Die Märchenhütte<br />
im Monbijoupark<br />
Schönes Wochenende Seite 21<br />
Völlig losgelöst: Tanzen<br />
bis zur Ekstase<br />
Berlin bewegt sich Seite 22<br />
Die Nahrung<br />
der Liebe<br />
SABINE GUDATH<br />
Kürzlich fragte mich ein<br />
sehr netter Radiokollege<br />
vom RBB, obich mit ihm<br />
einen kulinarischen Trip<br />
machen möchte,erwürde mir gerne<br />
seine Lieblingsanlaufstelle vorstellen.<br />
Sie heißt Walid Speisemeisterei,<br />
das Schnitzel, die Crème brûlée und<br />
der lauwarme Schokoladenkuchen<br />
seien dortsensationell.<br />
Nichts lieber als das, dachte ich.<br />
Auch ich brauche in der kalten Jahreszeit<br />
ein paar Kalorien extra, und<br />
über ein gutes Schnitzel freue ich<br />
mich immer. Außerdem wollte ich<br />
Ihnen Johannes Paetzold schon<br />
lange mal vorstellen. Wenn SieRadio<br />
Eins hören, kennen<br />
Sie vielleicht die<br />
wunderbare Sendung<br />
„Paetzolds Pop<br />
Cuisine“, außerdem<br />
schreibt er regelmäßig<br />
auch für diese<br />
<strong>Zeitung</strong>. Seine Lieblingsthemen<br />
sind<br />
Essen und Musik, für<br />
ihn gehören sie unbedingt<br />
zusammen.<br />
Denn: „Musik ist die<br />
Nahrung der Liebe“,<br />
AUFGETISCHT<br />
Tina Hüttl<br />
warinder Walid Speisemeisterei.<br />
zitiert Paetzold<br />
gerne Shakespeare. Zeitgeistiger<br />
ausgedrückt: „Essen ist die neue<br />
Popkultur,und Köche sind die neuen<br />
Popstars.“ Das sehe ich genauso.<br />
Themen finden wir also mühelos an<br />
diesem Abend.<br />
Als mein Kollege mit seinem Auto<br />
vorfährt, ist er voll verkabelt mit<br />
Kopfhörern, Aufnahmegerät und<br />
Mikrofon. Nicht nur ich will über ihn<br />
und die Walid Speisemeisterei<br />
schreiben –erhat beschlossen, unser<br />
Gespräch aufzuzeichnen und einen<br />
Podcast daraus zu machen. Das<br />
ist nämlich sein neues Hobby.<br />
Während der Fahrt erzählt Paetzold,<br />
wie er mal ein paar Tage schwitzend<br />
in der Küche eines Sternekochs<br />
stand. DieKonzentration und Fertigkeit,<br />
die das erfordert, bringe er einfach<br />
nicht auf. Aber er könne jetzt einen<br />
Barsch ordentlich entgräten.<br />
Und er habe Demut vor dem Gewerbe<br />
gelernt.<br />
Als wir in der Walid Speisemeistereiaufschlagen,<br />
wirdmir wieder mal<br />
bewusst, wie leidenschaftlich man<br />
als Gastronom sein muss. Walid<br />
Abawi, der Chef und Inhaber,kämpft<br />
seit eineinhalb Jahren auf der nicht<br />
unbedingt einladenden mehrspurigen<br />
Wichertstraße um Gäste. Dabei<br />
ist das Lokal wunderschön: altes<br />
Holz und unverputztes Mauerwerk,<br />
indirekt ausgeleuchtet mit schlicht,<br />
aber stilvoll eingedeckten Tischen.<br />
Auch die deutschen Klassiker wie<br />
die Kaninchenterrine oder die Ente<br />
mit Rotkraut, die wir hier bekommen,<br />
sind eine Bereicherung für diesen<br />
kulinarisch eher schwierigen<br />
Kiez.<br />
Die daumendicke Scheibe von<br />
der Kaninchenterrine hat ein zitroniges<br />
Fleischaroma, ist fest und doch<br />
luftig wie ein Mousse.Sie ähnelt dem<br />
Geschmack vonimeigenen Saft und<br />
Fett zubereiteten Rilettes. Dazu<br />
kombiniert der Koch sehr krosse<br />
Scheibchen Weißbrot als Knabberelement<br />
und eine Marmelade aus<br />
bissfesten, süß-sauer eingelegten<br />
Zwiebeln, die bestens dazu passt.<br />
Paetzold und Abawi, der zuvor als<br />
