Waldsiedlung Wildpark-West - Ausgabe Herbst2018
Heimatzeitschrift Waldsiedlung Wildpark-West, Ausgabe Herbst 2018
Heimatzeitschrift Waldsiedlung Wildpark-West, Ausgabe Herbst 2018
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Hallo Nachbarn!<br />
Einige von Ihnen werden jetzt überrascht sein:<br />
Eine eigene Familienzeitung nur für <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>?<br />
Wir müssen zugeben, auch wir<br />
hätten es nicht für möglich und auch<br />
nicht für nötig gehalten, dass es einmal<br />
so etwas gibt. Ein von Bürgern<br />
für Bürger gemachtes identitätsstiftendes<br />
Blatt.<br />
Andere wiederum werden sagen:<br />
Es ist höchste Zeit, dass wir mal etwas<br />
Eigenes haben. Eine Zeitschrift<br />
für die ganze Familie, mit Beiträgen,<br />
die uns <strong>Wildpark</strong>er betreffen, ob jung<br />
oder alt, eingesessene oder zugezogene.<br />
Beiträge, die schön und die<br />
ehrlich, die unterhaltsam, informativ,<br />
aber auch kritisch sind. Beiträge,<br />
die kein Blatt vor den Mund nehmen,<br />
wenn es ums Gemeinwohl geht und<br />
eine Zeitschrift, die auch andere Meinungen<br />
als die eigenen gelten lässt<br />
und diese auch abdruckt. Eine Zeitschrift<br />
eben für uns.<br />
Was dürfen Sie erwarten? Nichts.<br />
Denn alle, die an der Erstausgabe<br />
der Zeitschrift mitwirkten, taten dies<br />
ehrenamtlich. Keine Honorare, keine<br />
Zuschüsse. Nur etwas Engagement<br />
und die Leidenschaft Gutes zu bewirken.<br />
Wenn man nur will, kann man<br />
wirklich Berge versetzen. Der Blick<br />
eines jeden von uns auf ein Problem<br />
ist umso schärfer, je mehr er selbst<br />
davon betroffen ist!<br />
Doch wo viele Leute mitwirken,<br />
gibt es außer viel Fachverstand natürlich<br />
auch viele Meinungen. Deshalb<br />
hat jede Rubrik ihren Experten.<br />
Jemand, der auf seinem Gebiet Sachverstand,<br />
Erfahrung oder – im Idealfall<br />
– beides davon hat …<br />
Also nur Mut, jede Idee und jeder<br />
spitze Bleistift ist willkommen.<br />
Liebe Geltower, Fercher und Caputher!<br />
Liebe Werderaner und Randpotsdamer!<br />
Auch für Sie ist diese Zeitschrift<br />
gemacht. In ihr erfahren Sie Wissenswertes<br />
über unsere kleine, vor den<br />
Toren Potsdams gelegene idyllische<br />
<strong>Waldsiedlung</strong> und ihre wunderschöne<br />
Umgebung. Lohnt sich ein Ausflug<br />
am Wochenende mit den Rädern<br />
hierher? Gibt es hier denn was zu erleben,<br />
außer ein paar alten Kiefern,<br />
viel Wasser und der wirklichen Ruhe<br />
eines staatlich anerkannten Erholungsortes?<br />
Seien Sie neugierig,<br />
wir sind es auch.<br />
ULLRICH TIETZE & CARSTEN SICORA<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 3
12 AUF DURCHREISE<br />
Rote Gaukler unter Eichen<br />
16 PORTRÄT<br />
Ein kleines Paradies<br />
20 PORTRÄT<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />
mein <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
24 REPORTAGE<br />
Das Geschäft mit der Angst<br />
38 KOMMENTAR<br />
Tickende Zeitbombe?<br />
38 REPORTAGE<br />
Birkengrund ohne Birken?<br />
42 REPORTAGE<br />
Pack die Badehose ein<br />
46 KOMMENTAR<br />
Das geht uns alle an<br />
48 DAS BESONDERE BILD<br />
Ereignis Blutmond<br />
58 REPORTAGE<br />
Manches lässt einen<br />
nachdenklich zurück<br />
64 WIESE GALLIN<br />
Historische Alleen in<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> Teil 1<br />
76 WIESE GALLIN<br />
Die Siedlung brennt<br />
80 ESSAY<br />
Es rauscht im Blätterwald<br />
INH<br />
8 PORTRÄT<br />
„Tu was, dann wird dir besser“<br />
Ein Leben für die Jugend<br />
Professor Dr. Lothar Klingberg war nicht nur Lehrer<br />
und Erziehungswissenschaftler, er war vor allem<br />
Humanist und Didaktiker.<br />
32 REPORTAGE<br />
Trinkwasser aus dem Schmutzgebiet<br />
Seit nunmehr sechs Jahren bemüht sich eine<br />
kleine Gruppe engagierter Einwohner ein<br />
örtliches Problem zu lösen, das große<br />
Schäden verursachen kann.<br />
50<br />
10 + 1 FRAGE<br />
FÜR DIE ZUKUNFT<br />
Kerstin Hoppe und<br />
Michael Holstein<br />
stellen sich der Wahl<br />
Bald ist Bürgermeisterwahl in der<br />
Gemeinde Schwielowsee:<br />
Wer ist die beste Wahl?
72<br />
ALT<br />
WIESE GALLIN<br />
Lauter Obstbäume<br />
und viele Kinder<br />
Das Schulhaus am Anger war eigentlich nur<br />
ein kleines Holzhaus, welches 1947 einem<br />
Brand zum Opfer gefallen ist. Ein historischer<br />
Bericht über den Schulweg nach Geltow.<br />
84 ARCHITEKTUR<br />
Doppelt schön<br />
und alemannisch<br />
Kommt man von Potsdam aus über<br />
den Fuchsweg in den Ort, fällt einem<br />
rechter Hand ein süddeutsch<br />
anmutendes Haus in den Blick.<br />
Und es gibt noch ein zweites davon ...<br />
92 REPORTAGE<br />
Bootswerft mit Tradition<br />
Vor 92 Jahren entstand der Werftbetrieb auf dem Gallin,<br />
dem heutigen <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Die Bootswerft Görrissen<br />
besteht länger als die Siedlung selber.<br />
96 REPORTAGE<br />
Fledermäuse in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
100 FABELHAFT<br />
Welch hartes Fuchsleben<br />
102 GARTENFREUND<br />
Der muss sich durchsetzen,<br />
er sucht das Licht<br />
106 GARTENFREUND<br />
Gemüsegarten auf dem Dach?<br />
108 GARTENFREUND<br />
Pflanzen – Freunde fürs Leben<br />
110 SILVA HORTULANUS<br />
Hier wächst doch nüscht<br />
112 AUSGELÖFFELT<br />
Spiel mit wilden Früchten<br />
114 MEDICUS SILVAM<br />
Bewegt Euch, ... aber richtig!<br />
116 NATURFREUND<br />
Ein reiches Leben<br />
118 NACHGEDACHT<br />
Pfarrer Tobias Ziemann<br />
120 Zwischen den Buchdeckeln<br />
122 Rätselspaß<br />
124 Schachecke<br />
125 Impressum<br />
127 Leserbriefe und Kleinanzeigen<br />
130 EPILOG<br />
Auf ein Wort
Ein Leben für die Jugend: Professor Dr. Lothar Klingberg war nicht nur Lehrer und<br />
Erziehungswissenschaftler, er war vor allem Humanist und hat zudem der Nachwelt<br />
als bleibendes Vermächtnis sein wissenschaftliches Werk als Didaktiker hinterlassen<br />
„Tu was, dann wird dir besser“<br />
VON CARSTEN SICORA<br />
Foto: Murak<br />
Als sich am 17. Juli 1999 ein<br />
unüberschaubarer Trauerzug<br />
von der Geltower Dorfkirche<br />
zum unweit gelegenen<br />
Friedhof in Bewegung setzte,<br />
wussten nur wenige Einheimische,<br />
dass hier ein großer Gelehrter zu Grabe<br />
getragen wurde.<br />
Lothar Klingberg war nicht nur<br />
Lehrer und Erziehungswissenschaftler,<br />
wie es Prof. Dr. Ernst Cloer aus Hildesheim<br />
in seiner Trauerrede vor den<br />
vielen angereisten Wissenschaftlern<br />
betonte, er war vor allem Humanist<br />
und hat zudem der Nachwelt als<br />
bleibendes Vermächtnis sein wissenschaftliches<br />
Werk als Didaktiker hinterlassen.<br />
Fast ein Dutzend Bücher schrieb<br />
der schon zu Lebzeiten berühmte<br />
Wissenschaftler, wobei sein Hauptwerk<br />
„Dialektische Didaktik“ in viele<br />
Sprachen, so u.a. ins Japanische<br />
übersetzt wurde. Ungezählt sind<br />
seine Veröffentlichungen zu verschiedenen<br />
Themen der Pädagogik.<br />
Das brachte ihm zu DDR-Zeiten zwar<br />
keine Reichtümer, dafür aber manch<br />
Nachfrage und auch gewisse berufliche<br />
Freiheiten ein.<br />
Große Achtung der Fachwelt<br />
Prof. Klingberg hat sich intensiv<br />
mit dem Widerspruch von Führung<br />
und Selbstständigkeit im Unterrichtsprozess<br />
auseinandergesetzt.<br />
Die „Wahrnehmung des dialektischen<br />
Verhältnisses von Lehrer und<br />
Schülertätigkeit in einem didaktisch<br />
Auf seinen Lehrsätzen<br />
basiert das moderne<br />
Bildungssystem<br />
inszenierten Vermittlungs- und Aneignungsprozess<br />
war seiner Meinung<br />
nach die Grundlage jeder dialektisch<br />
orientierten Didaktik“. Für ihn beruhte<br />
der dialektische Widerspruch zwischen<br />
Führung und Selbsttätigkeit<br />
auf der widersprüchlichen Einheit<br />
von Lehren und Lernen.<br />
Ein Widerspruch, der immer wieder<br />
aufs Neue gelöst werden muss.<br />
Diese heute immer noch anerkannte<br />
Meinung sowie seine Studie<br />
„Lernen, Lehren, Unterricht – Über<br />
den Eigensinn des Didaktischen“<br />
(1997) brachte ihm große Achtung in<br />
der Fachwelt ein. Auf seinen Lehrsätzen<br />
basiert das moderne Bildungssystem,<br />
ein System, das zum Ende<br />
der 1980er Jahre in Skandinavien<br />
übernommen und heute (wieder)entdeckt<br />
wird. Die Verbindung von Unterricht<br />
mit produktiver Arbeit nach<br />
dem Prinzip der polytechnischen<br />
Bildung und Erziehung hielt er für die<br />
größte Leistung des sozialistischen<br />
Bildungssystems. Dennoch setzte<br />
der überzeugte Marxist sich zum<br />
Ende seines Lebens kritisch mit der<br />
Schule in der DDR auseinander und<br />
stellte rückwirkend bedauernd fest,<br />
dass deren an sich positive Öffnung<br />
zu mehr Lebensnähe sehr in einen<br />
vordergründigen Gegenwartsbezug<br />
und in vorschnelle Bejahung des Politischen<br />
ausartete. In seinen Ansichten<br />
über die Kommunikationsformen<br />
des Unterrichtsprozesses sowie über<br />
den Einfluss der materiellen Basis der<br />
Schulraumgestaltung auf die didaktische<br />
Bewusstseinsförderung war er<br />
seiner Zeit weit voraus.<br />
Lothar Klingberg wurde am 11.Januar<br />
1926 in Rosenberg (Oberschlesien)<br />
geboren. Nach traumatischen<br />
Kriegserlebnissen, die ihn sein ganzes<br />
Leben begleiteten (er erlebte als<br />
junger Mann eine Scheinhinrichtung<br />
durch Partisanenverbände) studierte<br />
er nach 1945 in Leipzig Geschichte,<br />
Philosophie, Pädagogik und Musik<br />
unter anderen bei Hans Mayer und<br />
Ernst Bloch. Seine Dissertation zum<br />
Thema „Strukturprobleme der Unterrichtsstunde“<br />
verteidigte er 1956 an<br />
der „Karl-Marx-Universität“. 1965 ereilte<br />
ihn der Ruf auf den Lehrstuhl für<br />
Systematische Pädagogik und Allgemeine<br />
Didaktik an die Pädagogische<br />
Hochschule Potsdam.<br />
Zusammen mit seiner Frau Renate<br />
lebte Prof. Klingberg lange Jahre in<br />
der geräumigen Wohnung der Fasanerie<br />
Geschwister-Scholl-Straße im<br />
Park Sanssouci. Ein Ort, der offensichtlich<br />
nicht nur auf Pädagogen und<br />
Wissenschaftler inspirierend wirkt,<br />
denn auch der große Dirigent Wilhelm<br />
Furtwängler lebte lange Zeit,<br />
als er den Berliner Symphonikern vor-<br />
Die Stele auf dem Friedhof in<br />
Geltow erinnert noch heute an<br />
seine Berufung: „Er war Lehrer“<br />
Foto: Jim Kent<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 PORTRÄT 9
stand, in den historischen Mauern.<br />
In <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> besaß das Ehepaar<br />
Klingberg einen kleinen, damals ortstypischen<br />
Bungalow, in dem es Entspannung<br />
vom Alltag suchte oder er<br />
sich in der Ruhe der <strong>Waldsiedlung</strong><br />
seinen pädagogischen Studien widmen<br />
konnte. Die beiden Jungs Lars<br />
(Musikwissenschaftler) und Daniel<br />
(Physiker) wuchsen hier auf, wandten<br />
sich aber Mitte der achtziger Jahre<br />
von ihrer Heimat ab – ein Fakt, der<br />
dem Ehepaar sehr zu schaffen machte.<br />
Der Tod des großen Gelehrten<br />
kam überraschend: An einem wunderschönen<br />
Sommertag erlitt der<br />
73jährige einen Schlaganfall, von<br />
dem er sich nicht wieder erholen sollte.<br />
Drei Tage später, am 8. Juli 1999<br />
verstarb er.<br />
Seine Frau, die viele Jahre als<br />
Kunstlehrerin an der Potsdamer<br />
Volkshochschule lehrte, zog dann<br />
ganz in die <strong>Waldsiedlung</strong>, wo sie<br />
noch heute lebt.<br />
An seinem Grab auf dem Friedhof<br />
in Geltow erinnert noch heute die<br />
Stele aus italienischem Travertin an<br />
seine Berufung: „Er war Lehrer“.<br />
Lebensweisheit von Lothar Klingberg<br />
AUSWAHL SEINER WERKE<br />
„Lehre und Lernen –<br />
Inhalt und Methode“<br />
Carl-von-Ossietzky-<br />
Universität<br />
Oldenburg, 1995<br />
„Lehrende und<br />
Lernende im Unterricht“<br />
Verlag Volk und Wissen<br />
Berlin, 1990<br />
„Überlegungen zur Dialektik von Lehrer<br />
und Schülertätigkeit im Unterricht der<br />
sozialistischen Schule“ Pädagogische<br />
Hochschule „Karl Liebknecht“ Potsdam,<br />
1987<br />
„Zu Fragen der Unterrichtsmethode in<br />
der sozialistischen Schule unter besonderer<br />
Berücksichtigung der Abiturstufe“<br />
Pädagogische Hochschule „Karl Liebknecht“<br />
Potsdam, 1987<br />
„Problemy teorii<br />
obucenija“<br />
„Pedagogika“<br />
Moskva, 1984<br />
„Unterrichtsprozeß<br />
und didaktische<br />
Fragestellung“<br />
Verlag Volk und Wissen<br />
Berlin, 1982<br />
„Einführung in die<br />
allgemeine Didaktik“<br />
Verlag Volk und Wissen<br />
Berlin, 1972<br />
„Zu Erfahrungen und<br />
Problemen des Unterrichts<br />
in der Abiturstufe“<br />
Verlag Volk und Wissen<br />
Berlin, 1975<br />
„Abriß der allgemeinen<br />
Didaktik“<br />
Verlag Volk und Wissen<br />
Berlin, 1965<br />
Das wissenschaftliche Werk von Prof.<br />
Dr. Lothar Klingberg bewahrt heute<br />
das Archiv der Bibliothek für Bildungspolitische<br />
Forschung des Deutschen<br />
Instituts für Internationale Pädagogische<br />
Forschung in Berlin auf.<br />
KONTAKT<br />
Archivleiterin<br />
Dr. Bettina Irina Reimers<br />
Warschauer Str. 34–38, 10243 Berlin<br />
Telefon: 030 293360–2<br />
E-Mail: reimers@dipf.de<br />
Pädagogik: Erziehungswissenschaft<br />
Didaktik: Lehre vom Lehren<br />
und Lernen<br />
Dialektik: Erforschung der Wahrheit<br />
durch Aufweisung und Überwindung<br />
von Widersprüchen<br />
Humanismus: Denken und<br />
Handeln im Bewußtsein der<br />
Würde des Menschen<br />
Philosophie: Streben nach Erkenntnis<br />
des Zusammenhanges<br />
der Dinge in der Welt<br />
Die Zeitschrift „<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />
verlost zwei Exemplare<br />
von Prof. Dr. Lothar Klingbergs Werk<br />
„Unterrichtsprozeß und didaktische<br />
Fragestellung“.<br />
Beantworten Sie folgende Frage:<br />
Wie nannte man in der DDR das<br />
ab der 8. Schulklasse obligatorische<br />
Unterrichtsfach, in welchem<br />
die Jugendlichen durch das Erlernen<br />
von praktischen Fähigkeiten<br />
an einem Wochentag in die<br />
sozialistischen Produktionsverhältnisse<br />
eingeführt wurden?<br />
Schreiben sie an:<br />
redaktion@wildpark-west.de<br />
Einsendeschluss ist der<br />
31. Dezember 2018<br />
10 PORTRÄT WILDPARK WEST HERBST 2018
WILDPARK WEST HERBST 2018 11
12 AUF DURCHREISE WILDPARK WEST HERBST 2018
In seinen letzten Lebensjahren schlug Siegfried Singer sein Ferien-Domizil in<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> auf, hier fand er Inspiration und fühlte sich wohl. Er schrieb, zeichnete<br />
und ließ sich von der Natur und der Stille der Siedlung künstlerisch anregen<br />
Rote Gaukler unter Eichen<br />
VON JANA FELLENBERG<br />
Siegfried Singer sucht man<br />
vergeblich in den Weiten der<br />
digitalen Welt – und doch hat<br />
er Spuren hinterlassen. Spuren<br />
in Ton und auf Papier, die unverwechselbar<br />
seine Handschrift tragen.<br />
Und das kann man wirklich wörtlich<br />
nehmen; er hatte Hände, die von<br />
hartem Schaffen geformt nur schwer<br />
mit seinen Werken in Verbindung zu<br />
bringen sind, Arbeiterhände.<br />
Singer wurde am 12. März 1931<br />
zusammen mit seinem Zwillingsbruder<br />
Gerhard in Dresden geboren,<br />
besuchte dort ab 1937 die Volkshochschule<br />
und ab August 1942 die<br />
Oberschule. Er bezeichnete diese<br />
Zeit später selbst als sehr prägend, da<br />
er dort eine fachlich und künstlerisch<br />
exzellente Ausbildung erhielt, eine<br />
Ausbildung die in damaliger Zeit nur<br />
ausgewählten Knaben zukam. Seine<br />
Jugend schützte ihn vor der leidvollen<br />
Erfahrung, in den letzten Kriegstagen<br />
noch eingezogen zu werden;<br />
nicht jedoch davor, den Bombenhagel<br />
am 13. Februar 1945 auf die Elbestadt<br />
zu erleben. Siegfried, der außer<br />
seinem Zwillingsbruder noch eine<br />
Schwester und einen jüngeren Bruder<br />
hatte, war gerade mit ihnen und der<br />
Mutter von der Abendveranstaltung<br />
im Circus Sarasani unterwegs zurück<br />
in die Dürerstraße, als sie in die erste<br />
Bomberwelle gerieten. Wer die Berichte<br />
über diese Nacht gelesen hat<br />
weiß, was die Menschen dort erlitten.<br />
Die Singers überlebten, jedoch war<br />
die elterliche Wohnung inzwischen<br />
ausgebombt. Die Mutter flüchtete<br />
mit den vier Kindern zu Verwandten<br />
ins Sudetenland, dort wurden sie<br />
aber Ende Mai 1945 wieder ausgewiesen<br />
und kehrten in ihre zerstörte<br />
Heimatstadt zurück.<br />
Siegfried Singer beim Zeichnen an<br />
seinem Schreibtisch. Foto: Privat<br />
Die Schulen waren Trümmerhaufen,<br />
die Not war überall groß. Undenkbar<br />
die Oberschulausbildung in<br />
der begonnenen Form fortzusetzen,<br />
die Stadt musste wieder aufgebaut<br />
werden. Schon im Herbst erlernte<br />
er den Beruf eines Maurers und legte<br />
1948 die Gesellenprüfung ab. In<br />
dieser Zeit entdeckte er wohl seine<br />
künstlerische Ader, und probierte<br />
sich vor allem im Zeichnen. Mehrere<br />
Quellen berichten, dass Singer sich<br />
besonders für Bühnengestaltung interessierte<br />
– ein Traum, der aber erst<br />
einmal der Realität der Nachkriegszeit<br />
weichen musste. Gemeinsam<br />
mit einem vom FDGB zusammengestellten<br />
Jugendaktiv arbeitete er auf<br />
„Wanderschaft durch Mecklenburg“<br />
beim Bau von Neubauernhöfen (Befehl<br />
209) in Watzkendorf (1948), Flatow<br />
und Blankensee (1949), war auch<br />
bei der Errichtung der Werner-Seelenbinder-Halle<br />
in Berlin und dem<br />
Stahl- und Walzwerk Brandenburg<br />
dabei.<br />
Stetige Weiterentwicklung<br />
Wie man seinen schriftlichen Aufzeichnungen<br />
entnehmen kann, bedeutete<br />
ihm die Arbeit und auch die<br />
stetige Weiterentwicklung sehr viel.<br />
Auch wenn er anfangs wohl viel lieber<br />
Kunst studiert hätte, konnte er 1950<br />
ein Studium an der Baufachschule<br />
Brandenburg beginnen, welches<br />
er 1954 als Bauingenieur abschloss.<br />
Später lehrte er selbst in Glauchau<br />
Links: Selbstbildnis (1998)<br />
Rechts: Sein Feriendomizil,<br />
Haus im Fuchsweg 11a (1998)<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 AUF DURCHREISE 13
ÜBER DIE ARBEIT<br />
Ich hatte kürzlich einen Gast,<br />
sein Leben schien nur Jammer,<br />
Arbeit war ihm nur Qual und Last,<br />
täglich ein echter Hammer.<br />
Hat er wohl einmal schon bedacht<br />
wie`s ohne Arbeit wäre,<br />
wenn sich ganz plötzlich über Nacht<br />
alles einfach umkehre?<br />
Auf Arbeit schimpft man nur so lang,<br />
wie man noch welche hatte,<br />
erst dann erhält sie ihren Rang,<br />
steht täglich zur Debatte.<br />
Dann ist oft jedes Mittel recht,<br />
nur etwas tun! Nicht warten!<br />
Die Arbeit war gar nicht so schlecht,<br />
nun sitz` ich hier im Garten.<br />
Vergessen die Bequemlichkeit,<br />
erwachen ohne Wecker,<br />
am Frühstückstisch schon Heiterkeit,<br />
Brötchen ganz frisch vom Bäcker.<br />
und arbeitete seit Mitte der fünfziger<br />
Jahre bei der Wasserwirtschaft<br />
in seiner Geburtsstadt. Einem Abstecher<br />
nach Magdeburg, wo er Gastvorlesungen<br />
an der dortigen Ingenieurhochschule<br />
hielt, folgten zahlreiche<br />
fachliche Qualifikationen. Seit 1983<br />
arbeitete er im Forschungszentrum<br />
Wassertechnik der Elbestadt, leitete<br />
dort verschiedene Experimentalvorhaben<br />
und wurde 1989 Leiter Versuchswesen.<br />
Für viele seiner Altersgefährten<br />
kam nun mit der Wende<br />
das Aus, Singer jedoch fand berufliche<br />
Erfüllung in einem Baubüro für<br />
Planung und Bauleitung von Wasserversorgungsanlagen,<br />
noch lange<br />
über das Rentenalter hinaus! Leben<br />
bedeutete ihm immer auch Lernen.<br />
Deshalb freute es ihn besonders, als<br />
Harlekin<br />
roter Ton, um 1999<br />
Höhe 15 cm<br />
dies im reifen Alter von fast siebzig<br />
Jahren, auch Anerkennung in Form<br />
eines Diplom-Ingenieur (FH) fand.<br />
Spätphase seines Schaffens<br />
Erst in den 1990er Jahren besann<br />
er sich wieder auf seine „künstlerische<br />
Ader“, der Beginn der Spätphase<br />
seines Schaffens. Auf seinen<br />
vielen Reisen, die familiäre Situation<br />
erlaubte dies nun, fertigte er zahlreiche<br />
Aquarelle und Zeichnungen an.<br />
Zum Modellieren von Ton kam er<br />
zwar spät, hatte aber unglaubliches<br />
Geschick. Seine liebenswerten Figuren<br />
fertigte er zu Hause, ehe er sie<br />
– mit großem logistischen Aufwand<br />
und immer der Angst im Nacken, sie<br />
könnten beim Transport zerstört werden<br />
– mit nach <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> nahm.<br />
Gaukler mit Quetschkomode<br />
roter Ton, um 1999<br />
Höhe ca. 15 cm<br />
Mir hat die Arbeit Spaß gemacht,<br />
über die vielen Jahre,<br />
hat manch` Erkenntnis mir gebracht<br />
und nicht nur graue Haare.<br />
Nicht was der Mensch ist,<br />
was er tut – das bleibt<br />
ihm unverloren<br />
sein Eigentum, nur dieses Gut<br />
hat Achtung stets geboren.<br />
So sehe ich halt diese Welt,<br />
urteile und entscheide.<br />
Natürlich freute mich auch`s Geld!<br />
Sonst wär` ich nämlich pleite …<br />
Siegfried Singer, 1999<br />
14 AUF DURCHREISE WILDPARK WEST HERBST 2018
Dort wurden sie zweimal gebrannt<br />
und strahlen nun große Güte und<br />
menschliche Wärme aus.<br />
Sein Ferien-Domizil schlug er dabei<br />
immer in der historisch bedeutsamen<br />
Villa im Fuchsweg 11a auf, hier<br />
fand Singer Inspiration und fühlte<br />
sich wohl. Dem Haus und seiner Bewohnerin<br />
schuf er mit seiner Zeichnung<br />
eine bleibende Erinnerung.<br />
In der <strong>Waldsiedlung</strong> verbrachte<br />
er die letzten Sommer seines Lebens,<br />
schrieb, zeichnete und ließ sich von<br />
der Natur und der Stille des kleinen<br />
Ortes künstlerisch anregen. Regelmäßig<br />
unternahm er Spaziergänge,<br />
besuchte die Potsdamer Schlösser<br />
und Gärten oder fuhr ganz einfach<br />
mit dem Ruderboot auf der Havel. Im<br />
Winter 2001/2002 erkrankte Singer<br />
plötzlich und verstarb am 30. April<br />
2002 in Dresden. Sein Zwillingsbruder<br />
Gerhard sowie seine Tochter und<br />
sein Sohn leben noch heute in Dresden.<br />
Autorin Jana Fellenberg, 1967 in<br />
Potsdam geboren,<br />
Dipl. Informatikerin,<br />
verheiratet, lebt seit ihrer<br />
Kindheit in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
FAHRT UND ANKUNFT<br />
Die Seele baumelt so dahin,<br />
Musik ist mein Begleiter.<br />
Nur kurz ein Blick, wo ich wohl bin<br />
und weiter geht es, weiter.<br />
Der Weg, der überall markiert.<br />
Mein „Skoda“ kennt die Strecke.<br />
Das Ziel ward ihm ja „eingraviert“,<br />
vom Tor an Deiner Hecke.<br />
Ich bin nun fast an meinem Ziel,<br />
was wird mich wohl erwarten?<br />
Warum nur dies` Gedankenspiel?<br />
Wie stehen meine Karten?<br />
…<br />
Hexe<br />
roter Ton, um 1999<br />
Höhe 15 cm<br />
Laß den Gefühlen freien Lauf<br />
und auch dem Lauf der Worte.<br />
Ich freue mich doch schon so drauf!<br />
Weit öffne Deine Pforte!<br />
Steh ich dann wieder vor der Tür,<br />
schau in zwei liebe Augen.<br />
Was fühl ich da, was sag ich bloß?<br />
Fast will ich`s gar nicht glauben.<br />
Dann wird es laut, da wo mein Herz,<br />
dann jubelt meine Seele.<br />
Der Puls geht hoch auf hundert Hertz,<br />
ganz eng wird sie, die Kehle.<br />
…<br />
Ich trat ins Haus, zu ging die Tür.<br />
Schluß jetzt; nun kommen Pflichten.<br />
Kein Wort darüber ich verlier`,<br />
– jetzt hör ich auf zu dichten.<br />
Siegfried Singer, 1998<br />
Fotos: Jim Kent<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 AUF DURCHREISE 15
Seit 1956 ist Matthias Fannrich mit <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> verbunden. Keine Ferien,<br />
die er nicht bei seiner Großmutter verbracht hat. Heute engagiert er<br />
sich in der Kommunalpolitik und ist Gemeindevertreter.<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, mein <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
VON MATTHIAS FANNRICH<br />
Gemeinde Schwielowsee<br />
besteht aus den<br />
Ortsteilen Caputh, Ferch<br />
„Die<br />
und Geltow. Zum Ortsteil<br />
Geltow gehört der bewohnte Gemeindeteil<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.“<br />
So steht es in der Hauptsatzung<br />
unserer Gemeinde im §1 (2) vom<br />
24. Juni 2014. Das klingt natürlich<br />
sehr spröde. Viel besser trifft es eine<br />
Überschrift im Internetauftritt unserer<br />
Gemeinde die lautet: „Leben, wo<br />
andere Urlaub machen!“. Genau –<br />
Wassersport, Wandern, Laufen, Radfahren<br />
oder im Liegestuhl liegend<br />
die Natur genießen. Und um das alles<br />
genießen zu können müssen wir es<br />
auch bewahren, wir müssen pfleglich<br />
mit unserer Natur umgehen hier und<br />
überall.<br />
Als Carsten Sicora mir das Projekt<br />
dieser Heimatzeitschrift vorstellte,<br />
habe ich nicht schlecht gestaunt, was<br />
für Initiativen es alles gibt und gerne<br />
zugesagt, diesen Artikel zu schreiben<br />
– eine kommunalpolitische Sicht auf<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und unsere Gemeinde.<br />
Ein großer Vertrauensvorschuss<br />
Bei der letzten Kommunalwahl<br />
2014 habe ich mich für das Bürgerbündnis<br />
Schwielowsee aufstellen<br />
lassen und wurde in den Ortsbeirat<br />
und auch in die Gemeindevertretung<br />
gewählt. Ein großer Vertrauensvorschuss<br />
der Wähler, mit dem man nicht<br />
leichtfertig umgehen darf. Im Ortsbeirat<br />
von Geltow und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
sind wir neun gewählte Ortsbeiratsmitglieder<br />
und in der Gemeindevertretung<br />
für Schwielowsee sind wir 22<br />
gewählte Vertreter. Dazu kommen<br />
dann noch 22 sachkundige Einwohner<br />
ohne Stimmrecht, aber mit Sachverstand.<br />
Und wie sieht das kommunalpolitische<br />
Jahr in Schwielowsee<br />
aus? In fünf Sitzungsfolgen pro Jahr<br />
trifft sich erst der Ortsbeirat zur Anhörung,<br />
danach die vier Ausschüsse<br />
(KSA - Ausschuss für Kultur, Schulen,<br />
Soziales und Sport, IEA – Ausschuss<br />
für Infrastrukturentwicklung, FWA<br />
– Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft<br />
und der Hauptausschuss) und<br />
zum Schluss die Gemeindevertretung<br />
und hier wird entschieden. So kommen<br />
bei mir mindestens 20 Sitzungen<br />
zusammen mit den zusätzlichen<br />
Treffen zur Vor- und Nachbereitung,<br />
zur Abstimmung in der Fraktion und<br />
zur Information über die zu entscheidenden<br />
Themen. Und was sind die<br />
Zutaten für eine gute kommunalpolitische<br />
Arbeit? Sachkenntnis, Augenmaß,<br />
Umsicht, Zukunftsvision und<br />
Verantwortungsbewusstsein, aber<br />
auch Beharrlichkeit, Geduld und natürlich<br />
ein offenes Ohr für jeden der<br />
das Gespräch sucht.<br />
„Leben,<br />
wo andere<br />
Urlaub machen!“<br />
Matthias Fannrich<br />
In unserer Kommunalpolitik in<br />
der Gemeinde Schwielowsee werden<br />
natürlich auch alle Entscheidungen<br />
über Mehrheiten erreicht und die<br />
bilden sich sehr unterschiedlich und<br />
über Fraktionen hinaus. Im Gegensatz<br />
zur großen Politik haben wir<br />
keine Bühne auf der wir lautstark<br />
und wortgewaltig uns in Szene setzen<br />
müssen, sondern wir können mit<br />
angemessenem Ton diskutieren und<br />
dann die Entscheidungen treffen, die<br />
bei manchen Themen nicht im Sinne<br />
aller Bürger unserer Gemeinde sind.<br />
Tagesordnungspunkt<br />
Bürgeranfragen<br />
Eine bewährte und sinnvolle Einrichtung<br />
ist der in fast allen öffentlichen<br />
Sitzungen stattfindende Tagesordnungspunkt<br />
Bürgeranfragen, bei<br />
dem zu den Tagesordnungspunkten<br />
das zum Ausdruck gebracht werden<br />
kann, was die Betroffenen umtreibt.<br />
Wenn dieses Betroffen sein organisiert<br />
wird, können Bürgerinitiativen<br />
entstehen, die eine starke Stimme<br />
haben und mit Engagement ihr Interesse<br />
und Ziel zum Ausdruck bringen.<br />
Für das Neue Forum in<br />
die Gemeindevertretung<br />
Am 6. Mai 1990 wurde ich bei der<br />
ersten freien Kommunalwahl in der<br />
DDR für das Neue Forum in die Gemeindevertretung<br />
von Geltow und<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> gewählt. Albrecht<br />
Herrmann war der Bürgermeister und<br />
wir haben gemeinsam schnell lernen<br />
müssen, wie Demokratie funktioniert<br />
und in welcher Reihenfolge was anzupacken<br />
ist. Da war der Umbau der<br />
Gemeindeverwaltung, die Klärung<br />
von Eigentumsfragen, die Schaffung<br />
einer Infrastruktur z.B. für das Abwasser<br />
und Gas, ein Flurordnungsverfahren,<br />
der Flächennutzungsplan und<br />
eine Gestaltungssatzung für unseren<br />
Ort. Aber auch ganz banale Tagesprobleme<br />
waren zu behandeln, was wird<br />
zum Beispiel aus dem Fährbetrieb<br />
nach Werder Inselstadt.<br />
2002, nach zwei weiteren Legislaturperioden<br />
in denen dann Horst Geßwein<br />
der Bürgermeister war, zog ich<br />
mich aus der kommunalpolitischen<br />
Arbeit zurück. Am 1. Januar 2003<br />
wurde die Gemeinde Schwielowsee<br />
aus den drei Gemeinden Geltow,<br />
Caputh und Ferch gebildet.<br />
Seit 1956 bin ich mit <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
verbunden. Keine Ferien,<br />
Foto: Privat<br />
16 PORTRÄT WILDPARK WEST HERBST 2018
Matthias Fannrich wohnt in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
und ist leidenschaftlicher Radfahrer
„Für Wunder muss man beten,<br />
für Veränderung muss man arbeiten.“<br />
Matthias Fannrich<br />
die ich nicht bei meiner Großmutter<br />
Luise Silwedel verbracht habe und<br />
fast jedes Wochenende auf dem elterlichen<br />
Wochenendgrundstück.<br />
Hier habe ich dann 1982 zusammen<br />
mit meiner Frau Annette ein Haus gebaut<br />
und eine Familie gegründet und<br />
hier sind unsere drei Kinder Theresa,<br />
Justus und Johanna groß geworden.<br />
In <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> sind wir zu Hause.<br />
Ein sibirisches Sprichwort sagt:<br />
„Nicht wo du die Bäume kennst, wo<br />
die Bäume dich kennen, ist deine<br />
Heimat.“ Viele Wohnhäuser sind in<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> entstanden und werden<br />
auch zukünftig entstehen. Da<br />
steht der eine oder andere Baum im<br />
Weg und muss fallen. Unser aller Interesse<br />
und die Pflicht jeder Familie,<br />
jedes Einwohners muss es sein Ersatz<br />
zu schaffen, junge Bäume zu pflanzen<br />
und zu pflegen und so <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
als <strong>Waldsiedlung</strong> in der Gemeinde<br />
Schwielowsee zu bewahren.<br />
Weder reibungslos<br />
noch geräuschfrei<br />
Das was in der Kommunalpolitik<br />
entschieden wird muss die Verwaltung<br />
der Gemeinde umsetzen. Neben<br />
allen Pflichtaufgaben sind auch viele<br />
freiwillige Leistungen zu erledigen.<br />
Eine kleine Aufzählung soll die Themenvielfalt<br />
verdeutlichen: Schulen<br />
und Kindereinrichtungen und die Betreuung<br />
der Kinder in allen fünf Einrichtungen,<br />
Feuerwehr mit den drei<br />
Wehrstandorten, bauliche Entwicklung<br />
über den Flächennutzungsplan<br />
und Baupläne, Entwicklung von Gewerbestandorten,<br />
Vereinsleben und<br />
Senioren in unserer Gemeinde, Kultur<br />
und Tourismus und Straßenbau, Straßeninstandsetzung,<br />
Schulwegsicherung<br />
und Beleuchtung und noch vieles<br />
mehr. Die Zusammenarbeit von<br />
Kommunalpolitik und Verwaltung ist<br />
weder reibungslos noch geräuschfrei.<br />
Der Kontakt zu den einzelnen Verwaltungsmitarbeitern<br />
ist problemlos<br />
und der Umgang miteinander ist sehr<br />
gut und freundlich. Es ist der Weg von<br />
der politischen Entscheidung bis zur<br />
Erledigung aller damit im Zusammenhang<br />
stehenden Aufgaben der steinig<br />
ist und auf dem wir uns gemeinsam<br />
die eine oder andere Brüsche geholt<br />
haben, holen werden und wo auch<br />
Fehler gemacht werden. Fehler sind<br />
verzeihlich, ihre Wiederholung nicht.<br />
Information, Transparenz und Offenheit<br />
müssen bei diesem Miteinander<br />
von Politik und Verwaltung besser<br />
praktiziert werden.<br />
Wir sind ein Gemeinwesen<br />
Mit meiner Wahl zum Gemeindevertreter<br />
wurde mir durch die anderen<br />
gewählten Gemeindevertreter die<br />
Aufgabe übertragen, im Ausschuss<br />
für Finanzen und Wirtschaft den Vorsitz<br />
zu übernehmen. Hier bereiten<br />
sieben Gemeindevertreter und sieben<br />
sachkundige Einwohner gemeinsam<br />
mit der Fachbereichsleiterin Frau<br />
Lietz alle finanziellen Entscheidungen<br />
für die Gemeindevertretung vor.<br />
An erster Stelle ist das der Jahreshaushalt.<br />
2018 stehen uns ca. 22 Millionen<br />
Euro zur Verfügung, mit denen<br />
sorgsam umzugehen ist. Das klingt<br />
zwar viel, ist aber für die Erfüllung<br />
aller Aufgaben sehr wenig. Fördermittel<br />
werden bei vielen Aufgaben<br />
dringend gebraucht und auch Anliegerbeiträge<br />
müssen erhoben werden<br />
wo umlagefähige Bauten entstanden<br />
sind. Besonders wichtig ist auch das<br />
bürgerschaftliche Engagement wie<br />
zum Beispiel beim Klettergerüst an<br />
der Badestelle in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Da<br />
waren nicht nur fleißige Hände erforderlich,<br />
sondern auch die eine oder<br />
andere kleine und große Spende um<br />
genau dieses Klettergerüst auch bauen<br />
zu können.<br />
Ich kann nur jede <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>lerin<br />
und jeden <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>ler<br />
dazu auffordern, sich an diesem gemeinschaftlichen<br />
Zusammenleben<br />
zu beteiligen und einen Beitrag zu<br />
leisten. Wir sind ein Gemeinwesen<br />
und wollen es als Gemeinwohl erleben.<br />
Weihnachtsmarkt, Pfingstkonzert,<br />
Volkssolidarität, Frühjahrsputz,<br />
Osterfeuer, Heimatfest, Baumpatenschaft,<br />
Pflege des Bürgerclubgeländes,<br />
Mitarbeit im <strong>Wildpark</strong> Verein<br />
oder in der Bürgerinitiative „<strong>Waldsiedlung</strong><br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“ sind eine<br />
Auswahl von Möglichkeiten mitzumachen<br />
und dabei zu sein.<br />
Ich wünsche uns allen einen<br />
schönen Restsommer mit<br />
Landregen in der Nacht und<br />
Sonnenschein am Tag<br />
und grüße herzlich<br />
Matthias Fannrich<br />
Autor Matthias Fannrich, 1956<br />
in Berlin geboren, lebt seit seiner<br />
Kindheit in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
Dipl. Ing. für technische Verkehrskybernetik,<br />
verheiratet,<br />
drei Kinder.<br />
Mitglied des Ortsbeirates<br />
Geltow und der Gemeindevertretung<br />
Schwielowsee.<br />
18 PORTRÄT WILDPARK WEST HERBST 2018
„Clara! Auf der Welle lang, den Ellebogen mit hoch nehmen, schöööön weit<br />
vorn Wasser fassen!“ Konzentriert steuert Katrin Wagner-Augustin das kleine<br />
Motorboot neben der Juniorengruppe und gibt per Megaphon ihre Anweisung.<br />
Ein kleines Paradies<br />
VON CARSTEN SICORA<br />
Sie hat alles im Blick und verfolgt<br />
jede Bewegung ihrer<br />
Schützlinge mit der Stoppuhr<br />
in der Hand. Kein Fehler entgeht<br />
ihr.<br />
Die Sonne meint es auch heute<br />
morgen wieder viel zu gut mit den<br />
Sportlern, das bisschen Wind haben<br />
die jungen Olympiahoffnungen nun<br />
im Rücken. „Maurice, 38, gut so!“<br />
Die Jungs in den Einer-Canadiers,<br />
mit breiten Schultern und kräftigen<br />
Oberarmen wahrhafte Modellathleten,<br />
sowie das blonde sympathische<br />
Mädchen im Kajak nehmen den letzten<br />
Kilometer ihrer morgendlichen<br />
Trainingsrunde in Angriff, als es geschieht:<br />
„Fabien! Ruhiger werden!<br />
Halt das Boot stabil!“ Doch der 18jährige,<br />
gerade von der Junioren-Weltmeisterschaft<br />
im rumänischen Pitesti<br />
mit zwei Bronzemedaillen im Gepäck<br />
zurückgekehrt und eher auf der<br />
Sprintstrecke zuhause sowie sein ein<br />
Jahr jüngerer Trainingskamerad Maurice,<br />
der sich wohl noch etwas quälen<br />
muss, um bei der im nächsten Jahr<br />
stattfindenden Europameisterschaft<br />
dabei sein zu dürfen, haben keine<br />
Chance. Die Bugwelle des am Anleger<br />
des Kongresshotels rücksichtslos<br />
ablegenden Wassertaxis trifft die<br />
dicht versetzt fahrenden Boote auf<br />
ihrer Steuerbordseite. Keine Chance<br />
mehr zu reagieren, die Paddel berühren<br />
sich und die beiden Jungs gehen<br />
kopfüber baden. Rettung von Schiffbrüchigen<br />
ist im Taxifahrplan nicht<br />
vorgesehen, doch Katrin Wagner-Augustin,<br />
hat die Situation schon vorausgesehen.<br />
In wenigen Sekunden<br />
bringt der 20 PS starke Außenborder<br />
das Boot der Trainerin zur „Unglücksstelle“.<br />
Ironie oder Zufall, dass am<br />
Heck die blau gelb gestreifte Signalflagge<br />
„Golf“ weht? „Keine Sorge! Die<br />
Jungs schwimmen wie die Fische und<br />
es passiert gar nicht so selten, dass<br />
sie in der Havel landen. In diesem<br />
Sommer ist das Wasser ja wirklich<br />
schön warm. Im Winter bei -8°C sieht<br />
das schon anders aus. Ohne Neopren<br />
heißt es da schnell wieder aus dem<br />
Wasser kommen.“<br />
„Besonders den<br />
neuen Häuslebauern<br />
muss man - bevor<br />
gebaut wird! - sagen,<br />
wie wichtig die<br />
Bäume, wie wichtig<br />
eine intakte Natur<br />
für uns alle ist.“<br />
Katrin Wagner-Augustin<br />
Wunderschöne Natur und Tierwelt<br />
Die junge Frau mit der Sonnenbrille<br />
weiß, wovon sie spricht. In<br />
Kanukreisen ist die vierfache Olympiasiegerin<br />
und zehnfache Weltmeisterin<br />
eine Legende. Seit 2004<br />
lebt sie zusammen mit ihrer Familie<br />
in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. „Für mich stand<br />
schon immer fest, dass dies mal mein<br />
Zuhause wird, zumal auch meine<br />
Schwester eine Zeitlang dort wohnte.<br />
Vom Wasser aus hat mich die Gegend<br />
eh fasziniert, da ich oft auf der<br />
Regattastrecke vor Werder gefahren<br />
bin. Das kannte ich alles schon. Die<br />
wunderschöne Natur und die Tierwelt,<br />
versteckt im Schilf am Ufer, hat<br />
es mir schon früher angetan. Fast alle<br />
Kanuten lieben die Natur.“<br />
Ihr Vater war Ozier, die Familie<br />
lebte in Potsdam in der Geschwister-Scholl-Straße.<br />
Oft ist sie zusammen<br />
mit ihren älteren Geschwistern<br />
und den Eltern mit den Rädern durch<br />
den <strong>Wildpark</strong> in die <strong>Waldsiedlung</strong><br />
gefahren. Entgegen ihrem sonstigen<br />
Naturell, das eher von einer gewissen<br />
preußischen Ungezwungenheit<br />
dominiert wird, gerät sie regelrecht<br />
ins Schwärmen: „Es ist wie ein kleines<br />
Paradies und ich hoffe sehr, dass es<br />
dies auch noch lange bleibt! Ich finde<br />
es ganz gut, dass sich so viele Bürger<br />
hier im Ort für die <strong>Waldsiedlung</strong><br />
einsetzen. Die Sache mit den vielen<br />
gefällten Bäumen hat auch mich sehr<br />
nachdenklich gemacht und mit dem<br />
Wissen von heute sehe ich vieles mit<br />
anderen Augen. Besonders den neuen<br />
Häuslebauern muss man - bevor<br />
gebaut wird! - sagen, wie wichtig die<br />
Bäume, wie wichtig eine intakte Natur<br />
für uns alle ist.“<br />
Zusammen mit ihrer Familie und<br />
den zwei Katzen lebt sie nun unter<br />
den alten Kiefern unweit der Havel<br />
und fühlt sich rundherum wohl. Auch<br />
ihre Eltern wohnen am Siedlungsrand.<br />
„Lars, meinen Ehemann, lernte<br />
ich 1998 im Olympiastützpunkt am<br />
Luftschiffhafen kennen“, erinnert<br />
sich die Sportsoldatin. „Es war wohl<br />
eher Sympathie auf den zweiten Blick.<br />
Erst flogen sportlich die Fetzen – die<br />
Liebe kam später. Er war gerade als<br />
frischgebackener Juniorenweltmeister<br />
zu uns gestoßen, doch konnte er<br />
mich mit solch einem Titel natürlich<br />
kaum beeindrucken. Die hier trainierten,<br />
waren alle gut drauf“, verrät sie<br />
lachend. „Die Olympischen Spiele in<br />
Atlanta 1996 hatte ich als 19jährige<br />
verpasst, war nur im Anschlusskader<br />
und bereitete mich schon auf Sydney<br />
2000 vor. Zu diesem Zeitpunkt hatte<br />
Lars bereits das Paddel aus der Hand<br />
gelegt und ein Studium als Betriebswirt<br />
in Angriff genommen. Um gute<br />
Leistungen als Sportler abliefern zu<br />
können und um vielleicht später ein-<br />
Foto: Lars Augustin<br />
20 PORTRÄT WILDPARK WEST HERBST 2018
Gartenarbeit mit Flöckchen,<br />
Katrin Wagner-Augustin in<br />
ihrem kleinen Paradies.
