CMS Stiftungsmagazin RADAR Nr. 6: Wie wohnen im Alter?

Dieses RADAR vermittelt Ihnen einen Überblick über Forschungsresultate zum Thema «Leben und Wohnen im Alter, lässt Expertinnen und Experten zu Wort kommen – und hat sechs ganz unterschiedliche Menschen aus drei Generationen zu ihren Vorstellungen befragt. Dieses RADAR vermittelt Ihnen einen Überblick über Forschungsresultate zum Thema «Leben und Wohnen im Alter, lässt Expertinnen und Experten zu Wort kommen – und hat sechs ganz unterschiedliche Menschen aus drei Generationen zu ihren Vorstellungen befragt.

christophmerianstiftung
von christophmerianstiftung Mehr von diesem Publisher
04.12.2018 Aufrufe

4seasons 4SEASONS EIN WERKSTATTBERICHT sen Dessertträume aus Gemüse, Kochen mit Eingemachtem. Oder doch lieber eine Pilzexkursion, ein Workshop zum Thema Food- Waste? Das Kursprogramm des Projektes ‹4seasons› liest sich verführerisch. Die Entscheidung fällt nicht leicht. Sofort schmecke ich süss-aromatische Gewürze auf der Zunge, sehe knackiges Gemüse vor meinem geistigen Auge, rieche den Duft von feuchtem Waldboden in der Nase. Ich entscheide mich für den dreistündigen Kochkurs zum Thema Essig. Kursort ist die Kochnische in der Basler Markthalle. An diesem Dienstagabend findet sich eine bunt gemischte Gruppe aus lernwilligen, begeisterungsfähigen Menschen unterschiedlichen Alters zusammen. Der Ort ist ansprechend, die Atmosphäre locker und unkompliziert. Sofort ergibt sich ein reger Austausch unter den Kursteilnehmenden. Um Essig selber herzustellen – so lernen wir – braucht es viel Zeit. Mehr Zeit, als wir im Kurs zur Verfügung haben. Ziel des Abends ist deshalb nicht die Herstellung von frischem Essig. Sondern wir veredeln jeweils in kleinen Gruppen gekauften Essig. Mit Gewürzen, Beeren oder Wurzeln – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Genau darum geht es den Initiantinnen von ‹4seasons›. Sie wollen bei den Teilnehmenden die Lust wecken, Neues auszuprobieren, mit altem Wissen zu experimentieren, gemeinsam zu kochen und sich schliesslich beim Verkosten am grossen Tisch darüber auszutauschen. Denn das Ziel des Projektes ist es, über neue Erfahrungen das Bewusstsein für nachhaltige Ernährung zu schärfen. Umweltschonende Ernährung muss – allen Vorurteilen zum Trotz – nicht teuer sein. Im Gegenteil: Der Verein 4seasons bietet gezielt Kochkurse, Exkursionen und Workshops für Menschen mit kleinem Budget an. Denn für eine gesunde und nachhaltige Ernährung braucht es kein dickes Portemonnaie, sondern vielmehr gute Kenntnisse über Lebensmittel, wie sie produziert werden und wo sie in der Region beschafft werden können. Kochpraxis ist natürlich von Vorteil. Gemeinsam mit den Teilnehmenden gehen die Kursleitenden von ‹4seasons› in kurzweiligen und lebhaften Kursen der Frage nach, wie sich die Ausgaben für Lebensmittel niedrig halten lassen. Gleichzeitig wird gelernt, saisongerecht und gesund zu kochen, ohne dabei Lebensmittel zu verschwenden. Lebensmittelproduzentinnen und -produzenten erklären in Workshops und auf Exkursionen die Herstellungsbedingungen von Nahrungsmitteln. Fachleute vermitteln Wissen über ökologische Zusammenhänge und die Auswirkungen des eigenen Konsumverhaltens auf die Umwelt. Interessierte begegnen sich in Gärten und an Küchentischen zum Austausch. Die Veranstaltungen von ‹4seasons› rund um gesunde und nachhaltige Ernährung für Menschen mit wenig Geld – oder auch mit mehr Geld – sind im Raum Basel einzigartig. Durch die Zusammenarbeit mit den lokalen sozialen Organisationen wird ein ansprechendes Angebot erarbeitet, das nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch den Wissensaustausch fördert. Das Projekt, von der CMS mit jährlich CHF 18’000 in den Jahren 2018 bis 2020 gefördert, zeigt auf, dass eine nachhaltige Lebensweise nicht vom Einkommen abhängig ist. Es macht Lust aufs Entdecken. Mir hat es auf jeden Fall den Ärmel reingezogen. Zusammen mit den anderen Kursteilnehmenden fülle ich meinen mit Himbeeren und Ingwer veredelten Essig in schöne Glasflaschen ab. Die beiden Kursleiterinnen haben aus einem Fair-Teiler Salat, Gemüse und Nüsse mitgebracht. Zusammen mit selbst gebackenem Brot können wir nun unseren Essig degustieren. Gemeinsam an einem langen Tisch, in regem Austausch über die gemachten Erfahrungen, fällt es den Teilnehmenden schwer, die gemütliche Runde am Schluss des Abends wieder zu verlassen. www.4seasons-basel.ch 14