Gastgeber in der Sternegastronomie<br />
gearbeitet hat, kennen sich inzwischen<br />
gut. Paetzold wohnt ums Eck<br />
und kommt ein- bis<br />
zweimal im Monat<br />
mit seinem Sohn<br />
zum Schnitzelessen.<br />
„Immer wenn er es<br />
verdient hat“, sagt<br />
Paetzold und lacht.<br />
DasWalid als Belohnung<br />
–ich kann das<br />
gut verstehen.<br />
Das Schnitzel<br />
wurde bei unserem<br />
Besuch gerade von<br />
der Karte genommen<br />
und passend<br />
zur Adventszeit durch eine goldbraun<br />
gebratene Ente ersetzt. Dieist<br />
bis auf einen Hauch zu viel Salz in<br />
Soße und Fleisch sehr zu empfehlen.<br />
Der Rotkohl ist sogar das Beste, das<br />
sich seit langem gegessen habe,weil<br />
er genau richtig zwischen Säureund<br />
Süße ausbalanciert ist und nicht zu<br />
weihnachtlich gewürzt ist.<br />
Meine Crème brûlée ist, wie von<br />
Paetzold versprochen, ein Genuss.<br />
Sein Lieblingsdessert, den lauwarmen<br />
Schokokuchen, den er unbedingt<br />
mit mir teilen will, schaffe ich<br />
aber beim besten Willen nicht mehr.<br />
Die Portionen sind hier sehr gut bemessen.<br />
Paetzold lässt ihn einpacken.<br />
Sein Sohn wartet zu Hause, er<br />
hat ihn sich bestimmt verdient.<br />
Walid Speisemeisterei, Wichertstraße55,<br />
PrenzlauerBerg,geöffnetDi–Sa, 18–0 Uhr, Tel.<br />
40045755.<br />
Vorspeisen kosten hier 6,90–12,90 Euro,<br />
Hauptgänge13,50–22,90Euro, Desserts<br />
5,90–8,50 Euro.<br />
Schönhauser Allee<br />
SchönhauserAllee<br />
Eberswalder Str.<br />
Wichertstr.<br />
Walid Speisemeisterei<br />
Prenzlauer Allee<br />
50 m<br />
BLZ/REEG<br />
Der Radiomoderator Johannes Paetzold<br />
hat Tina Hüttl sein Lieblingsrestaurant<br />
gezeigt. Es heißt Walid Speisemeisterei<br />
und ist eine echte Entdeckung<br />
Familienausflug<br />
Rasant in<br />
106 Jahren<br />
zum Mond<br />
VonBarbaraWeitzel<br />
Vor fast genau 106 Jahren, am<br />
7. Dezember 1912, wurde im Alten<br />
Theater Leipzig ein Stück uraufgeführt,<br />
das so prall gefüllt ist mit<br />
wahr werdenden Kinderträumen<br />
und wunderschönen Bildern, wie es<br />
kein Nikolaus-Sack je sein könnte.<br />
Da unterrichtet das Sandmännchen<br />
die Schüler auf der Sternenkinderwiese.Ein<br />
Maikäfer spielt nachts auf<br />
einer winzigen silbernen Geige. Im<br />
Schloss der Nachtfee treffen sich der<br />
Donnermann, die Windliese, die<br />
Wolkenfrau, der Regenfritz und die<br />
Blitzhexe nebst etlichen Märchenheldinnen<br />
und -helden zum Kaffeeklatsch.<br />
Zunächst mit dem Mondlichtschlitten<br />
des Sandmännchens,<br />
dann auf dem Rücken des Großen<br />
Bären geht es auf einer rasanten<br />
Fahrt über die Milchstraße und weiter<br />
durch den Sternenhimmel. Und<br />
wo findet die Zwischenlandung statt,<br />
bevor das Abenteuer mit der Mondkanone<br />
beginnt? Auf der Weihnachtswiese,<br />
dort, wo all die Spielzeugeund<br />
Süßigkeiten wachsen, die<br />
am Heiligabend unter den geschmückten<br />
Bäumen liegen. Gerdt<br />
vonBassewitz’Märchen„Peterchens<br />
Mondfahrt“ hat über das Jahrhundert<br />
nichts von seiner Zauberkraft<br />
verloren. Und wopasste diese glitzernde<br />
Reise besser hin als in eine<br />
Sternwarte? Eben.<br />
Peterchens Mondfahrt Planetariumam<br />
Insulaner,Munsterdamm 90 (Schöneberg).<br />
Sa 14 Uhr,Eintritt 8, ermäßigt 6Euro. Ab 3Jahre