LIEBLINGSMUSIK<br />
Deutsch-Pop<br />
LIEBLINGSESSEN<br />
Gemischter Salat<br />
HOBBYS<br />
„Wenn ich mal mehr Zeit habe,<br />
dann möchte ich ein paar Bienenvölker<br />
haben und ,<strong>Wildpark</strong>er<br />
Honig‘ produzieren.“<br />
LEBENSMOTTO<br />
VOLLE KRAFT VORAUS!<br />
Sevilla, März 2012<br />
mal eine Familie zu gründen, braucht<br />
man auch Sicherheiten.“ Diese Sicherheit<br />
fand sie in der Sportfördergruppe<br />
der Bundeswehr sowohl in<br />
ihrer aktiven Zeit als Athletin, wie<br />
auch jetzt als Trainerin. Dabei wollte<br />
sie damals nur mit dabei sein und begleitete<br />
ihre Schwester deshalb mehr<br />
aus Spaß an der Sache zum Training<br />
in die traditionsreiche Sportstätte<br />
am Luftschiffhafen. „Kurioserweise<br />
fuhr ich das kurze Stück aber immer<br />
mit der Bahn, nie mit dem Rad“, erinnert<br />
sie sich. „Irgendwann wurde<br />
es dann aber mal konkret, ich wurde<br />
in die Sportschule aufgenommen,<br />
konnte aber zu Hause schlafen.“ 1995<br />
dann der Durchbruch: Bei den nationalen<br />
Ausscheidungen ualifizierte<br />
sie sich zur Junioren-Weltmeisterschaft<br />
im tschechischen Racice, von<br />
wo sie gleich mit Titelehren wiederkam.<br />
„Das war noch in der Zeit meiner<br />
Ausbildung zur Arzthelferin“,<br />
berichtet sie. „Eigentlich wollte ich<br />
technische Zeichnerin oder Lehrerin<br />
werden, aber nach einem Praktikum<br />
in einer Arztpraxis hatte ich es mir<br />
doch anders überlegt. Heute, hier auf<br />
dem Wasser, kann ich den Jungs und<br />
Mädels aber etwas von dem zurückgeben,<br />
was ich damals selbst als junge<br />
Sportlerin erhielt. Die Arbeit als<br />
Trainerin macht mir deshalb wirklich<br />
richtigen Spaß, auch wenn sich die<br />
Arbeitszeiten durch das Vormittagsund<br />
Nachmittagstraining nicht sehr<br />
familienfreundlich gestalten, aber<br />
das liegt in der Natur der Sache.“ Seit<br />
Fotos: Lars Augustin<br />
2011 gehört Fußballfan Emil, der gerade<br />
beim hiesigen Verein in Geltow<br />
seinen ersten Spielerpass erhalten<br />
hat, mit zur Familie, 2015 kam dann<br />
noch Amelie hinzu. Zum Glück helfen<br />
beide Großelternpaare, wenn Not<br />
am Mann ist, sonst wäre die Aufgabe<br />
nur schwer zu bewältigen. Auch weil<br />
Katrin immer noch oft unterwegs<br />
ist. Wenn Emil früh in den Schulbus<br />
steigt, bleibt nur noch eine Viertelstunde<br />
bis zum Trainingsbeginn, da<br />
darf nichts dazwischen kommen. Ihr<br />
Trainervorbild Rolf-Dieter Amend war<br />
in dieser Hinsicht sehr streng. „Kam<br />
ich zu spät zum Trainingsbeginn, war<br />
die Gruppe schon auf dem Wasser<br />
und man konnte nur noch hinterherschauen.<br />
Da fehlt mir vielleicht noch<br />
etwas die Strenge bei meiner ersten<br />
eigenen Trainingsgruppe. Ich habe<br />
viel bei ihm gelernt und halte deshalb<br />
auch an Bewährtem fest“, erzählt sie<br />
weiter. „Bei den Jungs, die teilweise<br />
schon Autogrammpost beantworten<br />
müssen, zählt aber Leistung noch<br />
etwas und man muss sie eigentlich<br />
kaum motivieren.“ Im Kraftraum<br />
hängt das Signet von „Tokio 2020“<br />
groß an der Wand, das scheint Motivation<br />
genug. „Die Bedingungen<br />
im Olympiastützpunkt sind optimal.<br />
Dr. Klaus Weber, der auch in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
beheimatet ist, hat in<br />
vielen Jahren der Forschung einen<br />
Strömungskanal für uns Sportler mitentwickelt,<br />
der einen unschätzbaren<br />
Nutzen für das Training mit sich<br />
bringt. Eigentlich richtet sich hier alles<br />
an den Olympischen Spielen aus.<br />
Hast Du dort Erfolg, hast Du alles<br />
richtig gemacht!“ Trotzdem zitterten<br />
ihr als Juniorenweltmeisterin im Jahr<br />
1997 die Knie, als sie zum ersten Mal<br />
mit Birgit Fischer zusammen ins Boot<br />
stieg und gleich zum Weltmeistertitel<br />
fuhr. „Schon drei Jahre später hatte<br />
ich die Qualifikation für die Olympischen<br />
Spiele in Sydney geschafft<br />
und konnte mit meinem großen Idol<br />
Birgit Fischer 2x Gold aus dem Wasser<br />
ziehen, im Zweier-Kajak über 500<br />
Meter und im Vierer über 500 Meter.<br />
Wenn alles gut läuft, kann man den<br />
Sport lange auf hohem Niveau betreiben.<br />
Man ist viel an der frischen Luft<br />
und auch deshalb hatte ich wohl nie<br />
gesundheitliche Probleme, nur mit<br />
den Verspannungen im Rücken muss<br />
man ein wenig aufpassen und ihnen<br />
konzentriert entgegen wirken.“<br />
Alles ist wie eine große Familie<br />
Heute teilt sie ihr Büro im Luftschiffhafen<br />
mit Lutz Altepost, der wie<br />
sie 2008 in Peking eine Bronzemedaille<br />
errang. Für Katrin gab es dann<br />
noch im K4 auf ihrer Lieblingsdistanz<br />
Gold obendrauf und die verpflichtende<br />
Ehre die deutsche Fahne bei<br />
der Abschlusskundgebung ins Stadionrund<br />
zu tragen. „Nicht nur daran,<br />
auch an die Regattastrecke von Peking<br />
und die von Sydney bei meiner<br />
ersten Olympiade erinnere ich mich<br />
sehr gern. Große Tribünen – man ist<br />
sehr nah an den Zuschauern! Doch<br />
auch die Strecke in Duisburg, wo ich<br />
22 PORTRÄT WILDPARK WEST HERBST 2018
meine letzte erfolgreiche WM fuhr,<br />
ist sehr schön. Die im ungarischen<br />
Szeged gefiel mir am besten. Die<br />
Ungarn sind überhaupt ‚kanuverrückt‘.<br />
Zuschauer und Sportler sind<br />
nah beieinander, alles ist wie eine<br />
große Familie. Auch heute noch übernachten<br />
die jungen Kanuten bei den<br />
Meisterschaften oft in Zelten an den<br />
Regattastrecken. Das bringt vielerlei<br />
Vorteile, vor allem sind die Wege zu<br />
den Wettkampfstätten kurz.“ Nach<br />
London 2012 beendete die gebürtige<br />
Brandenburgerin im Folgejahr<br />
nach 18 Jahren Leistungssport ihre<br />
Karriere. Im Anschluss an ihr Trainerdiplom<br />
an der Trainerakademie des<br />
DOSB in Köln gibt sie nun ihr Wissen<br />
an die junge Generation weiter.<br />
Namenlose gestreifte Pink Lady<br />
Maurice und Fabien, die Opfer des<br />
indisponierten Wassertaxichauffeurs<br />
nehmen ihr unfreiwilliges Bad mit<br />
Humor, das Wasser des Templiner<br />
Sees ist mit 26°C noch immer ungewöhnlich<br />
warm. Mit der Hilfe der<br />
Trainerin werden Paddel, Knieschale<br />
und ein abtreibendes Boot wieder<br />
eingesammelt, ehe sich die beiden<br />
wieder über die wacklige Bordwand<br />
des Begleitbootes hieven. Clara hat<br />
zu diesem Zeitpunkt längst die imaginäre<br />
Ziellinie am Olympiastützpunkt<br />
durchfahren: Etwas über 50:40<br />
Minuten benötigte sie für die 10 Km<br />
lange Strecke. Später beim Putzen<br />
der Bootsrümpfe erfolgt eine erste<br />
Auswertung. „Das ist schon nicht<br />
schlecht. Clara hat super Noten beim<br />
Abi gemacht, absolviert gerade ihr<br />
,Freiwilliges Soziales Jahr‘ und muss<br />
sich nun erst einmal durchbeißen.<br />
Das kann weh tun, aber ihr ist der unbedingte<br />
Wille anzumerken.“<br />
Unübersehbar liegt derweil ihre<br />
namenlose gestreifte Pink Lady,<br />
sauber aufgebockt zwischen den<br />
anderen Booten. Ein Geschenk ihres<br />
Ausrüsters und tägliche Motivation<br />
für den Nachwuchs. Der Aufkleber<br />
‚Zagreb 2012‘ ist nicht nur für sie<br />
die Erinnerung, wie schwer solch ein<br />
Durchbeißen sein kann …<br />
Katrin Wagner-Augustin, vierfache<br />
Olympiasiegerin im Kanurennsport,<br />
gewann 60 Medaillen bei Olympischen<br />
Spielen, Welt- und Europameisterschaften,<br />
davon 31x Gold,<br />
zählt zu den erfolgreichsten<br />
deutschen Sportlern überhaupt.<br />
Hohe staatliche Auszeichnungen:<br />
Goldenes Lorbeerblatt 2012,<br />
Brandenburgs Sportlerin des Jahres<br />
2006, 2008, Verdienstorden<br />
des Landes Brandenburg 2018<br />
usw. Bambi- Preisträgerin 2004,<br />
verheiratet, zwei Kinder,<br />
arbeitet heute als Trainerin im<br />
Olympia-Stützpunkt Potsdam.
„Die Baum-Mafia geht um“, betitelte am 10. März 2018 eine Werderaner Wochenzeitung<br />
ihren Beitrag über <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und löste dabei kontroverse Diskussionen auch in<br />
den Teilen der Einwohnerschaft aus, die sich nur wenige Tage vorher in einer<br />
Bürgerinitiative begonnen hatten zu organisieren.<br />
Das Geschäft mit der Angst<br />
VON CARSTEN SICORA<br />
Die Redakteurin spielte in ihrem<br />
aufwändig und sorgfältig<br />
recherchierten Beitrag<br />
offensichtlich auf das unseriöse<br />
Gebaren einzelner Firmen und<br />
ihrer Helfer an, die in den Monaten<br />
zuvor in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ganze Arbeit<br />
geleistet hatten. Wer will ihnen das<br />
schon verübeln, mit Holz kann man<br />
viel Geld verdienen …<br />
Vom Stolz der historischen Villensiedlung,<br />
der märkischen Kiefer,<br />
ist wahrlich nicht mehr viel geblieben.<br />
Breite Schneisen durchziehen<br />
heute den Ort und haben den einst<br />
zusammenhängenden, sich gegenseitig<br />
schützenden Baumbestand<br />
weit auseinandergerissen. Zerzaust<br />
vom Sturm, aber besonders von den<br />
Kettensägen schwer gezeichnet, ist<br />
dabei vor allem der östliche Teil der<br />
<strong>Waldsiedlung</strong> in Mitleidenschaft gezogen<br />
worden.<br />
Ein Baumkontrolleur<br />
ist kein Gutachter<br />
Ja, ja die Stürme! Nach solch gewaltigen<br />
Naturereignissen, wie sie<br />
auch schon 1972 und 2007 zu verzeichnen<br />
waren, lässt sich gutes<br />
Geld mit der Angst verdienen. Das<br />
mag moralisch bedenklich sein – ungesetzlich<br />
ist es aber nicht – wenn<br />
die bestehenden Bestimmungen<br />
des Naturschutzgesetzes oder der<br />
Baumschutzsatzung eingehalten<br />
werden. Und genau da liegt der<br />
Hase im Pfeffer! Während die Versicherungen<br />
nach Stürmen zahlreiche<br />
Neuabschlüsse verzeichnen,<br />
bei den Baumfällfirmen Goldgräberstimmung<br />
herrscht und die Preise<br />
für ihre Serviceleistungen ins Uferlose<br />
steigen, hat es der Baumschutz<br />
noch schwerer als sonst, bestätigt<br />
auch Baumgutachter Mario Zeidler.<br />
„Heftige Stürme richten natürlich<br />
immer wieder schwere Schäden<br />
an. Äste und Kronenteile brechen<br />
ab oder sogar ganze Bäume stürzen<br />
um. Die Angst vor materiellen oder<br />
menschlichen Schäden ist groß und<br />
berechtigt. Somit ist es auch nicht<br />
verwunderlich, dass nach Sturmereignissen<br />
die Baumfällungen stark<br />
zunehmen. Doch in der Regel kippen<br />
gesunde Bäume nicht einfach so um.<br />
Das geht oft mit vorherigen Baumschädigungen<br />
oder -krankheiten einher.<br />
Ein Baumgutachter kann deshalb<br />
in vielen Fällen mögliche Gefahren<br />
frühzeitig erkennen und abwenden.“<br />
Doch hat nicht auch die Gemeindeverwaltung<br />
Fachleute und einen<br />
Baumkontrolleur, der sich für den Erhalt<br />
der Großbäume wie z.B. Kiefern,<br />
Eichen und Fichten einsetzen sollte,<br />
wie es die Baumschutzsatzung vorschreibt?<br />
„Für eine Baumschau auf<br />
dem Grundstück um den gesamten<br />
Baumbestand zu beurteilen hat die<br />
Gemeinde keine Kapazität, die Eigentümer<br />
sollten sich an Sachverständige<br />
oder fachlich geschulte Personen<br />
wenden, die die Bäume einschätzen,<br />
um dann für einzelne Bäume entsprechende<br />
Anträge zu stellen. Wir<br />
reagieren auf Fällanträge bzw. Anträge<br />
zum Einkürzen oder auch um bei<br />
einzelnen Bäumen die Standsicherheit<br />
zu prüfen“, schreibt die Fachbereichsleiterin<br />
Bauangelegenheiten,<br />
Planung und Naturschutz Anke<br />
Simon in ihrer Antwort am 20. März<br />
2018 auf die Anfrage eines Bürgers.<br />
Ein Baumkontrolleur ist kein Gutachter,<br />
seine fachliche Qualifikation deshalb<br />
nicht mit der eines Gutachters<br />
gleichzusetzen, wie es dem hohen<br />
Schutzgrad der Bäume angemessen<br />
wäre. Während ein Sachverständiger<br />
einen Baum fachmännisch mittels<br />
verschiedener Verfahren beurteilen<br />
CHRONIK<br />
Bürgerinitiative<br />
„<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />
DEZEMBER 2017<br />
Die Bürgermeisterin wird von den<br />
Vorgängen in der <strong>Waldsiedlung</strong> in<br />
Kenntnis gesetzt, Anzeige u.a. wegen<br />
illegaler Baumfällung und Verdacht<br />
der Amtsanmaßung gestellt.<br />
FEBRUAR 2018<br />
Anzeige durch Bürger gegen die<br />
Gemeindeverwaltung Schwielowsee<br />
bei der Unteren Naturschutzbehörde,<br />
Verdacht ordnungswidrigen und möglicherweise<br />
strafrechtlichen Handelns.<br />
Exemplarische Musterbaumschau der<br />
UNB und der Gemeindeverwaltung:<br />
Mehrere Fällanträge werden<br />
abgelehnt, Artenschutz findet erstmals<br />
Berücksichtigung.<br />
Bürgermeisterin erklärt: „Es gibt<br />
nichts zu beanstanden.“<br />
Urteil des Verwaltungsgerichts Potsdam<br />
zum Eilantrag „Aussetzung der<br />
Fällbescheide zwecks rechtlicher<br />
Überprüfung“ scheitert an Antragsbefugnis<br />
von Privatpersonen,<br />
Urteilsbegründung: Die Baumschutzsatzung<br />
dient dem Schutz öffentlicher<br />
Interessen, nämlich dem Schutz der<br />
Bäume.<br />
24 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
kann und seine erstellten Gutachten<br />
zudem von Versicherungen anerkannt<br />
und als gesetzlich empfohlene<br />
Baumschau akzeptiert werden, ist<br />
beim Baumkontrolleur der Gemeindeverwaltung<br />
eine andere Arbeitsweise<br />
angesagt. Nur die zahlreichen,<br />
mit roten Punkten aufgesprühten<br />
Fällmarkierungen geben einen Anhaltspunkt,<br />
dass er wirklich vor Ort<br />
gewesen sein könnte.<br />
Und wieso führt er Baumschauen<br />
durch, wenn gerade das die Fachbereichsleiterin<br />
ausgeschlossen hat?<br />
Hat die Bürgermeisterin ihre Verwaltung<br />
nicht mehr im Griff? Oder wie<br />
soll man es sonst verstehen, dass<br />
Frau Hoppe, die selbst zahlreiche<br />
Fällbescheide der Baustelle Helma<br />
unterschrieben hat, in Ferch auf der<br />
letzten Gemeindevertretersitzung<br />
den anwesenden Vertretern der<br />
Bürgerinitiative ehrlichen Herzens<br />
zusicherte, dass alle gesetzlichen<br />
Vorgaben vollumfänglich umgesetzt<br />
werden?<br />
Hauptsache, der<br />
Haushaltsplan stimmt<br />
Wie kann es sein, dass die Bürgermeisterin<br />
vor dem großformatigen<br />
Foto einer vertrockneten Nachpflanzung<br />
steht und sagt: „Es ist alles in<br />
Ordnung“ ...<br />
Ist das Realitätsverlust? Oder ist<br />
es die menschlich verständliche Absicht<br />
der Bürgermeisterin, fehlerhafte<br />
Entscheidungen der Gemeindeverwaltung<br />
zu decken? Da half es<br />
alles nichts, dass die 24-köpfige Abordnung<br />
aus der <strong>Waldsiedlung</strong>, Fotos<br />
vom Fuchsweg hoch hielt, neun kleine<br />
Bäume, die mit verkahlten Kronen<br />
bereits ein Jahr nach ihrer Neupflanzung<br />
2015 vom zuständigen Fachbereich<br />
der Gemeindeverwaltung<br />
ihrem Schicksal überlassen wurden.<br />
Das Geld ist durch die Vertragsfirma<br />
eingestrichen, alles andere macht<br />
nur Mühe. Hauptsache, der Haushaltsplan<br />
stimmt. Dumm nur, dass es<br />
da mündige Einwohner gibt, die nicht<br />
akzeptieren, wie mit ihren Steuergeldern<br />
umgegangen wird. Einwohner,<br />
die das ständige Schönreden<br />
satt haben und einfach selber anpacken.<br />
Die Bäume nachpflanzen, sie<br />
mit Dreiböcken und Gießringen versehen<br />
und wochenlang in der großen<br />
Hitze mit dem eigenen Traktor – sehr<br />
zur Freude der Kinder übrigens – täglich<br />
1.000 Liter gießen.<br />
Wer deckt hier wen? Und wieso<br />
werden der Bürgerinitiative örtlich<br />
geschwärzte und unvollständige Aktenvorgänge<br />
ausgehändigt? Ist das<br />
wirklich nur Schlamperei? Warum<br />
bleibt die sogenannte „Kladde“, das<br />
Buch über alle Baumfällungen in<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, unter Verschluss und<br />
warum weigert sich die Verwaltung<br />
zu unterschreiben, dass alle Akten<br />
vorgelegt wurden?<br />
„Zurückweisen möchte ich den<br />
Vorwurf, dass ich den Vertretern der<br />
Bürgerinitiative Akteneinsicht verwehre“,<br />
erklärte Frau Hoppe in ihrer<br />
Antwort auf den Offenen Brief der<br />
Bürgerinitiative Ende April 2018.<br />
Nein, natürlich hat sie das nicht.<br />
Ihre Leiterin des Fachbereichs Bauen<br />
hat es nur in ihrem Namen abgelehnt.<br />
Erst als die Bürgerinitiative, mit sanftem<br />
demokratischen Druck und einem<br />
Anwalt an ihrer Seite darauf bestand,<br />
war es dann möglich. Übrigens, noch<br />
längst keine Selbstverständlichkeit:<br />
Die übergeordnete Stelle, die Untere<br />
Naturschutzbehörde des Landkreises<br />
Potsdam-Mittelmark, sieht<br />
diese Selbstvertändlichkeit eines<br />
demokratischen Wissensprozesses<br />
für sie nicht zutreffend an und<br />
schweigt.<br />
Liegt also vielleicht die Bürgerinitiative<br />
mit ihren Ansichten dane-<br />
„Seien Sie versichert, dass [...] mir persönlich der Schutz der Bäume<br />
in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ein großes Anliegen ist. Nach meiner Kenntnis<br />
halten die verantwortlichen Mitarbeiter des Fachbereichs Bauen,<br />
Ordnung und Sicherheit die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen,<br />
insbesondere die Bestimmungen der Baumschutzsatzung der<br />
Gemeinde ein und setzen diese vollumfänglich um.“<br />
Kerstin Hoppe, Bürgermeisterin (25. April 2018)<br />
NABU Brandenburg legt mit aufschiebender<br />
Wirkung Widerspruch<br />
auf alle erteilten Fällbescheide<br />
ein, Akteneinsicht in Fällbescheide<br />
(11/2017–2/2018)<br />
MÄRZ 2018<br />
Bürgerinitiative gegründet, Einwohnerversammlung,<br />
die Öffentlichkeit wird<br />
informiert.<br />
APRIL 2018<br />
Ökologischer Zustandsbericht <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
wird veröffentlicht.<br />
Bilanz: 40% des geschützten Baumbestandes<br />
seit 2000 sind vernichtet<br />
worden. Beginn Nachpflanzaktion<br />
„Rettet die <strong>Waldsiedlung</strong>“ 2018–2033<br />
unter Schirmherrschaft des NABU<br />
Brandenburg, u.a. Unterstützung <strong>Wildpark</strong><br />
e.V. und Heimatverein Geltow im<br />
Rahmen eines Bürgerfestes.<br />
NABU Brandenburg konkretisiert<br />
Widersprüche auf 21 Fällbescheide.<br />
MAI 2018<br />
Nach erfolgter Ablehnung durch<br />
Gemeindeverwaltung wird<br />
Bürgerinitiative Akteneinsicht<br />
(10/2016–5/2018) nach Umweltinformationsgesetz<br />
zugestanden.<br />
Mehrere Aktenvorgänge werden<br />
»<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 REPORTAGE 25
„Gewöhnen Sie sich daran, in absehbarer Zeit<br />
wird es keine <strong>Waldsiedlung</strong> mehr geben!“<br />
Anke Simon, Fachbereichsleiterin (27. Februar 2018)<br />
ben? Sind die Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung<br />
nur fachlich oder<br />
vom Umfang ihrer Arbeit her überfordert?<br />
Doch nun ist belegbar, dass<br />
es unwesentlich war, wie viel oder ob<br />
überhaupt Bäume gemäß der Baumschutzsatzung<br />
zur Fällung beantragt<br />
worden sind.<br />
Baumschauprotokoll? Lichtbild?<br />
Lageskizze? Fehlanzeige!<br />
Kein Mensch wird später mehr<br />
feststellen können, ob der gefällte<br />
Baum der tatsächlich auserwählte<br />
Kandidat für die Kettensäge gewesen<br />
ist oder der daneben. In den seltensten<br />
Fällen ist der Vorgang später<br />
nachvollziehbar, Missbrauch ist<br />
Tür und Tor geöffnet. Die Aktenlage<br />
sei „desaströs“ und die Arbeitsweise<br />
„hemdsärmlig“. So bezeichnete der<br />
Vorsitzende des Naturschutzbundes<br />
Brandenburg Friedhelm Schmitz-<br />
Jersch seine Eindrücke, als er in die<br />
erteilten Fällbescheide seit 1. Oktober<br />
2017 Einblick genommen hatte.<br />
Der NABU Brandenburg hat umgehend<br />
reagiert: Nachdem er auf alle<br />
nach dem 1. November 2017 erteilten<br />
Fällbescheide der Gemeindeverwaltung<br />
für den Gemeindeteil <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
bereits im Februar 2018<br />
Widerspruch einlegte, konkretisierte<br />
er dieses Verfahren mit aufschiebender<br />
Wirkung auf 21 konkrete und<br />
eklatante Fälle. Pikant dabei, dass<br />
die Gemeindeverwaltung die vom<br />
Widerspruch betroffenen Bürger erst<br />
viel zu spät oder gar nicht informierte<br />
und Bürger, die ihre Nachbarn vom<br />
Widerspruchsverfahren des Naturschutzbundes<br />
in Kenntnis setzen<br />
wollten telefonisch aufforderten,<br />
dies zu unterlassen. Die Skepsis gegen<br />
die Praxis der Fachabteilung ist<br />
durchaus angebracht, sieht man sich<br />
die Bilanz der letzten Jahre an.<br />
Seit 1961 war der fachkundige<br />
Einwohner Manfred Uhlemann in<br />
der <strong>Waldsiedlung</strong> für die Begutachtung<br />
von zur Fällung beantragten<br />
Bäumen auf Grundlage eines Ehrenamtes<br />
tätig. Dass er sich dabei an die<br />
seit Oktober 1994 in Kraft getretene<br />
Satzung zum Schutz von Bäumen,<br />
Hecken und Sträuchern der Gemeinde<br />
Geltow hielt – dem Vorläufer der<br />
2011er Baumschutzsatzung der Gemeinde<br />
Schwielowsee – daran können<br />
sich die wenigsten noch erinnern.<br />
Schon damals waren die die Märkische<br />
Landschaft so prägenden Bäume<br />
wie die Kiefern, zum geschützten<br />
Landschaftsteil erklärt worden. Die<br />
damalige Verordnung umfasste zudem<br />
schon Bäume mit einem Stammumfang<br />
von mindestens 20 Zentimetern,<br />
war also viel strenger als die<br />
heutige Baumschutzsatzung, die erst<br />
einen Baum ab 60 Zentimetern zum<br />
geschützten Landschaftsteil erklärt.<br />
„Der Bürger ist der Täter!“<br />
2011 legte Uhlemann nach gut 50<br />
Jahren aus Altersgründen sein Amt<br />
nieder, nicht ohne der Bürgermeisterin<br />
noch ein paar mahnende und gutgemeinte<br />
Worte mit auf dem Weg zu<br />
geben:<br />
„Ich empfehle jedoch den verantwortlichen<br />
Mitarbeitern der Gemeindeverwaltung<br />
ihr Augenmerk darauf<br />
zu richten, dass der Bestand an Großgehölzen<br />
erhalten bleibt oder nach<br />
Möglichkeit durch Auflagen vermehrt<br />
wird.“<br />
Doch der damals 75jährige irrte,<br />
wenn er davon ausging, dass es nicht<br />
mehr so viele Anträge auf Baumeinschläge<br />
auf Grund der nur noch wenigen<br />
unbebauten Grundstücke geben<br />
würde. Nun ging es erst richtig los!<br />
„Der Bürger ist der Täter!“, mutmaßte<br />
ein unbedarftes Ortsbeiratsmitglied<br />
in Geltow noch im Februar während<br />
einer öffentlichen Sitzung des Gremiums<br />
und schob damit dem Antragsteller<br />
den Schwarzen Peter zu. Ohne<br />
Antrag keine Genehmigung. Sollte<br />
man meinen. Hier haben diejenigen<br />
versagt, die für die Umsetzung der<br />
Baumschutzsatzung verantwortlich<br />
sind. Die jeden Fall als Ausnahme<br />
eines Verbotes begreifen und dafür<br />
zu sorgen haben, „dass der Bestand<br />
an Bäumen zur Sicherung des Naturhaushalts<br />
und zur Belebung, Gliederung<br />
und Pflege des Orts- und Landschaftsbildes<br />
zu erhalten, zu pflegen<br />
und zu entwickeln ist“. Wie kann es<br />
sein, dass innerhalb einer kurzen<br />
Zeitspanne fast die Hälfte der unter<br />
zurückgehalten, Aktenlage unvollständig,<br />
Örtlichkeiten geschwärzt.<br />
Beschluss der Gemeindevertretung<br />
zur rückhaltlosen Aufklärung über<br />
die Vorgänge in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> sowie<br />
Nachpflanzungen auch im Ort selbst.<br />
Bürgermeisterin bittet Bürgerinitiative<br />
um Mithilfe und Lösungsvorschläge.<br />
JUNI 2018<br />
Bürgerinitiative fordert die Bürgermeisterin<br />
auf, erteilte Fällbescheide<br />
auszusetzen, um sie auf Rechtmäßigkeit<br />
zu überprüfen. Die<br />
Bürgermeisterin lehnt dies ab: „Dazu<br />
gebe es keine Veranlassung.“<br />
JULI 2018<br />
Frist Antrag Akteneinsicht bei<br />
der Unteren Naturschutzbehörde<br />
verstreicht, Antrag sei an zuständige<br />
Fachbehörde weitergeleitet. Behörde<br />
ist weiterhin untätig in Sachen<br />
Anzeige vom Februar. Nachfrage<br />
ergebnislos.<br />
AUGUST 2018<br />
NABU Brandenburg erhebt Untätigkeitsklage<br />
gegen Gemeinde<br />
Schwielowsee.<br />
Bürgerinitiative bittet die<br />
26 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Foto: Carsten Sicora<br />
5. Oktober 2017: Das Sturmtief Xavier mit Orkanböen bis zu 126 km/h trifft <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> mit voller Kraft und beschädigt<br />
auch dieses Wochenendhaus aus den 1930er Jahren. Viele Grundstücke und Wohnhäuser im Ort waren vom Sturm<br />
betroffen.<br />
Schutz stehenden Bäume verschwunden<br />
und die notwendigen Nachpflanzungen<br />
weder entsprechend<br />
der Baumschutzsatzung angeordnet<br />
noch kontrolliert worden sind?<br />
Geschwärzte und<br />
unvollständige Akten<br />
Ist es wirklich so, dass hier aktiv<br />
Baumvernichtung betrieben wird?<br />
Unvorstellbar?<br />
Das nächste mögliche Siedlungsprojekt<br />
Schweizer Straße Nord – größer<br />
als das gerade entstehende am<br />
gewesenen historischen Schafstall<br />
– ist schon vorangefragt und steht<br />
in der Bauleitplanung der Gemeinde<br />
mit der Priorität „mittel“ mit einer<br />
Zeitangabe bis 2020/21 ziemlich weit<br />
oben. Die Fakten sprechen ihre eigene<br />
Sprache.<br />
„Zurückweisen möchte<br />
ich den Vorwurf,<br />
dass ich den Vertretern<br />
der Bürgerinitiative<br />
Akteneinsicht verwehre.“<br />
Kerstin Hoppe, Bürgermeisterin<br />
(25. April 2018)<br />
Dramatischer Baumschwund<br />
Eine Baumerhebung, in wesentlichen<br />
Teilen vom Autor über einen<br />
Zeitraum von fast 18 Jahren mit erstellt,<br />
zeigt den dramatischen Baumschwund<br />
im südöstlichen Teil der<br />
<strong>Waldsiedlung</strong> sehr anschaulich. In<br />
der Argumentationskette der den<br />
Ortsteil verwaltenden Behörde ist<br />
dabei immer wieder zu hören, dass<br />
die Bäume – und hier insbesondere<br />
die Kiefern und Birken – ihr Lebensalter<br />
erreicht, krank oder nicht mehr<br />
standsicher genug sind und deshalb<br />
gefällt werden müssen. Innerhalb des<br />
Gehölzsachverständigen-Verbandes<br />
haben sich auf Bitte der Bürgerinitiative<br />
mehrere Baumsachverständige<br />
Bürgermeisterin und den Ortsbeirat<br />
Geltow um Unterstützung, damit<br />
der Gemeindeteil auch offiziell den<br />
Ortsbeinamen „<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />
führen darf.<br />
Bürgerinitiative bittet zuständigen<br />
Minister in der Sache Erhalt der<br />
<strong>Waldsiedlung</strong> um Hilfe und zu veranlassen,<br />
die erteilten Fällbescheide<br />
zu überprüfen. Bürgerinitiative stellt<br />
auf Pressekonferenz die Auswertung<br />
ihrer Akteneinsicht vor und fordert die<br />
Bürgermeisterin auf, Konsequenzen<br />
daraus zu ziehen. Die Bürgerinitiative<br />
stellt Lösungsvorschlag bei zukünftig<br />
beantragten Baumentnahmen<br />
sowie ihr Nachpflanzprogramm vor.<br />
Sie kritisiert weitere großflächige<br />
Siedlungspläne, ohne ein von den<br />
Bürgern mitgetragenes Konzept.<br />
SEPTEMBER 2018<br />
Die halbjährlich erscheinende Heimatzeitschrift<br />
für <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und<br />
Umgebung wird herausgegeben.<br />
Die Bürgerinitiative lädt zur<br />
Einwohnerversammlung und zum<br />
Runden Tisch am 21. September 2018<br />
um 19:30 Uhr im Bürgerclub<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ein.<br />
•••<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 REPORTAGE 27
ereit erklärt, im Bedarfsfall Gutachten<br />
zu erstellen um genau das zu klären.<br />
Ein gutes Dutzend Bürger hat das<br />
Angebot der Bürgerinitiative genutzt<br />
und sich in den letzten Monaten<br />
fachlich beraten lassen. So konnten<br />
u.a. auch Bäume, die von Mitarbeitern<br />
der Gemeindeverwaltung schon<br />
zur Fällung beschieden wurden, noch<br />
einmal von einem unabhängigen<br />
Gutachter überprüft werden. Das<br />
Ergebnis überraschte uns nicht: Von<br />
den neun betreffenden Bäumen waren<br />
es nur zwei, deren Zeit auf Grund<br />
von verringerter Stand- und Bruchsicherheit<br />
abgelaufen war. Allerdings<br />
wurde festgestellt, dass der Reststamm<br />
der einen Kiefer auf Grund<br />
einer Fledermaushöhlung bis auf<br />
neun Metern Höhe zu erhalten ist, da<br />
die Tiere zu den streng geschützten<br />
Arten gezählt werden. Auch in einem<br />
anderen Fall ist bekannt geworden,<br />
dass der Antragsteller auf eine vorhandene<br />
mögliche Fledermaushöhlung<br />
hinwies und ohne Probleme die<br />
Fällgenehmigung bekam … Auf den<br />
Umstand hingewiesen, dass das Vernichten<br />
von Lebensstätten streng geschützter<br />
Arten ein Straftatbestand<br />
sein kann, antwortete die Fachbereichsleiterin<br />
Bauen, Ordnung und<br />
Sicherheit Kerstin Murin, dass sich in<br />
der etwas später erteilten Baugenehmigung<br />
ein Hinweis zum Artenschutz<br />
befinde. Somit wäre eine Fällung<br />
des Baumes im Falle von Hinweisen<br />
auf streng geschützte Arten ausgeschlossen<br />
gewesen. Aber hatte nicht<br />
der Antragsteller extra auf eine solche<br />
Höhlung hingewiesen? Wer oder<br />
ob überhaupt jemand von der Gemeindeverwaltung<br />
vor Ort war, lässt<br />
sich mangels Protokollierung heute<br />
nicht mehr feststellen. Auf solche<br />
Fragen gibt es nur Antworten, die am<br />
Kern der Frage vorbeigehen. Ohne<br />
Baum kein Kläger, alle Spuren sind<br />
verwischt. Als nach zwei Monaten die<br />
Bürgerinitiative endlich in die Fällbescheide<br />
schauen konnte, bot sich den<br />
sechs Vertretern an beiden Tagen ein<br />
unglaubliches Bild:<br />
Geschwärzte und unvollständige<br />
Akten, fehlende Anträge und unglaubliche<br />
Zahlen, die belegen, dass<br />
die hohe Zahl von Fällungen nicht<br />
vom Bürger ausging, sondern offensichtlich<br />
vom Baumkontrolleur selbst.<br />
Jedenfalls lassen das die vor Ort gefundenen<br />
Notizen vermuten, bei<br />
denen die Bäume lediglich als Strichliste<br />
vermerkt worden sind. Auf den<br />
Anträgen der Bürger wurden nachträglich<br />
noch Anmerkungen gemacht,<br />
oder Zahlen geändert. Signiert wurden<br />
diese Angaben nicht, weswegen<br />
es schwer fällt festzustellen, von<br />
wem die zusätzlichen Angaben auf<br />
dem amtlichen Schreiben eigentlich<br />
stammen.<br />
„Das Geld der<br />
geleisteten<br />
Ersatzzahlungen<br />
der Bürger wird<br />
selbstverständlich<br />
zweckgebunden<br />
eingesetzt.“<br />
Kerstin Murin, Fachbereichsleiterin<br />
Bauen, Ordnung Sicherheit<br />
(4. Juli 2018)<br />
Die Bürgerinitiative hat die Gemeindevertreter<br />
herzlich eingeladen,<br />
sich selbst ein Bild von den vorgefundenen<br />
Akten zu machen. Zudem<br />
sind die Fraktionen der Gemeindevertretung<br />
gebeten, sich mit an den<br />
‚Runden Tisch‘ der Bürgerinitiative<br />
zu setzen. Vertreter der Fraktionen<br />
sowie die beiden parteilosen Gemeindevertreter<br />
sollen dabei mithelfen,<br />
nach akzeptablen Lösungen<br />
zu suchen, um die bestehenden Bestimmungen<br />
von Baumschutzsatzung,<br />
Textbebauungsplan und Naturschutzgesetz<br />
umzusetzen. So wie<br />
bisher kann es nicht weitergehen.<br />
Der Baumsachverständige Mario<br />
Zeidler hat der Bitte der Bürgerinitiative<br />
entsprochen, sowohl die Gemeinde<br />
Schwielowsee als auch die<br />
Bürgerinitiative zu unterstützen. Für<br />
den Übergangszeitraum von sechs<br />
Monaten will er die Anträge der<br />
Bürger im Zusammenhang mit der<br />
Baumschutzsatzung der Gemeinde<br />
Schwielowsee fachlich begleiten.<br />
Nun liegt es an der Bürgermeisterin<br />
und den Gemeindevertretern diesen<br />
Vorschlag zu überdenken.<br />
Da die Zeit drängt und die nächste<br />
„Fällsaison“ schon vor der Tür<br />
steht, hat die Bürgerinitiative zudem<br />
Minister Vogelsänger aufgefordert,<br />
Möglichkeiten zu finden, die noch<br />
bestehenden Fällbescheide einer<br />
rechtlichen Überprüfung zu unterziehen,<br />
da wir davon ausgehen, dass<br />
diese Fällbescheide – ab 1. Oktober<br />
2018 umsetzbar – nicht den Bestimmungen<br />
der Baumschutzsatzung entsprechen.<br />
Die Bürgermeisterin hatte der Forderung<br />
der Bürgerinitiative um Aussetzung<br />
der Fällbescheide, zwecks<br />
rechtlicher Überprüfung und einer<br />
event. Neubewertung nicht entsprochen.<br />
Nach Ansicht der Bürgerinitiative<br />
entspricht diese Forderung aber<br />
genau dem Beschluss der Gemeindevertretung<br />
vom 9. Mai 2018, wonach<br />
Verstöße gegen Gesetze und die<br />
Baumschutzsatzung rückhaltlos aufzuklären<br />
sind.<br />
Klage des NABU<br />
Der Naturschutzbund Brandenburg<br />
hat am 23. August 2018 Klage<br />
gegen die Gemeinde Schwielowsee<br />
wegen Untätigkeit eingereicht und<br />
dies auf der gemeinsamen Pressekonferenz<br />
mit der Bürgerinitiative<br />
bekannt gegeben.<br />
Bürgermeisterin Hoppe erklärte<br />
dazu in einer Stellungnahme der PNN<br />
vom 24. August 2018, dass dem NABU<br />
mehrfach Akteneinsicht in sämtliche<br />
Verwaltungsvorgänge gewährt worden<br />
sei. Auch der Widerspruch würde<br />
selbstverständlich überprüft. Die<br />
Untätigkeitsklage durch den NABU<br />
könne sie nicht nachvollziehen, da<br />
der Naturschutzbund jederzeit bei<br />
der Gemeindeverwaltung hätte<br />
nachfragen können, wann mit einer<br />
Entscheidung zu rechnen sei.<br />
Der NABU-Landesvorsitzende erklärte<br />
dazu, dass diese Aussage nicht<br />
der Wahrheit entspricht. Der Anwalt<br />
des NABU hat bereits am 27. Juni<br />
2018 die Gemeinde angeschrieben<br />
und um Stellungnahme zum Stand<br />
der Bearbeitung des Widerspruchs<br />
gegen die Baumfällgenehmigungen<br />
gebeten. Ausdrücklich hat er darauf<br />
hingewiesen, dass Untätigkeitsklage<br />
erhoben werden kann. Dieses Schrei-<br />
28 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Foto: Jim Kent<br />
Seit Juli 2018 nahezu täglich bewässerten<br />
die Einwohner bei der anhaltenden Trockenheit<br />
die jungen Straßenbäume. Eine Runde<br />
durch den Ort dauerte 1,5 Stunden, bei der 58<br />
Bäume mit 1.000 Liter Wasser versorgt wurden.<br />
Ohne Oldtimer-Traktor Normag (Baujahr 1952) und<br />
der technischen Unterstützung der Firma Egon Fürst aus<br />
Geltow wäre es nicht möglich gewesen und brachte zudem<br />
den Kindern auch noch großen Ferienspaß.<br />
ben ist unbeantwortet geblieben,<br />
auch sonst hat die Gemeinde nicht<br />
reagiert. Das Schreiben vom 27. Juni<br />
2018 liegt der Redaktion vor.<br />
Bei der Begründung der Beschlussvorlage<br />
zur Nachbewilligung<br />
von Haushaltsmitteln für Kontrollen<br />
an Straßenbäumen erklärte die zuständige<br />
Fachbereichsleiterin Kerstin<br />
Murin auf Nachfrage der Gemeindevertreterin<br />
Dr. Winnie Berlin und der<br />
Bürgerinitiative, dass „selbstverständlich“<br />
eine öffentliche Ausschreibung<br />
erfolge. Doch noch bevor die<br />
Gemeindevertretung der Vorlage zustimmte<br />
stellte sich heraus, dass der<br />
Auftrag bereits vergeben und nicht<br />
öffentlich ausgeschrieben worden<br />
war. Trotz Nachfrage der Bürgerintiative<br />
und des stellv. Ortsvorstehers<br />
Jörg Steinbach, erklärte die Bürgermeisterin<br />
auf der Ortsbeiratssitzung<br />
am 20. August 2018, dass sie den<br />
Namen der betreffenden Firma nicht<br />
nennen könne, die den Zuschlag erhalten<br />
habe. Warum eigentlich nicht?<br />
Frau Hoppe erklärte in einem Zeitungsbeitrag<br />
vom 28. Februar 2018<br />
„dass es nichts zu verstecken gäbe“.<br />
Sieht also so die zugesicherte Transparenz<br />
aus? Wer hat den Auftrag bekommen?<br />
Wie sagte das Mitglied der<br />
Gemeindevertretung Ralf Ellguth<br />
auf einer Sitzung am 20. Juni 2018<br />
im Zusammenhang mit Beschau und<br />
gleichzeitiger Durchführung von<br />
Pflege- und Fällarbeiten: „Was bleibt,<br />
ist ein Geschmäckle ...“<br />
Autor Carsten Sicora, geboren<br />
1967 in Dresden, verheiratet, lebt<br />
seit 1989 in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
Einladung zur Einwohnerversammlung<br />
und zum Runden Tisch<br />
„Erhalt der <strong>Waldsiedlung</strong><br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“:<br />
Die Bürgermeisterin, die Gemeindevertreter,<br />
der Ortsvorsteher, der<br />
Ortsbeirat von Geltow sowie der<br />
Fachbereich Naturschutz der<br />
Gemeinde Schwielowsee sind<br />
eingeladen zu einer Informationsveranstaltung<br />
der Bürgerinitiative in den<br />
Bürgerclub, Zum Birkengrund 7a in<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
Freitag, 21. September 2018<br />
um 19:30 Uhr<br />
Die Veranstaltung ist öffentlich.<br />
Interessierte Einwohner der<br />
<strong>Waldsiedlung</strong> sind als Zuhörer<br />
gerne eingeladen.<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 REPORTAGE 29
Aus der Erklärung der Bürgerinitiative „<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“ vom 23. August 2018 zur Auswertung der<br />
Akteneinsicht in Zusammenhang mit erteilten Fällbescheiden seit Oktober 2016:<br />
Die zahlreichen, das zusammenhängende<br />
Ökosystem der<br />
geschützten <strong>Waldsiedlung</strong><br />
gefährdenden Baumfällungen,<br />
besonders in den Jahren 2016 bis<br />
2018 sind nach Ansicht der Bürgerinitiative<br />
und nach gründlicher<br />
Analyse aller vorliegenden Daten auf<br />
vier Ursachen zurückzuführen:<br />
1. Dem völligen Versagen<br />
der Fachbehörde der<br />
Gemeindeverwaltung, die Baumschutzsatzung<br />
umzusetzen.<br />
2. Den Bauvorhaben im Ort mit<br />
z.T. völligem Kahlschlag (Baustelle<br />
HELMA, Schweizer<br />
Str. oder Amselweg).<br />
3. Der Vorgehensweise des von<br />
der Gemeindeverwaltung eingesetzten<br />
Baumkontrolleurs.<br />
4. Dem zweifelhaften Vorgehen<br />
einzelner Baumfällfirmen.<br />
Bei über 560 Bäumen in einem Zeitraum<br />
von weniger als zwei Jahren (dies<br />
entspricht mehr als 10% des Gesamtbaumbestandes)<br />
müssen wir davon<br />
ausgehen, dass Teile der <strong>Waldsiedlung</strong><br />
regelrecht abgeschlachtet wurden.<br />
Und: Es ist kein Ende abzusehen – es ist<br />
damit zu rechnen, dass eine sehr große<br />
Anzahl von beschiedenen Fällanträgen<br />
noch bestehen, die ab 1. Oktober 2018<br />
umgesetzt werden könnten, da sie<br />
über diesen Zeitraum hinaus Gültigkeit<br />
haben. Zudem ist in der Bauleitplanung<br />
der Gemeinde ein 1,3 ha<br />
großes Siedlungsprojekt „Schweizer<br />
Straße Nord“ mit der Priorität bis<br />
2020/21 aufgenommen worden, wo<br />
ein großer und unbedingt schützenswerter<br />
Baumbestand im direkten<br />
Umfeld in Gefahr ist. Diese Fläche<br />
ist größer als die Siedlungsfläche am<br />
Markt.<br />
Zur Auswertung der Akteneinsicht:<br />
Durch mangelnde Aktenführung<br />
und fehlende Protokollierung<br />
sowie geschwärzte Örtlichkeiten<br />
ist eine nachträgliche Überprüfung<br />
der erteilten Fällbescheide sehr<br />
erschwert bis fast unmöglich<br />
gemacht und damit einer demokratischen<br />
Kontrolle – Sinn einer<br />
Akteneinsicht – jede Grundlage entzogen<br />
worden.<br />
Von einer Umsetzung gesetzlicher<br />
Bestimmungen bei Fällanträgen kann<br />
überhaupt keine Rede sein.<br />
Zudem wurden mehrere Aktenvorgänge,<br />
Unterlagen und wesentliche<br />
Niederschriften, so genannte<br />
Kladden, zurückgehalten. Die<br />
vorgelegte Aktenlage entspricht<br />
zudem offensichtlich nicht der<br />
Originalaktenlage.<br />
Mehrere Akten und Schreiben<br />
von Bürgern belegen, dass die<br />
begutachtende Firma zugleich die<br />
fällausführende Firma ist. Über die<br />
Art der Begutachtung von ganzen<br />
Grundstücken durch den Baumkontrolleur,<br />
gibt es zudem ein<br />
Schriftstück der leitenden Fachbereichsleiterin,<br />
die diese Form der<br />
Baumschau ausschließt.<br />
Das Ordnungsamt der Gemeindeverwaltung<br />
ist bereits im Dezember<br />
2017 von der Vorgehensweise<br />
einzelner Baumfällfirmen in Kenntnis<br />
gesetzt worden (Anzeige illegaler<br />
Baumfällungen, Verdacht der Amtsanmaßung).<br />
Da davon ausgegangen<br />
werden musste, dass diesen<br />
Anzeigen durch die Gemeindeverwaltung<br />
