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CMS Stiftungsmagazin RADAR Nr. 6: Wie wohnen im Alter?

Dieses RADAR vermittelt Ihnen einen Überblick über Forschungsresultate zum Thema «Leben und Wohnen im Alter, lässt Expertinnen und Experten zu Wort kommen – und hat sechs ganz unterschiedliche Menschen aus drei Generationen zu ihren Vorstellungen befragt.

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Iglingerhof<br />

FAST WÄRE ER EINE<br />

KLEINSTADT GEWORDEN:<br />

DER IGLINGERHOF<br />

asa Der Iglingerhof bei Magden (AG) ist der älteste Landwirtschaftsbetrieb<br />

der Christoph Merian Stiftung (<strong>CMS</strong>).<br />

Den Pachthof umgibt eine vielfältige Hügellandschaft<br />

mit <strong>Wie</strong>sen, Weiden, Hochstamm-Obstbäumen, Hecken,<br />

Ackerland und Wald. Ebenso vielfältig ist die Betriebsform:<br />

Die Pächterfamilie hält Milchvieh, Mastvieh und Pferde und<br />

betreibt Ackerbau. Seit genau hundert Jahren ist der Iglingerhof<br />

<strong>im</strong> Besitz der <strong>CMS</strong>.<br />

Der gekaufte Gaul<br />

Ein Pferd, «das mager auf den Markt kommt, aber gesund, recht gebaut<br />

und in guten Jahren ist» – so landwirtschaftlich st<strong>im</strong>mig empfiehlt 1918<br />

ein Gutachten der Christoph Merian Stiftung den Iglingerhof. Zum Hof,<br />

wo noch Petroleumlampen Licht spenden, gehören damals verschlafene<br />

66 Hektaren. Die <strong>CMS</strong> will aber genau solche Bauernhöfe kaufen. Sie ahnt,<br />

dass ihr stadtnaher Landwirtschaftsbesitz früher oder später vom stetig<br />

wachsenden Basel übernommen wird. Am 20. September 1918 wird der<br />

Kauf des Iglingerhofs besiegelt, und ein Pächter übern<strong>im</strong>mt den Betrieb.<br />

Die Anfangszeit ist nicht einfach. Der Präsident der Stiftungskommission<br />

will nicht froh werden, als er in der Stiftungsgeschichte von 1936<br />

über den Ankauf des Iglingerhofs schreibt. Der Betrieb rentiert nicht,<br />

der Pachtzins ist sogar gesunken. Der Ärger über den Besitz des Iglingerhofs<br />

quillt aus jeder seiner Zeilen. Man liest Worte wie «ungünstiger<br />

Zeitpunkt», «übersetzte Preise», «Zweifel an der Zweckmässigkeit»,<br />

«erschwerte Aufsicht», «nicht <strong>im</strong> besten Zustande» und schliesslich das<br />

Totschlagargument für jeden Bauernhof: «ganz ungenügende Wasserversorgung».<br />

Wahrscheinlich denkt er sich, dass man 1918 das Pferd doch<br />

gründlicher hätte anschauen sollen. Und dennoch: Andere Stiftungshöfe,<br />

die nach der vorletzten Jahrhundertwende angekauft wurden und näher<br />

bei der Stadt lagen, wurden meist industriell erschlossen und gingen allesamt<br />

der Landwirtschaft verloren. Der Iglingerhof hat gut überlebt, und<br />

sein Umfang ist heute etwa der gleiche wie vor hundert Jahren. Es hätte<br />

aber auch anders kommen können.<br />

Satellitenabsturz in Iglingen<br />

Die 1960er-Jahre sind die Zeit von Hochkonjunktur und Babyboom, die<br />

Zukunft erscheint <strong>im</strong> hellsten Licht. Nun werden Idealsiedlungen für<br />

mehrere Tausend Bewohnerinnen und Bewohner auf der grünen <strong>Wie</strong>se<br />

geplant. Die Basler Chemie gründet 1962 die ‹AG für Wohnbauplanung<br />

der Industrie› mit dem Ziel, das Fricktal für ihre Angestellten zu erschliessen.<br />

Der Gemeindeplaner von Magden sieht seine Chance gekommen.<br />

Zusammen mit dem Geographischen Institut der Universität Basel und<br />

der <strong>CMS</strong> studiert er 1963/64 die Möglichkeit einer Satellitenstadt auf dem<br />

Boden, auf dem auch der Iglingerhof steht. Die Studien sind gigantisch.<br />

Sie rechnen mit 2’250, 3’000 und mindestens (!) 5’000 Menschen. Die<br />

aargauische Kantonsverwaltung hält das alles aber für ein «reines Spekulationsobjekt»<br />

und verweigert jegliche Unterstützung. Die Iglinger<br />

Visionäre schaffen es nicht, die zuständigen Stellen aus deren, wie sie<br />

meinen, Schlaf zu rütteln. Der Satellit Iglingen wird gegroundet, die<br />

stadtplanerischen Visionen für das Fricktal werden in der Liebrüti bei<br />

Kaiseraugst und <strong>im</strong> Augarten bei Rheinfelden Realität.<br />

Sankt Nikolaus bei der Scheune<br />

Wäre Iglingen zur Satellitenstadt geworden, hätte vom Hof nur sie überlebt:<br />

die merkwürdige spätgotische Kapelle. Heute ist sie der Abschluss<br />

einer Stallscheune, einst war sie der Chor einer 1860 abgebrannten Klosterkirche.<br />

Diese architektonische Kuriosität ist mindestens 500 Jahre alt,<br />

der Iglingerhof selbst entstand als alemannische Siedlung vor rund 1’500<br />

Jahren. Der Name Iglingen bedeutet vermutlich ‹Bei den Leuten des Igo›.<br />

Was für eine Siedlung Iglingen war, um wen es sich be<strong>im</strong> Germanen Igo<br />

handelte und was in den folgenden Jahrhunderten geschah, ist nicht<br />

bekannt. 1255 kauft das Kloster Olsberg die Siedlung, lässt dort den sehr<br />

beliebten Heiligen Nikolaus verehren und richtet eine klösterliche Niederlassung<br />

für Männer, ab 1465 eine für Frauen ein.<br />

Das religiöse Zusammenleben endet nach der Reformation <strong>im</strong> 16.<br />

Jahrhundert, der Bauernhof besteht aber weiter. Als die <strong>CMS</strong> das Anwesen<br />

erwirbt, ist die Kapelle ein baufälliger Geräteschuppen. 1945/46 finanziert<br />

die Stiftung die <strong>Wie</strong>derherstellung. Eines der erneuerten Kapellenfenster<br />

zeigt nun das Wappen der Familie Merian. Die Kapelle steht sowohl unter<br />

dem Schutz des Bundes als auch unter dem des Kantons Aargau, jener<br />

des H<strong>im</strong>mels scheint gegeben.<br />

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