Iglingerhof FAST WÄRE ER EINE KLEINSTADT GEWORDEN: DER IGLINGERHOF asa Der Iglingerhof bei Magden (AG) ist der älteste Landwirtschaftsbetrieb der Christoph Merian Stiftung (CMS). Den Pachthof umgibt eine vielfältige Hügellandschaft mit Wiesen, Weiden, Hochstamm-Obstbäumen, Hecken, Ackerland und Wald. Ebenso vielfältig ist die Betriebsform: Die Pächterfamilie hält Milchvieh, Mastvieh und Pferde und betreibt Ackerbau. Seit genau hundert Jahren ist der Iglingerhof im Besitz der CMS. Der gekaufte Gaul Ein Pferd, «das mager auf den Markt kommt, aber gesund, recht gebaut und in guten Jahren ist» – so landwirtschaftlich stimmig empfiehlt 1918 ein Gutachten der Christoph Merian Stiftung den Iglingerhof. Zum Hof, wo noch Petroleumlampen Licht spenden, gehören damals verschlafene 66 Hektaren. Die CMS will aber genau solche Bauernhöfe kaufen. Sie ahnt, dass ihr stadtnaher Landwirtschaftsbesitz früher oder später vom stetig wachsenden Basel übernommen wird. Am 20. September 1918 wird der Kauf des Iglingerhofs besiegelt, und ein Pächter übernimmt den Betrieb. Die Anfangszeit ist nicht einfach. Der Präsident der Stiftungskommission will nicht froh werden, als er in der Stiftungsgeschichte von 1936 über den Ankauf des Iglingerhofs schreibt. Der Betrieb rentiert nicht, der Pachtzins ist sogar gesunken. Der Ärger über den Besitz des Iglingerhofs quillt aus jeder seiner Zeilen. Man liest Worte wie «ungünstiger Zeitpunkt», «übersetzte Preise», «Zweifel an der Zweckmässigkeit», «erschwerte Aufsicht», «nicht im besten Zustande» und schliesslich das Totschlagargument für jeden Bauernhof: «ganz ungenügende Wasserversorgung». Wahrscheinlich denkt er sich, dass man 1918 das Pferd doch gründlicher hätte anschauen sollen. Und dennoch: Andere Stiftungshöfe, die nach der vorletzten Jahrhundertwende angekauft wurden und näher bei der Stadt lagen, wurden meist industriell erschlossen und gingen allesamt der Landwirtschaft verloren. Der Iglingerhof hat gut überlebt, und sein Umfang ist heute etwa der gleiche wie vor hundert Jahren. Es hätte aber auch anders kommen können. Satellitenabsturz in Iglingen Die 1960er-Jahre sind die Zeit von Hochkonjunktur und Babyboom, die Zukunft erscheint im hellsten Licht. Nun werden