nicht nachgegangen wurde,<br />
sowie die Fällungen völlig außer<br />
Kontrolle gerieten, wurde die Untere<br />
Naturschutzbehörde im Februar per<br />
Anzeige (Verdacht Amtsanmaßung,<br />
Verdacht illegaler Baumfällung,<br />
Verstoß von Mitarbeitern gegen die<br />
Baumschutzsatzung usw.) in Kenntnis<br />
gesetzt und sie gebeten, die Vorgänge<br />
zu überprüfen und ggf. auch<br />
strafrechtliche Schritte veranlassen<br />
zu lassen. Außer einer exemplarisch<br />
erfolgten Muster-Baumschau, auf<br />
die sich die Bürgermeisterin immer<br />
wieder bezieht und bei der auch<br />
Bäume zur Fällung abgelehnt wurden<br />
und auf artenschutzrechtliche<br />
Bestimmungen eingegangen worden<br />
ist, erfolgte aber außer einer Eingangsbestätigung<br />
keine Reaktion der<br />
Kontrollbehörde.<br />
AUSWERTUNG AKTENEINSICHT<br />
Baumentnahmen <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, Zeitraum Oktober 2016 – April 2018<br />
Von 143 eingesehenen Aktenvorgängen waren<br />
0 als korrekt im Sinne der Baumschutzsatzung<br />
einzustufen<br />
Fehlerhafte (mehrfach verwendete) oder kein<br />
Aktenzeichen der Bescheide: 39<br />
Von 143 Bescheiden:<br />
Verstöße wurden wie folgt festgestellt: 143<br />
(2 Bescheide enthielten vernachlässigbare<br />
Formfehler, jedoch ebenfalls kein Baumschauprotokoll.)<br />
Davon gravierende Verstöße Fällbescheid: 113<br />
Davon gravierende Verstöße Nachpflanzungen:<br />
137<br />
135 der 143 Vorgänge hätten wegen<br />
fehlender Voraussetzung überhaupt nicht<br />
bearbeitet werden dürfen, da:<br />
Kein Antrag vorlag: 38<br />
Da ein Antrag auf Begutachtung, nicht jedoch<br />
auf Fällung vorlag: 7<br />
Kein Lichtbild vorlag: 108<br />
Kein Lageplan vorlag: 99<br />
Kein Stammumfang vorlag: 106<br />
Kein Kronenradius vorlag: 122<br />
135 Anträgen hätte nicht stattgegeben werden<br />
dürfen, da die Voraussetzungen nach § 6 Abs.1<br />
BSchS nicht vorlagen: 135<br />
Die Antragsgründe offensichtlich nicht mit den<br />
angegebenen Fällgründen übereinstimmten:<br />
43<br />
Erhebliche Zweifel an den Gründen für die<br />
Genehmigung vorliegen (pauschale Begründungen):<br />
107<br />
In keinem Fall war durch das Vorhandensein<br />
eines an die FLL-Richtlinien angelehntes Protokoll<br />
einer Baumschau nachgewiesen, dass<br />
überhaupt eine Baumschau stattgefunden hat.<br />
In keinem Fall wurde ein Vitalitätszustandsoder<br />
Standsicherheitsgutachten nach §6 (1)<br />
verlangt.<br />
30 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
• In einem Fall lag ein Gutachten vor, jedoch<br />
ist nicht ersichtlich, ob das Gutachten dem<br />
Zweck der Antragstellung oder Überprüfung<br />
des Antrages diente. (si-pr. 80 Nr. 94).<br />
• Ein Bürger hat seinen Antrag von sich aus<br />
mit einem externen Gutachten begründet<br />
(si-pr./S.135).<br />
Es besteht die Vermutung, dass auf den Antragsformularen<br />
der Bürger handschriftliche<br />
Veränderungen bzw. Ergänzungen durchgeführt<br />
wurden, die nicht der schriftlichen<br />
Antragstellung entsprachen.<br />
Anzahl und Art von Bäumen wurden geändert,<br />
z.T. wurden Strichlisten über die Anzahl der<br />
zu fällenden Bäume geführt, wobei nicht ersichtlich<br />
ist, wer diese Ergänzungen eingefügt<br />
hat, oder ob die Vermerke vom Bürger selbst<br />
stammen. Die Vermerke sind nicht signiert.<br />
In 132 Fällen wurde gegen §7 BSchS (Ersatzpflanzungen,<br />
Ausgleichszahlungen) verstoßen.<br />
Zu wenig Nachpflanzungen angeordnet:<br />
132 Bescheide<br />
Falsche Art der Nachpflanzungen:<br />
130 Bescheide<br />
Angezeigte Nachpflanzungen durch Bürger: 5<br />
Nachweis über kontrollierte Nachpflanzungen<br />
durch Gemeindeverwaltung: 0<br />
Unbegründete/nicht nachvollziehbare Ersatzzahlungen:<br />
25<br />
Fällbescheide wurden erteilt: 132<br />
Fällbescheide wurden abgelehnt: 8<br />
(5x seit dem 19.2.18, 1x betraf Straßenbaum<br />
Nr. G1118 zusätzlich 2x si vom 22.9.2017)<br />
Fällbescheide erweitert in die Vegetationsperiode:<br />
10<br />
Fällbescheide aus Gründen von Bautätigkeit:<br />
30 Bescheide (181 Bäume)<br />
Fällbescheide aus anderen Gründen: 102<br />
Verdacht des Verstoßes gegen Artenschutzrechtliche<br />
Bestimmungen: 8<br />
(z.B.Fledermaushöhlungen)<br />
Ersatzzahlungen wurden angeordnet: 28<br />
Summe Ersatzzahlungen: 11.050 €<br />
Gebühren: 128 Vorgänge<br />
Summe Gebühren: 6530,50 €<br />
4 Vorgang ohne Gebühr (si-pr vom 18.10.16,<br />
1x ohne Aktenzeichen vom 14.11.17,<br />
1x ohne Aktenzeichen vom 09.10.17,<br />
si-pr/S.179 vom 31.8.17)<br />
Bekannte Fäll-Vorgänge ohne Akte: 6<br />
(2 x Großer Querweg, 2x An der Kirche,<br />
1 x Kronenkappung), 3x Amselweg)<br />
Fehlend angeordnete Nachpflanzungen:<br />
326 standortgerechte Nadelbäume<br />
95 standortgerechte Laubbäume (§7 (2) 2.<br />
a, b)<br />
Gesamt: 421<br />
(höhere Anzahl bedingt sich aus Ersatzzahlungen)<br />
Fällgenehmigungen wurden erteilt über:<br />
368 Bäume<br />
Kiefern: 242, Birken: 35, Robinien: 28, Fichten:<br />
13, Ahorn: 11, Pappeln: 9, Tannen: 8, Eichen: 5,<br />
Kastanien: 4, Douglasien: 3, Lärchen: 3, Thuja,<br />
Linden und Erlen: je 2, Weide: 1<br />
Von Bürgern angezeigte Baumstürze durch<br />
Sturm: 13 (Kiefer 10, Fichte 3)<br />
Weitere bekannt gewordene Baumstürze Sturm:<br />
29 (27 Kiefern, 2 Pappeln)<br />
Geschätzt ca. 45<br />
Bekannt gewordene Baumstürze öffentl. Raum:<br />
8 (5 Birken, 2 Pappeln, 1 Eiche)<br />
Unfall Abfallwirtschaft (Nachtrag Juni 2018;<br />
Kastanien Amselweg): 2<br />
Baumentnahmen durch Fällung öffentl. Raum:<br />
unbekannt, geschätzt: 20<br />
Vertrocknete Nachpflanzungen Fuchsweg,<br />
Eichen: 2<br />
Baumentnahmen Bauvorhaben Schweizer Str.:<br />
unbekannt, geschätzt: 120<br />
Gesamtbaumentnahmen <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
Oktober 2016 – April 2018<br />
(mit Nachtrag Juni 2018): 562
Seit nunmehr sechs Jahren bemüht sich eine kleine Gruppe engagierter Einwohner<br />
ein örtliches Problem zu lösen, das große Schäden verursachen kann.<br />
Die Interessengemeinschaft Erholungsort Geltow bietet Richter Abfallrecycling die Stirn.<br />
Trinkwasser aus dem Schmutzgebiet<br />
VON GUNTER JUNG<br />
Seit Juni 2012 ist Geltow staatlich<br />
anerkannter Erholungsort.<br />
Mit dieser Ausweisung<br />
erhofften sich die Bürger<br />
auch Verbesserungen für die Wohnqualität<br />
des Ortsteils. Nördlich der<br />
Ortslage liegt das Betriebsgelände<br />
des Abfallbetriebs Richter Recycling.<br />
Der Betrieb hat sich seit 1990 auf der<br />
Fläche eines ehemaligen Kuhstalls<br />
entwickelt. Wohnbebauung schließt<br />
sich direkt südlich an das Betriebsgelände<br />
an, im Übrigen ist es vollständig<br />
umschlossen vom Landschaftsschutzgebiet<br />
„Potsdamer Wald- und<br />
Havelseengebiet“.<br />
Das Landschaftsschutzgebiet soll<br />
die Schönheit und Einmaligkeit der<br />
Landschaft bewahren.<br />
Die Gründung der<br />
Interessengemeinschaft<br />
Im Laufe der Zeit ist die Belastung<br />
der Anwohner durch Richter Recycling<br />
durch den Lärm und den Gestank<br />
vom Betriebsgelände immer stärker<br />
angewachsen. Der Standort ist für die<br />
Groß-Lkws nur über eine lange Zufahrt<br />
mit erheblichen Auswirkungen<br />
auf den Erholungsstandort und die<br />
Nachbarschaft zu erreichen. Bereits<br />
im Februar 2012 wurden an einem<br />
Arbeitstag auf der Straße „Am Pappeltor“<br />
von insgesamt 483 Kfz-Bewegungen<br />
allein 78 Lkws zum und vom<br />
Standort Richter Recycling gezählt<br />
(Schalltechnische Untersuchung LG<br />
Argus vom 27.02.2012). Dann wurde<br />
bekannt, dass die Betriebszeiten von<br />
Die behördliche<br />
Genehmigung<br />
für die Nutzung<br />
dieser Fläche<br />
ist Ende 2005<br />
ausgelaufen<br />
Richter Recycling auf Betreiben der<br />
Firma von 18 auf 22 Uhr verlängert<br />
und auch sonnabends von 7 bis 14<br />
Uhr gestattet wurde. Diese Verschärfung<br />
der Situation hat die Bürgerinnen<br />
und Bürger auf die Barrikaden<br />
getrieben. Als dann im Entwurf des<br />
neuen Flächennutzungsplans (FNP)<br />
im Norden Geltows ein Industriegebiet<br />
eingeplant war, gründete sich<br />
die „Interessengemeinschaft Erholungsort<br />
Geltow“ (IEG). Sie will erreichen,<br />
dass die Belastungen durch<br />
den Abfallbetrieb verringert werden<br />
und der Betrieb die rechtlichen Vorschriften<br />
und die Auflagen der behördlichen<br />
Genehmigungen einhält.<br />
Der Abfallbetrieb ist auch ein Hemmnis<br />
für die weitere Entwicklung des<br />
Ortsteils. Wohnflächen können in der<br />
Nähe dieses industriellen Standortes<br />
nicht entwickelt werden. Inzwischen<br />
hat Richter Recycling allerdings seinen<br />
Betriebssitz nach Potsdam verlegt,<br />
bei ungeklärter Lage des Standorts<br />
Geltow.<br />
Foto: Interessengemeinschaft Erholungsort Geltow<br />
CHRONIK<br />
Aktionen der<br />
„Interessengemeinschaft<br />
Erholungsort Geltow“<br />
30. MÄRZ 2012<br />
560 Unterschriften besorgter<br />
Geltower Bürger wurden von<br />
der „Interessengemeinschaft<br />
Erholungsort Geltow“ der stellvertretenden<br />
Bürgermeisterin, Frau<br />
Lietz, im Beisein der Bauamtsleiterin,<br />
Frau Murin, übergeben.<br />
In dieser Unterschriftenaktion<br />
machten die unterzeichnenden Bürger<br />
zum Entwurf des Flächennutzungsplan<br />
(FNP) Schwielowsee deutlich:<br />
- Ablehnung der Ausweisung<br />
einer gewerblichen Baufläche in<br />
Geltow (verlängerte <strong>Wildpark</strong>straße)<br />
zugunsten der Firma<br />
Richter Recycling GmbH;<br />
- Ablehnung einer Ausgliederung<br />
von Flächen aus dem LSG „Potsdamer<br />
Wald- und Havelseengebiet<br />
als Containerstellplatz<br />
Sonderbaufläche), als auch Flächen<br />
zugunsten des Betriebsstandortes.<br />
1. MAI 2012<br />
Ausweitung als Trinkwasserschutzzone<br />
IIIB des Wasserwerks Potsdam<br />
<strong>Wildpark</strong> bis in den Raum Geltow.<br />
10. SEPTEMBER 2012<br />
In der Stellungnahme der Gemeinde,<br />
unter Aktenzeichen BIM 2012- G-022<br />
Bauaufsicht Reg. Nr. 015-Ä00/12,<br />
zum neuen Änderungsantrag der<br />
Richter Recycling GmbH, unter der<br />
32 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Eine Aufnahme vom 29. Juli 2018 zeigt deutlich die<br />
offenen Abfallberge in der Trinkwasserschutzzone<br />
Rubrik 12. Schutzgebiete, blieb die<br />
Frage nach dem Wasserschutzgebiet<br />
unbeachtet. Folglich erhielt die<br />
Genehmigungsbehörde, LUGV (heute<br />
LfU), von der Gemeinde Schwielowsee<br />
keine sachgerechte Information. Auch<br />
deshalb entstand u. a. ein vornehmlicher<br />
Genehmigungsbescheid ohne<br />
die besonderen Bedürfnisse einer<br />
Wasserschutzzone. Abfälle aller<br />
Art dürfen aber in der Anlage einer<br />
Wasserschutzzone nicht offen lagern.<br />
Das Eindringen von Niederschlagswasser<br />
in Abfälle muss auf alle Fälle<br />
verhindert werden, damit es nicht zu<br />
Ausschwemmungen von trinkwassergefährdenden<br />
Substanzen kommt.<br />
Obwohl das Trinkwasser in Geltow<br />
und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> direkt betroffen<br />
ist, verhält sich die Verwaltung der<br />
Gemeinde Schwielowsee in Sachen<br />
Wasserschutzzone weiterhin passiv .<br />
Die untere Wasserbehörde des Landkreises<br />
Potsdam-Mittelmark (uWB-PM)<br />
hat bis heute kein wirksames<br />
Konzept zur Schmutzwasserentsorgung.<br />
Folglich wird gebilligt,<br />
dass – wie bei den letzten beiden<br />
Niederschlägen (Juni/Juli 2018) in<br />
Geltow – Schmutzwassermengen in<br />
der Größenordnung von 170.000<br />
m³ in das Grundwasser der Trinkwasserzone<br />
gelangen. Weiterhin hat<br />
der Betreiber Möglichkeiten zur Entsorgung<br />
im Verborgenen geschaffen.<br />
26. MÄRZ 2014<br />
Landgericht Potsdam: Klage von<br />
Anliegern aus dem Kreis der IEG.<br />
Der Betreiber Richter Recycling<br />
GmbH darf Privatland nicht mehr<br />
als Zufahrt nutzen. Im Verlauf<br />
»<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 REPORTAGE 33
15 Stunden nach dem Niederschlag von ca. 60 l/m am Abend des 1. Juni 2018 steht die Betriebsäche nördlich der<br />
alten Arbeitshalle unter Schmutzwasser. Die Aufnahme entstand am 2. Juni 2018 gegen 11 Uhr.<br />
Foto: Interessengemeinschaft Erholungsort Geltow<br />
Außerdem nutzt Richter Recycling<br />
circa 300 Meter westlich des<br />
Betriebsgeländes eine circa 3,5 Hektar<br />
große Fläche als Container-Umschlagplatz.<br />
Die behördliche Genehmigung<br />
für die Nutzung dieser<br />
Fläche ist Ende 2005 ausgelaufen.<br />
Seit diesem Zeitpunkt – seit mehr als<br />
12 Jahren – nutzt Richter Recycling<br />
diese große Fläche ohne behördliche<br />
Zulassung und damit rechtswidrig.<br />
Die Brandschutzdienststelle<br />
hat reagiert:<br />
Die Holzhaufen liegen<br />
nicht mehr unmittelbar<br />
am Waldrand.<br />
Ob das im Brandfall<br />
ausreichend ist, darf<br />
bezweifelt werden<br />
Die Betriebserweiterung<br />
Im Jahr 2012 beantragte Richter<br />
Recycling beim Landesumweltamt<br />
eine erhebliche Erhöhung der jährlichen<br />
Umschlagmenge aller Abfälle.<br />
Zuvor hatte die Interessengemeinschaft<br />
die Gemeindevertreter eingeladen,<br />
sich die Situation vor Ort anzusehen.<br />
Die Bürgermeisterin hatte<br />
diese Einladung nicht wahrgenommen.<br />
Vor Ort haben alle Gemeindevertreter<br />
erklärt, dass der Betrieb<br />
zwar Bestandsschutz besitze, er sich<br />
aber an die gesetzlichen Bestimmungen<br />
zu halten habe. Die Verschmutzung<br />
des angrenzenden <strong>Wildpark</strong>s<br />
durch verwehte Abfälle müsse aufhören,<br />
die Belastung der Anwohner<br />
durch Lärm und Gestank reduziert<br />
werden. Auf keinen Fall, erklärten<br />
die Gemeindevertreter, würden sie<br />
einer Betriebserweiterung zustimmen.<br />
Bald darauf erläuterte der Geschäftsführer<br />
der Firma Richter in<br />
einer Sondersitzung des Ortsbeirates<br />
Geltow in Ferch am 28.08.2012, dass<br />
eine Erhöhung der jährlichen Umschlagmenge<br />
von 55.000 Tonnen auf<br />
90.000 Tonnen beantragt sei. Trotz<br />
aller vorherigen Erklärungen hat die<br />
Mehrheit des Ortsbeirates dieser immensen<br />
Ausweitung unter geringen<br />
Auflagen zugestimmt. Erst später<br />
stellte sich heraus, dass die jährliche<br />
Umschlagmenge „nur“ auf 69.000<br />
Tonnen erhöht werden soll. Im Laufe<br />
des weiteren Verfahrens hat die Interessengemeinschaft<br />
zahlreiche fachlich<br />
begründete Einwände erhoben<br />
dieser Klage hatte die Gemeinde<br />
Schwielowsee eilends einen<br />
sogenannten Städtebaulichen Vertrag<br />
am 24.04.2013 zum Beschluss<br />
aufgelegt, der die Überbauung dieser<br />
privaten Flächen ausräumen sollte.<br />
Im Ergebnis entstand die heutige<br />
Beton-Buckel-Piste als Polterstrecke<br />
und Feinstaubproduzent beim<br />
Überfahren mit Lkw-Containern.<br />
15. OKTOBER 2014<br />
Erwirkung einer Ordnungsver-<br />
ügung nach 20 Abs.1 und 2<br />
BImSchG beim LUGV. Beräumung<br />
des jahrelang illegal als Betriebsfläche<br />
genutzten Flurstücks 2<br />
Flur 5 Geltow samt Umsetzung<br />
von Sicherungsmaßnahmen.<br />
08. DEZEMBER 2014<br />
Von der IEG initiierte Brandverhütungsschau.<br />
Ergebnis nach<br />
vielen Blockaden der Bauaufsicht<br />
Potsdam-Mittelmark:<br />
Die abschließende Errichtung<br />
von zwei Löschwasserbrunnen<br />
auf dem Betriebsgelände.<br />
20. JULI 2015<br />
Forderung der IEG an LUGV, dem<br />
heutigen LfU, nach Konformität des<br />
Betriebsstandorts Richter Recycling<br />
GmbH mit der damals maßgeblichen<br />
BImSchG-Genehmigung 2009.<br />
18. DEZEMBER 2015<br />
An diesem Tag wurde von der<br />
Gemeindevertretung Schwielowsee<br />
die Beton-Buckel-Piste und weiter bis<br />
zur <strong>Wildpark</strong>straße die Straße „An<br />
der Feldflur öffentlich gewidmet. Bis<br />
heute ist das Ergebnis lückenhaft<br />
34 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
CONTAINER<br />
USCHLAG<br />
PLATZ<br />
AN DER FELDFLUR<br />
WILDPARK<br />
AM PAPPELTOR<br />
RICHTER<br />
RECYCLING<br />
WOHNBEBAUUNG<br />
ZUFAHRT RECYCLINGBETRIEB<br />
WOHNBEBAUUNG<br />
WOHNBEBAUUNG<br />
lastikmüll, Verwehungen im <strong>Wildpark</strong>,<br />
Aufnahme vom 29. Juli 2018<br />
Foto: Interessengemeinschaft Erholungsort Geltow<br />
Lageplan von Geltow Nord:<br />
Wohnbebauung, Recclingbetrieb und <strong>Wildpark</strong><br />
Grafik: Ralph Berek<br />
und Gespräche geführt. Dennoch<br />
erteilte das Landesumweltamt die<br />
immissionsschutzrechtliche Genehmigung<br />
zur beantragten Erweiterung<br />
der Anlage und damit zur Ausweitung<br />
der Belastung für die gesamte Nachbarschaft<br />
und das Erholungsgebiet.<br />
Gefahr für das Grundwasser<br />
Das Betriebsgelände von Richter<br />
Recycling liegt im Trinkwasserschutzgebiet<br />
des Wasserwerks <strong>Wildpark</strong>,<br />
das auch Geltow und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
mit Trinkwasser versorgt. Nach der<br />
Rechtsverordnung ist die Behandlung<br />
von Abfällen im Trinkwasserschutzgebiet<br />
verboten. Dennoch<br />
wurde für die erhebliche Betriebsausweitung<br />
eine Ausnahmegenehmigung<br />
als Sofortvollzug erteilt. Gegen<br />
den immissionsschutzrechtlichen Bescheid<br />
zur Betriebserweiterung und<br />
Damals war es auch<br />
noch leichter,<br />
im Havelboten<br />
kritische Leserbriefe<br />
zu veröffentlichen<br />
die wasserrechtliche Ausnahmegenehmigung<br />
hat der Wasserversorger<br />
Energie und Wasser Potsdam (EWP),<br />
der Betreiber des Wasserwerks <strong>Wildpark</strong>,<br />
Klage beim Verwaltungsgericht<br />
erhoben. Der Wasserversorger befürchtet,<br />
dass das Grundwasser durch<br />
den Abfallbetrieb gefährdet ist. Mit<br />
zahlreichen Fotos über die unhaltbaren<br />
Zustände auf dem Betriebsgelände,<br />
etwa über die offene Lagerung<br />
stark verschmutzter Abfälle auf offenem<br />
Boden, hat die Interessengemeinschaft<br />
den Wasserversorger informiert.<br />
Über die Klage von EWP hat<br />
das Verwaltungsgericht noch nicht<br />
entschieden.<br />
ffentlichkeit informieren<br />
Über den Einsatz der Interessengemeinschaft<br />
wurde mehrfach in den<br />
Lokalzeitungen berichtet. Damals war<br />
es auch noch leichter, im Havelboten<br />
kritische Leserbriefe zu veröffentlichen.<br />
Dabei ging es um die unzumutbaren<br />
Auswirkungen durch Lärm<br />
und Gestank, die unzulässige Ausdehnung<br />
des Betriebs in das Landschaftsschutzgebiet,<br />
die Inanspruchnahme<br />
fremder Grundflächen durch<br />
Richter Recycling, die unzulässige<br />
Nutzung großer und lärmintensiver<br />
weil das Verbindungsstück zwischen<br />
Beton-Buckel-Piste und <strong>Wildpark</strong>straße<br />
nicht existiert. Laut Verwaltung<br />
Schwielowsee hindert ein grünes<br />
Schild „Abwasser“ mitten auf der<br />
Fläche die Trassierung. Die beiden<br />
Teilabschnitte der Straße „An der<br />
Feldflur bleiben somit Sackgassen.<br />
Das Teilstück Beton-Buckel-Piste ist<br />
arbeitstäglich Privatstraße der Richter<br />
Recycling GmbH. Ein Begegnungsverkehr<br />
mit Pkw, Radfahrern, Fußgängern,<br />
Reitern usw. wäre wegen des dort<br />
herrschenden Schwerlastverkehrs<br />
und der Nutzbreite von weniger als<br />
, m lebensgeährlich. rotzdem<br />
beharrt die Verwaltung Schwielowsee<br />
au der öffentlichen Widmung dieser<br />
Fahrstrecke. Symbolhaft für einen<br />
staatlich anerkannten Erholungsort.<br />
04. JULI 2016<br />
Erwirkung einer Ordnungsverfügung<br />
nach §20 Abs.1 und<br />
2 BimSchG, als Ergebnis der<br />
Forderung IEG vom 20.7.15:<br />
Mit Feststellung einer Überschreitung<br />
der zulässigen Lagerkapazität der<br />
Abfälle um das 3,7fache und mit<br />
Untersagung der Lagerung in nicht<br />
dafür genehmigten Bereichen des<br />
Anlagengrundstücks, Beräumung von<br />
Abfällen in einzelnen Bereichen, Festlegung<br />
von betrieblichen Maßnahmen.<br />
Das Eingeständnis des Versagens<br />
der Überwachung von damals<br />
LUGV-RW2 und heute LfU T26 ist<br />
für eine Überwachungsbehörde<br />
negativ beispielhaft und gleichzeitig<br />
für uns als IEG Ansporn.<br />
»<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 REPORTAGE 35
Sortieranlagen, die unzureichenden<br />
Möglichkeiten einer Brandbekämpfung,<br />
die völlig ungenügende Ableitung<br />
verunreinigten Regenwassers –<br />
um einige der wichtigsten Punkte zu<br />
nennen. Unablässig hat die Interessengemeinschaft<br />
eingefordert, dass<br />
Gemeinde, Landkreis und Landesumweltamt<br />
gegen Rechtsverstöße von<br />
Richter Recycling vorgehen.<br />
Container-Umschlagplatz:<br />
Endlich wird gehandelt<br />
Weil die Fläche Bestandteil des<br />
Landschaftsschutzgebietes ist, wurde<br />
der Container-Umschlagplatz immer<br />
wieder nur befristet genehmigt.<br />
Die letzte befristete Genehmigung<br />
des Container-Umschlagplatzes wurde<br />
ausdrücklich damit begründet,<br />
dass Richter Recycling noch einmal<br />
Zeit für die Erschließung eines anderen<br />
Standortes eingeräumt werden<br />
soll. Diese Möglichkeit hat die Firma<br />
nicht genutzt. Ende 2005 lief auch<br />
diese befristete Genehmigung aus.<br />
Seitdem nutzt Richter Recycling das<br />
circa 35.000 Quadratmeter große<br />
Gelände rechtswidrig. Die Fläche<br />
liegt nicht nur im Landschaftsschutzgebiet,<br />
sondern auch im Trinkwasserschutzgebiet<br />
und ist im Flächennutzungsplan<br />
der Gemeinde als<br />
Grünfläche ausgewiesen.<br />
Bisher hat die Bauaufsicht des<br />
Landkreises nur zögerlich und halbherzig<br />
gehandelt, um den rechtswidrigen<br />
Zustand zu beenden. Die Interessengemeinschaft<br />
hat sich deshalb<br />
2016 an den Petitionsausschuss des<br />
Landtages Brandenburg gewandt.<br />
Nachdem die Parlamentarier zweimal<br />
nur unbefriedigende Stellungnahmen<br />
des Landkreises erhalten<br />
hatten, schaltete sich der Petitionsausschuss<br />
das Bauministeriums des<br />
Landes als Aufsichtsbehörde ein. Das<br />
Ministerium hat den Landkreis offensichtlich<br />
zum Tätigwerden gezwungen.<br />
Richter Recycling hat nunmehr<br />
eine Ordnungsverfügung erhalten,<br />
den Container-Umschlagplatz bis<br />
November dieses Jahres zu räumen.<br />
Zugleich wurde die sofortige Vollziehung<br />
des Bescheides angeordnet, so<br />
dass Rechtsmittel von Richter Recycling<br />
keine aufschiebende Wirkung<br />
haben.<br />
Viele Jahre Engagement<br />
Sechs Jahre ist die „Interessengemeinschaft<br />
Erholungsort Geltow“<br />
jetzt schon aktiv. Sie wollte erreichen,<br />
dass die Betriebsweise von Richter<br />
Recycling mit den Wohnbedürfnissen<br />
einigermaßen vereinbar gemacht<br />
wird. Außerdem soll der rechtswidrigen<br />
Nutzung des Container-Umschlagplatzes<br />
ein Ende gemacht werden.<br />
Bei Gemeinde, Landkreis und<br />
Landesumweltamt wurde immer wieder<br />
Akteneinsicht genommen. Viele<br />
Beschwerden und Eingaben wurden<br />
gemacht, um die Behörden zum<br />
Handeln zu bringen. Zahlreiche Umweltverstöße<br />
haben die Bürger den<br />
Behörden angezeigt. Die Behörden<br />
haben zum Teil reagiert und Richter<br />
Recycling Grenzen aufgezeigt. Wer<br />
weiß, wie sich der Betrieb sonst entwickelt<br />
hätte. Dieses Engagement ist<br />
auch künftig erforderlich. Die Nutzung<br />
des Container-Umschlagplatzes<br />
muss in diesem Jahr beendet werden.<br />
Ohne den ausdauernden Einsatz der<br />
Interessengemeinschaft würde der<br />
rechtlose Zustand wohl ohne Ende<br />
andauern. Die Interessengemeinschaft<br />
erwartet vom Landkreis, dass<br />
er nunmehr konsequent für eine Räumung<br />
des Container-Umschlagplatzes<br />
sorgt.<br />
Umgeräumt<br />
Die Brandschutzdienststelle Potsdam-Mittelmark<br />
hat inzwischen reagiert:<br />
Die Holzhaufen liegen jetzt<br />
nicht mehr unmittelbar am Waldrand.<br />
Ob das im Brandfall allerdings ausreichend<br />
ist, um ein Übergreifen eines<br />
Feuers auf den Schäfereiberg und damit<br />
auf den <strong>Wildpark</strong> zu verhindern,<br />
darf bezweifelt werden.<br />
Autor Gunter Jung, Naturwissenschaftler<br />
und Dipl.-Physiker,<br />
Jahrgang 1937, lebt seit 2000 in<br />
Geltow. Er ist einer der Mitstreiter<br />
der Interessengemeinschaft<br />
Erholungsort Geltow.<br />
21. NOVEBER 2016<br />
Amtsgericht Potsdam, Folge<br />
der Anzeigen der IEG bei der<br />
Staatsanwaltschaft Potsdam:<br />
Geschäftsführer und Betriebsleiter<br />
der Richter Recycling GmbH<br />
in Geltow werden zu einer hohen<br />
fünfstelligen Geldstrafe verurteilt.<br />
Die beiden hatten zuvor gestanden,<br />
auf dem Betriebsgelände in Geltow<br />
unerlaubt Anlagen betrieben<br />
und den Betriebsstandort ohne<br />
Genehmigung vergrößert zu haben.<br />
14. DEZEMBER 2016<br />
Die modifizierte Stellplatzsatzung<br />
der Gemeine Schwielowsee wird<br />
beschlossen. Neue wie alte Satzung<br />
erfordern in Bezug auf das Betriebsgelände<br />
Richter Recycling GmbH,<br />
Geltow je nach BImSchG (2009<br />
alt / 2016 neu) zwischen 38/68<br />
gesicherte Kfz-Stellplätze. Diese<br />
gesicherten Stellplätze (ungehindertes<br />
An- und Abfahren) existieren nicht.<br />
Geparkt wird von Arbeitnehmern<br />
und dem Zuliefererverkehr wild<br />
auf dem Außengelände um den<br />
Betriebsstandort (private Ackerflächen<br />
und Forst otsdam). Au<br />
Nachfrage bei der Verwaltung<br />
Schwielowsee kommt gleichermaßen<br />
eine Stellplatzablöse gegenüber<br />
dem Betreiber nicht in Frage.<br />
30. MÄRZ 2017<br />
Kreistagsbeschluss Potsdam-<br />
Mittelmark: Der Landrat möge die<br />
Fortsetzung des beim Verwaltungsgericht<br />
Potsdam ruhenden Verfahrens<br />
in Sachen Baugenehmigung<br />
36 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Nach Angaben der „Interessengemeinschaft<br />
Erholungsort Geltow“<br />
gibt es noch immer kein<br />
Schmutzwasser-Auffangbecken.<br />
Jedoch hat die zuständige Brandschutzdienststelle<br />
Potsdam-Mittelmark<br />
reagiert: Die Holzhaufen<br />
liegen jetzt nicht mehr unmittelbar<br />
am Waldrand. Ob das im Brandfall<br />
allerdings ausreichend ist,<br />
um ein Übergreifen eines Feuers<br />
auf den Schäfereiberg und damit<br />
auf den <strong>Wildpark</strong> zu verhindern,<br />
darf bezweifelt werden.<br />
Aus der Antragsbegründung der<br />
Energie und Wasser otsdam GmbH<br />
gegen das Land Brandenburg vom<br />
12. September 2017 in der Verwaltungsstreitsache<br />
VG1 L1/17 vom<br />
24. Juli 2017, die der Redaktion vorliegt,<br />
geht u.a. hervor:<br />
Der Antragsteller hält es für<br />
unumgänglich, dass die Kammer<br />
eine Entscheidung trifft. Ansonsten<br />
würde die Gefahr bestehen, dass<br />
im Einzugsgebiet des Wasserwerks<br />
Potsdam-<strong>Wildpark</strong> das Grundwasser<br />
gefährdet wird. Das Wasserwerk<br />
Potsdam-<strong>Wildpark</strong> versorgt die Potsdamer<br />
Innenstadt, die Brandenburger<br />
Vorstadt, Potsdam-<strong>West</strong>, Eiche,<br />
Golm, Geltow, Teile von Bornim und<br />
Bornstedt, das Bornstedter Feld und<br />
die Berliner Vorstadt mit Wasser.<br />
Durch den Vollzug der Änderungsgenehmigung<br />
drohen irreparable<br />
Schäden für die Trinkwasserversorgung<br />
des Wasserwerks <strong>Wildpark</strong>.<br />
§ 326 StGB Umweltgefährdende<br />
Abfallbeseitigung:<br />
Wer unbefugt Abfälle, die nach Art,<br />
Beschaffenheit oder Menge geeignet<br />
sind, nachhaltig ein Gewässer,<br />
die Luft oder den Boden zu verunreinigen<br />
oder sonst nachteilig<br />
zu verändern oder außerhalb einer<br />
dafür zugelassenen Anlage oder<br />
unter wesentlicher Abweichung<br />
von einem vorgeschriebenen oder<br />
zugelassenen Verfahren behandelt,<br />
lagert, ablässt oder sonst beseitigt,<br />
wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf<br />
Jahren oder Geldstrafe bestraft.<br />
Energie und Wasser otsdam, der<br />
Betreiber des Wasserwerks <strong>Wildpark</strong><br />
schrieb auf unsere Anfrage:<br />
„Es gibt derzeit keine Erkenntnisse,<br />
die auf eine Verunreinigung<br />
des Trinkwassers im Bereich der<br />
Betriebsanlage der Firma Richter<br />
Recycling hindeuten. Allerdings ist<br />
die Energie und Wasser Potsdam<br />
GmbH (EWP) grundsätzlich sehr<br />
aufmerksam bei Aktivitäten in Trinkwasserschutzzonen.<br />
Daher hat die<br />
EWP auch von der Möglichkeit der<br />
Stellungnahmen gegenüber dem<br />
Landesamt für Umwelt Gebrauch<br />
gemacht und wird alle zur Verfügung<br />
stehenden Rechtsmittel für die<br />
Wahrung der Trinkwasserqualität des<br />
Wasserwerkes <strong>Wildpark</strong> ausnutzen.<br />
Aus Gründen des laufenden Verfahrens<br />
äußern wir uns hierzu nicht.<br />
Bürger können ihr Trinkwasser<br />
grundsätzlich bei jedem zugelassenen<br />
Labor auf ihre Kosten untersuchen<br />
lassen, das ist aber nicht erforderlich,<br />
da wir die rgebnisse veröffentlichen,<br />
wozu wir verpflichtet sind.<br />
Die Grundwasserqualität und somit<br />
das Trinkwasser aus dem Wasserwerk<br />
<strong>Wildpark</strong> ist nicht zu beanstanden.<br />
Es werden alle Anforderungen der<br />
Trinkwasserverordnung eingehalten<br />
und die Parameter deutlich unterschritten.<br />
Die Ergebnisse sind im<br />
nternet transparent veröffentlicht.<br />
Wie gut ist unser Trinkwasser aus<br />
dem Wasserwerk <strong>Wildpark</strong> wirklich<br />
Die Redaktion „<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />
wollte es genau wissen<br />
und gab bei einem unabhängigen<br />
Labor eine Trinkwasser-Analse in<br />
Auftrag:<br />
Das Ergebnis der entnommenen<br />
Probe aus <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, welches<br />
der Redaktion vorliegt, wurde auf<br />
Grundlage der Trinkwasser-Verordnung<br />
auf die Eignung für<br />
den menschlichen Genuss<br />
beziehungsweise Gebrauch<br />
geprüft. Die Konzentrationen<br />
der bestimmten Elemente liegen<br />
deutlich unter den Grenzwerten<br />
der Trinkwasser-Verordnung.<br />
Damit ist das untersuchte Wasser<br />
bezogen auf die untersuchten<br />
Parameter als Trinkwasser verwendbar.<br />
Dieses Ergebnis deckt sich<br />
mit den Angaben der Energie und<br />
Wasser Potsdam, dem Betreiber<br />
des Wasserwerks <strong>Wildpark</strong>.<br />
Container-Umschlagplatz beantragen.<br />
Unter fortgesetzt drückender Betriebsamkeit<br />
der IEG im Verlauf von<br />
Einwohnerfragestunden der Kreistagssitzungen<br />
ab 08.12.2016 wurde am<br />
14. MAI 2018<br />
vom Landrat der IEG endlich<br />
schriftlich die Wiederaufnahme<br />
des Verfahrens sowie die<br />
Nutzungsuntersagung des<br />
Container-Umschlagplatzes per<br />
Sofortvollzug zum 25.11.2018 erklärt.<br />
26. JULI 2017<br />
Einreichung einer Petition beim<br />
Brandenburgischen Landtag in<br />
Sachen Container-Umschlagplatz.<br />
In deren Folge erhält Richter<br />
Recycling eine Ordnungsverfügung,<br />
den Container-Umschlagplatz bis<br />
November 2018 zu räumen. Zugleich<br />
wurde die sofortige Vollziehung<br />
des Bescheides angeordnet, so dass<br />
Rechtsmittel von Richter Recycling<br />
keine aufschiebende Wirkung haben.<br />
17. JULI 2018<br />
Aus den Reihen der IEG wird<br />
Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft<br />
Potsdam gestellt.<br />
27. JULI 2018<br />
Staatsanwaltschaft Potsdam bestätigt<br />
Strafanzeige gegen den Geschäftsführer<br />
Richter Recycling GmbH wegen<br />
§ 326 StGB Vorsätzlicher unerlaubter<br />
Umgang mit gefährlichen Abfällen.<br />
•••<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 REPORTAGE 37
KOMMENTAR<br />
Tickende Zeitbombe?<br />
Grau und trist sind im Birkengrund die breiten Gehwegbereiche.<br />
In diesem heißen Sommer wird diesen Weg keiner freiwillig<br />
für einen Spaziergang genutzt haben. Anwohner initiierten nun<br />
die neue Initiative „Birken für den Birkengrund“.<br />
Birkengrund<br />
ohne Birken?<br />
VON CARSTEN SICORA<br />
Fachleute rechnen damit, dass die<br />
durch Einschwemmung ins Grundwasser<br />
gelangten Schadstoffe der<br />
Recyclinganlage mehrere Jahre<br />
benötigen, ehe sie die Brunnen des<br />
Wasserwerks <strong>Wildpark</strong> erreichen.<br />
Sechs lange Jahre dokumentieren die<br />
Bürger der „Interessengemeinschaft<br />
Erholungsort Geltow“ die Zustände<br />
auf dem Abfallhof. Sind erst einmal<br />
Schadstoffe ins Grundwasser gelangt,<br />
ist der Prozess irreparabel und unser<br />
aller Trinkwasser ist in Gefahr.<br />
Der Betreiber des Wasserwerks<br />
befürchtet, dass das Grundwasser durch<br />
die Abfallanlage gefährdet wird und hat<br />
deshalb Klagen gegen den Bescheid zur<br />
Betriebserweiterung und den erteilten<br />
Ausnahmegenehmigungen eingereicht.<br />
Dies sollte uns hellhörig werden lassen.<br />
Nun hat auch die Staatsanwaltschaft<br />
am 27. Juli 2018 bestätigt, dass<br />
gegen die Betreiber Anzeige wegen<br />
vorsätzlich unerlaubtem Umgang<br />
mit gefährlichen Abfällen vorliegt.<br />
Ob es das unkontrolliert versickernde<br />
Schmutzwasser in einem Trinkwasserschutzgebiet<br />
ist oder der<br />
vorsätzlich unerlaubte Umgang mit<br />
wassergefährdenden Abfällen: die<br />
Liste der möglichen Verstöße ist lang.<br />
Das Betreiben einer solchen Anlage<br />
mitten im Trinkwasserschutzgebiet<br />
mit den durch die Bürger aufgedeckten<br />
Mängeln ist unverantwortlich.<br />
Warum wird hier die Gefährdung<br />
unserer aller Gesundheit billigend<br />
durch politisches Untätigsein<br />
in Kauf genommen?<br />
Wann endlich handelt die Verwaltungsspitze<br />
der Gemeinde Schwielowsee<br />
zu unser aller Wohl und nimmt die<br />
zuständigen Behörden in die flicht<br />
VON TATJANA GERBER<br />
Vor nunmehr fast 50 Jahren<br />
wurden auf einem unbebauten<br />
Birkenwaldstück<br />
unseres Ortes zwanzig<br />
gleichartige Wohnhäuser errichtet.<br />
Gebaut wurden sie von sogenannten<br />
Bausoldaten, den Wehrdienstverweigerern<br />
in der DDR, im Auftrag<br />
der NVA für führende Oziere<br />
der Geltower Kaserne. Daher nannte<br />
man den Birkengrund im Ort einfach<br />
„Armeesiedlung“. Der Logik der Zeit<br />
folgend, wurden identische Grundstücke<br />
gestaltet und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
So könnte es einmal im Birkengrund aussehen.<br />
erhielt am Birkengrund die bis heute<br />
einzigen Bürgersteige. Jeder Grundstückseigentümer<br />
erhielt als Auflage<br />
die Verpflichtung fünf neue Bäume<br />
zu pflanzen. Die großen stattlichen<br />
Fichten sind also Anfang der siebziger<br />
Jahre gepflanzt worden.<br />
Die Siedlung in der Siedlung ist<br />
auch noch heute augenscheinlich,<br />
auch wenn viele Erstbewohner und<br />
Neuzuzügler dem ursprünglich eintönig<br />
grauen Gesamtcharakter eine<br />
charmante und individuelle Note gegeben<br />
haben.<br />
38 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Dichte Kiefernbestände<br />
säumten einst den Birkengrund.<br />
Aufnahme um 1980.<br />
Foto: Privat<br />
Schattenspendende Bäume<br />
Grau und trist sind im Birkengrund<br />
hingegen die breiten öffentlichen<br />
Gehwegbereiche geblieben. Weder<br />
Strauch noch Baum lässt die Straßen<br />
und Wege schattiger, kühler oder<br />
bunter werden.<br />
In diesem besonders heißen Sommer<br />
wird diesen Weg keiner freiwillig<br />
für einen Spaziergang genutzt haben.<br />
Ein Großteil der Bewohnerinnen und<br />
Bewohner wünscht sich schattenspendende<br />
Bäume für ihre Wege<br />
und unterstützt deshalb die neue Initiative<br />
„Birken für den Birkengrund“.<br />
Früher hat die Gemeinde auf Forderungen<br />
zur Baumpflanzung im öffentlichen<br />
Bereich in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> immer<br />
abwehrend mit der Begründung<br />
reagiert, dass es dafür eigentlich gar<br />
keinen Platz gäbe.<br />
Doch was wäre besser dafür geeignet,<br />
als der völlig baumfreie Birkengrund?<br />
Aber einfach und schnell<br />
umzusetzen, ist das trotzdem nicht.<br />
Immerhin war die Gemeindeverwaltung<br />
inzwischen zu einem Vor-Ort-<br />
Termin mit der Bürgerinitiative bereit,<br />
um sich die Örtlichkeit anzuschauen.<br />
Aktuell haben Suchschachtungen<br />
stattgefunden, damit die Elektro-<br />
oder Gasleitungen nicht mit den<br />
Wurzeln der neuen Bäume in Konflikt<br />
geraten.<br />
Doch der Anfang ist gemacht.<br />
Birken für den Birkengrund<br />
ist eine Initiative von<br />
Anwohnern des Birkengrunds.<br />
Die Einwohner sammelten Anfang<br />
Juni 2018 Unterschriften und wandten<br />
sich an die Bürgerinitiative und<br />
Foto: Jim Kent, Ralph Berek/Fotomontage<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 REPORTAGE 39
Der Birkengrund noch ohne Birken in seinem heutigen ustand.<br />
Foto: Jim Kent<br />
Früher hat die Gemeinde auf Forderungen zur Baumpflanzung im<br />
öffentlichen Bereich in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> immer abwehrend mit der<br />
Begründung reagiert, dass es dafür eigentlich gar keinen Platz gäbe.<br />
die Bürgermeisterin Frau Hoppe mit<br />
der Bitte, sie dabei zu unterstützen,<br />
ihren kleinen Siedlungsteil zu begrünen.<br />
Die Anwohner erklärten sich zudem<br />
bereit, Baumpatenschaften für<br />
die 14 geplanten Neupflanzungen zu<br />
übernehmen, um vor allen in den ersten<br />
Jahren, das problemlose Anwachsen<br />
der Bäume zu erleichtern. Es gab<br />
auch Anwohner, die keine oder andere<br />
Baumpflanzungen wie Rot- oder<br />
Weißdorn wünschten.<br />
Antrag auf Bewilligung<br />
Die Bürgerinitiative stellte bei der<br />
Gemeindeverwaltung für die Anwohner<br />
des Birkengrundes den Antrag<br />
auf Bewilligung.<br />
Sie erklärte sich zudem bereit, die<br />
neuen jungen Birken mit zu finanzieren<br />
und den Einwohnern im Rahmen<br />
Tiefbauingenieur Ullrich Tietze beim<br />
Aufma am Birkengrund<br />
Foto: Jim Kent<br />
eines Subbotniks bei der Neupflanzung<br />
zu helfen.<br />
Die Bürgermeisterin begrüßte am<br />
4. Juli 2018 die Initiative der Einwohner<br />
und sicherte zu, dass die Verwaltung<br />
eine Prüfung der unterirdischen<br />
Gas-, Elektro- und Wasserleitungen<br />
veranlassen werde.<br />
anzungen durchaus möglich<br />
Aus dem der Redaktion vorliegenden<br />
Schreiben des Betreibers der<br />
„NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg<br />
mbh&Co. KG“ vom 1. August<br />
2018 geht unter anderm hervor, dass<br />
unter Beachtung von Sicherungsmaßnahmen<br />
und in Abstimmung mit<br />
der NBB durch geeignete Schutzmaßnahmen<br />
(PVC-Baumschutzplatte)<br />
Pflanzungen durchaus möglich<br />
sind, wobei ein Mindestabstand von<br />
40 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Aktuell haben Suchschachtungen stattgefunden,<br />
damit die Elektro- oder Gasleitungen nicht mit<br />
den Wurzeln der neuen Bäume in Konflikt geraten.<br />
1,5 Metern angestrebt werden sollte.<br />
Bei Unterschreitung dieses Mindestabstandes<br />
von der Rohraußenkante<br />
und den Stromkabeln zu den<br />
Stammachsen, sind nur flach wurzelnde<br />
Bäume einzupflanzen, wobei<br />
gesichert werden muss, dass<br />
beim Herstellen der Pflanzgrube der<br />
senkrechte Abstand zwischen Sohle<br />
Pflanzgrube und Oberkante Leitung/<br />
Kabel mindestens 30 Zentimeter betragen<br />
muss.<br />
Autorin Tatjana Gerber, geboren<br />
1972 in Leipzig, ist Diplom-Politikwissenschaftlerin.<br />
Sie ist verheiratet<br />
und hat zwei Kinder.<br />
Lebt seit 1990 mit Unterbrechungen<br />
in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
Subbotnik am 29. September 2018<br />
Sollte die Verwaltung der Gemeinde Schwielowsee die Initiative der Anwohner im Rahmen der<br />
Nachpflanzaktion „Rettet die <strong>Waldsiedlung</strong> 2018–20 genehmigen können, rut die Bürgerinitiative<br />
alle Einwohner am 29. September 2018 um 9:30 Uhr zu einem Subbotnik im Birkengrund auf.<br />
Näheres entnehmen Sie bitte der Website www.bi-baumerhalt-wpw.de oder rufen sie an: 01577 6830971.
Mit viel Energie gegen das Allgemeinwohl ist nun schon seit vier Jahren<br />
der Havelzugang gesperrt. Für viele ist der Havelzugang mit der Badestelle<br />
mit ganz besonderen persönlichen Erinnerungen verbunden.<br />
Pack die Badehose ein<br />
VON NORBERT KUNZ<br />
Ob bei Gesprächen zwischen Nachbarn, im Angelverein <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> oder beim Treffen der<br />
Volkssolidarität im Bürgerclub – immer wieder ist der gesperrte Havelzugang Gesprächsthema<br />
und löst Unverständnis oder Empörung aus. Nach vier Jahren Sperrung verstehen die meisten<br />
Bürger nicht, warum die ffnung des Weges nicht schon längst durchgesetzt wurde. Schlielich<br />
müssen sich doch – davon ist dann immer wieder Rede – wir alle an Recht und Gesetz halten.<br />
Doch der Reihe nach<br />
Warum ist dieser Havelzugang<br />
überhaupt so<br />
bedeutsam? Er gehört<br />
zur langen Geschichte<br />
von Geltow, dem ältesten Ortsteil<br />
von Schwielowsee, der in diesem<br />
Jahr seinen 1025. Geburtstag feiert.<br />
Bis zum Bau der Baumgartenbrücke<br />
waren hier eine Fährstation und regelmäßiger<br />
Fährbetrieb nach Werder<br />
(Havel). Im alten Fährhaus gab es ein<br />
beliebtes Restaurant. Später nach<br />
dem Bau der Baumgartenbrücke blieben<br />
die Allee und Badestelle übrig.<br />
Bis heute steht der Havelzugang für<br />
eine einzigartige Naturlandschaft<br />
mit ihren Einblicken auf die Havel als<br />
prägendem Fluss.<br />
Für viele löst der Havelzugang mit<br />
der Badestelle ganz besondere persönliche<br />
Erinnerungen aus. Die einen<br />
denken zurück an ihre Kindheit und<br />
an sonnige Badetage mit ihren Eltern.<br />
Andere erinnern sich an ein Picknick<br />
mit Freunden. Und wiederum andere<br />
wissen noch allzu gut, dass man<br />
dort früher bei einer Radtour einen<br />
willkommenen Zwischenstopp zum<br />
Baden einlegen konnte.<br />
Einen atemberaubenden<br />
Blick auf die Havel<br />
Was aber alle vereint und was<br />
diesen Ort in dieser Region so einzigartig<br />
macht, ist die mächtige von<br />
alten Kastanien umsäumte Allee, die<br />
erst unten am Ufer einen atemberaubenden<br />
Blick auf die Havel und die<br />
Halbinsel Werder eröffnet. Alle, die<br />
hier einmal waren, wissen: Dieser Ort<br />
ist ein Geheimtipp, den man gern mit<br />
anderen teilt.<br />
Obwohl sie bei allen<br />
Gerichtsverfahren<br />
verloren haben,<br />
wurden die Sperren<br />
nicht beseitigt.<br />
Ganz anders sehen das die Besitzer<br />
des Alten Fährhauses, seit sie das<br />
Mittelstück des Weges und größere<br />
angrenzende Waldflächen gekauft<br />
haben. Sie sperrten im Jahr 2014 den<br />
Weg nach beiden Seiten ab, nutzen<br />
ihn fortan zusammen mit dem Uferbereich<br />
als privaten Badestrand und<br />
verwenden seitdem viel Energie darauf,<br />
die Öffentlichkeit fernzuhalten.<br />
Obwohl sie in der Sache bei allen<br />
Gerichtsverfahren und auch in letzter<br />
Instanz vor dem Oberverwaltungsgericht<br />
verloren haben, wurden die<br />
Sperren nicht beseitigt. Im Gegenteil.<br />
Zuletzt errichtete ein Pächter des<br />
Eigentümers im Jahr 2016 mitten auf<br />
dem Weg einen Schafstall für Moorschnucken,<br />
umrahmt von einem Maschendrahtzaun.<br />
Schließlich breitet<br />
sich der Wolf immer mehr in Brandenburg<br />
aus …<br />
Doch das Oberverwaltungsgericht<br />
Berlin-Brandenburg sah das in seinem<br />
Beschluss am 19. Februar 2018<br />
anders:<br />
„Es stehe außer Frage, dass mit<br />
dem Zaun, der Holzbarriere, der<br />
Hecke und den Schildern ein<br />
naturschutzrechtlicher ingriff im<br />
Sinne von § 14 Abs. 1 BNatSchG<br />
vorgenommen worden sei, und<br />
dass ein Verstoß gegen § 4 Abs.<br />
2 LSG-VO vorliege. Alle Maßnahmen<br />
hätten eine Veränderung<br />
der Nutzung zum lnhalt, die im<br />
Landschaftsschutzgebiet ‚Potsdamer<br />
Wald- und Havelseengebiet‘<br />
und in der Uferzone des<br />
als Biotop (Erlen-Eschenwald)<br />
kartierten FFH-Gebietes ‚Mittlere<br />
Havel-Ergänzung‘ unzulässig sei.“<br />
Warum ist der Weg nicht<br />
schon längst wieder frei?<br />
Fest steht: Die Gerichtsbeschlüsse<br />
in den vergangenen Jahren waren<br />
eindeutig. Das Betretungsrecht in<br />
der freien Landschaft muss beachtet<br />
werden. Eingriffe in die Natur sind<br />
nicht erlaubt.<br />
Fotos: Norbert Kunz (unten), Archiv M. v. Klinski-Wetzel (oben)<br />
42 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Historische Postkarte, um 1930<br />
Trotz Gerichtsurteil behindert ein auf dem Weg<br />
gebauter Stall den freien Zugang zum Badestrand.
Es scheint, dass der Einfluss<br />
des Eigentümers weit in die Politik<br />
der Gemeinde Schwielowsee reicht.<br />
Aber es mangelt offensichtlich<br />
am Willen der Verwaltung des Landkreises,<br />
die Gerichtsbeschlüsse zeitnah<br />
umzusetzen. Und es mangelt an<br />
politischem Willen in der Gemeinde,<br />
hier nicht nur tatenlos zuzuschauen,<br />
sondern Druck zu machen und dem<br />
Allgemeinwohl Vorrang zu geben.<br />
Die Bürgermeisterin von Schwielowsee,<br />
Kerstin Hoppe, zeigt seit<br />
Jahren kaum Ambitionen, den rechtmäßigen<br />
Zustand schnellstmöglich<br />
wiederherzustellen. Klare öffentliche<br />
Aussagen von ihr gegen die Sperrung<br />
wird man wohl vergeblich suchen.<br />
Schon kurz nach der Sperrung äußerte<br />
sie gegenüber einer Zeitung, dass<br />
es sich ihrer Meinung nach bei der<br />
Sperrung des Weges um eine Privatangelegenheit<br />
handele.<br />
Es scheint, dass der Einfluss des<br />
Eigentümers weit in die Politik der<br />
Gemeinde Schwielowsee reicht. Er<br />
selbst hatte bei der Kommunalwahl<br />
2014 für die CDU kandidiert. Nach<br />
der Sperrung soll seine Anwaltskanzlei<br />
noch zu den Sponsoren des<br />
Caputher Fährfestes gezählt haben.<br />
Und in den vergangenen Jahren soll<br />
er als gern gesehener Referent bei<br />
gemeindlichen Weiterbildungsmaßnahmen<br />
aufgetreten sein.<br />
Im heißen Sommer 2018 versperrt<br />
nach wie vor der Moorschnucken-Stall<br />
den unbeschwerten Zugang<br />
zur Havel. Bei einigen Bürgern<br />
macht sich inzwischen Resignation<br />
breit. Aber das letzte Wort ist noch<br />
nicht gesprochen. Empfohlen werden<br />
kann nur, weiter Druck zu machen<br />
und den aktuellen Zustand nicht einfach<br />
hinzunehmen. Auch wenn das<br />
ohne die tatkräftige politische Unterstützung<br />
der eigenen Bürgermeisterin<br />
sein muss.<br />
Anmerkung der Redaktion<br />
Auf Nachfrage räumte Frau Hoppe<br />
ein, dass in den vergangenen fünf<br />
Jahren tatsächlich sporadische<br />
geschäftliche Kontakte zwischen<br />
der Gemeinde und der Kanzlei<br />
MD bestanden haben. Diese beschränkten<br />
sich auf die Teilnahme<br />
an Weiterbildungsmaßnahmen,<br />
wo u.a. Herr Dr. Mestwerdt als<br />
Referent auftrat. Aktuell bestehen<br />
nach Aussage von Frau Hoppe<br />
keine geschäftlichen oder vertraglichen<br />
Verbindungen der Gemeinde<br />
Schwielowsee zur Kanzlei MD<br />
oder zu Rechtsanwalt Mestwerdt.<br />
Autor Norbert Kunz, verheiratet,<br />
Dipl.-Politikwissenschaftler,<br />
Jahrgang 1971, lebt seit 2012 mit<br />
seiner Familie in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
44 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Im Ortsteil Geltow setzen sich viele Menschen für bessere<br />
Lebensbedingungen und den Schutz der Natur ein.<br />
Anlass für das Bürgerengagement sind meist Missstände<br />
und das unbefriedigende Handeln von Verwaltungen<br />
und gewählten Gremien.<br />
Das geht uns alle an<br />
Trinkwasser<br />
Der „Interessengemeinschaft Erholungsort<br />
Geltow“ (IEG) geht es um<br />
die Auswirkungen des Betriebes der<br />
Recclingfirma Richter, dessen Betriebsgelände<br />
und der ungenehmigte<br />
Container-Umschlagplatz sowohl im<br />
Landschaftsschutzgebiet als auch im<br />
Trinkwasserschutzgebiet liegen. Seit<br />
mehr als 6 Jahren ist die IEG aktiv.<br />
Sie will erreichen, dass Firma Richter<br />
Recycling sich an Recht und Gesetz<br />
hält, die behördlichen Auflagen<br />
einhält und der Abfallbetrieb nicht<br />
immer mehr ausgeweitet wird. Die<br />
bisherigen Erfolge beruhen auf zahlreichen<br />
Schreiben, Akteneinsichten<br />
bei Behörden und weiteren nitiativen.<br />
Mitglieder der IEG nehmen auch regelmäßig<br />
an den Sitzungen des Ortsbeirates<br />
Geltow, der Gemeindevertretung<br />
und der Fachausschüsse teil.<br />
Offener Uferzugang<br />
Der historische Weg neben der<br />
„Villa Maurus“ zum Ufer der Havel ist<br />
vom igentümer des benachbarten<br />
Villengrundstücks, dem ein eil des<br />
Weges gehört, gesperrt worden. Dies<br />
widerspricht dem Naturschutzgesetz,<br />
das die freie Zugänglichkeit der Natur<br />
und der Gewässer gewährleistet. Der<br />
Ortsbeirat Geltow hatte die Verwaltung<br />
augeordert mitzuhelen,<br />
VON RIEDHEL SCHITJERSCH<br />
dass der Weg wieder in voller Breite<br />
geöffnet wird. Stattdessen hatte die<br />
Bürgermeisterin kurze Zeit später die<br />
eiterin des Bauamtes angewiesen,<br />
beim andkreis zu beantragen, dass<br />
ein Trampelpfad in der Nähe als Alternative<br />
zu diesem Weg genutzt werden<br />
kann. Das hätte den dauerhaften<br />
Ausschluss der Öffentlichkeit von der<br />
Nutzung des historischen Weges und<br />
des dem Staat gehörenden erabschnittes<br />
bedeutet. Dieses Vorgehen<br />
hatte glücklicherweise keinen rolg.<br />
Der andkreis hat die Freimachung<br />
des Weges angeordnet. Das Oberverwaltungsgericht<br />
hat die sofortige<br />
Vollziehung dieser Anordnung bestätigt.<br />
mmer wieder haben Bürger<br />
aus <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> den Landrat<br />
und reistagsabgeordnete bedrängt,<br />
haben an Sitzungen des Kreistages<br />
und der Ausschüsse teilgenommen,<br />
damit der Landkreis tatsächlich<br />
handelt. Sonst wäre die Sache möglicherweise<br />
im Sande verlaufen.<br />
Erhalt der <strong>Waldsiedlung</strong><br />
Besonders beachtlich ist der<br />
insatz der Bürgerinitiative „<strong>Waldsiedlung</strong><br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“. Diese<br />
will den „natürlichen harme und<br />
typischen Charakter des Ortsteils<br />
erhalten. Das ist nur zu schaffen,<br />
wenn die Vorgehensweise der Gemeindeverwaltung<br />
sich ändert und<br />
die Vorgaben der Baumschutzsatzung<br />
eingehalten werden. Erst im<br />
onat ärz 2018 gegründet, hat<br />
diese schon über 120 nterstützer<br />
und eine Vielzahl von Aktivitäten<br />
gestartet. Die Herausgabe der vorliegenden<br />
Zeitschrit gehört dazu.<br />
Bewahrung der Natur<br />
Auch die Erfolge des NABU –<br />
Naturschutzbund Deutschland<br />
beruhen auf dem Engagement der<br />
Bürgerinnen und Bürger. Allein in<br />
Brandenburg unterstützen mehr<br />
als 16.000 Mitglieder den Einsatz<br />
ür Natur und mwelt. Alle Bürger<br />
und olitiker sprechen sich ür den<br />
Schutz der Natur aus, aber wenn<br />
es konkret wird, ällt der Schutz<br />
der natürlichen ebensgrundlagen<br />
häufig unter den isch. Deshalb ist<br />
der NABU anerkannter Naturschutzverband.<br />
Er ist an naturschutzrelevanten<br />
Verfahren zu beteiligen und<br />
kann Widerspruch und lage erheben,<br />
damit Recht und Gesetz zugunsten<br />
der Natur eingehalten werden.<br />
Mit vielfältigen Aktionen setzt sich<br />
der NAB ür den Schutz geährdeter<br />
iere und flanzen ein, ür eine<br />
naturverträgliche andwirtschat,<br />
ür den Schutz der Gewässer, um<br />
wichtige Bereiche zu nennen. Auch<br />
der Schutz der Alleen und Bäume ist<br />
ür uns ein wichtiges Anliegen. Vor<br />
kurzem wurde mit dem Landesbetrieb<br />
Straßenwesen vereinbart, dass der<br />
NAB über alle ermine von Baumschauen<br />
an Bundes – und Landestraßen<br />
inormiert wird, damit sich<br />
fachkundige Mitglieder an diesen<br />
erminen beteiligen können. Daür<br />
bietet der NABU seinen Mitgliedern<br />
eine achliche Fortbildung an. Auch<br />
hier kommt es darau an, dass<br />
Bürgerinnen und Bürger sich ehrenamtlich<br />
und mit Nachdruck ür die<br />
Gemeinwohlbelange einsetzen.<br />
Der Vorsitzende des<br />
NABU Brandenburg<br />
Friedhelm Schmitz-ersch,<br />
studierter urist, geboren 1,<br />
verheiratet, hat einen Sohn<br />
und lebt in Geltow, wo er<br />
Mitglied des Ortsbeirates ist.<br />
46 KOENTAR WILDPARK WEST HERBST 2018
DAS BESONDERE BILD
Ereignis Blutmond:<br />
Am 27. Juli 2018 war die<br />
längste Mondfinsternis<br />
dieses Jahrhunderts - und<br />
das bei sternenklarem<br />
Himmel in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
Foto: Jim Kent
10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT<br />
Kerstin Hoppe und<br />
stellen sich<br />
Am 30. September 2018 ist Bürgermeisterwahl<br />
in der Gemeinde Schwielowsee:<br />
Wer ist die beste Wahl an der<br />
Spitze des Rathauses für die<br />
nächsten acht Jahre?
Michael Holstein<br />
der Wahl
KERSTIN HOPPE MICHAEL HOLSTEIN<br />
Ein Großteil der Einwohner reagiert befremdet oder entsetzt über die dichte, ortsuntypische Bebauung<br />
nahe des Marktplatzes durch einen Investor entgegen dem Textbebauungsplan und ohne Einbeziehung<br />
der Einwohner. Wie stehen Sie zu diesem Bauvorhaben? Entspricht es aus Ihrer Sicht dem Charakter von<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>? Würden Sie weitere in dieser Art in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> befürworten?<br />
Kerstin Hoppe: Der in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> geltende Textbebauungsplan<br />
ist im Jahre 2004 aufgrund der Anregung einer<br />
Bürgerinitiative entstanden. Die Gemeindevertretung der<br />
Gemeinde Schwielowsee hat diese Anregung unterstützt.<br />
Dieser Textbebauungsplan regelt die zukünftige bauliche<br />
Entwicklung in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Kein Bauvorhaben kann<br />
genehmigt werden, wenn es den Festsetzungen des Textbebauungsplans<br />
widerspricht. So verhält es sich auch<br />
bei der von Ihnen angesprochenen Bebauung nahe des<br />
Marktplatzes. Sie entspricht den Vorgaben dieses Textbebauungsplans.<br />
Dabei liegt es in der Natur der Sache,<br />
dass nicht jeder mit jedem Bauvorhaben einverstanden ist.<br />
Soweit diese sich jedoch in dem von der Gemeinde vorgegebenen<br />
baulichen Rahmen hält, hat der Grundstückseigentümer<br />
– wie jeder anderer Grundstückseigentümer<br />
auch – das Recht, das Bauvorhaben entsprechend seinen<br />
gestalterischen Vorstellungen zu verwirklichen. Zusätzlich<br />
erfolgt im Infrastrukturausschuss der Gemeindevertretung<br />
Schwielowsee jedoch zu jedem Bauvorhaben ein<br />
intensiver Abstimmungsprozess, in dem versucht wird,<br />
die Interessen der Bauherren mit den Interessen der Gemeinde<br />
in Übereinstimmung zu bringen. Dabei steht der<br />
Waldcharakter von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> immer im Vordergrund.<br />
Bei der überwiegenden Anzahl von Bauvorhaben in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
konnte dieser letztlich auch in Abstimmung mit<br />
den Bauherren berücksichtigt werden.<br />
Michael Holstein: Das Bauvorhaben fällt sofort auf, sobald<br />
man durch die <strong>Waldsiedlung</strong> läuft. Ich empfinde diese<br />
Baustelle als untypisch für <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und habe<br />
mich sofort gefragt, wie die Einwohner dazu stehen. Ich<br />
werde die Bürgerinnen und Bürger bei Planungsvorhaben<br />
frühzeitig mit einbinden. Neue Bauvorhaben und infrastrukturelle<br />
Anpassung müssen meiner Meinung nach,<br />
immer zum Wohle der Gemeinde und unter Berücksichtigung<br />
des ortstypischen Charakters erfolgen. Die Beteiligung<br />
und die Meinungen der Anwohner und Einwohner<br />
finde ich wichtig. Es muss rechtzeitig und offen kommuniziert<br />
werden. Ganz klar, weitere Bauvorhaben in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
werden gemeinsam rechtzeitig diskutiert.<br />
ie auf den ffentlichen aherkehr angewiesenen inwhner emnden die Busanbindung in Wildark-<strong>West</strong> weiterhin<br />
als unzureichend. Sonntags verkehren gar keine Busse in der <strong>Waldsiedlung</strong>. Wie soll die Mobilität<br />
der oft auch alten Einwohner verbessert werden?<br />
Kerstin Hoppe: Es ist mir bekannt, dass viele Einwohner in<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> auf den Bus angewiesen sind, denn es gibt<br />
in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> keinen Supermarkt, keine Ärzte und keinen<br />
Geldautomaten. Nach vielen Gesprächen mit den Verkehrsbetrieben<br />
und dem Landkreis ist es 2017 gelungen,<br />
bereits eine große Verbesserung zu erreichen. Somit verkehrt<br />
ab Dezember 2017 von Montag bis Freitag von 5:00<br />
bis 23:00 Uhr stündlich ein Bus der Linie 610 nach Potsdam.<br />
Dies ist auf das Engagement der Gemeinde Schwielowsee,<br />
der Busgesellschaft regiobus und des Landkreises<br />
Potsdam-Mittelmark zurückzuführen. Ich habe nie aufgehört,<br />
mich persönlich für einen dichteren Takt der Busverbindung<br />
nach Geltow und nach Potsdam einzusetzen.<br />
Wenn auch an den Wochenenden und speziell am Sonntag<br />
ein entsprechender Verkehrsbedarf in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
nachgewiesen werden kann, haben wir auch hier die Chance,<br />
für Verbesserungen zu sorgen. Ich werde mich auch zukünftig<br />
zusammen mit dem Landkreis Potsdam-Mittelmark<br />
dafür einsetzen, dass sich das Angebot von regiobus diesbezüglich<br />
verbessert.<br />
Michael Holstein: Eines meiner Themen ist der öffentliche<br />
Nahverkehr. Auch die kleineren Ortschaften müssen<br />
erreichbar sein. Intensive Gespräche mit den Nachbargemeinden<br />
und der Landeshauptstadt, sowie mit den<br />
ÖPNV Unternehmen müssen geführt werden. Für die besonderen<br />
Bedarfe in Schwielowsee möchte ich für die<br />
Senioren, die Ehrenamtlichen, den Vereinen und Eltern<br />
einen gemeindeeigenen Minibus mit 8 Plätzen zur Verfügung<br />
stellen. Am Wochenende könnten ehrenamtliche<br />
Fahrer eingesetzt werden. Andere Gemeinden und Städte<br />
machen das auch sehr gut. Ich werde dafür eintreten,<br />
dass dies auch in Schwielowsee umgesetzt wird. Weiterhin<br />
habe ich vor, die Nachbarschaftshilfe zu entwickeln<br />
und zu fördern und sichere Wege zu gewährleisten. Das<br />
zusammen erhöht auch die Mobilität innerhalb der Gemeinde.<br />
52 10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT WILDPARK WEST HERBST 2018
KERSTIN HOPPE MICHAEL HOLSTEIN<br />
Zahlreiche Einwohner der <strong>Waldsiedlung</strong> machen sich wegen der Hitzewelle dieses Sommers großes Sorgen,<br />
dass im Falle eines Großfeuers – wie es vor kurzem die <strong>Waldsiedlung</strong> Fichtenwalde oder vor Jahren<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> selbst betraf – keine ausreichenden vorbeugenden Maßnahmen zum Schutz der Ortschaft<br />
und ihrer inwhner ergriffen werden knnen. Auch in diesem ahr hat es r einigen Wchen r der<br />
Ortschaft einen Großbrand mit Heuballen gegeben. Wie kann im Falle einer solchen Katastrophe schnell<br />
gehandelt werden Wie wllen Sie sicherstellen, dass den Brgern im alle durch andere aturgewalten<br />
verursachte Schäden wie z.B. durch Starkregen oder Sturm geholfen werden kann?<br />
Kerstin Hoppe: Im Falle eines Großbrands in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
sind – wie für das gesamte Gemeindegebiet – entsprechende<br />
Vorbereitungen durch die Freiwillige Feuerwehr<br />
Schwielowsee getroffen worden. Weiterhin ist unsere Gefahren-<br />
und Risikoanalyse überarbeitet worden, die auch<br />
derartige Fälle berücksichtigt. Der Ausrüstungsstand der<br />
Freiwilligen Feuerwehr Schwielowsee wird ständig verbessert.<br />
So wird derzeit für die Freiwillige Feuerwehr Schwielowsee<br />
ein neues Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug für<br />
ca. 380.000,00 EUR angeschafft. Selbstverständlich kann<br />
die Freiwillige Feuerwehr Schwielowsee im Falle einer Katastrophe<br />
auch auf die Freiwilligen Feuerwehren des Umkreises<br />
bzw. auf die entsprechenden technischen Mittel<br />
des Landkreises Potsdam-Mittelmark und auch des Landes<br />
Brandenburg zurückgreifen. Dies ist zum Beispiel bei dem<br />
von Ihnen angesprochenen Waldbrand, der die <strong>Waldsiedlung</strong><br />
Fichtenwalde betroffen hat, so geschehen. Dort haben<br />
sich die entsprechenden Einsatzplanungen bewährt.<br />
Die Zusammenarbeit der einzelnen Feuerwehren hat bestens<br />
geklappt.<br />
Wie in der Vergangenheit bereits öfters geschehen, unterstützt<br />
die Freiwillige Feuerwehr Schwielowsee ihre Bürger<br />
selbstverständlich auch bei durch anderen Naturgewalten<br />
verursachten Schäden. Auch hierfür gab es nicht zuletzt im<br />
letzten Jahr mehrere Beispiele.<br />
Michael Holstein: Der aktuelle große Waldbrand bei<br />
Fichtenwalde hat gezeigt, dass wir in der Region mit Freiwilligen<br />
Feuerwehren und Berufsfeuerwehren gut aufgestellt<br />
sind. Die Koordination und die Einsatzbereitschaft<br />
waren hervorragend. Das muss erhalten und gefördert<br />
werden. Mein Dank gilt allen, die sich bei der Bekämpfung<br />
des Waldbrandes eingesetzt haben. Schutzkonzepte und<br />
präventive Maßnahmen – auch direkt in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> –<br />
müssen ggf. neu betrachtet und angepasst werden. Hier<br />
setze ich auch auf die Einwohner und werde deren Anregungen<br />
und Hinweise gerne aufnehmen. Das Thema „Sicherheit“<br />
liegt mir am Herzen. Hier bringe ich eine Menge<br />
an beruflicher Erfahrung mit. Entschädigungen infolge<br />
von Naturgewalten sind von Fall zu Fall unterschiedlich<br />
zu bewerten. Das sind Fragen, die wir gemeinsam klären<br />
müssen. Viele Versicherungen beinhalten diese Schäden.<br />
Ich werde mir das Thema genau anschauen und dazu als<br />
Bürgermeister auch antworten.<br />
Ob beim Umbau von Bushaltestellen oder Ausbau von Straßenlaternen – viele interessierte Einwohner<br />
kritisieren fehlende frühzeitige Informationen und die mangelnde Transparenz von Verwaltungshandeln.<br />
Wie wllen Sie die ransarenz erbessern, um die Brger an der ntscheidungsndung zu beteiligen und<br />
bestmögliche Lösungen zu erreichen?<br />
Kerstin Hoppe: Fehlende frühzeitige Information und mangelnde<br />
Transparenz kann ich gerade bei den von Ihnen angesprochenen<br />
Baumaßnahmen nicht feststellen. Bei Straßenbaumaßnahmen<br />
findet nicht nur eine frühzeitige Beteiligung<br />
der betroffenen Anlieger im Rahmen einer entsprechenden<br />
Einwohnerversammlung statt sondern die Bürger können<br />
immer Ihre Fragen direkt im zuständigen Fachbereich stellen<br />
und erhalten umgehend Antworten. Viele Bürger haben<br />
in all den Jahren davon regen Gebrauch gemacht. In den<br />
Anliegerversammlungen werden sämtliche Informationen<br />
zur Baumaßnahme vorgestellt; die Bürger können ihre<br />
Vorstellungen für jede Baumaßnahme einbringen. Diese<br />
werden selbstverständlich bei der Entscheidungsfindung,<br />
wie die Baumaßnahme letztlich verwirklicht werden soll,<br />
berücksichtigt. Für weitere Vorschläge, wie in diesen sensiblen<br />
Angelegenheiten die Bürgerbeteiligung verbessert<br />
werden kann, bin ich selbstverständlich offen. Ergänzen<br />
Michael Holstein: Meine Kommunalpolitik wird einen<br />
offenen, transparenten und gemeinschaftlichen Weg<br />
aufzeigen. Frühzeitige Information, Möglichkeiten der<br />
Bürgerbeteiligung und die Einbindung von Einwohnern<br />
werde ich umsetzen. Gemeinsame Entscheidungen zum<br />
Wohl der Gemeinde und die Gründe, weshalb manches<br />
nicht umgesetzt werden kann, müssen immer in einem<br />
offenen Dialog mit allen geschehen. Fragen von Einwohnern,<br />
werden sachlich, ehrlich, verständlich und nachvollziehbar<br />
beantwortet. Ich möchte Vertrauen aufbauen,<br />
immer ein offenes Ohr haben und die Gemeinschaft<br />
in der Gemeinde stärken. Ein gutes Miteinander unter der<br />
Einbeziehung aller Menschen, die hier leben, ist mein<br />
Ziel.<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT 53
KERSTIN HOPPE MICHAEL HOLSTEIN<br />
möchte ich noch, dass wir durch die Einführung unseres<br />
Ratsinformationssystems vonBeginn an allen Bürgerinnen<br />
und Bürgern die Möglichkeit geben, sich intensiv mit den<br />
Beschlussvorlagen und Informationsvorlagen auseinandersetzen<br />
zu können.<br />
ngagierte Brger bemngeln die fehlende Brgernhe der erwaltung. icht nur rumlich. Was schlagen<br />
Sie konkret vor, damit es einen direkten Draht zwischen der Bürgermeisterin/dem Bürgermeister und<br />
den Bürgern gibt, um bestehende Probleme schnell und unbürokratisch zu lösen?<br />
Kerstin Hoppe: Eine fehlende Bürgernähe der Verwaltung<br />
kann ich so nicht feststellen. Den „direkten Draht“<br />
zwischen der Bürgermeisterin und den Bürgern gibt es<br />
seit Beginn meiner Amtszeit. Jeder Bürger der Gemeinde<br />
Schwielowsee kann mich jederzeit mit seinem Anliegen<br />
ansprechen. Hiervon wird auch regelmäßig – nicht nur<br />
während der Dienststunden im Rathaus – Gebrauch gemacht.<br />
Vielfach werde ich zu jeder Tageszeit in den einzelnen<br />
Ortsteilen, sei es beim wöchentlichen Einkauf oder bei<br />
anderen Gelegenheiten, von Bürgern angesprochen und<br />
mit ihrem Anliegen vertraut gemacht. Ich kümmere mich<br />
sofort um diese Probleme. Jeder Bürger bekommt innerhalb<br />
kürzester Zeit eine Antwort und in der Regel werden<br />
die Anliegen schnell und unbürokratisch gelöst. Selbstverständlich<br />
kann es vorkommen, dass ein Bürger einmal mit<br />
der Antwort eines Verwaltungsmitarbeiters und mit der<br />
Dauer der Bearbeitung seines Anliegens nicht zufrieden<br />
ist. Auch in diesen Fällen kann er sich selbstverständlich<br />
immer selbst an mich wenden und es werden umgehend<br />
Termine vereinbart. Sprechtage, nur an bestimmten Tagen<br />
und Uhrzeiten, werde ich auch zukünftig nicht durchführen,<br />
sondern werde weiterhin immer für die Belange der Bürger<br />
offen sein, wo auch immer ich in den Ortsteilen unterwegs<br />
bin, zuhören und mich kümmern.<br />
Michael Holstein: In meinem ersten Interview hatte ich<br />
bereits meine Absicht erklärt, sofort nach einer erfolgreichen<br />
Wahl, regelmäßige Bürgersprechstunden in allen<br />
Ortsteilen einzurichten. Auch in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> werde<br />
ich wiederkehrend vor Ort sein, um für alle Bürgerinnen<br />
und Bürgern direkt und ohne Umwege Ansprechpartner<br />
zu sein. Wenn kurze und schnelle Lösungswege möglich<br />
sind, werden wir diese gehen.<br />
Die Bürgerinitiative versucht seit März diesen Jahres, das Problem der übermäßig hohen Anzahl von<br />
Baumfllungen und den gleichzeitig fehlenden achsetzungen zu lsen. ahlreiche inwhner befrchten,<br />
dass die <strong>Waldsiedlung</strong> durch das Unterlaufen von gesetzlichen Bestimmungen, wie z.B. der<br />
Baumschutzsatzung der emeinde Schwielwsee, dem rtstreben einzelner Baumfllrmen gefert wird. Wie<br />
beurteilen Sie das Anliegen der Bürgerinitiative und was wollen Sie konkret unternehmen, um die von<br />
ihr gestellten Forderungen nach Einhaltung von gesetzlichen Bestimmungen umzusetzen?<br />
Kerstin Hoppe: Jedes bürgerschaftliche Engagement in<br />
der Gemeinde Schwielowsee ist willkommen. Dies gilt<br />
selbstverständlich auch für die Bürgerinitiative „<strong>Waldsiedlung</strong><br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“. Es gibt keinen Gegensatz zwischen<br />
dem Verwaltungshandeln und den Zielen der Bürgerinitiative<br />
„<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“. Die Bestimmungen<br />
der Baumschutzsatzung der Gemeinde Schwielowsee sind<br />
selbstverständlich durch die Verwaltung umzusetzen und<br />
werden auch entsprechend umgesetzt. Für jeden gefällten<br />
Baum sind entsprechende Ersatzpflanzungen vorzunehmen.<br />
Diese werden durch den Fachbereich Bauen, Ordnung und<br />
Sicherheit auch kontrolliert. Bäume dürfen in der Gemeinde<br />
Schwielowsee – so auch in der <strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> –<br />
nur unter ganz engen Voraussetzungen, etwa wenn sie nicht<br />
Michael Holstein: Seit vielen Jahren ist das Thema „Compliance“<br />
oder Rechtssicherheit eine wichtige Aufgabe in<br />
meinem Beruf. Auch als Bürgermeister werde ich dafür<br />
sorgen, dass gesetzliche Bestimmungen, Verordnungen<br />
und Gesetze strikt eingehalten werden und für alle<br />
gelten. Werden mir Abweichungen bekannt, werde ich<br />
konsequent handeln. Mit einem unvoreingenommenen<br />
Blick werde ich vieles in der Gemeinde anders und neu<br />
betrachten und mir eine eigene Meinung bilden. Gemeinsam<br />
werden wir gut vorankommen.<br />
54 10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT WILDPARK WEST HERBST 2018
KERSTIN HOPPE MICHAEL HOLSTEIN<br />
mehr standsicher sind, gefällt werden. Dies wird einzelfallbezogen<br />
auch durch den Fachbereich geprüft. Die Behauptung,<br />
dass bei der Erteilung von Baumfällgenehmigungen<br />
dem Profitstreben einzelner Baumfällfirmen Rechnung getragen<br />
wird, ist vor diesem Hintergrund unzutreffend.<br />
ie Brgerinitiatie ist der einung, dass der rhalt der mwelt und der schnende mgang mit der atur<br />
und der Tierwelt unabdingbar für den Erhalt an Lebensqualität der Einwohner nicht nur von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ist.<br />
Unterstützen Sie den Vorschlag, einen selbstständigen Fachbereich Umwelt, losgelöst vom Bauamt, in<br />
der Gemeindeverwaltung Schwielowsee einzusetzen?<br />
Kerstin Hoppe: Ich habe mit Unterstützung der Gemeindevertretung<br />
Schwielowsee eine Organisationsuntersuchung<br />
inklusive Personalbedarfsbemessung für die Verwaltung<br />
der Gemeinde Schwielowsee veranlasst. Das Ziel dieser<br />
Organisationsuntersuchung ist es, festzustellen, ob die<br />
derzeitige Personalausstattung den immer höheren Anforderungen<br />
an eine öffentliche kommunale Verwaltung<br />
gerecht wird. Weiterhin sollen die Aufgabenzuordnungen<br />
in den einzelnen Fachbereichen untersucht werden. Das<br />
Ergebnis dieser Untersuchung wird im 1. Quartal 2019 vorliegen<br />
und im Vorfeld in den Gremien diskutiert. Sollte diese<br />
Untersuchung zu dem Ergebnis kommen, dass die Einrichtung<br />
eines Fachbereichs Umwelt sinnvoll ist, werde ich<br />
mich diesem Gedanken sicherlich nicht verschließen.<br />
Michael Holstein: Ich finde diesen Vorschlag sehr gut<br />
und werde die Machbarkeit prüfen. Der Erhalt unserer<br />
Schätze - dazu gehören neben der Kultur auch die Natur,<br />
Umwelt, die Seenlandschaft und der Baumbestand - ist<br />
sehr wichtig. Wir müssen auch an unsere Kinder und Enkelkinder<br />
denken und unser schönes Schwielowsee für<br />
spätere Generationen erhalten. Ich lade gern Bürgerinnen<br />
und Bürger zur Diskussion und Mitarbeit ein.<br />
ie Brger der <strong>Waldsiedlung</strong> haben r drei naten eine achanzaktin ettet die <strong>Waldsiedlung</strong><br />
ins eben gerufen, die unter der Schirmherrschaft des AB steht. Wie lautet hr nzet<br />
zum Erhalt des Waldcharakters von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>? Könnten Sie sich vorstellen, die historischen<br />
Alleen in der <strong>Waldsiedlung</strong> wieder neu zu beanzen<br />
Kerstin Hoppe: Selbstverständlich soll der Waldcharakter<br />
der <strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> erhalten bleiben. Nicht<br />
umsonst handelt es sich ja um eine <strong>Waldsiedlung</strong>. Die Baumschutzsatzung<br />
der Gemeinde Schwielowsee bietet bereits<br />
einen guten Rahmen hierfür, da grundsätzlich jeder Baum<br />
geschützt ist. Selbstverständlich kann ich mir vorstellen, die<br />
historischen Alleen in der <strong>Waldsiedlung</strong> wieder neu zu bepflanzen.<br />
Hierfür hat die Gemeindevertretung der Gemeinde<br />
Schwielowsee auch im aktuellen Haushalt entsprechende<br />
Mittel zur Verfügung gestellt. Eine derartige Pflanzaktion<br />
muss jedoch gut vorbereitet werden. Insbesondere muss sie<br />
mit den Grundstückseigentümern der an die historischen<br />
Alleen anliegenden Grundstücke und den Medienträgern<br />
abgestimmt werden. Hieran wird durch meinen Fachbereich<br />
Bauen, Ordnung und Sicherheit bereits gearbeitet.<br />
Michael Holstein: Mein erster Besuch als Bürgermeisterkandidat<br />
war in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> bei einer Baumpflanzaktion.<br />
Ich bin sehr beeindruckt vom Engagement vieler<br />
Bürgerinnen und Bürger in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Den Wunsch<br />
zum Erhalt der <strong>Waldsiedlung</strong> kann ich sehr gut nachvollziehen<br />
und werde mich immer für die berechtigten Interessen<br />
der Bevölkerung einsetzen. In <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
können wir gemeinsam an einem Konzept für die Zukunft<br />
arbeiten. Wo Nachpflanzaktionen sinnvoll erscheinen,<br />
sollten diese auch umgesetzt werden.<br />
Gestatten Sie ein paar persönliche Fragen: Wann waren Sie das letzte Mal in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>?*<br />
Kerstin Hoppe: Das letzte Mal in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> war ich<br />
am letzten Wochenende. Ich besuche <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> öfter<br />
im Rahmen meiner wochenendlichen Fahrradausflüge und<br />
mach mir dabei gleich einen persönlichen Eindruck von der<br />
Situation in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
Michael Holstein: Am 30. Juli habe ich meine Wahlplakate<br />
selbst in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> angebracht. Meine nächsten<br />
fest geplanten Termine sind am 23. August zur Pressekonferenz<br />
und am 18. September um 19:00 Uhr im Bürgerclub,<br />
eine von vier Vorstellungsrunden in der Gemeinde<br />
nach den Sommerferien. Vorher bin ich bestimmt<br />
auch noch mehrmals in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT 55
KERSTIN HOPPE MICHAEL HOLSTEIN<br />
Haben Sie Orte in der <strong>Waldsiedlung</strong>, an denen Sie sich besonders gerne aufhalten?<br />
Kerstin Hoppe: Spontan fällt mit hier der Weihnachtsmarkt<br />
in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ein, den ich jedes Jahr besuche. Dieser<br />
Weihnachtsmarkt gefällt mit aufgrund seiner besonderen<br />
Atmosphäre sehr gut.<br />
Michael Holstein: Ich war schon oft in der Anglerklause<br />
und habe einige Freunde in ihren Gärten in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
besucht. Die Vielfalt und die unterschiedlichen<br />
Reize in allen Ortsteilen von Schwielowsee finde<br />
ich beeindruckend und fühle mich überall sehr wohl.<br />
Zusatzfrage: Welche Frage würden Sie gerne gestellt bekommen und wie lautet darauf Ihre Antwort?<br />
Seit wann sind Sie in Schwielowsee zu Hause?<br />
Seit 25 Jahren.<br />
Warum möchten Sie Bürgermeister für Schwielowsee<br />
werden obwohl Sie nicht von hier sind und warum ziehen<br />
Sie nicht in einen Ortsteil von Schwielowsee?<br />
Michael Holstein: Ich lebe seit über 20 Jahren in der<br />
Region südwestlich von Berlin, erst in Werder und nun<br />
in Beelitz. Diese Region ist meine Heimat, hier fühle ich<br />
mich zuhause und mir ist wichtig was um mich herum<br />
passiert. Meine Arbeit - dazu gehören neben meinem Beruf<br />
auch alle Aktivitäten und ehrenamtliche Aufgaben -<br />
für die ich mich einsetze, haben wiederkehrende Ziele:<br />
Lebensqualität für die Menschen in meiner Umgebung,<br />
zu fördern, zu verbessern und zu erhalten. Ich denke als<br />
Bürgermeister ist das elementar, um eine Gemeinde in<br />
die Zukunft zu entwickeln und zu begleiten. Das Gemeinsame,<br />
die Lebensqualität, die Förderung von Kindern, Jugendlichen,<br />
Senioren und allen Hilfesuchenden muss im<br />
Fokus stehen. Lebensqualität beinhaltet für mich auch<br />
Mobilität und eine funktionierende Infrastruktur mit einem<br />
guten Angebot durch ansässige Gewerbetreibende.<br />
In direkter Nachbarschaft zu meinem Wohnort Beelitz<br />
und durch meine Leidenschaft für diese Region, möchte<br />
ich meine Erfahrungen für alle einbringen, dazulernen<br />
und eine gute, bürgernahe und ehrliche Kommunalpolitik<br />
machen. Mit meiner Familie lebe ich seit 2005 in Schäpe,<br />
einem kleinen Dorf bei Beelitz. Meine Schwiegereltern<br />
wohnen mit uns und meine beiden Söhne (9+12) besuchen<br />
Schulen in Beelitz. Unser älterer Sohn wechselt auf<br />
das Gymnasium. Seit vielen Jahren arbeiten meine Frau<br />
und ich in Berlin. Ein gutes und engagiertes Arbeiten ist<br />
auch dann möglich, wenn man nicht am Ort der Arbeit<br />
lebt. Erreichbar bin ich immer. Als ich erfahren habe, das<br />
Schwielowsee einen neuen Bürgermeister sucht, konnte<br />
ich mir sehr gut vorstellen diese herausfordernde Aufgabe<br />
anzunehmen und freue mich darauf.<br />
Vielen Dank für Ihre Fragen.<br />
Ich freue mich auf die gemeinsame Zukunft.<br />
Herzlichst ihr<br />
Michael Holstein<br />
* Die Redaktion fragte die beiden Kandidaten am 1. August 2018. Die Antworten erfolgten am 6. bzw. 7. August 2018.<br />
56 10 + 1 FRAGE FÜR DIE ZUKUNFT WILDPARK WEST HERBST 2018
Ein Weg aus rötlichen hart gebrannten Klinkern, der wie eine Linie<br />
zu einer immer größer werdenden Lichtung führt. 150 Meter entlang<br />
an Ehrenhainen zum Ort der Stille - zum Wald der Erinnerung<br />
Manches lässt einen nachdenklich zurück<br />
VON CARSTEN SICORA<br />
Nur ab und an dringen Geräusche<br />
der nahen Straße<br />
unweit der <strong>Waldsiedlung</strong><br />
durch das dichte Grün am<br />
Wegesrand. Die Hitze der letzten<br />
Wochen flimmert noch immer über<br />
dem Weg, der sich am alten Oziersheim<br />
entlang nach oben zieht. Eine<br />
Fichte, mit über dreißig Metern ungewöhnlich<br />
hoch, hält einsam Wacht.<br />
Das Holz der drei mächtigen Eichen,<br />
einst stolze Wahrzeichen der neugebauten<br />
Fliegerschule und vom<br />
letzten Herbststurm mit unbändig<br />
wütender Wucht niedergestreckt,<br />
ist längst beräumt. Auch alte, unverwüstlich<br />
scheinende Bäume sind<br />
vergänglich. Ich halte kurz inne und<br />
schaue hinüber zum Feld. Niemand<br />
ist unsterblich. Ich befinde mich an<br />
einem Ort voller Geschichte. Noch<br />
nicht so alt scheinend, um sie aufzuschreiben,<br />
doch alt genug um zu vergessen.<br />
Die blank gewichsten Schnürstiefel<br />
neben mir passieren die Stelle,<br />
an der man beim Bau der Kaserne am<br />
12. März 1937 einen mittelalterlichen<br />
Skelettfund vermeldete.<br />
Auch heute muss wieder eines<br />
der alten Gebäude Platz für Neues<br />
machen. Leben heißt auch Veränderung.<br />
Wurden damals gar Reste einer<br />
mittelalterlichen Siedlung gefunden?<br />
Ein Ort ritueller Bestattung? Ausschließen<br />
lässt es sich nicht, zumal<br />
im Zuge weiterer Bautätigkeiten 1941<br />
hier ein ganzes Brandgräberfeld ausgegraben<br />
wurde*. Wir wenden uns<br />
in einem Bogen nach Südost, immer<br />
bergan. Die Abendsonne hat ein wenig<br />
ihrer Kraft eingebüßt und scheint<br />
durch die Wipfel der alten Bäume.<br />
Lange Schatten stehen über uns.<br />
Die Luft ist heiß, es riecht nach<br />
Kiefernwald. Wir erreichen den Eingangsbereich<br />
der Erinnerungsstätte.<br />
Ein Gang mit beidseitig angebrachten<br />
Lichttafeln, die der Information<br />
dienen und die das Einsatzgebiet<br />
verzeichnen, in welchem die Soldaten,<br />
legitimiert durch den Deutschen<br />
Bundestag, deutsche Interessen in<br />
der Ferne verteidigten. Junge Männer,<br />
aber auch erfahrene Oziere,<br />
von denen sich für einen kurzen, aber<br />
alles entscheidenden Augenblick das<br />
Lebensglück abwendete. Lebensglück,<br />
das damit auch ihren Familien<br />
entrissen wurde. Kinder, die nun<br />
ohne ihre Väter groß werden müssen.<br />
Die Truppe kümmert sich um ihre Ab-<br />
Seelischen Schmerz kann man<br />
kaum greifen und einen Vater und<br />
geliebten Partner nicht ersetzen<br />
Die Namen der getöteten Soldaten sind in erhabenen<br />
bronzenen Buchstabentafeln verewigt.<br />
Fundstelle Geltow 1111, nach linski-Wetzel: <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> a.d. avel, 2. Aufl. S. 0 ff<br />
Fotos: Carsten Sicora<br />
58 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Ort der Stille
Informationstafel im Eingangsbereich, im Hintergrund Stelen Prizren und Rajlovac<br />
Ist Zweifel am militärischen Sinn nur im Angesicht<br />
des Verlustes und des Schmerzes erlaubt?<br />
sicherung, das war nicht immer so.<br />
Seelischen Schmerz kann man kaum<br />
greifen und einen Vater und geliebten<br />
Partner nicht ersetzen. Hier nicht<br />
und da nicht. Wie viele Kinder auf der<br />
Welt wohl ohne ihren Vater groß werden<br />
müssen?<br />
Sieben Stelen, sieben Orte<br />
Der Weg besteht nun aus rötlichen<br />
hart gebrannten Klinkern, der<br />
wie eine Linie zu einer immer größer<br />
werdenden Lichtung führt. 150 Meter<br />
entlang an Ehrenhainen zum Ort<br />
der Stille. Ehrenhaine, die ursprünglich<br />
am Einsatzort aufgebaut waren,<br />
wurden in mühevoller Arbeit und mit<br />
nicht unerheblichem Aufwand detailgetreu<br />
wiederhergestellt.<br />
Prizren, Rajlovac, Mazar-e Sharif,<br />
Kunduz, Kabul, OP-North, Feyzabad,<br />