Idealsiedlungen für mehrere Tausend Bewohnerinnen und Bewohner auf der grünen Wiese geplant. Die Basler Chemie gründet 1962 die ‹AG für Wohnbauplanung der Industrie› mit dem Ziel, das Fricktal für ihre Angestellten zu erschliessen. Der Gemeindeplaner von Magden sieht seine Chance gekommen. Zusammen mit dem Geographischen Institut der Universität Basel und der CMS studiert er 1963/64 die Möglichkeit einer Satellitenstadt auf dem Boden, auf dem auch der Iglingerhof steht. Die Studien sind gigantisch. Sie rechnen mit 2’250, 3’000 und mindestens (!) 5’000 Menschen. Die aargauische Kantonsverwaltung hält das alles aber für ein «reines Spekulationsobjekt» und verweigert jegliche Unterstützung. Die Iglinger Visionäre schaffen es nicht, die zuständigen Stellen aus deren, wie sie meinen, Schlaf zu rütteln. Der Satellit Iglingen wird gegroundet, die stadtplanerischen Visionen für das Fricktal werden in der Liebrüti bei Kaiseraugst und im Augarten bei Rheinfelden Realität. Sankt Nikolaus bei der Scheune Wäre Iglingen zur Satellitenstadt geworden, hätte vom Hof nur sie überlebt: die merkwürdige spätgotische Kapelle. Heute ist sie der Abschluss einer Stallscheune, einst war sie der Chor einer 1860 abgebrannten Klosterkirche. Diese architektonische Kuriosität ist mindestens 500 Jahre alt, der Iglingerhof selbst entstand als alemannische Siedlung vor rund 1’500 Jahren. Der Name Iglingen bedeutet vermutlich ‹Bei den Leuten des Igo›. Was für eine Siedlung Iglingen war, um wen es sich beim Germanen Igo handelte und was in den folgenden Jahrhunderten geschah, ist nicht bekannt. 1255 kauft das Kloster Olsberg die Siedlung, lässt dort den sehr beliebten Heiligen Nikolaus verehren und richtet eine klösterliche Niederlassung für Männer, ab 1465 eine für Frauen ein. Das religiöse Zusammenleben endet nach der Reformation im 16. Jahrhundert, der Bauernhof besteht aber weiter. Als die CMS das Anwesen erwirbt, ist die Kapelle ein baufälliger Geräteschuppen. 1945/46 finanziert die Stiftung die Wiederherstellung. Eines der erneuerten Kapellenfenster zeigt nun das Wappen der Familie Merian. Die Kapelle steht sowohl unter dem Schutz des Bundes als auch unter dem des Kantons Aargau, jener des Himmels scheint gegeben. 15