Kosovo, Bosnien- Herzegowina,<br />
Afghanistan. An den sieben Stelen,<br />
eine jede steht für den Ort des Einsatzes,<br />
sind die Namen der getöteten<br />
Soldaten in erhabenen bronzenen<br />
Buchstabentafeln verewigt, dazu<br />
Geburts- und Sterbejahr. Ab und an<br />
haben Kameraden aus der gleichen<br />
Einheit neben den Tafeln einen letzten<br />
Gruß in Form eines Abzeichens<br />
oder einer Plakette angebracht. Gemeinsam<br />
Erlebtes schweißt zusammen.<br />
Der Ehrenhain des OP-North in<br />
Afghanistan z.B. wurde detailgetreu<br />
auf einer kleinen Anhöhe wieder aufgebaut,<br />
die einen Blick über die gesamte<br />
Anlage gestattet. Auch 5.000<br />
Kilometer fern der Heimat befand<br />
er sich auf einem zentralen Hügel<br />
auf der mittleren Ebene des Lagers.<br />
An einigen Bäumen sind Gedanken<br />
von Familienangehörigen auf einem<br />
Schild vermerkt; manches lässt einen<br />
nachdenklich zurück. Ist Zweifel am<br />
60 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Gedenkstein Feyzabad, Afghanistan<br />
militärischen Sinn nur im Angesicht<br />
des Verlustes und des Schmerzes erlaubt?<br />
Die ursprüngliche Idee einen<br />
Erinnerungswald anzulegen, hatte die<br />
Mutter einer während einer Übung in<br />
der Nordsee ertrunkenen Oziersanwärterin.<br />
Auch Unfälle gehören<br />
zum Soldatenalltag. Am Ort der Stille<br />
bildet ein mächtiges bronzefarbenes<br />
Eisernes Kreuz den finalen Schlusspunkt.<br />
Bänke laden zum Gebet oder<br />
zur Andacht ein, die letzten Sonnenstrahlen<br />
brechen sich im Licht von<br />
Glas. Es sind viele, derer hier gedacht<br />
werden soll. Zu viel.<br />
In den Auslandseinsätzen der<br />
Bundeswehr sind bisher mehr als<br />
einhundert Soldaten und eine Soldatin<br />
ums Leben gekommen. In den<br />
Einsätzen auf dem Balkan und in<br />
Afghanistan sind im Gedenken an<br />
ihre Kameraden Ehrenhaine vor Ort<br />
entstanden. Die im Wald der Erinnerung<br />
zurückgeführten Ehrenhaine<br />
ermöglichen es den Hinterbliebenen,<br />
ihrer Angehörigen, Freunde<br />
oder Kameraden zu gedenken. Im<br />
November 2014 wurde die 4.500<br />
Quadratmeter große Gedenkstätte<br />
eingeweiht. Sie ist eingebettet in<br />
den gewachsenen Baumbestand<br />
der Henning-von-Tresckow-Kaserne<br />
vor den Toren von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
Nach Anmeldung kann im Paßaustauschverfahren<br />
die Gedenkstätte<br />
besucht werden.<br />
Besucher- und Betreuungsorganisation<br />
„Wald der Erinnerung“<br />
Henning-von-Tresckow-Kaserne<br />
14548 Schwielowsee<br />
Werderscher Damm 21–29<br />
Telefon: 03327 50 38 73<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 REPORTAGE 61
Das Vorwerk Gallin, das heutige <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />
war über vier Alleen mit prächtigem Baumbestand erreichbar.<br />
Wir stellen sie vor.<br />
Historische Alleen in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
1. TEIL: KASTANIENALLEE (AMSELWEG)<br />
VON ARIANNA VON KLINSKIWETEL
Der Entstehungsgeschichte der Kastanienallee im heutigen Gemeindeteil <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
soll in diesem Beitrag nachgegangen werden. Dazu ist es sicher interessant, aus der<br />
Entwicklung der Siedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> bzw. aus der Geschichte des Gallin einige<br />
Informationen voranzustellen.<br />
Die Landschaft um das vormalige Vorwerk Gallin<br />
wurde seit dem Jahr 1686 durch die hier angesiedelten<br />
Schweizer Kolonisten landwirtschaftlich<br />
nutzbar gemacht. Es waren ursprünglich drei<br />
Bauernhäuser für sie errichtet worden, die man als „Vorwerk<br />
Gallin“ bezeichnete. Diesen Dreiseithof erreichte man<br />
zu damaliger Zeit über einen Weg aus Richtung Golm, den<br />
der König später als „Königspromenade“ („Waidmannspromenade“)<br />
mit vier Reihen Eichen als Allee ausgestalten<br />
ließ. Außerdem führte ein Weg, der später als Eichenallee<br />
bepflanzt wurde, in Richtung Bornstedt und zum Kleinen<br />
Entenfang See.<br />
Amselweg 2018, in Höhe Nr. 25<br />
Foto: M.v.Klinski-Wetzel
In diesen Kastanien liegt offensichtlich schon vor dem<br />
Ende des 19. Jahrhunderts die Ursprungsidee, eine reine<br />
Allee mit Kastanien in Richtung Havel folgen zu lassen<br />
1711<br />
Im Jahr 1711 kam auf der bis dahin<br />
offenen Ostseite der Vorwerksanlage<br />
ein sogenanntes Garten- oder Hirtenhaus<br />
hinzu, so daß man von einem<br />
Vierseithof sprechen kann. In der Zeit<br />
von 1686 bis zum Jahr 1864 diente<br />
der Gallin zahlreichen Pächtern als<br />
Ackerland für Gemüse, Getreide, für<br />
Obstanbau und Weinbau. Auch als<br />
Weide für Vieh und als Wiese für das<br />
Winterfutter wurde die Landschaft<br />
des Gallin genutzt.<br />
1877<br />
Das Königshaus der Hohenzollern<br />
erwarb im Jahr 1864 den Gallin als<br />
Privatbesitz und überließ diesen ‚Königl.<br />
Gutsbezirk Gallin‘ bis zum Jahr<br />
1877 einem Pächter. Nachdem das<br />
Kronprinzenpaar Friedrich III. (*1831,<br />
†1888) und seine englische Gemahlin<br />
Victoria (*1840, †1901) ab dem Jahr<br />
1867 das Krongut Bornstedt landwirtschaftlich<br />
nutzte und sie feststellen<br />
mußten, daß sie zu wenig Flächen für<br />
ihre Anbaupläne hatten, erhielten sie<br />
ab dem Jahr 1877 den Gallin hinzu,<br />
der nun als Teil des ‚Krongutes Bornstädt-Gallin‘<br />
bezeichnet wurde.<br />
Ein Plan für Gallin<br />
Der Hofgärtner Hermann Sello<br />
(*1800 in Caputh, †1876 in Potsdam),<br />
Sproß aus der preußischen Hofgärtner-Dynastie<br />
Sello, wurde bereits im<br />
Jahr 1872 vom königlichen Hof damit<br />
beauftragt, einen Plan (Abb. Seite 43<br />
oben) zu entwerfen, wie der Gallin für<br />
den Anbau von Obst und Gemüse im<br />
Sinne eines „Regelmäßigen Gutsgartens“<br />
vom Kronprinzenpaar bewirtschaftet<br />
werden könnte. Das Projekt<br />
‚Gutsgarten‘ wurde jedoch nicht ausgeführt.<br />
Statt dessen sollte das Gebiet<br />
um den Gallin dann als Erweiterung<br />
des ‚Jagdgebietes <strong>Wildpark</strong>‘ bis<br />
zur Havel ausgestaltet werden. Über<br />
die Hintergründe dieser Umwidmung<br />
kann nur spekuliert werden.<br />
1879<br />
Das Anlegen kleiner Seen mit<br />
Hilfe von Kanälen, die die Trockenle-<br />
v.l.n.r. Amselweg 2018 in Höhe Nr. 15, Amselweg 2006 mit Blick vom Marktplatz und Kastanienallee (Heute Amselweg)<br />
1931 mit Blick vom Marktplatz (<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>-Buch, Abb. 47)<br />
Die Kastanienallee (der heutige Amselweg) verläuft vom<br />
Marktplatz beginnend von südwestlicher in nordöstlicher<br />
Richtung und endet am Ortsausgang am Wassergraben.<br />
Die Allee ist 0,5 Kilometer lang und hat insgesamt 89<br />
Bäume. Davon im vorderen Teil 42 über 100jährige<br />
astanien. 2 unge astanien befinden sich vorwiegend<br />
im hinteren Teil der Allee. 13 sehr alte Eichen und eine<br />
junge Eiche stehen zudem hinter dem Wegkreuz An der<br />
Kirche/Schulweg/Hirschweg. Drei alte Buchen, davon<br />
eine zweistämmige und eine dreistämmige sowie zwei<br />
junge Buchen, eine Traubenkirsche, zwei Birken eng aneinander<br />
stehend sowie zwei Ulmen komplettieren den<br />
Bestand. Vor dem Wegkreuz haben Einwohner in den<br />
Jahren 2010–2018 junge Kastanien nachgesetzt, auch<br />
die Gemeinde Schwielowsee ließ in diesem Bereich im<br />
Mai 2018 vier junge Bäume setzen.<br />
Fotos: M.v.Klinski-Wetzel<br />
66 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST 2018
Amselweg 1960, Blick vom Marktplatz
Der neu entstehende Kiefernwald, etwa ab<br />
dem Jahr 1885, sollte offensichtlich mit Hilfe von<br />
Alleen und verschiedenen Laubbaumarealen<br />
parkähnlich gestaltet werden<br />
gung weiterer Gebiete auf dem Gallin<br />
erforderlich machen würde, wurde<br />
wohl als zu langwierig und zeitraubend<br />
angesehen. Zudem konnte das<br />
Königshaus im Jahr 1879 nördlich<br />
des Entenfangs und nördlich der<br />
Eisenbahnlinie Potsdam-Magdeburg<br />
etliche Morgen hinzukaufen. Somit<br />
eröffnete sich eher die Möglichkeit,<br />
das größer gewordene Gelände dem<br />
‚Jagdgebiet <strong>Wildpark</strong>‘ anzuschließen,<br />
das nun bis zum Ufer der Havel mit<br />
vormaligem Vorwerk Gallin reichen<br />
würde. Politische Affären und Todesfälle<br />
in der Königsfamilie bedrückten<br />
das Kronprinzenpaar in diesen<br />
Jahren. Sie ließen ihre Pläne für den<br />
Gallin fallen. In den folgenden Jahren<br />
bis zum Jahr 1910 gab es kaum<br />
noch Nachrichten über den königlichen<br />
Privatbesitz Gallin, der mit Hilfe<br />
von Sperren und Schildern auf den<br />
Wegen jedem Fremden das Betreten<br />
des Privatwaldes untersagte. Nur die<br />
weiteren Zukäufe von Gelände in<br />
den Jahren 1890 und 1904 konnten<br />
notiert werden, so daß man feststellen<br />
kann, daß der Gallin bis zum Jahr<br />
1905 von 327 auf 664 Morgen angewachsen<br />
war.<br />
1885<br />
Der neu entstehende Kiefernwald,<br />
etwa ab dem Jahr 1885, sollte offensichtlich<br />
mit Hilfe von Alleen und<br />
verschiedenen Laubbaumarealen<br />
parkähnlich gestaltet werden. Im Besonderen<br />
wurde das Augenmerk auf<br />
die Verbindung vom Bornstedter Gut<br />
zum Entenfang-Etablissement und<br />
von dort aus auf zwei landschaftlich<br />
attraktiv ausgestaltete Alleen zum<br />
Ufer an der Havel gelegt. Diese Wege<br />
bzw. Alleen benutzten noch bis zum<br />
Jahr 1934 die Jagdgesellschaften<br />
des vormaligen Königshauses, als<br />
der Forstaufseher und Waldbeläufer<br />
Georg Palecki mit seiner Familie im<br />
vormaligen Vorwerk Gallin wohnte.<br />
Palecki hinterließ zahlreiche schöne<br />
Fotos aus den Jahren 1931 und 1933<br />
von den Wegen und dem Wald der ab<br />
1933 entstehenden Villensiedlung<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
Wo und wann konnte nun der<br />
Entstehungszeitpunkt für eine Kastanienallee<br />
gefunden werden? In<br />
der „Gutsgartenzeichnung“ von Hermann<br />
Sello aus dem Jahr 1872 ist<br />
bereits die erste Andeutung eines,<br />
mit Bäumen bepflanzten Weges vom<br />
Kienwerder (auch Kienhorst genannt,<br />
nördlich des Kleinen Entenfang Sees<br />
gelegen) in Richtung Havel zu entdecken.<br />
Als Luftlinie verlängert weist<br />
diese Wegrichtung hin zum Vorwerk<br />
Gallin an der Havel. Die in der Zeichnung<br />
geplanten Baumpflanzungen<br />
haben wohl auch tatsächlich ab dem<br />
Jahr 1885 stattgefunden. Wenn man<br />
die Bäume des Amselweges nach<br />
der Kreuzung Amselweg/Schulweg/<br />
Hirschweg in Richtung <strong>Wildpark</strong> aufmerksam<br />
betrachtet, sind zahlreiche<br />
Baumriesen zu finden, mehrere beachtlich<br />
hohe Kastanien neben riesigen<br />
Eichen. In diesen Kastanien liegt<br />
offensichtlich schon vor dem Ende<br />
des 19. Jahrhunderts die Ursprungsidee,<br />
eine mehr oder weniger reine<br />
Allee mit Kastanien in Richtung Havel<br />
folgen zu lassen.<br />
Schon ab 1876 gelangte man<br />
vom Entenfängerhaus durch eine mit<br />
Eichen bestandene Allee zum Kleinen<br />
Entenfang See und weiter durch<br />
eine ebenfalls mit Eichen bestandene<br />
Allee zum Kienwerder (Kienhorst),<br />
auf dem ein mit Eichen bestandener<br />
68 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST 2018
Karte 1872, Hermann Sello, <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>-Buch, Bild Nr. III
HORTUS EXPERIENCES<br />
Um den charakteristischen Anblick einer schönen<br />
historischen Allee zu erhalten, sind inzwischen viele<br />
Bürger unserer <strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> bemüht<br />
Nachbars<br />
Katzen<br />
… gehören irgendwie dazu.<br />
Mal auf der Suche nach Streicheleinheiten,<br />
mal einfach<br />
nur auf der Durchreise bei der<br />
Kontrolle des Reviers, sind sie<br />
mittlerweile liebgewonnener<br />
Bestandteil meines Gartens.<br />
Beim stummen Zwiegespräch<br />
auf der Gartenbank höre ich<br />
zwar hin und wieder etwas<br />
Unzufriedenheit über die Versorgung<br />
am heimischen Futterplatz<br />
heraus, aber das muss das<br />
Katerlein schon mit Frauchen<br />
ausmachen. Dafür bin ich nicht<br />
zuständig. Aus eigener Erfahrung<br />
weiß ich, dass das kulinarische<br />
Zufriedenstellen einer Katze eine<br />
große Herausforderung ist.<br />
Hin und wieder kommt die<br />
kleine Getigerte von Müllers<br />
vorbei und platziert sich dekorativ<br />
auf dem Pfosten des Gartenzauns.<br />
Mit einem wackelnden<br />
Grashalm durch die Luft gewedelt<br />
und schon sind wir zwei<br />
in simple Spielerei vertieft.<br />
Total relaxed rekelt sich Nachbars<br />
Fellknäuel auf dem Rasen.<br />
Und kaum ruft Frauchen zu Tisch,<br />
ist es auch schon wieder weg. Bis<br />
zum nächsten heimlichen reffen.<br />
Wegestern angelegt worden war. Einige<br />
wenige Rieseneichen sind dort<br />
am Wegestern noch zu bewundern.<br />
1947<br />
Die Kastanienallee, die ab 1947<br />
den Namen ‚Amselweg‘ trägt, sollte<br />
dann die kürzeste Verbindung zwischen<br />
dem Wegestern auf dem Kienwerder<br />
und dem Vorwerk Gallin werden.<br />
Der Zeitpunkt der Bepflanzung<br />
des restlichen Weges zur Havel mit<br />
Kastanien bis zum vormaligen Vorwerk<br />
Gallin fand jedoch erst etwa im<br />
Jahr 1916 statt.<br />
Autorin Marianna von Klinski-Wetzel<br />
wurde 1939 geboren und verbrachte<br />
ihre Kindheit und Jugend bis 1957<br />
in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Nach der<br />
Grundschule in Geltow und der<br />
Oberschule in Potsdam,<br />
Abitur und Studium in<br />
Berlin-Charlottenburg. War als<br />
Lehrerin für Kunst und Werken tätig.<br />
Seit 2002 wieder in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
zu Hause. Sie ist verheiratet<br />
mit Prof. Peter Wetzel,<br />
das Ehepaar hat drei Kinder.<br />
Mehr als 100 Jahre alt<br />
Es wurde bereits um 1905 der<br />
‚Weg von Bornstädt nach dem Vorwerk‘<br />
zwischen dem Entenfänger-Etablissement<br />
und dem Vorwerk<br />
Gallin mit Eichen als Allee bepflanzt.<br />
Auf der seit dem Jahr 1903 zweimal<br />
ergänzten Karte zum Gallin finden<br />
sich also zwei Alleen, die vom<br />
<strong>Wildpark</strong> bis zur Havel führen – die<br />
ältere vom Entenfängerhaus bis zum<br />
Gallin und die jüngere vom Kienwerder<br />
bzw. Wegestern (älteren <strong>Wildpark</strong>ern<br />
auch als Fliederweg bekannt)<br />
bis zum Gallin an der Havel.<br />
Die Kastanien sind mit mehr als<br />
100 Jahren heute teilweise in keinem<br />
guten Zustand. Um den charakteristischen<br />
Anblick einer schönen<br />
historischen Allee zu erhalten, sind<br />
inzwischen viele Bürger unserer<br />
<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> bemüht.<br />
Ihr zusammen mit<br />
Gerhard Mieth verfasstes<br />
Buch „<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
an der<br />
Havel – Die Geschichte<br />
der Wiese Gallin“<br />
(2007) wurde ein Bestseller.<br />
Weiter erschienen<br />
von ihr: „Ritter Sloteko<br />
und seine Reisen<br />
mit dem askanischen<br />
Hof“ (2017)<br />
„Zur alten Geschichte<br />
von Werder a. d. Havel<br />
vom Jahr 1317 bis<br />
zum Jahr 1740“ (2016)<br />
„Zur Geschichte<br />
des Schwielowsees<br />
und der drei Orte<br />
Caputh, Ferch und<br />
Geltow“ (2015)<br />
70 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST 2018
DUMM GELAUFEN<br />
Dieser Unfall ist eigentlich<br />
ein „Fall“ der Unmöglichkeit.<br />
Doch er kam trotzdem<br />
vor – auf dem Amselweg.<br />
„Achtung,<br />
Baum fällt!“<br />
Nur zwei Tage nachdem die jungen<br />
Kastanien auf dem Amselweg in<br />
einer gemeinsamen Aktion durch die<br />
Einwohner mit Dreibock und Gießring<br />
versehen worden sind, rammte<br />
am 24. Juli 2018 ein Fahrzeug der<br />
Müllabfuhr eine mehr als 100 Jahre<br />
alte Kastanie so schwer, dass diese<br />
dabei umstürzte. Im Fallen beschädigte<br />
sie eine weitere junge Kastanie,<br />
so dass diese gekappt werden<br />
musste. Wie konnte das geschehen?<br />
Ein auf der Straße abgestelltes<br />
Baufahrzeug vor dem Grundstück<br />
Baumfällung einmal anders. Unachtsamkeit oder Hitzestress? Schade um den<br />
alten Baum. Die olgen des usammenstoes waren niederschmetternd.<br />
Nr. 13 ließ den Müllwagen der<br />
Abfallwirtschaft einen größeren<br />
Schlenker fahren. Was gut gedacht,<br />
war schlecht gemacht: Der große<br />
Kofferaufbau des LKWs geriet mit<br />
einer Ecke in die Krone der Kastanie.<br />
Warum der Fahrer dies nicht<br />
bemerkte, weiterfuhr und so den<br />
alten Baum zum Umstürzen brachte<br />
ist nicht bekannt. Verletzt wurde<br />
niemand. Die Polizei nahm den<br />
Unfall auf und es bleibt zu hoffen,<br />
dass im Herbst entsprechender<br />
Ersatz nachgepflanzt wird.
Nachdem bereits im Herbst 1945 der Schulbetrieb in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> in einer<br />
Baracke auf dem Schulweg wieder aufgenommen worden war, wurden am<br />
1. September 1946 die Kinder eingeschult, die zu diesem Zeitpunkt 6 Jahre alt waren<br />
Lauter Obstbäume und viele Kinder<br />
VON EVELYN UHLEMANN<br />
Mein Spielkamerad und<br />
Nachbarjunge Wolfram<br />
war im Februar bereits 6<br />
Jahre alt geworden und<br />
durfte deshalb zur Schule gehen. Ich,<br />
die ihn gerne begleiten wollte, war<br />
aber noch zu jung, da ich erst im Dezember<br />
6 Jahre alt wurde. Meine Mutter<br />
packte mir trotzdem eine Stullentasche<br />
und ich ging mit Wolfram zur<br />
Schule. So ging das Tag für Tag. Jeden<br />
Morgen liefen wir über den Marktplatz<br />
die enge Straße entlang.<br />
Ein kleines Holzhaus<br />
Die Lehrerin, Frau Hellbach, nahm<br />
mich auf und ich folgte aufmerksam<br />
dem Unterricht. Frau Hellbach war<br />
nett und sehr freundlich. Zu Schulbeginn<br />
bekam ich auch eine kleine<br />
Schultüte, die bis oben hin mit Pflaumen<br />
gefüllt war.<br />
Im Dezember 1946, nachdem ich<br />
meinen 6. Geburtstag gefeiert hatte,<br />
Am Möhrenfeld<br />
machten wir<br />
Halt und zogen<br />
uns einen<br />
Mittagsimbiss<br />
kam die Bestätigung vom Schulamt,<br />
dass ich weiterhin die Klasse besuchen<br />
durfte.<br />
Das Schulhaus war eigentlich nur<br />
ein kleines Holzhaus mit zwei Räumen<br />
an der Havelpromenade/Am<br />
Anger, ganz in der Nähe des Havelufers<br />
gelegen. Im folgenden Schuljahr<br />
muss es einem Brand zum Opfer gefallen<br />
sein.<br />
Die Lehrerin Erika Frank geb. Schmidt<br />
zusammen mit ihrer 4. Klasse, die<br />
damals 64 Schüler umfasste. Die<br />
Aufnahme entstand um 1951 auf dem<br />
Schulhof der Bergschule Geltow, der<br />
ehemaligen Villa Schlieper.<br />
Foto: Archiv Uhlemann<br />
72 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST 2018
Die junge Lehrerin, Frl. Lachenwitz,<br />
1942, im Garten Amselweg 13<br />
Foto: Archiv von Klinski-Wetzel<br />
Unten:<br />
Buswendeschleife am Marktplatz,<br />
Sommer 1960<br />
Foto: Marianna von Klinski-Wetzel<br />
Die Kinder aus <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
mussten fortan die Schule in Geltow<br />
besuchen. Der Schulbesuch erfolgte<br />
in der Regel zu Fuß, gelegentlich auch<br />
mit einem Pferdewagen. Der Pferdewagen<br />
kam vom nahegelegenen Hof<br />
Gallin, wo der Kutscher seine Milchkannen<br />
holte. Am Nachmittag liefen<br />
wir oft in kleinen Gruppen über die<br />
Geltower Felder und Wiesen nach<br />
Hause. Damals wurde noch intensiv<br />
Landwirtschaft betrieben. Die Felder<br />
waren voller Blumen, Gemüse, Kohl<br />
und Radieschen. Auch standen da lauter<br />
Obstbäume. Am Möhrenfeld machten<br />
wir Halt und zogen uns einen Mittagsimbiss.<br />
Ein Schulbus nur für Kinder<br />
Einige von uns hatten bald ein<br />
Fahrrad und so fuhren wir gemeinsam<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 WIESE GALLIN 73
Foto: Carsten Sicora<br />
Das reetgedeckte Holzhaus unter den alten knorrigen Kiefern zählt mit zu den prägenden Häusern<br />
der Waldgemeinde. Es wurde in den dreißiger Jahren er- und in den fünfziger Jahren in seiner heutigen<br />
Form ausgebaut. Von Nummer 30–46 bestand die Straße Am Ufer damals aus reetgedeckten Häusern.<br />
Der Schulleiter hatte Bezugsscheine für Schuhe,<br />
die besonders bedürftigen Kindern zugeteilt wurden<br />
mit den Rädern zur Schule. Irgendwann<br />
wurde ein Schulbus eingesetzt.<br />
Nur für die Kinder. Früh fuhr er uns hinüber<br />
und zum Mittag wieder zurück.<br />
Die größeren Kinder halfen den kleinen<br />
beim Einsteigen. Im Winter sind<br />
wir manchmal über das Eis zur Schule<br />
gelaufen. Damals waren die Wiesen<br />
an der Havel noch oft überschwemmt<br />
und gefroren. Teilweise hatten wir<br />
Klammerschlittschuhe, eine Konstruktion,<br />
die an den Schuhen befestigt<br />
wurde. Wir nannten sie „Hackenreißer“.<br />
Weil beim schnellen Laufen<br />
die Krallen der Schlittschuhe die Hacken<br />
von den Schuhen abrissen. Der<br />
Schulleiter hatte Bezugsscheine für<br />
Schuhe, die besonders bedürftigen<br />
Kindern zugeteilt wurden. Das Laufen<br />
übers Eis dauerte natürlich viel<br />
länger und wir hatten manchmal nasse<br />
Füße oder Hosen, wenn wir eingebrochen<br />
waren. So eine einfache<br />
Strecke konnte ein bis zwei Stunden<br />
dauern. Es war nie langweilig und immer<br />
etwas abenteuerlich. Der Unterricht<br />
verlief abwechslungsreich, interessant<br />
und lehrreich.<br />
So ging es bis zur 8. Klasse in Geltow,<br />
danach besuchten einige von uns,<br />
auch ich, die Oberschule in Potsdam.<br />
Durch meine „verfrühte“ Einschulung<br />
war ich bis zum Abitur immer die<br />
Jüngste in der Klasse! Die Klassen der<br />
Geltower Schule bestanden damals<br />
noch aus bis zu 40 Schülern. Die Kinder<br />
waren bei weitem nicht so selbstbewusst<br />
wie heute, eher brav.<br />
Die Autorin, Evelyn Uhlemann,<br />
geborene Oelschläger, Jahrgang<br />
1940, Medizinisch-Technische<br />
Assistentin, lebt seit ihrer<br />
Kindheit im Haus der Eltern<br />
in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
74 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST 2018
WILDARKWEST 1942 BIS 1945<br />
Die Zwergschule<br />
VON ARIANNA VON KLINSKIWETEL<br />
1. Schultag, September 1942: Die Schulkinder von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>: Bild links: Rosalinde, José, Oda und Adelheid (v.l.n.r.)<br />
und Bild rechts: Maria, Brigitte, Elisabeth und Helmut (v.l.n.r.), im Hintergrund jeweils Frl. Lachenwitz<br />
Foto: Archiv von Klinski-Wetzel<br />
Im Wohnhaus Eichenallee (heute Fuchsweg) Nr. 37 lebte<br />
eine junge Familie, deren Zwillinge Maria und Elisabeth<br />
im Jahr 1942 schulpflichtig wurden. Die Familie<br />
hatte ein kleines Pflegekind im Haus, das jüdischen<br />
Glaubens war. Auch dieses kleine Mädchen wurde schulpflichtig.<br />
Aber es gab das Problem, daß man das Kind in<br />
Potsdam in der Schule nicht anmelden konnte. So haben<br />
mehrere Eltern in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> sich zusammengetan,<br />
für ihre einzuschulenden Kinder eine Zwergschule zu<br />
gründen. Das waren die Eltern eines kleinen Mädchens<br />
aus dem Haus Gallin, zwei kleine Mädchen aus einem<br />
Haus Am Markt, zwei kleine Mädchen aus der Kastanienallee<br />
(heute Amselweg) und ein kleiner Junge aus dem Weg<br />
Am Teich. Die junge Lehrerin, Frl. Lachenwitz (geb. 1921<br />
in Thüringen), hinterließ aus ihrer Zeit in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
einige Fotos, die sie der Autorin des Buches über <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />
zusammen mit der Erzählung über die damalige<br />
Zeit übergeben hat.
Der Sommer des Jahres 1949 brachte mit über 30 Grad und wochenlang<br />
kaum Regen eine Dürre. Wenige Meter von der Schweizer Straße entfernt<br />
begann an einem heißen Sonnentag, vermutlich Ende Juli, das Feuer.<br />
Die Siedlung brennt<br />
VON ARIANNA VON KLINSKIWETEL<br />
Die Monate Juni und Juli<br />
des Jahres 1948 waren mit<br />
Temperaturen um 30 bis<br />
32 Grad Celsius schon sehr<br />
heiß gewesen. Aber einige kräftige<br />
Niederschläge sorgten zum Glück<br />
dafür, dass keine Dürre entstehen<br />
konnte. Der Sommer des Jahres 1949<br />
dagegen brachte vom 10. bis zum<br />
17. Juli gut 31 Grad Celsius und es<br />
gab wochenlang kaum Regen. Die<br />
Potsdamer Wetteraufzeichnung registrierte<br />
allein für den Juli 1949<br />
mindestens 227 Sonnenstunden.<br />
Das Feuer begann<br />
Meine Erinnerungen und die<br />
meines Bruders Hans Georg an den<br />
Sommer 1949, als die Waldfläche<br />
am Schulweg brannte, sind unvergessen<br />
geblieben. Das Feuer begann<br />
an einem heißen Sonnentag, vermutlich<br />
Ende Juli, wenige Meter von der<br />
Schweizer Straße entfernt. Es reichte<br />
nördlich des gesamten Schulweges<br />
entlang bis zu den heutigen 20iger<br />
Hausnummern. Wir hörten in der<br />
Hitze des Nachmittags plötzlich die<br />
Sirenen heulen, die in Kriegszeiten<br />
vor den Bombern mit der tödlichen<br />
Fracht gewarnt hatten und die nur<br />
vier Jahre zuvor die Katastrophe ankündigten.<br />
Die Sirenen waren immer<br />
noch für uns Kinder der unvergessliche<br />
Schrecken.<br />
Der Geruch des trockenen hohen,<br />
nun brennenden Grases, der brennenden<br />
Büsche von Brombeeren und<br />
Himbeeren, des brennenden Unterholzes,<br />
der kleinen Kiefern und Birken,<br />
der vielen Kienäpfel – dieser Geruch<br />
hat sich eingeprägt.<br />
Groe Angst und Verzweiung<br />
Mein Bruder und ich wohnten<br />
mit drei weiteren Geschwistern und<br />
unseren Eltern zu dieser Zeit in zwei<br />
hölzernen Behelfsheimen im Amselweg<br />
Nr. 10 und Nr. 12. Unsere Häuschen<br />
lagen ganz in der Nähe des Feuers<br />
im Schulweg. Nur der Schulweg,<br />
ein schmaler Sandweg zu dieser Zeit,<br />
und der unbebaute Waldstreifen, der<br />
an unsere Grundstücke angrenzte,<br />
trennten uns von dem Waldbrand.<br />
Ich sehe in der Erinnerung die hohen<br />
Flammen aus dem Gras aufschießen<br />
und sich bei leichtem <strong>West</strong>wind in<br />
Richtung der russischen Kuhweiden<br />
durch den Wald fressen. Mit Eimern<br />
und Schläuchen strömten die<br />
Menschen aus der Siedlung herbei,<br />
und sie schlugen mit Laubästen in<br />
die Flammen. Es herrschte ein unglaubliches<br />
Chaos, große Angst und<br />
Verzweiflung. Und dann kamen die<br />
Löschwagen der sowjetischen Armee<br />
aus der Kaserne im <strong>Wildpark</strong>. Den<br />
Soldaten gelang es tatsächlich, den<br />
Brand unter Kontrolle bringen.<br />
Mit Eimern und<br />
Schläuchen strömten<br />
die Menschen aus<br />
der Siedlung herbei,<br />
und sie schlugen<br />
mit Laubästen in<br />
die Flammen<br />
Die Siedlung war, von 1945 bis<br />
1950 Sperrgebiet der sowjetischen<br />
Armee, voll mit Menschen. In den<br />
mehr als 60 massiven Eigenheimen<br />
der Villensiedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
wohnten seit dem Sommer 1945<br />
die Familien sowjetischer Oziere.<br />
In den mehr als 70 Behelfsheimen<br />
(Holzhäuschen) lebten etwa 400 bis<br />
500 Personen aus dem alten <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />
aus Potsdam und Berlin.<br />
Wie schnell wären unsere Häuschen<br />
in Flammen aufgegangen, mit dem<br />
Wenigen, was wir noch besaßen.<br />
Der Waldbrand konnte zum Glück<br />
in gemeinsamer Anstrengung gelöscht<br />
werden. Eine große schwarze<br />
und noch tagelang rauchende Fläche<br />
blieb zurück. Noch lange Zeit danach<br />
zog der Geruch von Verbranntem<br />
durch die Siedlung. An dieses Ereignis,<br />
an diesen Geruch erinnern wir<br />
uns immer wieder, mein Bruder und<br />
ich, wenn es hier im Wald nach brennender<br />
Kiefer und Tanne riecht.<br />
2018 versus 1540<br />
Der diesjährige Sommer begann<br />
eigentlich schon im März und ist bis<br />
weit in die Augusttage erhalten geblieben.<br />
Die Meteorologen sprechen<br />
heute von „blockierenden Hochdrucklagen“.<br />
Einen solchen Jahrhundertsommer<br />
gab es bereits zur Zeit<br />
von Martin Luther im Jahr 1540, über<br />
den verschiedenste Berichte überliefert<br />
sind: „Von November 1539 bis<br />
November 1540 soll jeder Monat in<br />
großen Teilen Europas so trocken gewesen<br />
sein wie der trockenste Monat<br />
seit Beginn der Wetterbeobachtungen<br />
im 19. Jahrhundert.“ Am 20. Juli<br />
1540 schrieb Luther an seine Ehefrau<br />
Katharina: „Es ist allhier solche Hitze<br />
und Dürre, dass unsäglich und unträglich<br />
ist Tag und Nacht. Komm, lieber<br />
jüngster Tag, Amen.“ Spätestens<br />
seit dem Februar 1540 hing zwischen<br />
Andalusien, Südengland, Dänemark<br />
und Tschechien jene warme, trockene<br />
Luft fest. Die brachte, gespeist<br />
von einem Azorenhoch, kaum Regen<br />
und Jahrhundertwärme.<br />
Waldbrände zogen<br />
über den Kontinent<br />
Rund vierzig Millionen Menschen<br />
lebten damals in <strong>West</strong>europa. Rund<br />
Foto: Palecki/Archiv Marianna von Klinski-Wetzel<br />
76 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST 2018
Blick in den Schulweg,<br />
Aufnahme 1933
„Ich sehe in der Erinnerung die hohen Flammen aus dem Gras<br />
aufschießen und sich bei leichtem <strong>West</strong>wind in Richtung der<br />
russischen Kuhweiden durch den Wald fressen.“<br />
Marianna von Klinski-Wetzel<br />
eine Million mehr als sonst üblich<br />
sollen 1540 wegen der Trockenheit<br />
zusätzlich gestorben sein. Waldbrände<br />
zogen über den Kontinent, das<br />
Feuer machte vor hunderten Dörfern<br />
und Höfen nicht Halt. „Rauch lag über<br />
dem Land. Anfang August lassen die<br />
Bäume ihre Blätter fallen. Es sieht<br />
aus wie im Spätherbst,“ schrieb der<br />
Chronist Sebastian Fischer in Ulm.<br />
Weil die Wälder und Felder brannten,<br />
erschien die Sonne manchmal nur<br />
milchig und rötlich am Himmel. Das<br />
Jahr 1540 sollte als das trockenste<br />
Jahr aller Zeiten in die Geschichtsbücher<br />
eingehen. In Mitteleuropa fiel<br />
nur etwa ein Drittel der üblichen Regenmenge.<br />
In England etwa, so heißt<br />
es, fiel von Juli bis Oktober kein Tropfen<br />
Regen. Der Lehrer Hans Salath in<br />
Solothurn in der Schweiz schrieb am<br />
22. Juli 1540: „Es war unerträglich heiß,<br />
jeder klagt über Wasserknappheit,<br />
überall sah man Waldbrände. Sonne<br />
und Mond wirkten rötlich, wenn sie<br />
tief standen, und sie leuchteten blass<br />
am Tag, denn der Himmel war dunkel<br />
durch den Rauch und den Nebel.“<br />
Autorin M. von Klinski-Wetzel<br />
wurde 1939 geboren und verbrachte<br />
ihre Kindheit und Jugend<br />
bis 1957 in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
MONUMENTUM<br />
Kaum Regen und 347 Sonnenstunden<br />
VON ARIANNA VON KLINSKIWETEL<br />
Die vielen Sonnenstunden<br />
des Jahres 2018<br />
haben die Sehnsucht<br />
der Menschen nach<br />
einem schönen Sommer mit vielen<br />
angenehmen Sonnentagen in eine<br />
Sehnsucht nach Niederschlag und<br />
regenschwangere Wolken verwandelt.<br />
Allein der vergangene Juli hat<br />
uns 347 Sonnenstunden beschert.<br />
Die Wetterstation Potsdam hat<br />
seit Anfang April bis Ende Juni<br />
in unserer näheren Umgebung<br />
nur drei Mal etwa 15 Liter Regen<br />
pro Quadratmeter registrieren<br />
können. Dann fielen am 8. uli<br />
rund 32 Liter Regen pro Quadratmeter<br />
auf unsere heiße und völlig<br />
ausgetrocknete Landschaft – das<br />
war´s dann bis jetzt, Mitte August.<br />
Die Hitze, die zur Zeit herrscht,<br />
ist für viele Menschen eine Belastung<br />
und für einige zudem auch<br />
ein Gesundheitsrisiko. Im Land<br />
herrscht eine Dürre, wie sie nur<br />
hin und wieder in den Wetteraufzeichnungen<br />
registriert wird.<br />
Das Land Brandenburg ist eines<br />
der waldreichsten Bundesländer.<br />
nsere Waldfläche hat eine Größe<br />
von 1,1 Millionen Hektar, das sind<br />
38 % des Landes. Die große Trockenheit<br />
hat nun schon in mehreren<br />
Fällen zu ausgedehnten und gefährlichen<br />
Waldbränden geführt. Zum<br />
Glück sind wir hier in unserem Wald<br />
bisher verschont geblieben, und wir<br />
hoffen, dass dies auch so bleibt.<br />
Als es Ende Juli 2018 im Wald bei<br />
Fichtenwalde zu brennen begann<br />
und es wenig später zum großen<br />
Waldbrand bei Treuenbrietzen<br />
kam, wurde eine Erinnerung aus<br />
meiner Kinderzeit, aus dem Jahr<br />
1949, wieder lebendig. Darum beriet<br />
unsere Familie, was wir alles unternehmen<br />
müssten, um im Falle eines<br />
Brandes hier in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> die<br />
wichtigsten Dinge unseres Lebens in<br />
Sicherheit zu bringen. Müssten wir<br />
etzt schon mal einen offer packen<br />
mit unersetzbaren Dokumenten<br />
und diese im Keller deponieren? Vor<br />
allem an den Wochenenden, wenn<br />
Grilldüfte durch die trockene Waldluft<br />
ziehen, kommt nicht nur bei mir<br />
die Sorge auf, ob die Grillfreunde<br />
in der Siedlung auch ausreichend<br />
ür die Vermeidung von Funkenflug<br />
gesorgt hatten? Oder es duftete nach<br />
rauchendem Kiefernholz und Nadeln.<br />
Kam das aus unserem Wald<br />
oder saß jemand nur bei seinem<br />
verdienten Wochenend-Bier<br />
vor seiner Feuerschale?<br />
78 WIESE GALLIN WILDPARK WEST HERBST 2018
HORTUS EXPERIENCES<br />
Der Haufen,<br />
der in einer der hinteren Ecken meines<br />
Gartens liegt, ist das Ergebnis eines<br />
kurzen Anfalls von Faulheit nach<br />
dem herbstlichen Strauchschnitt.<br />
Allerdings liegt diese kurze Nachlässigkeit<br />
nun schon einige Jahre zurück<br />
und der Haufen ist immer noch da.<br />
Was nicht etwa daran liegt, dass mir<br />
die Lust an der Gartenarbeit verloren<br />
gegangen oder mein Repertoire an<br />
Ausreden unerschöpflich ist. Nein,<br />
der Grund ist einfach und heißt Igel.<br />
Bei Erscheinen der ersten Sonnenstrahlen<br />
im Februar war die Gartenlust<br />
sofort geweckt, der Häcksler aus<br />
dem Schuppen geholt und schon<br />
sollte es losgehen. Nachdem die<br />
ersten Zweige geschreddert waren,<br />
hörte ich das Geräusch zum ersten<br />
Mal und konnte es nicht zuordnen,<br />
mit fortschreitender Verkleinerung<br />
des Haufen wurde das Geräusch<br />
lauter und ich konnte es als ärgeliches<br />
Schnaufen ausmachen. Nach<br />
kurzer Rücksprache mit der gartenerfahrenen<br />
Familie wurde ein Igel<br />
als Ursache ermittelt. Somit war der<br />
Aktionismus erst einmal jäh beendet.<br />
Dem Igel kann man ja, bei dem noch<br />
kalten Winter, nicht einfach seine<br />
Behausung abbauen. Im Laufe des<br />
Frühjahrs trug erneut im Garten angefallenes<br />
Reisig dazu bei, dass der<br />
Haufen wieder seine alte Größe und<br />
der Igel somit wieder sein vollständiges<br />
Zuhause hatte. Irgendwie fand<br />
auch ein kleines Rotkehlchen den<br />
Haufen ganz interessant und zog ins<br />
Obergeschoss ein. Inzwischen hat<br />
sich der Haufen darüber hinaus zu<br />
einem spannenden Katzenkino<br />
entwickelt. Allabendlich sitzt Nachbars<br />
Kater davor und lauscht und<br />
schaut und lauscht und schaut. So<br />
dass zu vermuten ist, dass sich<br />
weitere kleine Bewohner mit spitzen<br />
Schnauzen und schwarzen Knopfaugen<br />
das Zuhause mit dem Igel teilen.<br />
Ja, da liegt er nun der Haufen, der<br />
so vielen sichtbaren und unsichtbaren<br />
Lebewesen ein Zuhause<br />
bietet und irgendwie auch gar nicht<br />
mehr stört. Im nächsten Jahr wird<br />
der Strauchschnitt sofort gehäckselt,<br />
denn unendlich viel Platz für Haufen<br />
bietet der Garten dann doch nicht.<br />
Ihre Waldgärtnerin
Den tiefen Wald unserer Kindheitsmärchen gibt es nicht mehr und wenn<br />
man früher von Klima sprach, dann vor allem vom Betriebsklima. Warum lässt<br />
die politische Elite, die Wissenschaft und Forschung finanziert, die brisanten<br />
Forschungsergebnisse nicht in ihr politisches Handeln einfließen?<br />
Es rauscht im Blätterwald<br />
VON ERIKA UND DR. JÜRGEN HARDER<br />
Und zwar nicht nur im höchst<br />
realen bis dato meist schönen<br />
grünen Wald, sondern<br />
im Blätterwald der Zeitungen,<br />
Zeitschriften und im Netz. Was<br />
uns bisher als so vertraut, so beschützend,<br />
so romantisch la „Du<br />
schöner grüner deutscher Wald“, zu<br />
dem wir die Deutschen schon immer<br />
ein besonderes und geradezu schicksalhaft<br />
verklärtes Verhältnis hatten,<br />
besorgt uns nun zunehmend. Weil<br />
wir nämlich die Augen nicht länger<br />
davor verschließen können, was mit<br />
ihm, eben unserem Wald geschehen<br />
ist. Immer kleiner sind unsere Wälder<br />
geworden und immer bedrohter<br />
durch Kahlschlag, Windbruch infolge<br />
Sturm, zunehmende menschliche<br />
Siedlungstätigkeit, Waldbrände und<br />
Trockenheit. Den tiefen Wald unserer<br />
Kindheitsmärchen, in dem sich Hänsel<br />
und Gretel verlaufen hatten und<br />
Rotkäppchen dem Wolf begegnete,<br />
den scheint es so nicht mehr zu geben<br />
und damit droht uns neben der<br />
Angst vor den immer deutlicher und<br />
damit für uns spürbarer werdenden<br />
Auswirkungen unserer auch hausgemachten<br />
Klimaveränderungen ein<br />
Stück Verlust unserer Kindheitsmuster.<br />
Ein zu verschmerzender Verlust,<br />
werden die Skeptiker unter uns sagen,<br />
was macht das schon etc. und<br />
eh sei ja alles nicht so schlimm, wie<br />
Realisten, die in den Augen der Ersteren<br />
ohnehin nur ewige Nörgler und<br />
Pessimisten sind, es darstellen. Doch<br />
mit diesem, medial oft Jahrhundertsommer<br />
genannten, Sommer ändert<br />
sich manches. Noch nie zuvor wurde<br />
das Wort „Klimaveränderungen“ so<br />
oft gesagt und geschrieben, wenn<br />
man früher von Klima sprach, so dann<br />
vor allem über Betriebsklima, gesellschaftliches<br />
Klima, familiäres Klima,<br />
internationales Klima, aber nicht über<br />
das Klima unserer Atmosphäre an<br />
sich. Aber jetzt avancieren Klima und<br />
Klimaveränderungen offenbar im<br />
Sprachgebrauch so, dass sie Chancen<br />
haben, zum Wort des Jahres zu werden.<br />
Na mal sehen, wir wollen ja nicht<br />
schwarz malen, andererseits wäre es<br />
vielleicht auch ganz gut, damit wir<br />
uns dermaleinst erinnern können,<br />
wie und wann sich das Thema unseres<br />
gesellschaftliches Bewusstseins<br />
unaufhaltsam bemächtigte, aber was<br />
versteht man eigentlich unter Klimaveränderungen?<br />
Fachleute gleich vor der Haustür<br />
Das weiß doch heute jedes Kind,<br />
könnte man denken, was auch sein<br />
kann und also werden die Erwachsenen<br />
gebeten, weiter zu lesen:<br />
Erinnern Sie sich noch an Ihren<br />
Geografieunterricht, liebe Schüler<br />
von einst? An den Wechsel von Kalt<br />
– und Warmzeiten? Auch an Eiszeiten?<br />
Gut so, dann wissen Sie ja, dass<br />
es schon immer natürliche Klimaveränderungen<br />
oder auch einen Klimawandel<br />
auf unserer Erde gab, es<br />
also mal wärmer und mal kälter war,<br />
doch dieser Wandel ging ganz langsam,<br />
quasi langsamer als im Schneckentempo<br />
vor sich und so hatten<br />
Flora und Fauna eine Chance, sich<br />
peu a´peu über für uns unvorstellbar<br />
lange Zeiträume von Jahrmillionen<br />
anzupassen an die veränderten<br />
Bedingungen. Für unsere Wissenschaftler<br />
ist der gegenwärtige Klimawandel<br />
jetzt schon messbar, denn es<br />
geht vergleichsweise schnell vonstatten<br />
und er ist hausgemacht und<br />
nicht eine Erfindung des Volkes, das<br />
zwar schon das Porzellan, das Feuerwerk<br />
und anderes Schöne erfand,<br />
doch nicht die Klimaveränderungen<br />
wie es gelegentlich der amtierende<br />
erste Mann eines Staates, zu dessen<br />
Werden auch die Preußen beitrugen,<br />
zuweilen formuliert. Vielmehr geht<br />
es so zu wie in jedem Treibhaus, jedem<br />
Folienzelt z.B. für Tomaten: Die<br />
Atmosphäre – einfach gesagt, eine<br />
Lufthülle – die uns schützend umgibt,<br />
enthält Treibhausgase, Wasserdampf,<br />
Kohlendioxid, Methan u.s.w. Die Sonnenstrahlen,<br />
die auf die Erdoberfläche<br />
treffen, werden von ihr reflektiert,<br />
doch nicht alle, ein Teil bleibt<br />
sozusagen bei uns und erwärmt nun<br />
die Erde. Soweit, so gut, sonst würde<br />
Mutter Erde ja auskühlen. Doch<br />
nun wird es zunehmend zu viel des<br />
Guten, denn je mehr Treibhausgase<br />
wir produzieren nicht durch unsere<br />
schlichte Anwesenheit in immer<br />
größerer Zahl auf unserem blauen<br />
Planeten, sondern durch unsere Lebensweise,<br />
desto mehr erwärmt sich<br />
die Erde. Das alles wissen wir schon<br />
längst und dass dem so ist, illustrie-<br />
80 ESSAY WILDPARK WEST HERBST 2018
en unzählige wissenschaftliche Veröffentlichungen<br />
seit den 80er Jahren<br />
des vorigen Jahrhunderts. Wir hier in<br />
Potsdam (* für <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> passt<br />
„bei Potsdam“) haben zudem mit dem<br />
PIK (Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung)<br />
die Fachleute gleich<br />
vor der Haustür, die uns seit vielen<br />
Jahren die komplizierten Prozesse<br />
im Zusammenhang von Klima, Klimawandel<br />
und dessen Folgen erklären.<br />
Scheinbar sinnlos? Viel zu schwer<br />
zu verstehen? Und wenn wir wissen,<br />
was zu tun ist, um die schlimmsten<br />
Folgen der globalen Erwärmung vielleicht<br />
doch noch zu mindern, warum<br />
geschieht dann nichts? Warum lässt<br />
die politische Elite, die einerseits<br />
Wissenschaft und Forschung finanziert,<br />
dann andererseits deren so<br />
brisante Forschungsergebnisse nicht<br />
in ihr politisches Handeln einfließen?<br />
Es scheint ja gerade so, als würde<br />
man bei körperlichen Beschwerden<br />
einen Arzt aufsuchen, sich beraten,<br />
aber nicht kurieren lassen oder einen<br />
Unternehmensberater mit einem Firmen-<br />
Check up beauftragen und anschließend<br />
legt man die Ergebnisse<br />
eben dieser Untersuchung zu den<br />
Akten. Fakten zu den Akten?<br />
Doch so einfach ist es nicht, verehrte<br />
Leser: Man bemüht sich ja,<br />
veranstaltet Weltklimakonferenzen,<br />
beschließt Klimaziele, doch haben<br />
Wissenschaft & Politik die Macht<br />
dazu, diese auch einzuhalten bzw.<br />
durchzusetzen gegenüber jenen, die<br />
quer treiben und denen ihre eigenen<br />
nationalen und politisch oft kurzsichtigen<br />
Interessen oder multinationalen<br />
Konzerninteressen den Blick<br />
trüben für das, was jetzt zu tun ist?<br />
Scheinbar kaum . . .<br />
Einen Beitrag leisten<br />
Ganz wie es das Sprichwort von<br />
der Sonne, die es an den Tag bringt,<br />
sagt, hat es unser dieser Sommer mit<br />
seinen Rekordtemperaturen über<br />
einen längeren Zeitraum, extremer<br />
Trockenheit in weiten Gebieten Brandenburgs<br />
quasi vor unserer Haustür<br />
gezeigt, was sich woanders in der<br />
Welt schon lange abspielt: Ein Horrorszenario<br />
könnte uns bevorstehen,<br />
wenn wir ganz normalen Bürger, die<br />
sogenannten kleinen Leute, hier und<br />
heute nicht gegensteuern. Sie in<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> haben schon begonnen,<br />
einen – und sei es vergleichsweise<br />
noch so kleinen – Beitrag dafür<br />
zu leisten, der globalen Erderwärmung<br />
etwas entgegenzusetzen. Wir<br />
wünschen Ihnen viel Erfolg.<br />
Vorschau<br />
Im nächsten Heft bemühen wir<br />
Friedrich II., der einst meinte, dass<br />
viel Unglück in der Welt vermieden<br />
werden könnte, wenn man Dinge<br />
schlicht unterlässt, was nur ein sinngemäßes<br />
und kein wörtliches Zitat<br />
sein soll, woran er sich selbst leider<br />
auch nicht hielt, dem wir aber zumindest<br />
mit den drei großen „V“ (Vermeiden,<br />
Verzichten, Verweigern) auf den<br />
Grund gehen wollen.<br />
Autorin Erika Harder, geboren<br />
1956 in Potsdam, verheiratet, eine<br />
Tochter, lebt mit ihrer Familie<br />
seit ihrer Kindheit in Potsdam.<br />
Sie ist studierte Pädagogin für<br />
Geschichte und Germanistik.<br />
Autor Dr. Jürgen Harder,<br />
geboren in Rostock 1943,<br />
verheiratet, drei Kinder, lebt mit<br />
seiner Familie seit 1988 in<br />
Potsdam. Er ist promovierter<br />
Hochschullehrer für Geographie<br />
und Sport.<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 ESSAY 81
Unser Planet könnte kritische Schwelle überschreiten<br />
Auf dem Weg in die „Heißzeit“?<br />
Die globale Erwärmung auf lange Sicht bei 1,5°C bis 2°C zu stoppen, könnte schwieriger sein als bisher<br />
angenommen. Selbst bei Umsetzung der im Pariser Abkommen festgelegten Pläne zur Minderung<br />
von Treibhausgasemissionen bleibt ein Risiko, dass der Planet durch verschiedene Rückkopplungsprozesse<br />
in einen Zustand gerät, den die Forscher als „Hothouse Earth“ bezeichnen. Dies diskutiert ein internationales<br />
Team von Wissenschaftlern in einer neuen Studie im Fachjournal Proceedings of the National Academy<br />
of Sciences (PNAS). Eine solche Heißzeit wäre langfristig durch etwa 4°C bis 5°C höhere Temperaturen<br />
charakterisiert swie durch einen eeressiegelanstieg um m bis m, s die erffentlichung.<br />
Der Übergang zu einer emissionsfreien Weltwirtschaft müsse deshalb deutlich beschleunigt<br />
werden, argumentieren die Autoren.<br />
Treibhausgasemissionen<br />
sind nicht der einzige<br />
Faktor, der die Temperatur auf<br />
„Industrielle<br />
der Erde beeinflusst. Unsere<br />
Arbeit weist darauf hin, dass eine<br />
vom Menschen verursachte globale<br />
Erwärmung von 2C andere Prozesse<br />
des Erdsystems anstoßen könnte<br />
(oft als Rückkopplungen bezeichnet).<br />
Diese wiederum könnten die Erwärmung<br />
weiter vorantreiben – selbst<br />
wenn wir aufhörten, Treibhausgase<br />
auszustoßen“, sagt Leitautor Will<br />
Steffen von der Australian National<br />
University (ANU) und dem Stockholm<br />
Resilience Centre (SRC). „Um dieses<br />
Szenario zu vermeiden, ist es notwendig,<br />
das menschliche Handeln in<br />
eine neue Richtung zu lenken, von<br />
der Ausbeutung zu einem verantwortungsvollen<br />
Umgang mit dem Erdsystem.“<br />
Derzeit liegt die globale Durchschnittstemperatur<br />
bereits um gut<br />
1°C über dem vorindustriellen Niveau<br />
und steigt etwa 0,17°C pro Jahrzehnt<br />
an.<br />
Die Autoren der Studie betrachten<br />
zehn natürliche Rückkopplungsprozesse,<br />
von denen einige mit den<br />
sogenannten Kippelementen im<br />
Erdsystem verknüpft sind. Durch das<br />
Überschreiten kritischer Schwellen<br />
könnten diese in fundamental andersartige<br />
Zustände versetzt werden.<br />
Die Rückkopplungen könnten z.B.<br />
Kohlenstoffspeicher in Kohlenstoffquellen<br />
verwandeln, die in einer entsprechend<br />
wärmeren Welt unkontrolliert<br />
Emissionen freisetzen würden.<br />
Zu den kritischen Prozessen gehören<br />
insbesondere tauender Permafrost,<br />
der Verlust von Methanhydraten<br />
vom Meeresboden, eine Schwächung<br />
von Kohlenstoffsenken an Land und<br />
in den Ozeanen, eine zunehmende<br />
bakterielle Atmung in den Ozeanen,<br />
das teilweise Absterben des Amazonas-Regenwaldes<br />
sowie der borealen<br />
Wälder, eine Verringerung der<br />
Schneedecke auf der Nordhalbkugel,<br />
der Verlust von arktischem und<br />
antarktischem Meereis sowie das<br />
Schrumpfen der großen Eisschilde.<br />
Die Studie berücksichtigt noch nicht<br />
mögliche Rückkopplungen zwischen<br />
Emissionen und der planetaren Wolkenbedeckung.<br />
Kippelemente im planetarischen<br />
Getriebe: Treibhausgase aus Industrie<br />
und Landwirtschaft bringen das<br />
Erdsystem aus dem Gleichgewicht<br />
„Diese Kippelemente könnten sich<br />
wie eine Reihe von Dominosteinen<br />
verhalten. Wird einer von ihnen gekippt,<br />
schiebt dieses Element die<br />
Erde auf einen weiteren Kipppunkt<br />
zu. Es könnte sehr schwierig oder<br />
sogar unmöglich sein, die ganze Reihe<br />
von Dominosteinen davon abzuhalten,<br />
umzukippen. Manche Orte<br />
auf der Erde könnten unbewohnbar<br />
werden, wenn die „Heißzeit“ Realität<br />
würde“, ergänzt Johan Rockström,<br />
Direktor des Stockholm Resilience<br />
Centre und designierter Ko-Direktor<br />
des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.<br />
„Die Treibhausgasemissionen aus<br />
Industrie und Landwirtschaft bringen<br />
unser Klima und letztlich das<br />
ganze Erdsystem aus dem Gleichgewicht,<br />
das zeigen wir auf. Im Zentrum<br />
stehen hier vor allem die Kippelemente<br />
in der globalen Umwelt, die<br />
sich – sobald ein bestimmtes Belastungsniveau<br />
einmal überschritten<br />
ist – grundlegend, schnell und möglicherweise<br />
irreversibel verändern<br />
könnten. Gewisse Kaskaden solcher<br />
Ereignisse könnten das gesamte<br />
Erdsystem in eine neue Betriebsweise<br />
kippen“, sagt Hans Joachim<br />
Schellnhuber, amtierender Direktor<br />
des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.<br />
„Was wir derzeit noch<br />
nicht wissen, ist, ob das Klimasystem<br />
sicher bei etwa 2°C über dem vorindustriellen<br />
Niveau ‚geparkt‘ werden<br />
kann, wie es das Pariser Abkommen<br />
vorsieht. Oder ob es, einmal so weit<br />
angestoßen, weiter abrutschen würde<br />
in ein dauerhaftes Supertreibhaus-Klima.<br />
Die Forschung muss<br />
sich daran machen, dieses Risiko<br />
schnellstmöglich besser abzuschätzen.“<br />
Die Reduktion von Treibhausgasen<br />
allein reicht nicht aus<br />
Um die Chancen zur Vermeidung<br />
einer „Heißzeit“ zu verbessern, brauche<br />
es nicht nur eine entschlossene<br />
Minderung von Kohlendioxid- und<br />
anderen Treibhausgasemissionen.<br />
Auch erweiterte biologische Kohlenstoffspeicher,<br />
etwa durch ein verbessertes<br />
Wald-, Landwirtschafts- und<br />
Bodenmanagement, oder die Erhaltung<br />
der biologischen Vielfalt sowie<br />
Technologien, um der Atmosphäre<br />
Kohlendioxid zu entziehen und unterirdisch<br />
zu speichern, können eine<br />
wichtige Rolle spielen, so die Autoren.<br />
Entscheidend sei jedoch, dass<br />
diese Maßnahmen auch durch grundlegende<br />
gesellschaftliche Veränderungen<br />
gestützt werden.<br />
82 WILDPARK WEST HERBST 2018
Gefährdete Kippelemente:<br />
1°C–3°C,<br />
3°C–5°C<br />
> 5°C<br />
Borealer<br />
Wald<br />
El Niño-Southern<br />
Oscillation (ENSO)<br />
Jet Stream<br />
Grönland<br />
Eisschild<br />
Thermohalogene<br />
Umwälzung<br />
Arktischer Winter<br />
Meereseis<br />
Arktischer Sommer<br />
Meereseis<br />
Permafrost<br />
Sahelzone<br />
Alpine<br />
Gletscher<br />
Indischer Sommer-<br />
Monsun<br />
Amazonischer<br />
Regenwald<br />
Korallenriffe<br />
<strong>West</strong>antartisches<br />
Eisschild<br />
Ostantarktisches<br />
Eisschild<br />
Weltkarte der möglichen Kippkaskaden. Die einzelnen Kippelemente sind entsprechend den geschätzten Schwellenwerten<br />
der globalen durchschnittlichen Oberächentemperatur farblich gekennzeichnet. feile zeigen die möglichen<br />
Wechselwirkungen zwischen den Kippelementen, basierend auf Expertenerhebungen, die Kaskaden erzeugen könnten.<br />
Obwohl das Risiko für das Kippen (Verlust) des ostantarktischen Eisschildes bei >5°C vorgeschlagen wird, können einige<br />
marinebasierte Sektoren in der Ostantarktis bei niedrigeren Temperaturen anfällig sein.<br />
„Das Klima und andere Veränderungen<br />
zeigen uns, dass wir Menschen<br />
das Erdsystem bereits auf<br />
globaler Ebene beeinflussen. Das bedeutet<br />
auch, dass wir als internationale<br />
Gemeinschaft an unserer Beziehung<br />
zum System arbeiten können,<br />
um die zukünftigen planetarischen<br />
Bedingungen zu beeinflussen. Diese<br />
Studie identifiziert einige der Hebel,<br />
die dafür genutzt werden können“,<br />
schließt Katherine Richardson von<br />
Center for Macroecology, Evolution<br />
and Climate an der Universität Kopenhagen.<br />
Artikel<br />
Will Steffen, ohan Rockström,<br />
Katherine Richardson, Timothy<br />
M. Lenton, Carl Folke, Diana<br />
Liverman, Colin P.Summerhayes,<br />
Anthony D. Barnosky, Sarah E.<br />
ornell, ichel rucifi, onathan F.<br />
Donges, Ingo Fetzer, Steven J. Lade,<br />
arten Scheffer, Ricarda Winkelmann,<br />
Hans Joachim Schellnhuber<br />
(2018). Trajectories of the Earth<br />
System on the Anthropocene.<br />
Proceedings of the National<br />
Academy of Sciences (PNAS). [DOI:<br />
10.1073/pnas.1810141115]<br />
Kontakt für weitere Informationen<br />
Die Autoren<br />
Will Steffen<br />
Australian National University<br />
and Stockholm Resilience Centre<br />
e-mail: Will.Steffenanu.edu.au<br />
Phone: +61-447-980-495<br />
Johan Rockström<br />
ecutive director o the Stockholm<br />
Resilience Centre<br />
e-mail: owen.gaffnesu.se<br />
Phone: +46 (0) 734604833<br />
Katherine Richardson<br />
Leader, Sustainablity Science<br />
Centre, University of Copenhagen<br />
e-mail: kariscience.ku.dk<br />
Phone: +45 28754285<br />
Hans Joachim Schellnhuber<br />
Director of the Potsdam Institute<br />
for Climate Impact Research<br />
e-mail: presspik-potsdam.de<br />
Phone: +49 331 288 25 07<br />
Media contacts<br />
Stockholm Resilience Centre<br />
Owen Gaffne<br />
Owen.gaffnesu.se<br />
Phone: +46 (0) 734604833<br />
Potsdam Institute for Climate<br />
Impact Research<br />
Sarah Messina<br />
presspik-potsdam.de<br />
Phone: +49 (0) 331 288 25 07<br />
University of Copenhagen<br />
Center for Macroecology,<br />
Evolution and Climate<br />
Lotte Nymark Busch Jensen<br />
lotte.ensensnm.ku.dk<br />
Australian National University<br />
o.meehananu.edu.au<br />
aleiaclimatecouncil.org<br />
Dieser Beitrag vom 6. August 2018 ist im Internet nachzulesen auf der Website des Potsdam-Institut für<br />
Klimafolgenforschung www.pik-potsdam.de und www.pnas.org/content/early/2018/07/31/181014111<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 83
Der Wunsch eines jeden Stadtmenschen, ein Wochenende<br />
auf eigener Scholle, lässt sich leicht verwirklichen.<br />
Die Kolonie <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, schnell<br />
erreichbar und doch mitten in urwüchsiger,<br />
wundervoller Natur, an der Havel im<br />
Wald herrlich gelegen, bietet jedem bei<br />
annehmbarsten Zahlungsbedingungen<br />
Gelegenheit, diesen Wunsch zu verwirklichen<br />
– Wasser und Elektrizitätsversorgung<br />
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Wochenend-Parzellen!<br />
Potsdamer Tageszeitung vom 1. Juli 1933
ARCHITEKTUR DER WALDSIEDLUNG<br />
Kommt man von Potsdam aus über den Fuchsweg in den Ort, fällt einem rechter Hand ein<br />
süddeutsch anmutendes Haus in den Blick. Der fürs Potsdamer Umfeld untypisch breit<br />
gezogene Giebel mit der schwarzen Holzverschalung erinnert eher an den Schwarzwald.<br />
Und es gibt noch ein zweites davon ...<br />
Doppelt schön und alemannisch<br />
VON MADLEN STRÜMPFLER<br />
Geteilter Giebel mit breiter Front, Herbststimmung. Den Garten<br />
säumen alte Eichen. Ansicht von der Straße: Am Wasserwerk 6/8<br />
(2016)
Altes Haus mit schönem Garten. Die Terrasse liegt geschützt zur Straße.<br />
Ansicht von Südosten: Am Wasserwerk 6 (2016)<br />
Selbst innerhalb der in den 30er Jahren<br />
entstandenen Siedlung, in der<br />
es gebaut wurde, fällt es aus der Reihe.<br />
Marianna von Klinski-Wetzel beschreibt<br />
es in ihrem Buch über <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
als „alemannisch“. Wurden im Ort doch die, für<br />
die Architekten von Estorff und Winkler typischen,<br />
weitgehend ähnlichen Typen als Einfamilien-<br />
bzw. Ferienhaus mit Walmdach und sogenanntem<br />
„Estorffknick“ gebaut. Dass es sich<br />
hier nicht um ein Einfamilien- sondern um ein<br />
Doppelhaus handelt, erkennt man erst auf den<br />
zweiten Blick.<br />
Durch die Terrassentür direkt in den Garten, die Eichen sind über<br />
einhundert Jahre alt. (2016)<br />
Doppelhaus mit Zwillingsbruder<br />
Als weitere Besonderheit besitzt das Haus<br />
einen Zwillingsbruder am Wasserwerk 4/6. Die<br />
Zwillinge wurden als erste Häuser der Siedlung<br />
1933 gebaut. Ein Jahr zuvor wurde in Potsdam<br />
„Unter den Eichen“ eine Selbsthilfesiedlung für<br />
118 arbeitslose Handwerker und deren Familien<br />
von der städtischen Bauverwaltung unter<br />
der Leitung von Stadtbaurat Dr. Ing. Fritsch<br />
und dem Stadtarchitekten Reinhold Mohr gebaut.<br />
Auch hier sind giebelgeteilte Doppelhäuser<br />
in einem schlichten Schwarzwaldhausstil<br />
entstanden. In <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> bestanden zur<br />
Siedlungsgründung 1933 neue Bestimmungen<br />
zum Wohnungsbau; den Erwerbslosen sollte<br />
der Lebensunterhalt erleichtert werden, indem<br />
geeignetes Land in passender Lage zu<br />
angemessenen Preisen zur Verfügung gestellt<br />
86 ARCHITEKTUR WILDPARK WEST HERBST 2018
Fotos: Privat<br />
Eingangsbereich mit<br />
Solnhofner Platten und<br />
gerader Holztreppe.<br />
Die Räume wirken<br />
einladend und<br />
großzügig.<br />
(2016)<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 ARCHITEKTUR 87
26 qm Großzügigkeit, viel Licht und direkter Zugang zum Garten (2016)<br />
Am Wasserwerk 6/8, Erdgeschoss:<br />
57m Nutzäche, Diele und Terrasse.<br />
Am Wasserwerk 6/8, Obergeschoss:<br />
Die Schlafräume und das Bad unterhalb<br />
des Spitzbodens erreicht man<br />
über die gerade bzw. gewendelte<br />
Holztreppe.<br />
wurde. Um eine eventuelle Enteignung durch<br />
den Reichskommissar zu verhindern, wurden<br />
diese beiden Häuser geplant. Möglicherweise<br />
orientierte man sich daher mit dem Entwurf<br />
der beiden Häuser an der Erwerbslosensiedlung<br />
Potsdam.<br />
Die Doppelhäuser liegen weit von der Straße<br />
zurück versetzt und fügen sich damit in die<br />
vorgegebene Bauflucht ein. Sie gliedern sich in<br />
einen circa 14 Meter breit gezogenen und circa<br />
acht Meter langen Hauptkörper mit Erd- und<br />
Dachgeschoss und einen im hinteren Grundstücksbereich<br />
angeschlossenen eingeschossigen<br />
Anbau mit circa 3,5 Meter x 8 Meter, beide<br />
mit Satteldach, Teilunterkellerung sowie Spitzboden.<br />
Die Häuser wurden, anders als es heutzutage<br />
üblich ist, im Giebel geteilt, was unter<br />
anderem zu der breiten Front führte, aber auch<br />
eine größere Privatsphäre gegenüber dem<br />
Doppelhausnachbarn bietet. Sitzt man auf der<br />
vor dem hinteren Anbau gelegenen Terrasse,<br />
wird sogar der Eindruck erweckt, man lebe im<br />
Einfamilienhaus. Von hier aus blickt man sozusagen<br />
Rücken an Rücken in die dem Nachbarn<br />
entgegengesetzte Richtung in den Garten und<br />
nicht wie bei modernen Doppelhäusern parallel<br />
bzw. nebeneinander. Zudem liegt die Terrasse<br />
durch den zurück verspringenden Anbau<br />
geschützt zur Straße. Am Fuchsweg steht das<br />
88 ARCHITEKTUR WILDPARK WEST HERBST 2018
Fotos: Privat<br />
Aufnahme der Familie Jäger vor dem Eingangsbereich ihres Hauses, Ansicht von Südosten: Am Wasserwerk 6 (1941)<br />
Haus mit einem Giebel nach Süden hin ausgerichtet,<br />
so dass sich die Terrassen nach Ost<br />
bzw. <strong>West</strong> orientieren.<br />
Der Zwillingsbruder am Wasserwerk schaut<br />
dagegen mit einem Giebel nach <strong>West</strong>en. Die<br />
Terrassen sind hier nach Nordosten bzw. Südwesten<br />
ausgerichtet.<br />
Wegen der differenzierten Anordnung der<br />
Fenster, orientieren sich die Räume der nördlichen<br />
Hälfte nach Ost und <strong>West</strong>, die andere<br />
Hälfte des Hauses richtet sich nach Südwesten<br />
aus.<br />
Der Eingang befindet sich in einem eingeschossigen<br />
Anbau, den man über die Terrasse<br />
betritt. Heutzutage ist dies eher unüblich.<br />
Eventuell ist das dem Umstand geschuldet,<br />
dass ursprünglich gar keine Terrasse vorgesehen<br />
war. Dies ist aber nicht belegbar. Die<br />
Terrassen am Wasserwerk wurden erst zu<br />
DDR-Zeiten ergänzt, am Fuchsweg erfolgte<br />
später ein Überbau durch Wintergärten.<br />
Die auf einem verklinkerten Sockel sitzenden<br />
Häuser mit einer Wohnfläche von circa<br />
100 Quadratmetern weisen im Erdgeschoss<br />
Raumhöhen um 2,70 Meter auf. Dies erweckt<br />
im Gegensatz zu den Häusern in Potsdam den<br />
Eindruck einer gewissen Großzügigkeit, da<br />
dort teilweise der Sockel fehlt und niedriger<br />
gebaut wurde.<br />
Ein Lageplan der Häuser im Ort<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 ARCHITEKTUR 89
Der Preis für eine Doppelhaushälfte<br />
betrug 1934 rund 15.000 Goldmark<br />
Bessere Ausstattung als üblich<br />
Marianna von Klinski-Wetzel erwähnt<br />
in ihrem <strong>Wildpark</strong>-Buch, dass<br />
die beiden Häuser eher eine Alibi-Funktion<br />
hatten, da auch deren<br />
Ausstattung erheblich besser war, als<br />
die der anderen Baugebiete.<br />
Im Winter mit Blick zur Havel<br />
Betritt man das Haus Am Wasserwerk<br />
6, befindet sich rechter Hand<br />
neben dem kleinen Gäste-WC die<br />
circa 15 Quadratmeter große Küche,<br />
von der früher ein Vorratsraum abgetrennt<br />
war. Geht man nun in den zweigeschossigen<br />
Wohnbereich, gelangt<br />
man über die Diele mit ihren Solnhofner<br />
Platten zu den beiden Wohnzimmern,<br />
die mit Eichenparkett bzw. Dielen<br />
aus Kiefernholz ausgestattet sind.<br />
Aus dem größeren von beiden mit seinen<br />
26 Quadratmetern, schaut man<br />
nach <strong>West</strong>en über das dreiflüglige<br />
Fensterband in den Vorgarten. Über<br />
einen wieder geöffneten Durchgang<br />
werden großes und kleines Wohnzimmer<br />
miteinander verbunden und lassen<br />
das 14 Quadratmeter kleine Zimmer<br />
offener wirken. Über die gerade,<br />
relativ steile Holztreppe erreicht man<br />
das Dachgeschoss mit seinen beiden<br />
ebenfalls circa 14 Quadratmetern<br />
großen Schlafzimmern sowie das<br />
kleine Bad auf der <strong>West</strong>seite. Von hier<br />
aus kann man im Winter, wenn die<br />
Bäume unbelaubt sind, zwischen den<br />
Nachbarhäusern einen Blick zur Havel<br />
erhaschen.<br />
Autorin adlen Strümpfler wurde<br />
181 in Rodewisch Vogtland) geboren.<br />
Sie ist Dipl.-ng. ür Architektur,<br />
verheiratet und hat ein ind.<br />
Zusammen mit ihrer Familie lebt<br />
sie seit 2016 in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
Regierungsbaumeister a.D. Curt Gorgas zeichnete für<br />
die Ausführung der Bauarbeiten eines der ersten Häuser<br />
in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> verantwortlich. Die Arbeiten am<br />
Haus in der Eichenallee (dem heutigen Fuchsweg) Nr.<br />
26/28 wurden von ihm geleitet und nach den Plänen<br />
der Architekten von Estorff und Winkler umgesetzt.<br />
Gorgas wurde 1934 in den Aufsichtsrat der Märkischen<br />
Wochenend-GmbH berufen, deren Ziel darin bestand<br />
„den Wochenend-Interessenten den Ankauf von Haus<br />
und Grundstück gegen mäßige Anzahlung und Abtragung<br />
der Restkaufsumme in kleinen Raten zu ermöglichen“.<br />
Der Preis für eine Doppelhaushälfte betrug<br />
1934 rund 15.000 Goldmark, gemessen am damaligen<br />
Durchschnitteinkommen würde dies in der heutigen<br />
Zeit circa 350.000 Euro entsprechen.<br />
uelle: Berlin, vom 18. ärz 12 sowie<br />
Zeitschrit „Bauwelt 11<br />
WEITERFÜHRENDE LITERATUR<br />
„Die Siedlung <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, Konservative und<br />
Moderne im Siedlungsbau der 20er und 30er Jahre<br />
in Berlin“ 1. und 2. Teil. Von Dana Hess. Freie wissenschaftliche<br />
Arbeit zur Erlangung des Grades eines<br />
Magister Artium am Fachbereich Geschichts- und<br />
Kulturwissenschaften der Freien Universität Berlin<br />
am Kunsthistorischen Institut, Berlin 2007.<br />
„<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> a.d. Havel, Die Geschichte der Wiese<br />
Gallin“, Marianna von Klinski-Wetzel, 1. und 2. erweiterte<br />
Auflage, <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> 2007/2008 (vergriffen).<br />
Die Zeitschrit „<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> verlost ein emplar von Rol omans<br />
Bildband „Geschichte der Architektur<br />
Beantworten Sie bitte olgende Frage:<br />
An welche Auflagen hatte der reußische inister ür Volkswohlahrt seine<br />
Genehmigung ür den Siedlungsplan ür Gallin <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>) geknüpt<br />
Schreiben sie an redaktionwildpark-west.de. insendeschluss ist der 1. Dezember 2018<br />
90 ARCHITEKTUR WILDPARK WEST HERBST 2018
Vor 92 Jahren entstand der Werftbetrieb auf dem Gallin, dem heutigen<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Die Bootswerft Görrissen besteht länger als die Siedlung selber.<br />
Bootswerft mit Tradition<br />
VON FREDA GÖRRISSEN<br />
Mit gerade einmal 21 Jahren<br />
gründete mein Urgroßvater<br />
Wilhelm im heutigen<br />
Ortsteil <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
seinen Werftbetrieb mit dem dazugehörigen<br />
Bootsplatz „Wochenend“.<br />
Die älteren <strong>Wildpark</strong>er werden sich<br />
noch an ihn erinnern: In seinen letzten<br />
Lebensjahren, sitzend und Geschichten<br />
erzählend mit Zigarre in<br />
der Hand auf der Bank vorm Werftbüro,<br />
berichtete er unglaubliches aus<br />
der Zeit der goldenen Zwanziger und<br />
der schweren Zeit nach dem Krieg.<br />
Manchmal war er wohl etwas grantig<br />
– so erzählt man – doch im Herzen war<br />
er gut.<br />
Wilhelm, Sohn eines echten<br />
Kap-Hoorniers, wurde am 27. November<br />
1905 in Berlin-Wannsee geboren.<br />
Seine Bootsbaulehre absolvierte er<br />
in Potsdam und der Meistertitel ließ<br />
nicht lange auf sich warten. Der Anfang<br />
seines kleinen Betriebs war jedoch<br />
schwer und sehr entbehrungsreich<br />
für den Werftgründer. 1928<br />
wurde eine große Bootshalle gebaut,<br />
die seitlich Kammern zum Übernachten<br />
für Kunden aufwies. Während der<br />
Anfangszeit wurden in dem kleinen<br />
Werftbetrieb 15er und 20er Rennjollen<br />
gebaut, mit denen sich Wilhelm<br />
erfolgreich an Regatten beteiligte.<br />
Kriegsgefangenschaft und<br />
fehlgeschlagene Grenzübertritte<br />
Als der „Führer und Reichskanzler“<br />
jedoch mehr geehrt wurde als<br />
der deutsche Segelmeister, war für<br />
Wilhelm Schluss mit dem aktiven<br />
Segelsport. Später erfolgte seine Einberufung<br />
zur Marine. Von der französischen<br />
Atlantikküste wurde Wilhelm<br />
zur Stabskompanie der Marine OKM<br />
in Berlin Treptow versetzt. Somit war<br />
er mehr oder weniger Außenschläfer,<br />
konnte also die Nächte auf seiner<br />
Werft verbringen. Zum Ende des<br />
Es folgten<br />
viele Jahre, in<br />
denen das nackte<br />
Überleben im<br />
Vordergrund<br />
stand<br />
Krieges folgten die Stationen Heiligendamm<br />
und Kappeln, ehe Wilhelm<br />
nach kurzer Kriegsgefangenschaft<br />
und mehreren fehlgeschlagenen<br />
Grenzübertritten an der Zonengrenze<br />
nach <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> an die Havel<br />
zurückkehrte. Dort wartete nicht nur<br />
seine Frau Gertrud, die die Werft<br />
ohne größere Schäden über den<br />
Krieg gebracht hatte, sondern auch<br />
seine Söhne Wilhelm jr., geb. 1929,<br />
und Jens, geb. 1944.<br />
Alle vorhandenen<br />
Boote an die Sowjetunion<br />
Es folgten viele Jahre, in denen<br />
das nackte Überleben im Vordergrund<br />
stand. Während dieser Zeit<br />
mussten Reparationsleistungen abgewickelt<br />
und fast alle vorhandenen<br />
Sportboote an die Sowjetunion abgeliefert<br />
werden. Dies wurde durch<br />
strenge Kontrollen überprüft. Auf der<br />
Werft arbeitete man zu dieser Zeit<br />
mit vier Mitarbeitern, um den Befehlen<br />
der Russen so schnell wie möglich<br />
nachzukommen. Aus dem Raum<br />
Werder/Havel wurden insgesamt<br />
zwei Güterzüge mit Schiffen beladen<br />
und abtransportiert. Größere Einheiten<br />
wurden nach Brandenburg/Havel<br />
gebracht und in Binnenschiffe verladen.<br />
Nach der erfolgten Ausführung<br />
der russischen Befehle gab es auf<br />
den Werften im Großraum Werder/<br />
Havel fast keine Boote mehr.<br />
Auswanderung nach Amerika<br />
Zu dieser Zeit wurde von der Familie<br />
an einer Auswanderung nach<br />
Amerika gefeilt. Zusammen mit dem<br />
Konstrukteur und leidenschaftlichen<br />
Segler Kurt Grunewald, war alles vorbereitet<br />
worden und drei amerikanische<br />
Wassersportzentren fielen in<br />
die engere Auswahl.<br />
Da für jeden Einwanderer eine<br />
Kaution hinterlegt werden musste,<br />
war die Summe für die ganze Familie<br />
von den Bekannten in Amerika jedoch<br />
nicht aufzubringen.<br />
Mitglied des Meisterprüfungsausschusses<br />
Nach der fehlgeschlagenen Auswanderung<br />
wurden wieder alle erdenklichen<br />
Arbeiten ausgeführt und<br />
trotz aller Schwierigkeiten begannen<br />
zwei Lehrlinge auf der Werft<br />
ihre Bootsbaulehre. Einer von ihnen<br />
wurde über alte Verbindungen zu<br />
Henry Rasmussen in die Werft Abeking<br />
und Rasmussen nach Lemwerder<br />
verlegt. Es war der älteste Sohn<br />
Wilhelms, Wilhelm Görrissen jr. Er<br />
hat dort, wie man zu sagen pflegt,<br />
die goldene Klinke bekommen und<br />
bis zu seiner Rente bei A&R gearbeitet.<br />
Vater Wilhelm Görrissen wurde<br />
Obermeister im Bezirk Potsdam, dem<br />
heutigen Land Brandenburg. Es waren<br />
im Großraum circa 40 Betriebe<br />
zusammenzuhalten. Außerdem war<br />
Wilhelm Mitglied des Meisterprüfungsausschusses,<br />
und so gingen<br />
zu dieser Zeit viele Prüflinge durch<br />
seine Hände. Diese Arbeiten wurden<br />
neben den allgemeinen Belastungen<br />
des Zwei-Mann-Betriebes ausgeführt<br />
und waren unter den politischen Gegebenheiten<br />
mehr als wichtig.<br />
Foto: Jana Fellenberg<br />
92 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Des Meisters Reich: In dieser Werkstatt wurden<br />
bis 1992 die legendären Jollenkreuzer gebaut.
20er Jollenkreuzer<br />
Ab 1960 wurden auf der Bootswerft<br />
Görrissen erst 15er und später<br />
auch 20er Jollenkreuzer in Leistenbauweise<br />
gebaut. Anfang der 70er<br />
Jahre wurde ein 15er Jollenkreuzer<br />
für die Abnahme einer Polyesterform<br />
vorbereitet. In den Jahren bis 1992<br />
wurden über 60 Bootskörper in dieser<br />
Form hergestellt. 1976 – nach 50<br />
Jahren – wurde der Betrieb an meinen<br />
Opa Jens Görrissen, den zweiten<br />
Sohn Wilhelms und heutigen Chef<br />
der Werft übergeben.<br />
Viel Arbeit und Geld investiert<br />
Nach der Wende wurde viel Arbeit<br />
und Geld investiert, um auf dem<br />
neuen Markt zu bestehen. Ab 1990<br />
wurde das Gelände und die Bootsliegeplätze<br />
umfassend erweitert. Es<br />
wurden unter anderem ein Büro mit<br />
anliegenden Sanitäranlagen und drei<br />
neue Stege mit Strom- und Wasserversorgung<br />
gebaut. Seit 1994 befindet<br />
sich ein fahrbarer Bockkran mit<br />
neuer Laufkatze und Verstell-Traverse<br />
auf dem Gelände. Die Bootswerft<br />
verfügt über einen Transporthubwagen<br />
mit Lagerbocksystem.<br />
1997 wurde auf der Werft die<br />
erste Solartankstelle für Boote im<br />
ganzen Land Brandenburg installiert.<br />
Eine Ferienwohnung, Stellplätze für<br />
Wohnmobile, ein Mobilheim, ein großer<br />
Wohnwagen für Gäste – dies sind<br />
nur einige Objekte, die die Bootswerft<br />
Görrissen heute zu bieten hat.<br />
Wie auf einer Hallig: Weithin sichtbar das Haus der Görrissens.<br />
Kunden aus ganz Deutschland<br />
Mit der Werft hat sich auch die<br />
Kundschaft verändert. Kamen damals<br />
viele Kunden aus Berlin mit dem<br />
Zug ins Grüne, so kann der Bootsplatz<br />
heute nicht nur Berliner, sondern<br />
auch Kunden aus Bayern, Karlsruhe,<br />
Ober- und Unterfranken, Hamburg<br />
und vielen anderen Bundesländern<br />
zu seinen Gästen zählen.<br />
Inzwischen hat der Familienbetrieb<br />
Kunden, die sich schon seit über<br />
60 Jahren an der Havel wohlfühlen.<br />
Einige gehen von hier aus auf große<br />
Fahrt, kehren aber immer wieder<br />
auch wegen der Schönheit der Landschaft<br />
hierher zurück.<br />
Boote werden seit 1992 nicht<br />
mehr gebaut, das Repertoire der Arbeiten,<br />
die hier immer noch in höchster<br />
Qualität ausgeführt werden, ist<br />
aber breit gefächert. Die Reparatur<br />
von Holz und GFK, aber auch Lackierund<br />
Überholarbeiten sowie Pflege-<br />
und Wartungsarbeiten gehören<br />
dazu. Seit 1990 vertritt die Bootswerft<br />
Görrissen unter anderem die<br />
Schweizer Marke „Boesch“. Deshalb<br />
werden auch einige der vorhandenen<br />
Boesch-Motorboote im Herbst regelmäßig<br />
aus Berlin abgeholt, in Stand<br />
gesetzt und im Frühjahr wieder persönlich<br />
bei den Kunden abgeliefert.<br />
Die Zukunft gehört Jiss Ole<br />
Der Werftbetrieb wird zur Zeit<br />
von meinem Opa Jens Görrissen,<br />
meiner Oma Edeltraud und dem gemeinsamen<br />
Sohn, meinem Vater<br />
Sven – geboren 1970 und gelernter<br />
Bootsbauer – geführt und soll an den<br />
Junior bald weitergegeben werden.<br />
Der Enkel Jiss Ole, mein kleinerer<br />
Bruder – geboren 2006 und nach seinem<br />
Ur-Ur-Großvater dänischer Herkunft<br />
benannt, braucht zwar noch<br />
etwas Zeit, ist aber schon mit Feuereifer<br />
dabei, Fähigkeiten zu erlernen,<br />
die er vielleicht später zum Führen<br />
der Werft benötigt.<br />
Autorin Freda Görrissen,<br />
geboren 2001, lebt zusammen<br />
mit ihrer Familie in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
Die vielfältige junge Frau<br />
besucht zur Zeit die<br />
Voltaireschule in Potsdam.<br />
Sie ist Rettungsschwimmerin<br />
und Sanitäterin bei der DLRG<br />
und veröffentlichte mehrere<br />
Beiträge in der PNN. Beim<br />
Bürgerfest am 21. April 2018<br />
auf dem Marktplatz von<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, dem Start der<br />
Nachpflanzaktion „Rettet die<br />
<strong>Waldsiedlung</strong>“ 2018-2033,<br />
rezitierte sie zusammen mit<br />
Dr. Jürgen Harder das<br />
Gedicht „Die Birke.<br />
Foto: Jana Fellenberg<br />
94 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Im Schlepptau: Familienspaß auf dem Eis der Havel.<br />
Foto: Lars Augustin<br />
Das Eissegelabenteuer<br />
Hausbau über Nacht<br />
Es war das Jahr 1952 und wir hatten<br />
in dieser Zeit strengen Frost. Bei<br />
einem dieser Winterbesuche stand<br />
vor seiner Werft auf dem Eis ein<br />
nagelneu von ihm gebauter Segelschlitten.<br />
Was für eine Sensation!<br />
Und zwar hatte er einen schmalen<br />
Rumpf gebaut, mit einem Querträger<br />
vorn und einer Steuerkufe hinten<br />
versehen, um daraus ein rasend<br />
schnelles, mehr als 100 Stundenkilometer<br />
fahrendes Eissegelboot zu<br />
erhalten. Die Segel waren von einer<br />
O-Jolle. Natürlich waren wir im Nu<br />
au dem Boot und pefferten wie<br />
die Verrückten über das Eis zwischen<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und Geltow.<br />
Wilhelm und ich segelten am<br />
späten Abend nach Werder rüber, und<br />
es gab an der engsten Stelle zwischen<br />
Werder und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> in<br />
flotter Fahrt au einmal ein gewaltiges<br />
Krachen. Die Läuferkufe des<br />
Schlittens hob sich sich etwa zwei<br />
Meter höher, die andere Seite war<br />
eingebrochen und hing im Wasser.<br />
Wilhelm aber blieb ruhig, krabbelte<br />
auf die höchste Stelle und zündete<br />
sich in aller Ruhe eine Pfeife an.<br />
Da hörten wir auch schon die Stimmen<br />
der Werderaner und Geltower<br />
Fischer, die zu einer Hilfsaktion über<br />
das Eis gestartet waren und uns bei<br />
ihrer Annäherung wahnsinnig ob<br />
unseres Leichtsinns beschimpften.<br />
Sie hatten aber die Rechnung ohne<br />
Wilhelm gemacht, der schimpfte<br />
zurück, weil der Grund für diesen Unfall<br />
nicht bei ihm lag. Das Leck einer<br />
Gasleitung nach <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> hatte<br />
das Zufrieren an dieser Stelle verhin-<br />
dert. Der Eissegler wurde zur nahen<br />
Anlegestelle nach Werder gezogen<br />
und es versammelten sich so viele<br />
Schaulustige auf dem Eis, dass<br />
dies unter der Last nachgab<br />
und die Neugier mit Kälte be-<br />
strafte. Wir kamen natürlich<br />
trockenen Fußes an Land...<br />
Ob mit einem Eissegler, einem restaurierten<br />
D-Rad oder einem Hausboot<br />
– Wilhelm verstand es, die Leute<br />
zu überraschen. Noch einmal erwies<br />
er sich in den 70er Jahren als Realisator<br />
von scheinbar Unmöglichem.<br />
Über Nacht stand auf dem Werftgelände<br />
ein wunderschöner Fachwerkbau<br />
mit sauber ausgemauertem<br />
Gefach auf einem hoch aufgeschütteten<br />
Sockelgeschoss inklusive<br />
Garage. Das alles in einer Zeit, wo<br />
man schon froh war, irgendwo ein<br />
Stück echtes Holz zu bekommen<br />
und oft schon mit Pressspanplatten<br />
zufrieden war. Des Rätsels Lösung:<br />
Wilhelm, der weit vorausschauend<br />
plante, besaß natürlich eine Baugenehmigung,<br />
von denen im ganzen<br />
Bezirk Potsdam allerdings nur drei<br />
ausgestellt wurden. Das Holz stammte<br />
von Resten, die beim damaligen<br />
Bau der isenbahnbrücke abfielen ...<br />
Die obenstehenden Anekdoten<br />
entstammen dem Nachruf auf<br />
Wilhelm Görrissen, der 2003<br />
im 98. Lebensjahr verstarb.<br />
Ganz der Familientradition verfallen:<br />
Eissegeln ist eine Leidenschaft, die<br />
auch Sven Görrissen lebt. Foto: Jim Kent<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 REPORTAGE 95
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und das die Ortschaft umgebende Waldgebiet ist absolutes<br />
Fledermausgebiet. Die waldreiche Gegend bietet den Flattertieren sowohl<br />
Quartier als auch Lebensraum für ihre Jagd nach Insekten.<br />
Vom Aussterben bedroht –<br />
Fledermäuse in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
VON CHRISTIANE SCHRÖDER<br />
Für die <strong>Wildpark</strong>er ist es ein gewohntes<br />
Bild, wenn mit dem<br />
Einbruch der Dämmerung über<br />
ihren Köpfen die „Kobolde der<br />
Lüfte“ ihre Bahnen ziehen.<br />
Wer aufmerksam hinschaut, wird<br />
fasziniert über die schnellen und<br />
wendigen Gleiter sein. Spezielle Geräte<br />
erfassen sogar die hohen Töne,<br />
die Fledermäuse zum Zweck der Orientierung<br />
ausstoßen und wandeln<br />
sie in für uns hörbare Frequenzen um.<br />
„Tak, tak, tak ...“<br />
Absolutes Fledermausgebiet<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> und das die Ortschaft<br />
umgebende Waldgebiet ist<br />
absolutes Fledermausgebiet. Die<br />
Fledermäuse bewohnen in und um<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> sehr oft die Höhlungen<br />
von älteren Bäumen. Das sind<br />
hier zumeist Kiefern oder Eichen,<br />
können aber auch alte Erlen oder<br />
der Spitzahorn sein. Die waldreiche<br />
Gegend bietet den Flattertieren sowohl<br />
Quartier als auch Lebensraum<br />
für ihre Jagd nach Insekten. Besonders<br />
alte Spechthöhlen oder Risse<br />
unter der Baumrinde werden gerne<br />
tagsüber von ihnen als Quartier angenommen.<br />
Viele Fledermausarten<br />
nutzen zudem die Höhlungen als<br />
Wochenstuben, wie es zum Beispiel<br />
das Braune Langohr, der Abendsegler<br />
oder die Mopsfledermaus tun. Letztere<br />
bevorzugt besonders Rindenspalten<br />
und ist damit auf Alt- und<br />
Totholz angewiesen, wie es im Bereich<br />
der Methusalem-Eichen unweit<br />
des Ortseingang zu finden ist.<br />
Dort dürfen Bäume noch alt werden.<br />
Durch die artbedingte Häufigkeit an<br />
Quartierwechseln sind besonders<br />
zusammenhängende Baumbestände<br />
von Belang. Wie wir wissen hat die<br />
<strong>Waldsiedlung</strong> in den letzten Jahren<br />
Die baumreichen<br />
Waldbestände in und<br />
um <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
dienen vielen<br />
Fledermausarten<br />
heute noch als<br />
Nahrungs- und<br />
Wohnraumstätte<br />
unglaublich viele Bäume verloren.<br />
Werden durch eine hohe Anzahl von<br />
Baumentnahmen die Lebensräume<br />
der Fledermäuse vernichtet, ist es für<br />
verschiedene Arten unmöglich Ersatzuartiere<br />
zu finden. Fledermäuse<br />
nutzen immer einen Komplex von<br />
mehreren Quartieren, die über Jahre<br />
hinweg immer wieder aufgesucht<br />
werden. Gehen durch Fällung wichtige<br />
Quartierstandorte verloren, können<br />
sich die Tiere auf der Suche nach<br />
Ersatz gehäuft in Wohnungen verirren.<br />
Abendseglerarten und Zwergfledermaus<br />
nutzen aber besonders die<br />
Baumhöhlungen als Paarungsquartiere<br />
oder überwintern in ihnen, da<br />
sie zumeist frostsicher sind. Während<br />
einige Arten sehr spezifisch auf Jagd<br />
gehen, um z.B. Insekten und Spinnen<br />
von Blättern zu erbeuten oder am<br />
Boden lebende Laufkäfer vertilgen,<br />
sind in den Schneisen am Waldrand<br />
oder über den Wegen der Ortschaft<br />
zumeist Abendsegler oder Zwergfledermäuse<br />
auf Mückenjagd. Bei<br />
der Menge, die sie an einem Abend<br />
vertilgen, sollte jedes Mückenmittel<br />
überflüssig sein. Abendsegler schlagen<br />
ihr Quartier besonders gern in<br />
den Baumkronenbereichen auf. Dagegen<br />
sind Mopsfledermauspopulationen<br />
in den Forsten und Wäldern<br />
sehr stark rückläufig. Die Aktivitäten<br />
schwanken jahreszeitlich regional.<br />
Das hat zum Beispiel mit den<br />
Temperaturen, dem Nahrungsangebot<br />
aber auch mit Niederschlag und<br />
Wind zu tun. Besonders aktiv sind<br />
Fledermäuse von Ende April bis Juni,<br />
nur in den kalten Nächten sind sie<br />
weniger zu sehen. Ab Mitte September<br />
nehmen ihre Flugbewegungen<br />
deutlich ab, wobei auch hier Unterscheidungen<br />
getroffen werden und<br />
auch Witterungsbedingungen oder<br />
Mikroklimaverhältnisse Fledermausaktivitäten<br />
beeinträchtigen.<br />
Weiter Lebensraum zerstört<br />
Die baumreichen Waldbestände<br />
in und um <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> dienen<br />
vielen Fledermausarten heute noch<br />
als Nahrungs- und Wohnraumstätte.<br />
Gehen die Lebensräume aber für<br />
die Fledermäuse verloren, bedeutet<br />
das, dass die Populationen deutlich<br />
zurückgehen werden. Ein erheblicher<br />
Eingriff in den Baumbestand, wie er<br />
wohl im Herbst 2018 wieder zu erwarten<br />
ist, wird zu weiteren Rückgängen<br />
sowohl des Baum- als auch<br />
des Fledermausbestandes führen.<br />
Dass dann auch andere Tierarten, wie<br />
unsere heimischen Singvögel davon<br />
betroffen sein werden, wenn weiter<br />
Lebensraum zerstört wird, ist leider<br />
die Folge davon.<br />
Zustand der gefährdeten<br />
Arten kritisch<br />
Alle in Deutschland heimischen<br />
25 Fledermausarten zählen zu den<br />
streng geschützten Arten und werden<br />
auf der „Roten Liste“ der Säugetiere<br />
aufgeführt. Die Einschätzung<br />
über ihren Zustand wird auf der<br />
Fotos: Daniel Klingberg<br />
96 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Die kleine wergedermaus wurde fachmännisch an<br />
einer Birke platziert und wird gleich den Abug machen.