4seasons<br />

4SEASONS<br />

EIN WERKSTATTBERICHT<br />

sen Dessertträume aus Gemüse, Kochen mit Eingemachtem. Oder<br />

doch lieber eine Pilzexkursion, ein Workshop zum Thema Food-<br />

Waste? Das Kursprogramm des Projektes ‹4seasons› liest sich verführerisch.<br />

Die Entscheidung fällt nicht leicht. Sofort schmecke<br />

ich süss-aromatische Gewürze auf der Zunge, sehe knackiges<br />

Gemüse vor meinem geistigen Auge, rieche den Duft von feuchtem<br />

Waldboden in der Nase.<br />

Ich entscheide mich für den dreistündigen Kochkurs zum Thema Essig. Kursort ist<br />

die Kochnische in der Basler Markthalle. An diesem Dienstagabend findet sich eine<br />

bunt gemischte Gruppe aus lernwilligen, begeisterungsfähigen Menschen unterschiedlichen<br />

<strong>Alter</strong>s zusammen. Der Ort ist ansprechend, die Atmosphäre locker und<br />

unkompliziert. Sofort ergibt sich ein reger Austausch unter den Kursteilnehmenden.<br />

Um Essig selber herzustellen – so lernen wir – braucht es viel Zeit. Mehr Zeit, als wir<br />

<strong>im</strong> Kurs zur Verfügung haben. Ziel des Abends ist deshalb nicht die Herstellung von<br />

frischem Essig. Sondern wir veredeln jeweils in kleinen Gruppen gekauften Essig.<br />

Mit Gewürzen, Beeren oder Wurzeln – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.<br />

Genau darum geht es den Initiantinnen von ‹4seasons›. Sie wollen bei den<br />

Teilnehmenden die Lust wecken, Neues auszuprobieren, mit altem Wissen zu exper<strong>im</strong>entieren,<br />

gemeinsam zu kochen und sich schliesslich be<strong>im</strong> Verkosten am grossen<br />

Tisch darüber auszutauschen. Denn das Ziel des Projektes ist es, über neue<br />

Erfahrungen das Bewusstsein für nachhaltige Ernährung zu schärfen. Umweltschonende<br />

Ernährung muss – allen Vorurteilen zum Trotz – nicht teuer sein. Im<br />

Gegenteil: Der Verein 4seasons bietet gezielt Kochkurse, Exkursionen und Workshops<br />

für Menschen mit kleinem Budget an. Denn für eine gesunde und nachhaltige<br />

Ernährung braucht es kein dickes Portemonnaie, sondern vielmehr gute Kenntnisse<br />

über Lebensmittel, wie sie produziert werden und wo sie in der Region beschafft<br />

werden können. Kochpraxis ist natürlich von Vorteil.<br />

Gemeinsam mit den Teilnehmenden gehen die Kursleitenden von ‹4seasons› in<br />

kurzweiligen und lebhaften Kursen der Frage nach, wie sich die Ausgaben für<br />

Lebensmittel niedrig halten lassen. Gleichzeitig wird gelernt, saisongerecht und<br />

gesund zu kochen, ohne dabei Lebensmittel zu verschwenden. Lebensmittelproduzentinnen<br />

und -produzenten erklären in Workshops und auf Exkursionen die<br />

Herstellungsbedingungen von Nahrungsmitteln. Fachleute vermitteln Wissen über<br />

ökologische Zusammenhänge und die Auswirkungen des eigenen Konsumverhaltens<br />

auf die Umwelt. Interessierte begegnen sich in Gärten und an Küchentischen<br />

zum Austausch.<br />

Die Veranstaltungen von ‹4seasons› rund um gesunde und nachhaltige Ernährung<br />

für Menschen mit wenig Geld – oder auch mit mehr Geld – sind <strong>im</strong> Raum Basel<br />

einzigartig. Durch die Zusammenarbeit mit den lokalen sozialen Organisationen<br />

wird ein ansprechendes Angebot erarbeitet, das nicht nur Wissen vermittelt, sondern<br />

auch den Wissensaustausch fördert. Das Projekt, von der <strong>CMS</strong> mit jährlich<br />

CHF 18’000 in den Jahren 2018 bis 2020 gefördert, zeigt auf, dass eine nachhaltige<br />

Lebensweise nicht vom Einkommen abhängig ist. Es macht Lust aufs Entdecken.<br />

Mir hat es auf jeden Fall den Ärmel reingezogen. Zusammen mit den anderen<br />

Kursteilnehmenden fülle ich meinen mit H<strong>im</strong>beeren und Ingwer veredelten Essig<br />

in schöne Glasflaschen ab. Die beiden Kursleiterinnen haben aus einem Fair-Teiler<br />

Salat, Gemüse und Nüsse mitgebracht. Zusammen mit selbst gebackenem Brot<br />

können wir nun unseren Essig degustieren. Gemeinsam an einem langen Tisch, in<br />

regem Austausch über die gemachten Erfahrungen, fällt es den Teilnehmenden<br />

schwer, die gemütliche Runde am Schluss des Abends wieder zu verlassen.<br />

www.4seasons-basel.ch<br />

14

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!