Zusammenfassend muss<br />
festgestellt werden,<br />
dass der Zustand der<br />
gefährdeten Arten<br />
kritisch ist, da ihre<br />
Lebensräume immer<br />
kleiner werden<br />
Grundlage des Deutschen Nationalen<br />
Berichts zur FFH-Richtlinie, der<br />
aktuellen Roten Liste und des Nationalen<br />
Berichts Deutschlands für das<br />
Euro-BATS-Abkommen, einem europäischen<br />
Abkommen zum Schutz der<br />
Fledermäuse, erstellt.<br />
Eine Fledermausart gilt bereits als<br />
ausgestorben, drei als vom Aussterben<br />
bedroht, vier werden als stark<br />
gefährdet eingestuft und für zwei<br />
die starke Gefährdung unbekannten<br />
Ausmaßes angenommen. Fünf Arten<br />
stehen zudem auf der Vorwarnliste,<br />
für die anderen Arten sind die erhobenen<br />
Daten noch unzureichend.<br />
Zusammenfassend muss festgestellt<br />
werden, dass der Zustand der gefährdeten<br />
Arten kritisch ist, da u.a. ihre<br />
Lebensräume immer kleiner werden.<br />
Auf der Suche nach Ursachen besitzt<br />
besonders die Entfernung von<br />
Alt- und Totholz sowie von Bäumen<br />
Christiane Schröder vom NABU-Landesverband im aufklärenden Gespräch<br />
mit einer Anwohnerin, die eine ledermaus gefunden hatte.<br />
mit artenspezifischer Funktion einen<br />
großen Einfluss auf die Quartiersituation.<br />
Nach GÜNTHER (2005) ist der<br />
Wald für alle einheimischen Fledermausarten<br />
von besonderer Bedeutung.<br />
Mehr als die Hälfte von ihnen<br />
zieht in Baumhöhlungen Jungtiere<br />
groß oder überwintern in ihnen. Alle<br />
Arten haben ihren Schwerpunkt der<br />
Nahrungssuche im Wald.<br />
Autorin Christiane Schröder, geboren 1980, verheiratet,<br />
drei Kinder, lebt mit ihrer Familie in Brück. Die<br />
studierte Biologin mit Schwerpunkt Fledermausschutz<br />
und Umweltbildung ist seit 2015 Geschäftsführerin des<br />
NABU Landesverbandes, der mit circa 16.000 Mitgliedern<br />
der größte Naturschutzverband Brandenburgs ist.<br />
Das Bundesnaturschutzgesetz regelt in 44 mögliche Beeinträchtigungen<br />
z.B. bei Baumentnahmen in festgestellten Fledermausgebieten.<br />
» das Tötungs- und Verletzungsverbot ( 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG)<br />
» das Störungsverbot ( 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG)<br />
» das Verbot der Entnahme, Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- oder<br />
Ruhestätten/Lebensstätten ( 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG)<br />
Die Bürgerinitiative als auch der<br />
NABU Brandenburg haben bei von<br />
der Gemeindeverwaltung erteilten<br />
Fällbescheiden bemängelt, dass<br />
trotz gegebener Hinweise keine<br />
den Artenschutz begleitenden<br />
Maßnahmen stattgefunden haben.<br />
Ein Vorwurf, den die Gemeindeverwaltung<br />
bestreitet.<br />
So braucht eine in einer Höhlung<br />
lebende Fledermaus mehrere<br />
Minuten, um bei Gefahr (z.B. bei der<br />
Abtragung eines Baumes) die zur<br />
Flucht benötigte Körpertemperatur<br />
zum Fliegen zu erreichen – und wird<br />
unter Umständen einfach zersägt.<br />
Schon die Vernichtung von Lebensräumen<br />
streng geschützter Arten<br />
kann aber ein Straftatbestand sein.<br />
Das Bundesverwaltungsgericht<br />
hat bereits vor zehn Jahren festgestellt,<br />
dass das Tötungs- und<br />
Verletzungsverbot individuumbezogen<br />
auszulegen ist (BverwG Urt.<br />
vom 9.7.2008–9A 14.07., Rn.91).<br />
Es gilt als erfüllt, wenn sich das<br />
Tötungsrisiko in signifikanter Weise<br />
erhöht, wobei zuvor Maßnahmen<br />
zur Verminderung vermeidbarer<br />
Tötungen durchzuführen sind.<br />
98 REPORTAGE WILDPARK WEST HERBST 2018
Die kleine Fledermaus verabschiedet sich<br />
in den Nachmittagshimmel und iegt davon.<br />
Was tun bei Fledermausfund? Das fragten sich zum wiederholten Male verschiedene<br />
Bewohner unseres Ortes und so steht es auch seit einigen Wochen auf der Webseite<br />
der Bürgerinitiative als kleine Hilfestellung und Anleitung für den Notfall<br />
Was tun bei Fledermausfund?<br />
Eine kleine Fledermaus, vom deutschen<br />
Naturschutzgesetz wie alle<br />
heimischen Arten als streng geschützt<br />
eingestuft und auf der<br />
„Roten Liste“ verzeichnet, hatte<br />
sich trotz Fliegengaze durch einen<br />
Spalt ins Bad gezwängt und schien<br />
wie ihre Finderin mit der entstandenen<br />
Situation im Waschbeckenabuss<br />
etwas berfrdert.<br />
Die deutschlandweit kostenfreie<br />
„Fledermausnotrufnummer“<br />
des NABU vermittelte aber schnell<br />
Unterstützung und gab zudem fachgerecht<br />
Anleitung, dem fehlgeleiteten<br />
<strong>Waldsiedlung</strong>sbewohner erste Hilfe<br />
zukommen zu lassen. Also „katzensicher“<br />
ins Körbchen und an einen<br />
dunklen und kühlen Ort gebracht …<br />
Zwei Stunden später kam die anerkannte<br />
Fledermausexpertin Frau<br />
Schröder vom NABU aus Potsdam<br />
um zu helfen. Die Fledermaus wurde<br />
untersucht, als junge männliche<br />
Zwergfledermaus klassifiziert und<br />
fachgerecht in circa zwei Meter Höhe<br />
an einen Baum gesetzt. Nach einer<br />
Weile wurde die Abflugtemperatur<br />
erreicht und wenig später war sie,<br />
noch einige Kreise ziehend, über<br />
unseren Köpfen grüßend, am Nachmittagshimmel<br />
verschwunden.<br />
Wenn die Abende wärmer sind,<br />
kann man die Fledermäuse wieder<br />
gut beobachten. Besonders<br />
im Bereich An der Kirche, Fuchsweg,<br />
Großer Querweg, Am Ufer<br />
und Fichtenweg sind der Bürgerinitiative<br />
zahlreiche Sichtungen<br />
(Häufungen) und bekannte Fledermauswohnstätten<br />
(meist Höhlungen<br />
in Kiefern) gemeldet worden.<br />
Mit Einbruch der Dämmerung<br />
ziehen sie unterhalb der Kiefernwipfel<br />
auf der Jagd nach Insekten<br />
ihre Kreise …<br />
Leider sollen im Herbst direkt<br />
neben der Fundstelle weitere sechs<br />
Kiefern gefällt werden, der Fällgrund<br />
diesmal: „diverse“ Schäden.<br />
Die Bürgerinitiative erstellt für<br />
die Untere Naturschutzbehörde<br />
gerade ein Fledermauskataster für<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>. Sie interessieren<br />
sich für die Thematik und haben<br />
eine Höhlung entdeckt, in der eine<br />
Fledermaus wohnt? Fliegen am<br />
Abend besonders viele Fledermäuse<br />
bei Ihnen durch den Garten? Dann<br />
helfen Sie und teilen uns bitte Ihre<br />
Beobachtungen mit. Wir melden<br />
Ihre Sichtung koordiniert an die<br />
Untere Naturschutzbehörde weiter.<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 REPORTAGE 99
FABELHAFT<br />
Welch hartes Fuchsleben<br />
VON KERSTIN WITTE<br />
Fuchs geht durch den Wald,<br />
ein Fuchs geht durch den Wald<br />
„Ein<br />
, vergnügt pfiff der unge<br />
Rotschweif sein Lieblingslied vor sich<br />
hin und bog auf leisen Pfoten „An der<br />
Kirche“ nach rechts ab. Anders als in<br />
der alten Eichenallee, die dummerweise<br />
nach ihm benannt etzt „Fuchsweg<br />
heißt, fühlte er sich hier sicher. Natürlich<br />
hatte die Bezeichnung des holprigen<br />
Wegs nichts mit der Wirklichkeit<br />
zu tun. ine irche hat es hier noch nie<br />
gegeben. Mehr ein kleiner Spaß für unbedarfte<br />
Touristen. Für Meister Reineke<br />
war Trubel natürlich nichts, er mied<br />
die Öffentlichkeit. Doch sein onter-<br />
ei am Verteilerkasten am arktplatz:<br />
ut ab Das hielt er durchaus ür gelungen.<br />
Wirklich sehr schön, was die<br />
Kinder sich da ausgedacht hatten!<br />
Doch itelkeit ist geährlich. r<br />
wusste das natürlich. Dieser Grad an<br />
Bekanntheit bringt nicht nur Vorteile.<br />
segrim, ein unger Wol, hatte es ihm<br />
neulich unter den alten Eichen vorm<br />
Ortseingang erzählt. Auch der musste<br />
au der ut sein. hn edoch hatten die<br />
Nachbarkinder wegen seiner hellen<br />
Fäden im roten elz „Silberschwei<br />
getauft. Jeden Morgen winkten sie<br />
heimlich vom Balkon, bevor sie sich<br />
au den Weg zum Schulbus machten.<br />
r ist müde, hat die ganze Nacht vergeblich<br />
nach ungen dummen ühnern<br />
Ausschau gehalten. Saftig und lecker,<br />
wie die vier im letzten ahr au der anderen<br />
Ortsseite im Weißdornweg. Hühner<br />
sind rar geworden. Damals hatte<br />
er nur warten müssen, bis der kleine<br />
Junge das Futter ausgestreut hatte,<br />
sich die Eier nahm und das Haus verließ<br />
und dann … War das ein Schmaus!<br />
Sein agen knurrte. Der unger<br />
ließ ihn an die rzählungen seiner<br />
Großmutter denken süße kleine<br />
Kaninchen, die sie sich, einen Querweg<br />
weiter, vor Jahren aus einem Stall<br />
einer schicken Stadtvilla holte. Ihm<br />
läut das Wasser ihm aul zusammen:<br />
Wie ot hatte sie diese Geschichte<br />
an kalten Winterabenden im gemütlichen<br />
Fuchsbau erzählt. An diesem<br />
Tatort durfte er sich natürlich nicht<br />
mehr sehen lassen, dass wusste er<br />
nur zu gut. Die enschen sind so<br />
furchtbar nachtragend geworden …<br />
nd etzt eise schleicht er sich<br />
unter einer Hecke an seinen Lieblingsplatz.<br />
Zwei alte Zweibeiner<br />
sitzen beim Frühstück in der Sonne,<br />
ihm bleibt nur zuzuschauen. Welch<br />
hartes Fuchsleben Nur eine alte zähe<br />
aus gabs letzte Nacht im Wald.<br />
Zeit, Rast einzulegen und ein Nickerchen<br />
zu machen. rst die heißen<br />
Sonnenstrahlen au seinem elz<br />
weckten ihn wieder auf. „Oh Schreck!“<br />
Drei Augenpaare sind au ihn gerichtet<br />
und bereiten ihm Unbehagen. Was<br />
die wohl wollen Ah, sie wollen ihm<br />
helfen, eine tolle Idee! Ich, abgemagert<br />
Na, wenn sie meinen ... Nur zu<br />
r hört augeregte Wortetzen.<br />
Wieso äger Nur keine nruhe<br />
zeigen, denkt er sich. ier im Ort ist<br />
noch nie auf ihn geschossen worden<br />
– aber, man weiß a nie. Als der Grünrock<br />
zum Nachmittag tatsächlich<br />
Fuchs beim<br />
Nickerchen
kommt, sind sich die alten Leutchen<br />
schon gar nicht mehr so sicher,<br />
eine gute dee gehabt zu haben.<br />
Fachmännisch wird eine Fuchsfalle<br />
aufgestellt und mit einem<br />
Köderstück versehen. „Sie tun dem<br />
ier doch nichts, ragt die Frau, die<br />
plötzlich eine böse Ahnung be-<br />
ällt. Der Grünrock bleibt stumm.<br />
Silberschwei betrachtet das Ganze<br />
misstrauisch. r beäugt die Falle, dreht<br />
ein paar Runden: Supermarkt Salami<br />
als Köder. Wie langweilig! Wenn sie<br />
wenigstens vom Fleischer Bothe wäre.<br />
Der kann Würste machen Angewidert<br />
zieht er sich zurück. r steht mehr au<br />
Frische, echt Bio muss es schon sein.<br />
Die Sonne senkt sich hinter den<br />
Baumwipeln dem orizont entgegen.<br />
Leise schleicht er sich von<br />
dannen. Vielleicht hat er a heute<br />
Nacht mehr Jagdglück als der Förster.<br />
Der Stromverteilerkasten am Marktplatz<br />
Fotos: Brit Merten<br />
Autorin Kerstin Witte, 1964 in München<br />
geboren und in den USA aufgewachsen,<br />
verheiratet, lebt mit ihrem<br />
Mann seit 2014 in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.
SCHÖNE GÄRTEN VORGESTELLT: GROßER QUERWEG 6<br />
Der muss sich durchsetzen,<br />
er sucht das Licht<br />
VON GÄRTNERMEISTER ROSERICH<br />
Eigentlich kann man gar nicht<br />
anders. Ist man zu Fuß durch<br />
die <strong>Waldsiedlung</strong> unterwegs<br />
und biegt vom Fuchs- in den<br />
Großen Querweg ein, wird auf der linken<br />
Seite nach einigen Schritten das<br />
Auge von leuchtenden Farben angezogen.<br />
Durch den Zaun lugen unten<br />
die orangenen Köpfchen der Großen<br />
Kapuzinerkresse. Die Sonnenblumen<br />
drehen sich zum Licht und hoffen<br />
bald zu erblühen. Links vorm Tor eine<br />
Kiefer, noch keine zwanzig Jahre alt,<br />
doch schon mit Katasternummer und<br />
von stattlicher Gestalt. Das Holzhaus,<br />
die Bäume und verschiedenste Pflanzen<br />
bilden ein harmonisches Ensemble<br />
und lassen nicht nur das Botanikerherz<br />
höher schlagen.<br />
Zwei vom Fach<br />
Blumen über Blumen, deren Blüten<br />
übers Kalenderjahr abgestimmt<br />
dem Garten jeweils ein neues Antlitz<br />
geben. Ob Dahlien, Gelenkblume<br />
oder Phlox, deren flammende Farben<br />
dem Himmel entgegenzustreben<br />
scheinen – hier merkt man, dass zwei<br />
vom Fach mit Sachverstand und Freude<br />
beim Werken sind. Bescheiden<br />
wehrt Gärtnermeister Wenk ab, wenn<br />
man ihn auf die viele Arbeit anspricht.<br />
„Mir und meiner Frau macht das Gärtnern<br />
Freude! Nach dem großen Sturm<br />
im November 1972 waren in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
viele Bäume umgestürzt,<br />
viel mehr als durch die letzten Stürme!“<br />
Er zeigt auf ein paar stattliche<br />
Exemplare: „Diese hier haben wir damals<br />
im Anschluss alle neu gepflanzt.<br />
Ich machte an diesem unheilvollen<br />
Sturmtag gerade meine Fahrschule,<br />
kam aus Potsdam und kann mich<br />
deshalb noch gut daran erinnern;<br />
überall lagen die Bäume herum, man<br />
kam kaum durch.“ Heute bilden diese<br />
großen Tannen und die Douglasie<br />
einen schönen Rahmen für den Ziergarten<br />
der beiden. Auch kleine Kiefern,<br />
Birken und ein erst im letzten<br />
Jahr gesetzter Birnenbaum streben<br />
im hinteren Teil des Gemüsegartens<br />
zum Licht. Ob Eibe, Serbische Fichte<br />
oder Lärche: Viele der Bäume wurden<br />
oder werden noch heute aus Samen<br />
in Töpfen selbst gezogen. Besonders<br />
die jungen Bäume müssen deshalb<br />
gründlich gewässert werden, denn<br />
der trockene Sommer macht nicht<br />
nur uns Menschen, sondern auch den<br />
Pflanzen und Gehölzen zu schaffen.<br />
Im Frühjahr war die Sitkalaus in der<br />
Blaufichte, die sich aber wieder gut<br />
erholt hat. Freud und Leid gehören<br />
zum Gärtneralltag dazu.<br />
Standortgerechte anzen<br />
Hohe Gräser wiegen sich im Wind.<br />
Zebra-, Silberfeder und Japanisches<br />
Blutgras bilden dabei dekorative<br />
kleine Inseln, zwischen denen Stauden,<br />
ein paar Primeln und eine alter<br />
Rosenstrauch hervorlugen. Das Lampenputzergras<br />
wartet auf den Spätsommer,<br />
es erblüht gewöhnlich erst<br />
im August. Seine Scheinähren erinnern<br />
in der Form an die früher zum<br />
Putzen der Glaskolben benutzten Puscheln,<br />
einer Art Bürste. Daneben ein<br />
Perückenstrauch. Schaut man genau<br />
hin, erklärt sich der Name von allein.<br />
Das in der Pflanze enthaltene Fisetin<br />
wurde früher zum Färben von Wolle<br />
und Leder verwendet.<br />
Im Halbschatten vor dem gemütlich<br />
wirkenden und sich gut in die<br />
<strong>Waldsiedlung</strong> einfügenden Holzhäuschen<br />
stehen drei Rhododendronsträucher,<br />
die nicht geschnitten<br />
werden dürfen, aber viel Wasser<br />
brauchen. Ihre Knospen verraten<br />
noch nichts von ihrer Farbe, erst im<br />
nächsten Jahr werden sie lila erblühen.<br />
Sie haben noch ihre Ursprungsform,<br />
sind also nicht veredelt, sondern<br />
durch Samen vermehrt und<br />
treiben über die Wurzeln neu aus.<br />
Der große Strauch in der Mitte des<br />
Gartens ist schon älter, bestimmt<br />
über dreißig Jahre. Die fünfgliedrigen<br />
Blätter wirken lederartig. Wenn<br />
er erblüht, leuchtet es rot. Während<br />
die Dolden des Phloxes mit einem<br />
strahlenden Weiß und kräftigem Blau<br />
erblühen, hat die kupferfarbene Lilie<br />
ihren Zenit für dieses Jahr schon<br />
überschritten und lässt vergangene<br />
Pracht nur erahnen. Dagegen präsentiert<br />
sich die Türkenbundlilie in<br />
sattem Gelb. Die Hortensien sind ob<br />
der Wärme dieses Jahr auch viel zu<br />
früh dran und wetteifern in verschiedenen<br />
Schattierungen von Lila. Die<br />
Herbstastern müssen sich allerdings<br />
noch etwas gedulden und ergänzen<br />
dann das Farbspiel in den nächsten<br />
zwei Monaten mit leuchtendem Blau<br />
und einem zartem Rot.<br />
Fast alle Pflanzen, die das Auge<br />
erfreuen, sind Waldpflanzen. Standortgerechte<br />
Pflanzen, die es gewöhnt<br />
sind, mit den Verhältnissen von saurem<br />
Boden klar zu kommen. „Die Nadeln<br />
unter den Bäumen, aber auch<br />
Komposterde und der zusätzliche<br />
Mulch des Rasenschnitts versorgen<br />
sie mit den wichtigen Nährstoffen,<br />
verhindern übermäßige Unkrautbildung<br />
und schützen vor dem Austrocknen“,<br />
erklärt Frau Wenk, selbst<br />
15 Jahre im Botanischen Garten der<br />
Potsdamer Hochschule beschäftigt.<br />
Foto: Jim Kent<br />
102 GARTENFREUND WILDPARK WEST HERBST 2018
Ein Schmaus für die Augen:<br />
Harmonisch fügt sich das kleine<br />
Holzhaus in die Gartengestaltung ein.<br />
Die Blumen, Gräser und Gehölze<br />
bilden ein gelungenes Ensemble.
Jahreszeitliches arbenspiel: Bodendecker, Stauden und Gräser unter Kiefern, Tannen und ichten.<br />
Fotos: Carsten Sicora<br />
„Wo Maiglöckchen stehen – hier im<br />
Werderschen sagen wir Maiblümchen<br />
– wächst kein Unkraut. Auch<br />
beim Geranium, dem Storchschnabel<br />
als Bodendecker, wird man kaum<br />
welches finden, sie sind einfach zu<br />
bestimmend.“ Vor kurzem hat sie in<br />
einer Schale Hornveilchen ausgesät,<br />
die bei den derzeitigen Temperaturen<br />
schon alle aufgegangen sind und<br />
nun bald vereinzelt werden müssen.<br />
Das dies aufwändig ist, stört sie kein<br />
bisschen. Arbeit ist sie gewohnt. „Die<br />
verschiedenen Farne haben wir vor<br />
vielen Jahrzehnten schon mit dem<br />
Grundstück übernommen, sie vermehren<br />
sich selber.“ Der gemeine<br />
Geißbart, aus der Gattung der Rosengewächse,<br />
grüßt mit den weißen Blüten<br />
seiner Ähren. Am Gartenrand zur<br />
Kiefer<br />
Gemüse<br />
&<br />
Obstgarten<br />
Weißtanne<br />
Douglas<br />
Fichte<br />
Hochbeet<br />
mit Baumschule<br />
Garage<br />
Kanadische<br />
Esche<br />
Eberesche<br />
Kompost<br />
STRASSE<br />
Laube<br />
Wohnhaus<br />
Blumengarten<br />
Coloradotanne<br />
Blaufichte<br />
Nordostseite steht ein stolzer Ginkgobaum,<br />
sie schätzt ihn auf 35 Jahre.<br />
„Der muss sich durchsetzen, er sucht<br />
das Licht. Zum Glück haben wir keinen<br />
weiblichen mit Früchten, sonst würde<br />
man den Geruch im Spätherbst nicht<br />
aushalten.“ An der kleinen Garagenwand<br />
gegenüber wächst wilder Wein,<br />
eine kanadische Trauben- und davor<br />
eine Eberesche, deren gut bekömmliche<br />
Beeren sich durch einen leicht<br />
süß-herben Geschmack auszeichnen.<br />
Nur dreimal richtig Regen<br />
Aber eigentlich sind die Beeren<br />
für die Vögel bestimmt, die kräftig<br />
mithelfen, die Samen zu verbreiten.<br />
Manche Pflanzen eignen sich sogar<br />
zur Wettervoraussage. Das klappt<br />
natürlich nicht immer, aber wenn die<br />
Dreimasterblume ihre<br />
blauen Blüten schließt,<br />
regnet es in der Folge.<br />
Heute sind sie nicht geschlossen,<br />
die Sonne<br />
brennt unbarmherzig.<br />
Orientalische<br />
Fichte<br />
Douglas<br />
Fichte<br />
Lärche<br />
Ginkgo<br />
Fichte<br />
Fichte<br />
Robinie<br />
Nur dreimal richtig Regen<br />
in diesem Jahr, Folge<br />
der menschlichen Unvernunft?<br />
„Es ist nicht gut,<br />
wie wir mit unserer Umwelt<br />
umgehen“, lässt Herr<br />
Wenk, der vor kurzem seinen<br />
85. Geburtstag feierte,<br />
vernehmen. „Wir müssen<br />
behutsam mit der<br />
Natur umgehen und sie<br />
achten!“ Natürlich weiß<br />
er um die Belastung, die<br />
die jüngeren Bewohner<br />
der <strong>Waldsiedlung</strong> durch<br />
Der Gartenplan,<br />
Großer Querweg 6<br />
in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
den beruflichen Alltag erfahren. Das<br />
Ehepaar hat ein erfülltes und anstrengendes<br />
Berufsleben hinter sich.<br />
„Arbeitsaufwändige Gärten brauchen<br />
natürlich viel mehr Zeit und Pflege<br />
als eine Rasenfläche. Aber blühende<br />
Sträucher am Rande eines Grundstücks<br />
erfreuen nicht nur das Auge,<br />
sondern auch die Vögel und Insekten.<br />
Ein einfacher Garten macht nicht<br />
so viel Arbeit, ist aber das bisschen<br />
Mühe wert. Neu angelegt, braucht er<br />
nur zwei bis drei Jahre, bis man erste<br />
Erfolge sehen kann. Dahlien sind<br />
natürlich in der Pflege zu aufwändig.<br />
Aber das Sedum, ein Bodendecker<br />
aus der Pflanzengattung der Fetthenne,<br />
ist, wenn es blüht, wirklich schön<br />
anzusehen. Oder hier“, er deutet auf<br />
einen Strauch, „der Persische Flieder,<br />
blüht im Frühjahr in einem herrlichen<br />
Blau!“ Auch das Heidekraut zu seinen<br />
Füßen mit seinen purpur-violetten<br />
Farben gibt sich selbst mit kargem<br />
Sandboden zufrieden. Und die Schafgarbe,<br />
die man noch oft am Wegesrand<br />
und auf den Wiesen findet, ist<br />
eine schöne Zierpflanze, die sich gut<br />
fürs Blumenbeet eignet. Ebenso die<br />
Spiraea, ein sommergrüner Strauch<br />
mit gesägten Blättern. Die Begeisterung<br />
und die Freude über das Erreichte<br />
ist dem Ehepaar anzumerken,<br />
wenn es über den Garten spricht.<br />
Auch die Tochter ist in die Fußstapfen<br />
der Eltern getreten. Sie ist als Gartenbauingenieurin<br />
tätig und erfreut sich<br />
bei ihren Besuchen an der Schönheit,<br />
die ihre Eltern durch der Hände<br />
Arbeit erschaffen haben.<br />
Doch abschließend wird Gärtnermeister<br />
Wenk noch einmal nachdenklich,<br />
wenn er meint: „Bei allem<br />
was wir tun, dürfen wir nicht vergessen:<br />
Wir brauchen die Natur – doch<br />
sie braucht uns nicht!“<br />
104 GARTENFREUND WILDPARK WEST HERBST 2018
Eine grün gestaltete Dachfläche schafft Insekten zusätzlichen<br />
Nahrungs- und Lebensraum durch Pflanzen und Gräser – ein Beitrag<br />
zum Erhalt des Kleinklimas in unserem Garten<br />
Gemüsegarten auf dem Dach?<br />
VON GÄRTNERMEISTER ROSERICH<br />
Viele unserer Leser werden<br />
es bemerkt haben, hier und<br />
da sind in den letzten Jahren<br />
schicke (und manchmal<br />
auch optisch etwas weniger gelungene)<br />
Garagen in den Vorgärten<br />
der <strong>Waldsiedlung</strong> entstanden. Die<br />
Zeit der teuren Tiefgaragen oder der<br />
kleinen preiswerten „Blechbüchsen“<br />
scheint vorüber. Das Prozedere ist<br />
einfach, derzeit geltendes vereinfachtes<br />
Baurecht erlaubt dem Brandenburger<br />
relativ unkompliziert,<br />
das edle vierrädrige Gefährt sicher<br />
unterzustellen. Statik und Bauanzeige<br />
übernehmen oft die bauausführenden<br />
Firmen, und bei Unklarheiten<br />
erhält man im Bauamt der Gemeindeverwaltung<br />
Schwielowsee freundliche<br />
und kompetente Auskunft.<br />
Manchmal gestattet zudem das vorgegebene<br />
Maß der baulichen Nutzung<br />
des Textbebauungsplanes eine<br />
Doppelgarage: Zusätzlicher Platz<br />
zum Abstellen für Fahrräder und Gartengeräte.<br />
Sinnvolle Nutzung<br />
Was aber selten bedacht wird,<br />
dass mit der Überbauung durch die<br />
damit versiegelte Fläche Nutzraum<br />
für die Gartengestaltung und den Regeneintrag<br />
im Boden entzogen wird.<br />
Eine Möglichkeit „Verlorenes“ einer<br />
sinnvollen Nutzung zurückzuführen,<br />
besteht bei Flachdächern in der<br />
Begrünung derselben. Dies ist ein<br />
Beitrag zum Erhalt des Kleinklimas<br />
unseres Grundstücks und schafft Insekten<br />
zusätzlichen Nahrungs- und<br />
Lebensraum durch Pflanzen und Gräser.<br />
Eine bewährte und anerkannte<br />
Ausgleichsmaßnahme. Wichtig allerdings<br />
zu wissen: Die Dachbegrünung<br />
sollte nur ausgewiesenen Fachleuten<br />
überlassen werden, denn sonst läuft<br />
man Gefahr, dass sich das Regen- als<br />
Stauwasser eigene Wege ins Innere<br />
der Garage sucht.<br />
Keine Schnecken, kaum Unkraut<br />
Eine andere Möglichkeit besteht<br />
darin, selbst einen kleinen Gemüsegarten<br />
in Kübeln auf dem Garagendach<br />
anzulegen. Arbeit in überschaubarem<br />
Rahmen? Aussicht auf selbst<br />
gezogenes Gemüse übers Jahr und<br />
noch dazu ganz in Bio-Qualität – welchen<br />
jungen Gartenfreund würde<br />
das nicht reizen? Nach einem harten<br />
Bürotag selbst Erdbeeren, Gurken,<br />
Paprika, Bohnen, Kürbisse, Zucchini,<br />
Broccoli oder Tomaten für die Familie<br />
zu ernten – der Phantasie sind<br />
keine Grenzen gesetzt! Eine gesunde<br />
Ergänzung und Alternative zur industriellen<br />
Gemüseproduktion. Die<br />
schöne Aussicht, keine Schnecken,<br />
kaum Unkraut und oft freie Sonneneinstrahlung<br />
sind nur einige der Vorteile,<br />
die ein Dachgarten bietet. Bevor<br />
man sich jedoch voller Elan ans Werk<br />
macht, gilt es das „Hochbeet“ einer<br />
gründlichen Prüfung zu unterziehen:<br />
Hält das Dach die mit feuchter Erde<br />
gefüllten Töpfe, die kiloschweren<br />
Gartenfrüchte und das eigene Körpergewicht<br />
sicher aus? Wie gelange<br />
ich nach oben? Und – wie ist es mit<br />
der Bewässerung am Günstigsten?<br />
Die Beantwortung der ersten Frage<br />
sollte man einem Fachmann überlassen<br />
– gar zu leicht unterschätzt<br />
der Laie die Summe des Gewichts der<br />
einzelnen Töpfe nebst der zu erwartenden<br />
Ernte. Auch die Frage der Begehbarkeit<br />
sollte nicht unterschätzt<br />
werden: Eine einfache Anlegeleiter<br />
ist keine Dauerlösung, um sicher aufs<br />
und vom Dach zu gelangen und sollte<br />
durch eine fest angebaute und leicht<br />
begehbare Leiter, wie sie im gut sortierten<br />
Fachhandel angeboten wird,<br />
ersetzt werden. Dagegen scheint<br />
die Bewässerung mithilfe einer kleinen<br />
Handpumpe, die das im Regenfass<br />
aufgefangene Wasser mittels<br />
Schlauch nach oben befördert, einfach<br />
umsetzbar. Blumen- oder Komposterde<br />
in dunklen Töpfen sowie<br />
die höheren Temperaturen auf dem<br />
Dach – sie liegen ungefähr 3–5C<br />
über der des Waldbodens – bewirken<br />
zudem, dass mit höheren Erträgen zu<br />
rechnen ist.<br />
Paprika und selbst gezogene Melonen?<br />
Mit etwas Fleiß sollte das durchaus<br />
machbar sein.<br />
Auf dem Dach sind die Temperaturen<br />
im Durchschnitt 3–5°C höher als am<br />
Boden. Das Gemüse reift eher.<br />
Flaschen Zucchini im Kübel,<br />
ein dekorativer Blickfang.<br />
Fotos: Jim Kent<br />
106 GARTENFREUND WILDPARK WEST HERBST 2018
Wie im Schlaraffenland:<br />
Eine Gurke windet sich vom Dach an<br />
der nebenstehenden Fichte hinab.
Unsere Vorfahren wussten viel über den Genuss und die Wirkung von Wildpflanzen.<br />
Viele Krankheiten heilten sie mit Kräutern. Dieses alte Wissen steckt in vielen<br />
Kräuterbüchern und war lange Zeit in Vergessenheit geraten.<br />
Pflanzen Freunde fürs Leben<br />
VON DR. BEATE GALL<br />
Pflanzen sind wie Freunde – sie<br />
sind stets da, wenn man sie<br />
braucht! Und sie sind da, auch<br />
wenn man sie gerade nicht<br />
braucht! Wie gut kennen Sie eigentlich<br />
die Pflanzen in ihrem Garten, vor<br />
der Haustür, auf der Wiese oder im<br />
Bruchwald hinter dem Feld?<br />
Von anzen können<br />
wir viel lernen<br />
Mich begeistern Pflanzen seit<br />
mehr als zwei Jahrzehnten. Während<br />
des Studiums in Eberswalde lernte<br />
ich Pflanzen zu bestimmen. Und<br />
selbst die Gräser, die auf den ersten<br />
Blick alle gleich aussahen, ließen<br />
sich nach und nach leichter unterscheiden,<br />
sogar im nichtblühenden<br />
Zustand.<br />
Von Pflanzen können wir viel lernen,<br />
z. B. wie der Boden unter ihnen<br />
beschaffen ist, wie viel Nährstoffe<br />
oder Wasser in ihm gespeichert werden<br />
können. Sie zeigen uns deutlich,<br />
ob sie die Einwirkungen der menschlichen<br />
Nutzung vertragen oder nicht.<br />
Unsere Vorfahren wussten viel<br />
über den Genuss und die Wirkung<br />
von Wildpflanzen. Viele Krankheiten<br />
heilten sie mit Kräutern, auch wenn<br />
sie damals über die Wirkstoffe im Detail<br />
nicht viel wussten. Sie beobachteten<br />
und lernten durch Erfahrung<br />
und Anwendung. Dieses alte Wissen<br />
steckt in vielen Kräuterbüchern und<br />
war lange Zeit in Vergessenheit geraten.<br />
In unserer schnelllebigen Zeit,<br />
in der viele von uns der Zeit hinterherlaufen<br />
als im Hier und Jetzt zu<br />
leben, ist der Griff zur synthetisch<br />
hergestellten Arznei schnell getan.<br />
Wir sollten uns besinnen und innehalten.<br />
Ein passendes Kraut für die<br />
Zubereitung von Tee, Tinkturen oder<br />
Umschläge zu sammeln, kann jeder<br />
lernen und es macht Spaß. Das meiste,<br />
was wir brauchen um gesund zu<br />
bleiben, finden wir in der Natur: Ruhe,<br />
Gelassenheit und viele Pflanzen.<br />
Gern teile ich meine Freude an<br />
den Pflanzen mit anderen. Ich werde<br />
die neu gegründete AG „Junge Naturfreunde“<br />
in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> unterstützen.<br />
Im kommenden Jahr möchte ich<br />
auch für Erwachsene eine Exkursionsreihe<br />
und Bestimmungsübungen<br />
anbieten. Wer Pflanzen kennen- und<br />
bestimmen lernen möchte, kann sich<br />
gern bei mir melden:<br />
E-Mail:<br />
kontaktnaturschutzkonzepte.de<br />
Telefon: 03327 5670214<br />
Autorin Dr. rer. nat. Beate Gall,<br />
Dipl.-Ing. Landschaftsnutzung und<br />
Naturschutz, geboren 1977 in<br />
Neubrandenburg. Lebt seit 2016<br />
mit ihrem Partner und ihren zwei<br />
Kindern in Werder. Zuvor war sie<br />
zwölf Jahre in Geltow zuhause.<br />
naus n de aur<br />
Junge Naturforscher werden<br />
im neuen Schuljahr um<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> unterwegs sein<br />
Wie „Kolumbus auf der Havel“<br />
einmal selbst auf Expedition gehen,<br />
um etwas Neues zu entdecken? Oder<br />
auf den Spuren Alexander von Humboldts<br />
oder Johann Georg Forsters zu<br />
wandeln, wer hat als Kind nicht schon<br />
einmal selbst davon geträumt?<br />
Große und kleine Tiere beobachten,<br />
Baumarten, Pflanzen und Gräser<br />
bestimmen, protokollieren, zeichnen<br />
und eigene Berichte über das Erlebte<br />
verfassen: So wie vor mehreren hundert<br />
Jahren die berühmten Entdecker<br />
und Wissenschaftler die Welt bereisten<br />
und Unbekanntes fanden, soll es<br />
nun auch für unsere jungen Naturfreunde<br />
im Kleinen bald möglich sein.<br />
Ob Wanderungen durchs Golmer<br />
Luch, zu den Entenfängerseen, durch<br />
den <strong>Wildpark</strong>, an und auf die Havel<br />
oder zu den Feuchtwiesen vor der<br />
<strong>Waldsiedlung</strong>. Für alle Schulkinder<br />
der Gemeinde Schwielowsee besteht<br />
mit Beginn des neuen Schuljahres<br />
dazu die Möglichkeit. Unter der Anleitung<br />
von Fachleuten sollen sich<br />
unsere Jüngsten dabei altersgerecht<br />
mit Themen der Artenvielfalt, des<br />
Natur- und Klimaschutzes sowie der<br />
ökologischen Waldbewirtschaftung<br />
beschäftigen können. Sie sollen ihr<br />
in der Schule erworbenes Wissen<br />
anwenden und vertiefen und dabei<br />
lernen, dass wir sorgsam mit der uns<br />
vertrauten Umwelt umgehen sollten.<br />
AG „Junge Naturfreunde“,<br />
jede Woche donnerstags<br />
von 14.30–17.00 Uhr.<br />
Treffpunkt:<br />
Bürgerclub <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />
Zum Birkengrund 7a<br />
14548 Schwielowsee/<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>,<br />
für alle Schulkinder der<br />
Klassenstufen 1–6, kostenfrei.<br />
Anmeldungen per E-Mail:<br />
naturfreunde-wildpark-westemail.de<br />
Telefon: 01577 6830971<br />
oder über die Schulen.<br />
Eine Kooperation von Bürgerinitiative<br />
„<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“,<br />
Naturschutzkonzepte<br />
Dr. Beate Gall, Meusebach-Grundschule<br />
Geltow und Naturschutzjugend<br />
Brandenburg<br />
108 GARTENFREUND WILDPARK WEST HERBST 2018
mpfer gehört zur Gattung der Knöterichgewächse. Der frische Saft, die Blätter und<br />
Salat oder wie Spinat zubereiten. Bereits im Mittelalter wurde die blutreinigende, harn-<br />
die getrockneten Wurzelstöcke sind wirksame Heilmittel. Die Blätter lassen sich als<br />
treibende und leicht abführende Wirkung eines aus Ampferblättern hergestellten Salates geschätzt. Der<br />
getrocknete Wurzelstock wirkt abführend, die Früchte sind ein bewährtes Mittel gegen Durchfall.<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 GARTENFREUND 109
SILVA HORTULANUS<br />
„Hier wächst doch nüscht,<br />
ist viel zu dunkel unter den großen Bäumen.<br />
Wenn hier was wachsen soll, müssen die Bäume weg.“<br />
Das waren so ziemlich die ersten<br />
Worte aus dem Munde meiner<br />
gartenerfahrenen Familie bei Besichtigung<br />
meines neu erworbenen<br />
Stückchens Land. Da ich aber grundsätzlich<br />
nicht das mache, was man<br />
mir sagt, blieben die Bäume stehen.<br />
Wollen wir doch mal sehen, ob hier<br />
wirklich nüscht wächst; und was ist<br />
schon „Nüscht“? Ist ja auch ein sehr<br />
dehnbarer Begriff, dieses Nüscht.<br />
Ein großes Nüscht zum Beispiel<br />
trägt jedes Jahr leckere Aprikosen.<br />
Wenn man allerdings diese sich<br />
wie endlose Krakenarme ausbreitende<br />
letterpflanze, mit Wurzeln<br />
so dick wie Übersehkabel betrachtet,<br />
könnte meine Familie nun wieder<br />
Recht haben. „Zieh mal kurz, die<br />
flanze ist mir unheimlich, bat ich<br />
den besten Handwerker von allen.<br />
Aus „einmal kurz ziehen“ wurde<br />
eine Wochenaufgabe, an deren<br />
Ende der Garten aussah wie eine<br />
Ausgrabungsstätte. Diese flanze,<br />
ich glaube es ist die Gemeine<br />
Waldrebe, hat nun Hausverbot.<br />
Wohingegen der Fingerhut schnell<br />
zu meinem Liebling wurde. Er war<br />
lange vor mir auf meinem Stückchen<br />
Land und darf bleiben. Ohne<br />
Murren und Knurren, nur mit ein<br />
bisschen Wasser, ab und zu<br />
ein nettes Wort, und er erfreut mich<br />
und allerlei Fluginsekten mit vielen<br />
rosa Blüten vom Frühjahr bis in<br />
den Sommer. Er sorgt selbständig<br />
für seine Verbreitung und da, wo<br />
das Samenkorn sich seinen Platz<br />
sucht, darf es dann auch bleiben.<br />
Es wird schon wissen, wo es für so<br />
einen Fingerhut am schönsten ist.<br />
Gleich nach dem Fingerhut hat es<br />
mir die Zwergmispel angetan. Auch<br />
diese flanze hat sich lange vor<br />
meiner Zeit an schönen Orten des<br />
Gartens sehr dekorativ in Szene gesetzt.<br />
Im Sommer hat sie kleine Blüten,<br />
in die sich auch noch die dickste<br />
Hummel quetscht, und im Herbst<br />
und Winter bilden sich entlang der<br />
majestätisch weit hängenden Zweige<br />
kleine rote Beeren. Sie wächst sogar<br />
gut unter Fichten, mag Schatten<br />
und verträgt sich gut mit anderen<br />
Gewächsen in ihrer Umgebung. Also<br />
in den Kopfnoten alles Einsen.<br />
Auch so ein Einser-Kandidat ist die<br />
Felsenbirne. Man kann sie als Strauch<br />
oder Bäumchen wachsen lassen, hat<br />
im Frühjahr viele kleine weiße Blüten<br />
und bekommt im Sommer die ersten<br />
roten Früchte, die sich später ins<br />
bläuliche Verfärben. Die Vögel lieben<br />
das und fallen recht bald darüber her.<br />
Ab und zu stutzen (wächst nämlich<br />
sehr schnell), hin und wieder ein<br />
Lob und schon ist da eine heimische<br />
flanze, die gerne im Garten bleiben<br />
darf: Zu guter Letzt noch ein Plädoer<br />
ür das affenhütchen. in<br />
schnell wachsender, anspruchsloser<br />
Strauch, der gut schnittverträglich<br />
ist und auch als kleines Bäumlein<br />
eine gute Figur macht. Bei mir fühlt<br />
er sich selbst unter einer großen<br />
ieer sehr wohl. Das affenhütchen<br />
trägt im Herbst bunte Früchte, die<br />
aussehen wie der Hut eines – na, Sie<br />
wissen schon …. Die kleinen Rotkehlchen<br />
sind ganz verliebt darin.<br />
Auch mitten im Wald kann ein<br />
schöner Garten entstehen, der seine<br />
kleinen Wunder erst auf den zweiten<br />
Blick zeigt und auch nur dem,<br />
der sie sehen will. Sicher wachsen<br />
dort nicht die flanzen aus den<br />
Hochglanz-Gartenmagazinen, aber<br />
auch affenhütchen, Felsenbirne,<br />
Fingerhut & Co. lassen das Gärtnerherz<br />
hochschlagen. Man muss<br />
nicht andauernd mit ihnen reden<br />
oder sie gar verwöhnen, sie sind<br />
fester Bestandteil des Gartens und<br />
machen da nicht viel Gewese drum.<br />
Irgendwie passen sie damit auch ein<br />
bisschen zu uns Brandenburgern.<br />
Die Zwergmispel – immergrüner<br />
Blattschmuck, üppige Blüte,<br />
knallrote Früchte.<br />
Fotos: Die Waldgärtnerin<br />
Die Felsenbirne – überschäumende<br />
Frühjahrsblüte und leuchtend<br />
gefärbtes Herbstlaub.<br />
Ihre Waldgärtnerin<br />
PS:<br />
Bei aller Begeisterung sei noch<br />
gesagt: Das gewöhnliche Pfaffenhütchen<br />
und der Fingerhut<br />
zählen zu den Gitpflanzen.<br />
110 WALDGÄRTNERIN WILDPARK WEST HERBST 2018
SCHAT HEUTE BLEIBT DIE KCHE KALT<br />
Spiel mit wilden Früchten<br />
VON JANA FELLENBERG<br />
Nur wenige Minuten, ein paar Höhenmeter<br />
und ein schmaler Pfad trennen Augenschmaus<br />
vom Gaumenschmaus – soviel sei schon<br />
mal verraten.<br />
Der Blick vom Reiherberg über die Weiten<br />
des Zernsees bis hinüber in die Havelauen<br />
ist die rechte Einstimmung für einen<br />
wunderschönen Abend im Restaurant<br />
oder auf der Terrasse des mitten in Golm<br />
gelegenen Landhotels. Besser könnte die<br />
Lage wirklich nicht sein:<br />
Direkt hinter dem Haus gehts schon ins<br />
Grüne und bis in den Park von Sanssouci<br />
und die umliegenden Gemeinden von Eiche,<br />
Geltow oder <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> sind es nur<br />
wenige Autominuten. Hier versteckt sich<br />
eine Perle Brandenburger Kochkunst.<br />
Und das „verstecken“ muss man wörtlich<br />
nehmen: Nichts deutet von der Straße darauf<br />
hin, dass sich hinter den Mauern des<br />
Landhotels Potsdam ein bemerkenswerter<br />
Wandel vollzogen hat.<br />
Was zuerst auffällt, sind<br />
helle freundliche Farben.<br />
Viel Licht und eine geschmackvolle,<br />
mit dem<br />
Sinn fürs Detail gestaltete Einrichtung.<br />
Landhausstil zum Wohlfühlen!<br />
Der alles erschlagende Charme der<br />
Neunziger ist einer wohltuenden Einfachheit<br />
gewichen, funktional und<br />
doch nicht von der Stange. Hier merkt<br />
man, dass eine Fachfrau mit dem Blick<br />
fürs Wesentliche sich verwirklichen<br />
konnte.<br />
Wohlfühl-Klima für Gäste<br />
Geschäftsführerin Claudia Thom-<br />
Neumann, studierte Betriebswirtin<br />
mit langjähriger Hotelerfahrung, hat<br />
es in knapp zwei Jahren geschafft,<br />
ein Wohlfühl-Klima für Gäste und<br />
Personal zu schaffen, welches in der<br />
Hotellerie durchaus nicht selbstverständlich<br />
ist. Man merkt es den Kellnern<br />
an diesem angenehmen Sommerabend<br />
an: Aufmerksam, schnell<br />
und freundlich werden die Gäste bedient.<br />
Mitten in der Woche sind fast<br />
Licht und Wohlfühlatmosphäre: Stilvolles Ambiente im Landhausstil.<br />
Foto: Kathleen Friedrich<br />
alle Tische besetzt, man lässt sich<br />
von der Landhausküche verwöhnen<br />
oder sitzt einfach nur zusammen und<br />
lässt den Tag bei einem Glas Wein<br />
ausklingen. In einem Landhotel sollte<br />
der Besucher keinen Sterne-Service<br />
verlangen. Den braucht es auch nicht.<br />
Natürliche Herzlichkeit ist Trumpf<br />
und lässt übersehen, dass auch<br />
schon mal ein Teller von links eingesetzt<br />
oder das Besteck nicht ganz<br />
der Norm nach nachgedeckt wird.<br />
Das Serviceteam um Elisa Heinecke<br />
macht das alles mit einem freundlichen<br />
Lächeln wieder wett und ist dafür<br />
fachlich auf der Höhe, wenn man<br />
Fragen zum Menü hat. Auch dem englisch<br />
sprechenden Gast kann geholfen<br />
werden, dass passende Gericht<br />
zu finden. Und der ist dankbar, ob des<br />
Bemühens und sichtlich zufrieden.<br />
Die Küche spielt da schon eine ganz<br />
andere Liga und hier gebe ich gerne<br />
zu, aufs Angenehmste überrascht<br />
worden zu sein. Küchenchef Matthias<br />
Hamisch, dem geneigten Potsdamer<br />
Restaurantbesucher durchaus kein<br />
Unbekannter, versteht es, seine Freude<br />
am Kochen und die Lust zur Ehrlichkeit<br />
an den Gast weiterzureichen.<br />
Seit über 35 Jahren schwingt er nun<br />
schon den Kochlöffel, doch sind seine<br />
überraschenden Kreationen, sei-<br />
112 EINGEBROCKT & AUSGELÖFFELT WILDPARK WEST HERBST 2018
Zuvor gereicht: Frisches Brot und Butter mit Kräutern.<br />
Foto: Kathleen Friedrich<br />
en es die selbstgemachten Köstlichkeiten<br />
vom Sauen-Hain-Schwein auf<br />
Löwenzahnblüten-Chutney oder vom<br />
Saarmunder Weiderind durchaus zu<br />
empfehlen.<br />
Dabei setzt er konsequent auf<br />
Regionalität und Einfachheit. Ein<br />
Muster, das im Zusammenspiel mit<br />
frischen Kräutern und Gemüsen in<br />
einer Cremesuppe seinen ersten<br />
Höhepunkt findet. Dass diese in einem<br />
kleinen Weckglas serviert wird,<br />
passt irgendwie zum Stil des Hauses,<br />
ohne dabei kitschig zu wirken. Der<br />
Fläminger Saibling auf einem Bett<br />
sattgrünen Blattspinats ist eine gelungene,<br />
wenn auch mutige Idee, die<br />
auch das Auge erfreut, wobei sich<br />
das frische Leinöl, zu sehr in den<br />
Vordergrund rückt. Schwer fällt die<br />
Entscheidung, eine Empfehlung für<br />
den Hauptgang aussprechen zu wollen,<br />
doch sollte hier, trotz der sommerlichen<br />
Temperaturen schon der<br />
Ausblick in den kommenden Herbst<br />
gestattet sein. Das Medaillon vom<br />
Hirsch und die hausgemachte Wildbratwurst<br />
mit dem angenehm eingedickten<br />
Bratensaft bilden geschmacklich<br />
einen spannenden Spagat mit der<br />
feinen Säure des Sanddornchutneys.<br />
Sanddorn ist ein Wagnis – hier ist es<br />
wirklich gut gegangen – nicht zuletzt<br />
durch das Kartoffelgratin, was als ein<br />
sanfter Ausgleich wirkt.<br />
Beim Dessert dagegen setzt der<br />
Küchenchef auf Bewährtes: Das<br />
Schokoladenküchlein an weißem<br />
Parfait mundet vorzüglich und bildet<br />
einen gelungenen Kontrast zu den<br />
vollreifen frischen Beeren, wobei das<br />
Spiel mit den wilden Früchten durchaus<br />
gefällt.<br />
Für denjenigen, der noch immer<br />
nicht genug hat, sei eine Auswahl von<br />
feinen Käsen aus der Käserei Töplitz<br />
an Bockshornklee und Feigensenf mit<br />
einem Glas Rotwein empfohlen, um<br />
damit den Tag ausklingen zu lassen!<br />
Empfehlung<br />
Mehr als man von einem Landhotel<br />
erwarten darf. Angenehmer<br />
freundlicher Service, mit überraschend<br />
guter Küche zu fairen Preisen.<br />
Auch mal nur so zum Abendessen.<br />
Frische Früchte<br />
im Weckglas.<br />
Foto: André Gehrmann<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 EINGEBROCKT & AUSGELÖFFELT 113
MEDICUS SILVAM<br />
Die Umgebung von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ist<br />
wie geschaffen für sportliche Aktivitäten<br />
Bewegt Euch,<br />
... aber richtig!<br />
Bei vielen chronischen Erkrankungen ist inzwischen wissenschaftlich<br />
eindrücklich belegt, dass Bewegung vergleichbare oder sogar bessere<br />
Erfolge hat als medikamentöse Therapien.<br />
Nur ist es aber bei der<br />
Bewegungsmedizin<br />
genauso wie bei der<br />
Anwendung von Medikamenten:<br />
Jeder Patient benötigt seine<br />
individuelle Dosierung. Deshalb<br />
kann ich nicht einfach die Empfehlung<br />
„sie sollten sich mehr bewegen<br />
...“ aussprechen. Oft bringt das nicht<br />
den gewünschten Erfolg, und im<br />
schlimmsten Fall kann sportliche<br />
Aktivität, die mit zu viel Ehrgeiz betrieben<br />
wird, Menschen mit bestimmten<br />
Risikofaktoren, sogar schaden.<br />
Aber gerade unsportliche Menschen,<br />
die sich bisher wenig bewegt<br />
haben, profitieren am meisten<br />
und werden vermutlich schon mit<br />
einem geringen Zeitaufwand und<br />
Energieverbrauch einen erheblichen<br />
Gesundheitseffekt erzielen.<br />
Jedoch gilt auch bei Sport nicht „viel<br />
hilft viel“ – denn übertreiben sie<br />
ihre sportlichen Aktivitäten, kann<br />
es sein, dass neben der Zunahme<br />
unerwünschter Nebenwirkungen<br />
auch der erhoffte Gesundheits- und<br />
rainingseffekt nicht erreicht wird.<br />
Jeder Patient<br />
benötigt seine<br />
individuelle<br />
Dosierung.<br />
2,5 Stunden pro Woche empfohlen<br />
Von der Weltgesundheitsorganisation<br />
(WHO) werden für einen<br />
gesundheitlichen Nutzen 2,5 Stunden<br />
mäßig anstrengender Intensität pro<br />
Woche empohlen. Das schafft derzeit<br />
nur jeder Fünfte in Deutschland. Nun<br />
sind es häufig ersonen mit erhöhtem<br />
Herz- und Kreislaufrisiko, die<br />
für sich etwas ändern möchten und<br />
nach längerer Pause wieder mit dem<br />
Sport beginnen. Steigern sie dann<br />
ihre Aktivität relativ rasch, gehen<br />
sie – bei falscher Dosierung/Trainingsintensität<br />
– unter Umständen<br />
gerade zu Beginn ein erhöhtes Risiko<br />
für Herz- und Kreislaufkomplikationen<br />
ein. Wenn Sie also nach dem<br />
Treff zum gemeinsamen Walken ist<br />
jeweils montags, dienstags und<br />
donnerstags an der Ecke Schulweg<br />
um 10 Uhr. itmachen gewünscht.<br />
Foto: Tatjana Gerber<br />
114 DER WALDDOKTOR WILDPARK WEST HERBST 2018
Auch bei Sport gilt nicht „viel hilft viel“.<br />
Übertreibungen können unerwünschte<br />
Nebenwirkungen mit sich bringen.<br />
langen und heißen Sommer oder<br />
mit guten Vorsätzen fürs neue Jahr<br />
wieder regelmäßig sportlich aktiver<br />
werden wollen, lassen sie sich vorher<br />
von ihrem Hausarzt oder Sportmediziner<br />
gründlich durchchecken.<br />
Auch kann ich nicht alle Sportarten<br />
empfehlen, denn Bewegung sollte<br />
den individuellen Möglichkeiten gerecht<br />
werden und ein gut dosierbares<br />
Ausdauertraining bzw. ein Kraft-Ausdauertraining<br />
unter Beteiligung möglichst<br />
vieler Muskelgruppen ermöglichen,<br />
damit sie optimal wirkt und<br />
die Gelenke nicht zu sehr belastet.<br />
Nordic Walking<br />
Besonders gut geeignet sind Sportarten<br />
wie Wandern, (Nordic) Walking,<br />
Jogging, Radfahren, Ergometertraining,<br />
Skilanglauf, Schwimmen,<br />
Rudern und Kraftausdauerübungen.<br />
Wobei ich persönlich Nordic Walking<br />
sehr gerne empfehle, weil man<br />
damit seine Belastung über den<br />
richtigen Einsatz der Stöcke sehr gut<br />
gezielt steigern und steuern kann.<br />
Bewegungsempfehlungen für<br />
Gartenbesitzer & Bewohner<br />
der <strong>Waldsiedlung</strong>:<br />
Walking oder Wandern vom Marktplatz<br />
z.B. zum Fliegerwäldchen (20<br />
min) oder ins Golmer Luch (60min),<br />
Radfahren z.B. einmal durch den<br />
<strong>Wildpark</strong> über Kuhfort zur Tierklinik<br />
dann zum Forsthaus weiter zum<br />
Nordtor (45–60min), Schwimmen in<br />
der Havel (10–15 min) oder gleichmäßige,<br />
intensive Gartenarbeit (wie<br />
Harken, Umgraben oder Kompost<br />
sieben) und davon möglichst zwei<br />
bis fünf Aktivitäten pro Woche – der<br />
<strong>Wildpark</strong> lädt zur Bewegung ein.<br />
Vor allem muss Bewegung einfach<br />
Freude machen, damit Körper<br />
und Geist sich fit und wohl<br />
fühlen. Genießen Sie es, im Wald<br />
und in der Natur aktiv zu sein.<br />
Herzlichst,<br />
Ihr Walddoktor
Mit einfachen Mitteln ein bereicherndes Leben zu erlangen ist ein Wunsch,<br />
den wohl jeder hat. Da gibt es was, Skandinavische Lebenskunst: Friluftsliv<br />
Ein reiches Leben<br />
VON BEATRIX REUTER<br />
Frilufts- was? wird sich der<br />
eine oder andere vielleicht<br />
fragen. Friluftsliv ist norwegisch<br />
und bedeutet „Freiluftleben“<br />
oder frei übersetzt „Leben<br />
unter freiem Himmel“. Es handelt<br />
sich beim Friluftsliv um ein Kulturphänomen,<br />
das seinen Ursprung in<br />
der Zeit der Romantik hat. Und bis<br />
heute hat diese gelebte Philosophie<br />
des Draußen-Seins einen festen Platz<br />
in der skandinavischen Kultur. Der<br />
besondere Reiz, der aus dieser Philosophie<br />
gewonnen werden kann,<br />
liegt darin begründet, dass dem Aufenthalt<br />
in der Natur die üblichen Zuschreibungen<br />
genommen werden: es<br />
geht nicht um Sport, es geht nicht um<br />
Action, es geht auch nicht primär um<br />
Erholung oder um das Sammeln von<br />
Pilzen, sondern es geht vorrangig um<br />
das Einfach-Draußen-Sein und um<br />
das Erleben eines „reichen Lebens<br />
mit einfachen Mitteln“ - wie der norwegische<br />
Philosoph Arne Næss die<br />
besondere Qualität des Friluftsliv<br />
umschrieb.<br />
Nordische Lebensphilosophie<br />
Haben Sie manchmal auch das<br />
Gefühl – gefangen im Strudel der<br />
Geschäftigkeit – den Wald vor lauter<br />
Bäumen nicht mehr zu sehen? Haben<br />
Sie Lust mehr über Friluftsliv zu erfahren<br />
und mit uns über die damit<br />
verbundene nordische Lebensphilosophie<br />
in Austausch zu kommen?<br />
Oder möchten Sie Friluftsliv<br />
selbst einmal – inmitten verschneiter<br />
norwegischer Winterlandschaft –<br />
kennenlernen?<br />
Exklusiver Vortrag im November<br />
Am Freitag, den 16. November<br />
2018, um 19 Uhr laden wir Sie herzlich<br />
zu einem interessanten Vortrag<br />
und Informationsabend im Bürgerclub<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> ein.<br />
Beatrix Reuter berichtet über den<br />
Inhalt dieses Lebens inmitten weitgehend<br />
unberührter Natur. Der Name<br />
ihrer eigenen kleinen Firma ist Programm:<br />
Friluftsliv & Livskunst, also:<br />
Leben draußen & Lebenskunst. Die<br />
Idee eines „reichen Lebens mit einfachen<br />
Mitteln“ liegt ihr dabei am Herzen,<br />
sowohl privat als auch bei der<br />
Vermittlung dieser Lebensart.<br />
Anmeldung zur Teilnahme bitte an:<br />
bea.reuter@gmx.de<br />
Autorin Beatrix Reuter, geboren<br />
1979, lebt und arbeitet seit Abschluss<br />
ihres Studiums der Bewegungs-<br />
und Erziehungswissenschaft<br />
sowie der Bildenden Kunst<br />
in Hamburg, im Jahr 2008 vorwiegend<br />
in Bortelid, einem kleinen<br />
Bergdorf in Südnorwegen.<br />
Nach einer ausgiebigen<br />
Wanderung lädt<br />
der lauschige sonnige<br />
Platz vor einer einfachen<br />
norwegischen<br />
Jagdhütte die Teilnehmer<br />
einer Sommerreise<br />
zum gemeinsamen<br />
Verweilen ein.<br />
Fotos: Friluftsliv - Leben draußen<br />
116 NATURFREUND WILDPARK WEST HERBST 2018
Bei strahlendem Sonnenschein eine eigene Spur im unberührten<br />
Schnee ziehen, den Blick in die Weite schweifen lassen und der<br />
absoluten Stille lauschen. Das erlebten hier Studenten aus<br />
Deutschland im verschneiten Gebirge von Bortelid.
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
ich freue mich, Ihnen heute in<br />
dieser neuen Zeitschrift auch einen<br />
Gruß Ihrer Kirchengemeinde senden<br />
zu können. In Potsdam-<strong>West</strong><br />
und der Brandenburger Vorstadt<br />
wird gerade die „Stadtteilzeitung“<br />
zum letzten Mal in Papierform<br />
herausgegeben. Nach zehn Jahren<br />
und vierzig <strong>Ausgabe</strong>n hat sich die<br />
Redaktion dort entschlossen, vollständig<br />
auf das Internet für<br />
die Veröffentlichung zu setzen. In<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> entsteht nun zeitgleich<br />
zu diesem Abschied ein neues<br />
Magazin für die Einwohnerinnen<br />
und Einwohner. Im Namen der<br />
Kirchengemeinde wünsche ich der<br />
Redaktion Gottes Segen, eine gute<br />
Ausdauer und viele kreative Einfälle.<br />
Während ich diese Zeilen schreibe<br />
freue ich mich schon darauf, das<br />
Heft in den Händen zu halten.<br />
Nachgedacht<br />
VON TOBIAS ZIEMANN<br />
machen Leute!“ Unter diesem Motto hat<br />
die Fotografin Herlinde Koelbl Männer und<br />
Frauen jeweils doppelt abgelichtet – einmal<br />
„Kleider<br />
in ihrer Freizeitkleidung und einmal in Berufskleidung.<br />
Da sieht man im Ausstellungskatalog auf der linken<br />
Seite eine junge Frau im Trägertop. Schüchtern lächelt<br />
sie in die Kamera, die Hände zaghaft vor dem Schoß verschränkt.<br />
Daneben sieht man denselben Menschen – und<br />
doch einen anderen. Stolz und aufrecht steht diese Frau<br />
da, mit souveränem Blick in die Kamera. Schwarze Mütze<br />
auf dem Kopf, schwarzer Arbeitsanzug, der sie größer<br />
macht. Eine Schornsteinfegerin mit Leib und Seele – das<br />
sieht man jetzt sofort.<br />
Kleider machen Leute. Mit ihnen können wir in eine<br />
andere Rolle schlüpfen, sie gewähren Schutz, verschaffen<br />
Respekt, sind Markenzeichen. Ob Pilot oder Zimmermann,<br />
Pfarrer oder Soldat. Das Prinzip ist dasselbe. Und wie sehr<br />
kann man sich in einem Menschen täuschen, wenn man<br />
nur die eine Seite sieht!<br />
Ein alter Mann erzählte mir einmal, wie viele der Flüchtlinge<br />
nach dem zweiten Weltkrieg nur noch ein Foto ihres<br />
alten Lebens bei sich trugen. Sie hatten alles verloren und<br />
besaßen nichts als die schäbige Kleidung, die sie am Leib<br />
trugen. Stolz zeigten viele damals diese Bilder aus der<br />
Vergangenheit herum. Sie sagten: „Ich war auch mal wer!<br />
Ich hatte in der Neumark einen Hof, Knechte und Mägde.“<br />
„Ich hatte einen Laden, Kolonialwaren, und darüber<br />
eine große Wohnung in Königsberg.“ Und wie zum Beweis<br />
zeigten sie dann das Foto: „Ich war auch mal wer.“ Die Einheimischen<br />
waren meistens wenig begeistert davon, dass<br />
in ihren Zimmern nun fremde Familien einuartiert wurden.<br />
Und als Fremder in so ein Haus zu kommen, in einem<br />
fremden Dorf, das jetzt die neue Heimat sein sollte, muss<br />
furchtbar gewesen sein. Da waren die Fotos vom alten Leben<br />
ein Trost. Und zugleich eine Hilfe, um den eigenen<br />
Stolz nicht zu verlieren: „Ich war auch mal wer – und bin<br />
es immer noch.“<br />
Wahres Selbstbewusstsein kommt natürlich weder aus<br />
Kleidung noch aus alten Fotos. Aber in Zeiten, in denen alles<br />
wegbricht, helfen solche Dinge. Und es hilft, wenn andere<br />
Menschen sich für mich interessieren: Woher komme<br />
ich, was ist mein Beruf, wer ist meine Familie? Viele Seiten<br />
eines Lebens. Es lohnt sich, darin zu blättern.<br />
Ihr Pfarrer<br />
Tobias Ziemann<br />
Tobias Ziemann,<br />
1983 in Berlin-Mitte<br />
geboren, Studium<br />
der Evangelischen<br />
Religionspädagogik<br />
in Berlin, Vikar in<br />
Potsdam-Drewitz,<br />
erste Pfarrstelle ab<br />
2010 im Löwenberger<br />
Land, seit November<br />
2017 Pfarrer im<br />
Sprengel Potsdam-<br />
Erlöser, verheiratet,<br />
zwei Söhne.<br />
118 NACHGEDACHT WILDPARK WEST HERBST 2018
Otate et aut anis quibus netur,<br />
simolor eprore etur, voluptam lab<br />
is dolor moluptatisi si qui ditae
Funkelndes Mosaik<br />
ZWISCHEN DEN BUCHDECKELN<br />
Pünktlich zum 1025. Geburtstag<br />
Geltows erschien in diesem<br />
Jahr die vom hiesigen Heimatverein<br />
herausgegebene Broschüre<br />
„Glanzlichter Geltows“.<br />
Von vielen ortskundigen und<br />
engagierten Mitstreitern des<br />
Heimatvereins sorgfältig gesammelte<br />
Mosaiksteine aus der<br />
langen Geschichte des Ortes.<br />
Selbst Alt-Geltower werden in der<br />
Vielfalt der Beschreibungen Geschichten<br />
finden, die ihnen neu sind.<br />
Oder wussten sie von der „Königlichen<br />
Landesbaumschule“, vom<br />
Funkstandort Geltow oder gar<br />
von der „Assessorenfabrik“?<br />
Bekannter sind da sicher die Kirche,<br />
die Handweberei oder die Baumgartenbrück.<br />
Auch über Gallin, das<br />
heutige <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, wird berichtet.<br />
Sogar berühmte Personen aus<br />
der Geltower Geschichte finden sich<br />
in der knapp 50seitigen Broschüre<br />
wieder, die über den Heimatverein<br />
bezogen werden kann und die sicher<br />
nicht nur für neue oder inzwischen<br />
in der Ferne lebende Geltower<br />
eine schöne Geschenkidee ist.<br />
Die „Glanzlichter<br />
Geltows“, 50 Seiten,<br />
zum Preis von 8 Euro,<br />
können in der<br />
Ausstellung erworben<br />
werden.<br />
Die liebevoll gestaltete Ausstellung „Geltow gestern & heute“ hat noch<br />
bis zum 7. Oktober 2018 jeweils sonntags von 14 bis 17 Uhr sowie am<br />
28. Oktober 2018 im Rahmen der Veranstaltung „Feuer und Flamme<br />
für unsere useen“ geöffnet . Der Einritt ist frei.<br />
Die Zeitschrift „<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“ verlost ein Exemplar „Glanzlichter Geltows“ für die richtige<br />
Beantwortung folgender Frage: Welchen Namen gab der Volksmund dem zwischen Geltow und <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
gelegenen alten Fährhaus, welches Anfang des letzten Jahrhunderts in seiner heutigen Form gebaut wurde?<br />
Schreiben sie an redaktion@wildpark-west.de. Einsendeschluss ist der 31. Dezember 2018<br />
Skulduggery Pleasant -<br />
der Gentleman mit der Feuerhand<br />
Das ist der erste Roman der gleichnamigen<br />
Reihe von Derek Landy. Es<br />
geht um die 13-jährige Stephanie<br />
Edgley, die bei der Trauerfeier ihres<br />
Onkels die Bekanntschaft eines<br />
seltsamen Herrn macht. Sie wird<br />
neugierig und erfährt, dass er ein<br />
Zauberer und erstaunlicherweise<br />
auch ein Skelett ist. Die beiden<br />
freunden sich an, und nach kurzem<br />
Zögern bringt er ihr das Zaubern<br />
bei. Doch dann stoßen sie auf ein<br />
Verbrechen, das unter seltsamen<br />
Umständen mit ihrem eigenen<br />
Leben in Verbindung steht …<br />
Mich hatte das Buch von Anfang an<br />
in seinen Bann gezogen. Die Story<br />
ist mit der richtigen Mischung aus<br />
Spannung, Phantasie und schwarzem<br />
Humor ausgestattet. Man erfährt<br />
im Laufe der Geschichte auch<br />
viel aus dem Leben der einzelnen<br />
Charaktere, und man wundert sich<br />
über die ungeahnten Zusammenhänge,<br />
die sich dann ergeben.<br />
Ich empfehle dieses Buch allen<br />
Fantasie- und Krimibegeisterten<br />
Jugendlichen ab 14 Jahren, da<br />
auch durchaus Szenen beschrieben<br />
werden, bei denen sich einem<br />
die Haare aufstellen können.<br />
Autorin Hermine, besucht in Velbert<br />
die 8. Klasse des Gymnasiums.<br />
Die 13jährige verbringt gerne<br />
einen Teil der Ferien bei ihren<br />
Großeltern in <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
Skulduggery Pleasant - der Gentleman mit der<br />
Feuerhand, von Derek Landy, 344 Seiten<br />
Empfohlenes Alter: ab 12 Jahre<br />
Verlag Loewe, ISBN 978-3-7855-5922-2<br />
Hardcover mit Schutzumschlag, Prägung,<br />
Spotlack und Leseband, 16,90 €<br />
120 BÜCHER WILDPARK WEST HERBST 2018
Schnitzeljagd durch unseren Ort<br />
VON ELIO<br />
RÄTSELSPASS<br />
➊An der „Dogstation“<br />
nahe der Anglerklause<br />
findet ihr ein schwarzes Tier<br />
und braucht von diesem den<br />
3. Buchstaben<br />
➋<br />
Hobby, bei dem man<br />
viel Zeit und Geduld<br />
braucht, das in unserem Ort<br />
aber sehr beliebt ist. Ihr benötigt<br />
den 1. Buchstaben<br />
➌<br />
Im April hat die Bürgerinitiative<br />
eine Birke am<br />
Markt gepflanzt. Daneben<br />
steht auf einem Pfahl ein<br />
Wort. Nimm den 7. Buchstaben<br />
des Wortes<br />
➍<br />
Welche Straße führt<br />
zum einzigen öffentlichen<br />
Bootssteg unseres Ortes?<br />
Nehmt von den 13 Buchstaben<br />
des Wortes den 9.<br />
➎<br />
An welchem Fluss liegt<br />
unser Ort?<br />
2. Buchstabe<br />
➏<br />
Ein wichtiges Schild für<br />
Wasserwanderer findet<br />
sich am Bootssteg. Es ist gelb,<br />
aber was soll es darstellen?<br />
3. Buchstabe<br />
➐<br />
<strong>West</strong>lich der Badestelle,<br />
den Hügel hinauf<br />
befindet sich ein Schild mit<br />
vielen Wörtern. Die Anzahl<br />
der Wörter ist die Stellung<br />
des Buchstabens im Alphabet.<br />
1A 2B 3C usw. bis 26Z<br />
➑ Die Bürgerinitiative<br />
hat ein rotes<br />
Logo. Wie heißt das Tier?<br />
1. Buchstabe<br />
➒<br />
Freu dich. Noch einmal<br />
auf den Bootssteg.<br />
Welche Farbe hat das Schild<br />
am Ende des Bootssteges?<br />
2. Buchstabe der Farbe<br />
DAS LÖSUNGSWORT<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />
Man kann darauf kommen, wenn man den Umfang eines Baumes durch 5 teilt und mit 2 multipliziert.<br />
(Beispiel 60 cm: 5 x 2 = 24 Jahre)<br />
Das Lösungswort senden Sie bitte bis zum 31. Dezember 2018 an die Redaktion „<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“,<br />
Schweizer Straße 9, 14548 Schwielowsee/<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>.<br />
Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir einen Büchergutschein in Höhe von 25 Euro.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Die Auflösung des Rätsels werden Sie in der nächsten <strong>Ausgabe</strong> der eimatzeitschrit im ärz 201 finden.<br />
122 RÄTSELSPASS MIT ELIO WILDPARK WEST HERBST 2018
RÄTSELSPASS<br />
Das große <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> Kreuzworträtsel<br />
A<br />
B<br />
C<br />
D<br />
E<br />
F<br />
G<br />
H<br />
I<br />
J<br />
K<br />
L<br />
M<br />
N<br />
O<br />
P<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16<br />
8<br />
14 4<br />
13 12<br />
2<br />
15 16<br />
1<br />
3<br />
10 7<br />
A 1 Bestimmungswort einer historischen Allee<br />
A 3 Winterschlaf haltende, stachlige Kugel<br />
A 6 ier o. ensch männl. Geschlechts, Anrede<br />
A 9 Anregendes, leicht bitteres Getränk<br />
A 12 Bauträger der neuen Wohnsiedlung am arkt<br />
A 12 Vermeintlich sicherer Ort<br />
A 14 Kobold der Lüfte<br />
B 1 Ausflugsziel Nähe der Goldenen Aussicht<br />
B 4 Fliederfarben<br />
B 7 Fluch und Segen der <strong>Waldsiedlung</strong><br />
B 11 Seidig glänzend, au irschen schar<br />
C 3 Vor oder nach dem Huhn<br />
C 11 ssgerät, meist aus etall Abk.)<br />
C 14 Falscher Emil, Vorname eines dtsch.<br />
Schriftstellers<br />
C 15 erdestärken engl. Abk.)<br />
C 16 Zog bis ärz 2001 über den ieernwipeln<br />
ihre Bahn<br />
D 1 rautige flanze mit gelben Blüten<br />
6<br />
9<br />
11<br />
D 6 Außerirdischer, inofilm der Achtziger<br />
D 6 Lohnsteuerliches Ordnungsmerkmal für<br />
elektronische Steuererklärung<br />
D 9 Nansens berühmtes Forschungsschiff<br />
D14 inheit ür die Bildauflösung<br />
E 6 12 mm Spurweite der Modelleisenbahn<br />
E 11 iebt gelbe üllsäcke, auch dtsch. Schritsteller<br />
F 1 Oft fehlende Seite des Magazins<br />
F 2 Art der Nestorpapageien<br />
F 5 <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> prägend, Schädelknochen<br />
F 5 Liter (frz.)<br />
F 10 Alte Schreibweise für sich nicht glatt<br />
anfühlend<br />
F 14 Gegenansage bei einem Kartenspiel,<br />
ägpt. Sonnengott<br />
F 15 Einer der historischen Wege in<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
G 1 Sächsische Bekrätigung des vorher Gesagten<br />
G 4 Kleine Segeljolle<br />
5<br />
G 4 Chemische Bezeichnung für Eisen<br />
G 14 Beteiligung an einer Handlung<br />
H 1 Metallstift, auch Berliner Maler und<br />
räsident der Akademie der ünste<br />
H 3 Scherzhafte Bezeichnung eines<br />
Ureinwohners der <strong>Waldsiedlung</strong><br />
H 14 Seltenes radioaktives Element der Thoriumreihe<br />
I 6 In der Siedlung nur noch mit wenigen<br />
Exemplaren vertreten<br />
I 8 Mündliche Darlegung von Gedanken<br />
vor Publikum<br />
I 9 Spalte (Abk.), Gebirgspass (frz.)<br />
I 11 ndefinitivpronom, besser als nichts<br />
I 14 Vogel mit rundem Kopf u. Federn an den Ohren<br />
I 16 Undurchführbar erscheinender Plan<br />
J 7 Griechische Sicht auf die Erde<br />
J 14 Drehort beim Film<br />
K 1 Namenszusatz von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
K 2 Aus der Arbeiterbewegung entstandener<br />
Wohlfahrtsverband<br />
K 4 Tonbezeichnung<br />
K 12 Nur ür rwachsene ilt manchmal an<br />
kalten Tagen<br />
K 15 Fremdsprachliche Verneinung<br />
L 2 Ot wiederkehrende Nachrage bei<br />
Schwerhörigkeit<br />
L 14 Stolz aller Seefahrer – wenn bezwungen<br />
M 1 Früher im Ort zentrale Stelle der<br />
Kommunikation<br />
M 1 Junges eines scheuen Mitbewohners am<br />
Rande der Siedlung<br />
M 5 Nicht sichtbarer eil der alten Fährstelle<br />
von der Straße<br />
M 6 Gehört dazu, um etwas ändern zu wollen<br />
M 9 Geschützte naturnahe Fläche, 2 des<br />
Bundesgebietes<br />
M 11 Himmelsrichtung auf 1:30 Uhr<br />
M 11 Negatives Geühl und eine der odsünden<br />
M15 Schmilzt bei 189,5 °C<br />
N 5 Amtliche Bezeichnung der ichenallee<br />
N 8 Zeitgemäß, au dem auenden<br />
N 14 Einer der Baumpaten der BI-Birke am Markt<br />
O 3 Frühere ortstpische Dachdeckung<br />
der äuser Am er<br />
O 8 Zweckverband<br />
O 13 Giftiges Halbmetall aus der<br />
. auptgruppe des eriodensstems<br />
P 1 Geschlossen<br />
P 11 DEFA-Schauspieler aus <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>:<br />
Coming Out (1989), Anatomie (2000)<br />
DAS LÖSUNGSWORT<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16<br />
Das Lösungswort senden Sie<br />
bitte bis zum 31. Dezember 2018 an<br />
die Redaktion „<strong>Waldsiedlung</strong><br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“, Schweizer<br />
Straße 9, 14548 Schwielowsee oder<br />
an: redaktion@wildpark-west.de<br />
Unter allen richtigen Einsendungen<br />
verlosen wir das Buch<br />
„Zur Geschichte des<br />
Schwielowsees und<br />
der drei Orte Caputh,<br />
Ferch und Geltow“<br />
von Marianna von Klinski-Wetzel.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Die Auflösung des Rätsels werden<br />
Sie in der nächsten <strong>Ausgabe</strong> der<br />
Heimatzeitschrift im<br />
ärz 201 finden.<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 KREUZWORTRÄTSEL 123
SCHACHECKE<br />
Man glaubt ja gar nicht, wie viele Leute in unserer Siedlung sich in ihrer freien Zeit dem königlichen Spiel<br />
hingeben. Ob die fast 90-jährige Rentnerin, die von ihren Kindern erst zu Weihnachten ein neues Schachspiel<br />
geschenkt bekommen hat oder das Geschwisterpaar, dass vergeblich versucht, mit ein paar besonders schlau<br />
erscheinenden Winkelzügen, die Oma zu besiegen: Auch im beginnenden Zeitalter der Computertechnik<br />
verbindet das Schachspiel und überbrückt Gräben zwischen Generationen und sozialen Schichten.<br />
Der Schatz im<br />
Großen Entenfängersee<br />
Es war einmal ... als es solch heiße und trockene<br />
Sommer wie in diesem Jahr noch nicht gab, die<br />
Mücken uns piesackten und ab und an abends ein<br />
kleines Gewitter niederging, die Frösche uakten<br />
und silbern der Mond herab blinzelte.<br />
Im Konsum saß noch Frau Augenadel an der Kasse<br />
und man konnte als pubertierender Jugendlicher ungestört<br />
von Verkehrslärm und Obrigkeit auf einem selbst<br />
gezimmerten Floß sich die Feriensonne auf Nase und<br />
Bauch scheinen lassen. Es war ungefähr in der fünften<br />
Nachmittagsstunde, als die summenden kleinen Biester<br />
über meine Schläfrigkeit siegten und anfingen lästig zu<br />
werden. Ich überlegte, meine Angel wieder einzuholen,<br />
als ich einen heftigen Ruck an der Rute verspürte. Mein<br />
kleines Floß hatte den Schilfgürtel erreicht und setzte<br />
sanft auf dem schlammigen Untergrund auf, so dass ich<br />
mich meinem unerwarteten Anglerglück widmen konnte.<br />
Immer wieder die Perlonschnur nachgebend, zog ich<br />
meinen müde gewordenen Fang an Land, in der sicheren<br />
Annahme einen besonders großen Fisch an der Angel zu<br />
haben. Statt dessen schäumte das Wasser nur schwarz<br />
auf und gab einen Schatz frei. Ein alter Essenskübel hatte<br />
sich vom Grund des Sees gelöst und trieb nun neben den<br />
Holzplanken. Meine Neugier war geweckt! Doch wie enttäuscht<br />
war ich, als ich den Deckel öffnete und nur ein<br />
Stoß alter Potsdamer Zeitschriften im Kübel zu finden war.<br />
Doch eine vergilbte Seite fesselte mich, denn sie enthielt<br />
zwei Schachaufgaben:<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
A B C D E F G H<br />
1<br />
A B C D E F G H<br />
1<br />
Weiß am Zug gewinnt (11+11) att in vier Zügen )<br />
Ihre Lösungen senden Sie bitte bis zum 31. Dezember 2018 an die Redaktion „<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“,<br />
Schweizer Straße 9, 14548 Schwielowsee/<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> oder via E-Mail an redaktion@wildpark-west.de.<br />
Unter allen richtigen Einsendungen verlosen wir die DVD aus der Serie „Wissen ist matt, Weltmeister Emanuel Lasker“.<br />
Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Die Auflösung dieser Schachecke werden Sie in<br />
der nächsten <strong>Ausgabe</strong> der eimatzeitschrit im ärz 201 finden.<br />
124 SCHACHECKE WILDPARK WEST HERBST 2018
SUDOKU<br />
1 4 2 5 3<br />
5 8 1 9<br />
6 8 3 9 5<br />
6 7 4 8<br />
8 4 5 1 2<br />
2 1 4 5<br />
3 6 2 7 4<br />
5 8 3 9 2<br />
9 4 5<br />
3 5 7 2<br />
7 4<br />
6 1 7 3<br />
5 4 7 3<br />
8 1 9 2<br />
9<br />
3 2 1<br />
8 7 9 3<br />
5 8 9<br />
mittel schwer<br />
IMPRESSUM<br />
Herausgeber: Bürgerinitiative „<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“, Schweizer Str. 9, 14548 Schwielowsee<br />
Verlag: BEREK Werbung mehr, Ralph Berek, Hckelstraße 13, 14471 Potsdam<br />
Redaktionsleitung: Carsten Sicora (V.i.S.d.P.), Art-Direktion: Ralph Berek<br />
Redaktionsanschrift: Schweizer Str. 9, 14548 Schwielowsee, redaktionwildpark-west.de<br />
Mitarbeiter: Alle Mitarbeiter sind ehrenamtlich tätig:<br />
Katrin und Lars Augustin, Ralph Berek, Elio, Annette und Matthias Fannrich, Jana Fellenberg, Dr. Beate Gall, Tatjana Gerber,<br />
Freda Görrissen, Erika und Dr. Jürgen Harder, Heimatverein Geltow, Hermine, Friedhelm Schmitz-Jersch, Gunter Jung,<br />
James L. Kent, Daniel und Renate Klingberg, Marianna v. Klinski-Wetzel, Dr. Petra Kunath, Norbert Kunz, Brit Merten, Beatrix Reuter,<br />
Lars Röper, Gärtnermeister Roserich, Sylke und Jan Schneider, Carla Schmidt, Christiane Schröder, Jörg Schultz-Liebisch,<br />
Carsten Sicora, Madlen und Christian Strümpfler, Olaf Thiede, Ullrich Tietze, Evelyn Uhlemann, der Walddoktor,<br />
die Waldgärtnerin, Familie Wenk, Prof. Dr. Peter Wetzel, Kerstin Witte, Mario Zeidler, Pfarrer Ziemann u.v.a.m.<br />
Die Meinung der Autoren gibt nicht zwangsläufig die Ansicht der Redaktion wieder.<br />
Anzeigenleitung: Ralph Berek, anzeigenwildpark-west.de<br />
Vertrieb: Für alle Haushalte von <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, sowie an ausgewählten Orten der Gemeinde Schwielowsee und Potsdam.<br />
Der Einzelpreis der Erstausgabe beträgt 4,80 . Der Erlös der Heimatzeitschrift kommt zu<br />
100% der Nachpflanzaktion „Rettet die <strong>Waldsiedlung</strong>“ 2018–2033 zu gute.<br />
Nachdruck nur mit Genehmigung des Verlags. Einsender von Manuskripten, Briefen o. ä. erklären sich mit der<br />
redaktionellen Bearbeitung einverstanden. Keine Haftung für unverlangte Einsendungen. Alle Angaben ohne Gewähr.<br />
Eine Publikation der Bürgerinitiative „<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />
Besonderer Dank gilt den Unternehmen, Personen und Vereinigungen, die mit dem Schalten einer Anzeige den Druck der<br />
eitschrift ermöglicht haben und damit die Nachpanzaktion „Rettet die <strong>Waldsiedlung</strong>“ 20182033 unterstützen:<br />
Autohaus Berger, Autohaus Biering, Autoservice Schröder, Baumgutachten-Baumkontrolle-Brandenburg, BlauArt-Tagungshaus,<br />
Bootswerft Görrissen, ENKWO Die Küchenbauer, Exklusive Fotokunst Jan Eisenfeld, Foto-Utech, Gartencenter Geltow,<br />
Genna d‘Oro Goldschmiedecaf, Havelländische Baumschulen, Hotel Bayrisches Haus, Krentz-Immobilien,<br />
Landhotel Potsdam-Golm, Massagetherapie S. Graja, Marketing Club Potsdam, Möbelhaus C.H.R.I.S.T.,<br />
Möbelmanufaktur Potsdam, NABU Brandenburg, Naturschutzkonzepte Dr. Beate Gall, Olaf Thiede,<br />
Restaurant Zur Anglerklause <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>, Radio 95,3 BHeins, Restaurant Anna Amalia,<br />
Rosengut Langerwisch, Schweiger Design, Stadtführungen Erika Harder,<br />
Theresia Apotheke, Tierrettung Potsdam, Velind Aerosol GmbH.<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 125
AUSGABE II » VORSCHAU « MÄRZ 2019<br />
FROHE<br />
WEIHNACHTEN<br />
UND EIN GUTES 2019<br />
THEMEN IM NÄCHSTEN HEFT<br />
REPORTAGE<br />
Von der Kunst des Webens<br />
Altes Handwerk erleben<br />
NATURFREUND<br />
Amsel , Drossel, Fink und Star<br />
Unsere Singvögel brauchen Hilfe<br />
ARCHITEKTUR<br />
Weitblick inklusive<br />
Ein Haus geht hoch hinaus<br />
GEMEINDE SCHWIELOWSEE<br />
Direkt am Bruchwald<br />
Kindergarten vor der <strong>Waldsiedlung</strong><br />
AUF DURCHREISE<br />
Die Poesie sichtbarer Abwesenheit<br />
Künstlerin Annemarie Strümpfler<br />
PORTRÄT<br />
Schönheit ist empfundener Rhythmus<br />
Dichter Christian Morgenstern<br />
WIESE GALLIN<br />
Historische Alleen: Teil 2<br />
Die Eichenallee (Fuchsweg)<br />
PORTRÄT<br />
Zwischen Drehtagen und Proben<br />
Schauspieler aus Berufung<br />
Änderungen natürlich vorbehalten.<br />
Anregungen willkommen!<br />
126 VORSCHAU WILDPARK WEST HERBST 2018
BRIEFE AN DIE BÜRGERINITIATIVE<br />
FORUM<br />
Renate Klingberg aus<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> schreibt:<br />
Eigentlich bin ich ja der große<br />
Baumsünder, weil ich durch den<br />
großen Sturmschaden mit den<br />
umgestürzten alten Kiefern dazu<br />
veranlasst wurde, die anderen Kiefern<br />
zu fällen. Hier meine Bilanz:<br />
2 Kiefern Sturmschaden 2015, […]; 8<br />
Kiefern in Folge gefällt mit Genehmigung<br />
der Auflage zur Neupflanzung<br />
4 Kiefern Sturmschaden 2017, […] 1<br />
Kiefer, 1 Birke. In Folge des Sturmes<br />
bestand keine Standfestigkeit mehr.<br />
16 Bäume wurden insgesamt gefällt.<br />
Wenn ich auch der große Sünder bin,<br />
habe ich keine Gewissensbisse. Trotzdem<br />
stehe ich voll hinter der Initiative<br />
„Rettet die <strong>Waldsiedlung</strong>“. Warum?<br />
Die alten Kiefernbestände stammen<br />
aus einer rein forstwirtschaftlichen<br />
Anpflanzung noch von den reußen.<br />
rst später wurde der ieernwald<br />
Siedlungsland. Die Tücken daraus<br />
haben wir schon seit vielen Jahren,<br />
aber besonders jetzt zu tragen und<br />
müssen vernünftig damit umgehen.<br />
Dies bedeutet vor allem Nachhaltigkeit.<br />
Also rechtzeitige Nachpflanzung<br />
vor allem von Waldbäumen, die nicht<br />
so sturmgefährdet sind und neuerdings<br />
müssen sie auch Waldbränden<br />
und Trockenheit widerstehen. […] Wir<br />
haben inzwischen viele herangewachsene<br />
neue große Waldbäume (Fichte,<br />
Tanne, Lärche, Eiben, Douglasien, Birken<br />
sowie viele Sträucher, Büsche für<br />
Tiere und Vögel, z.B. Zaunkönige). Alle<br />
wurden von uns im Laufe der Jahre gepflanzt.<br />
s ist doch auch eine Freude,<br />
junge Bäume heranwachsen zu sehen.<br />
ein spöttischer Spruch ist schon<br />
immer gewesen: „Jeder will im Wald<br />
wohnen, aber keiner will Bäume<br />
auf seinem Grundstück.“ Denn im<br />
Wald wohnen bringt neben den<br />
gesundheitlichen, erholsamen und<br />
erbaulichen Aspekten eben auch<br />
Belastendes wie Laub harken, Kie-<br />
ernzapen und icheln sammeln.<br />
Die anderen Früchte wie Nüsse,<br />
Beeren und Kirschen holen sich die<br />
Vögel und Eichhörnchen. Können wir<br />
aber in der „etztzeit Nachhaltigkeit<br />
überhaupt noch garantieren<br />
Die enge Bebauung lässt den Bäumen<br />
keinen Raum mehr, siehe ehemalige<br />
Schäferei. Die Bäume auf<br />
den Baugrundstücken stören die<br />
hochtechnologische Bautechnik<br />
wie Bagger, räne und ransportfahrzeuge<br />
– aber auch Funktelefon,<br />
Satellitenempang sowie die Wärmegewinnung<br />
aus der Erde oder die<br />
Stromgewinnung durch Sonnenenergie.<br />
Die Bäume stören die Leitungen<br />
in der Erde: Wasser, Abwasser, Gas,<br />
Telefon und Strom – auf der Straße<br />
und zu den Wohngebäuden. Überall<br />
auf den Grundstücken stehen Autos:<br />
weil die Versorgung nicht im Ort ist<br />
Schule, Arzt, Arbeit, Geschäte, ost<br />
usw.). Meine große Frage ist deshalb:<br />
Können wir die <strong>Waldsiedlung</strong>, so wie<br />
sie etzt noch ist, überhaupt retten<br />
Familie R. aus<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> schreibt:<br />
Wir sind natürlich große Fans der Bürgerinitiative<br />
und haben nun Zeit und<br />
Luft, um diese zu unterstützen. Melden<br />
Sie sich, wenn Hilfe benötigt wird! […]<br />
Familie K. aus<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> schreibt:<br />
ch hoffe hre nitiative ist von hrer<br />
Sorge geprägt, die Sie a ausührlich<br />
vorgetragen haben und wozu Sie gut<br />
Gehör organisiert haben. Ich bin da<br />
etwas skeptisch, wem dieser Weckruf<br />
letztendlich dient und wer dabei<br />
au der Strecke bleibt. ine opplung<br />
an den SD-Wahlkamp macht<br />
die Sorge um den Baumbestand in<br />
<strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong> nicht plausibler. Die<br />
<strong>Waldsiedlung</strong> zu retten ist ein großer<br />
Anspruch, was tun wir aber wenn sie<br />
tatsächlich in Gefahr ist? Da machen<br />
sich Fledermäuse so gut wie dein<br />
Freund der Baum, Kinder die sich<br />
an vor zwanzig Jahren umgefallene<br />
Birken erinnern können, unfähige Verwaltungsbeamte<br />
die Gesetze brechen<br />
und schlampig die Anträge von Baumfrevlern<br />
durchgehen lassen. Wenn da<br />
nicht die neuen Helden gerufen hätten:<br />
„Rettet die <strong>Waldsiedlung</strong>!“ […] Für<br />
uns ergeben sich da andere Fragen.<br />
[…] Mit Stürmen müssen wir immer<br />
rechnen, deshalb muss man sie bei der<br />
WILDPARK WEST HERBST 2018 FORUM 127
BRIEFE AN DIE BÜRGERINITIATIVE<br />
FORUM<br />
Bebauung und Grundstücksnutzung<br />
verantwortungsvoll berücksichtigen.<br />
Zweifellos bereichern uns Bäume und<br />
Wald und ist unzweifelhaft Erholungsraum.<br />
Siedlung und Wald sind nicht<br />
leicht vereinbar, da Bäume Lebewesen<br />
sind die wachsen, altern und auch<br />
erkranken und sterben können. In<br />
diesem nteressenkonflikt wird durch<br />
die Verordnung der Gemeinde klar<br />
Stellung zugunsten der Bäume bezogen<br />
[…] Was bleibt außer Medienrummel<br />
und uns verärgerten Einwohnern,<br />
vermehrter Frust. Die dichte Bebauung<br />
des Schafstallgeländes, der Abriss des<br />
denkmalgeschützten Stallgebäudes,<br />
die Auslichtung der Ufervegetation,<br />
die uns Windschutz bot […] Wir erwarten<br />
in Ihrem nächsten Rundbrief<br />
eine Entschuldigung und eine Klarstellung<br />
der rechtlichen osition.<br />
Bärbel Wendt aus Potsdam schreibt:<br />
Liebe BI-Freunde, ich bin begeistert<br />
über Ihre hervorragend zusammengestellte<br />
„Denkschrift“, wie Sie<br />
Ihren ökologischen Zustandsbericht<br />
„Rettet die <strong>Waldsiedlung</strong>“ nennen.<br />
Vor allem ist mir und anderen sehr<br />
wichtig, dass das BI-Anliegen in<br />
farbiger Aufmachung unter die Leute<br />
kommt. ch hoffe sehr, dass die<br />
Initiative weiter aktiv bleibt, nur<br />
nicht einschüchtern lassen! […]<br />
insender von anuskripten, Brieen o.ä. erklären sich mit der redaktionellen Bearbeitung<br />
einverstanden. Keine Haftung für unverlangte Einsendungen. Alle Angaben ohne Gewähr.<br />
Die Redaktion behält sich aus latzgründen vor, Briee zu kürzen.<br />
Vollständig nachzulesen sind sie unter der Website der Bürgerinitiative<br />
www.bi-baumerhalt-wpw.de unter der Rubrik „einungen.<br />
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Redaktion „<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“<br />
E-Mail: anzeigen@wildparkwest.de<br />
Stichwort „Kleinanzeigen“<br />
128 FORUM WILDPARK WEST HERBST 2018
EPILOG<br />
Auf ein Wort<br />
Viele Einwohner und Freunde unserer<br />
<strong>Waldsiedlung</strong> haben an diesem<br />
Heft mitgearbeitet. Sie alle eint ein<br />
Ziel: Den Charakter der <strong>Waldsiedlung</strong><br />
und damit die einmalige Lebensqualität<br />
für uns und unsere Gäste zu erhalten.<br />
Wir haben in den letzten Wochen viel<br />
Zuspruch bekommen. Die Anzahl derer, die<br />
uns als Spinner belächeln, beschränkt sich<br />
mittlerweile auf einzelne unseriöse Baumfällunternehmen<br />
und Menschen, denen es<br />
gleichgültig ist, was nach uns kommt. Diejenigen,<br />
die uns aktiv unterstützen, zählen<br />
aber weit mehr.<br />
Es hat ein Umdenkprozess unter den Einwohnern,<br />
im Ortsbeirat von Geltow und vielleicht<br />
auch im Fercher Rathaus begonnen.<br />
Gespräche über den Gartenzaun, Zeitungsartikel,<br />
Fernsehbeiträge und die Denkschrift<br />
mögen dazu beigetragen haben. Manch<br />
Grundstücksbesitzer, der gedankenlos und<br />
schlecht beraten, einen Fällantrag in Erwägung<br />
zog, hat sich inzwischen den Rat eines<br />
versierten Gutachters geholt. Nun weiß er<br />
genau, woran er ist. Vielleicht musste der<br />
Baum dennoch gefällt werden, weil er nicht<br />
mehr standsicher war. Doch dutzende große<br />
Bäume konnten stehen bleiben, weil<br />
z.B. die neue Garage ein paar Meter seitwärts<br />
geplant wurde. Natürlich wird der Schaden,<br />
der in den vergangenen Jahren durch das zügellose<br />
Fällen entstanden ist, nur schwer zu<br />
kompensieren sein, da zudem versäumt wurde,<br />
in ausreichender Zahl nachzupflanzen.<br />
Die Schneisen, die die Gier der Kettensägen<br />
in unsere Siedlung gefressen hat, werden<br />
den Stürmen, die auch zukünftig nicht ausbleiben,<br />
genug weiteres Futter an ihren Rändern<br />
bieten. Über 560 Bäume hat die <strong>Waldsiedlung</strong><br />
allein in den letzten zwei Jahren<br />
verloren. Mehr als 250 junge Bäumchen sind<br />
seit April, dem Beginn der Nachpflanzaktion<br />
„Rettet die <strong>Waldsiedlung</strong>“ 2018–2033, durch<br />
die Bürger nachgepflanzt worden. Der Anfang<br />
ist gemacht! Wenn es uns nun noch gelingt,<br />
dass Recht und Gesetz transparent für<br />
jedermann wieder eingehalten werden, planen<br />
wir, die Bürgerinitiative in eine Stiftung<br />
„<strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>“ übergehen<br />
zu lassen. Eine Stiftung, die den kulturellen<br />
Zusammenhalt unserer Einwohner – ob jung,<br />
ob alt – fördert und sich um den Erhalt und<br />
die Wiederaufforstung der <strong>Waldsiedlung</strong> bemüht.<br />
Vielleicht gelingt es ja wirklich, zum<br />
hundertjährigen Jubiläum der <strong>Waldsiedlung</strong><br />
2033 die Lücken im Baumbestand – auch mit<br />
ihrer Hilfe – wieder zu schließen. „Willkommen<br />
in der <strong>Waldsiedlung</strong> <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong>!“,<br />
soll es dann am Ortseingang heißen.<br />
Sie wollen mit dabei sein? Sprechen Sie<br />
uns an! Jede Hand, jede gute Idee und jeder<br />
Cent wird für diese gute Sache gebraucht!<br />
ULLRICH TIETZE & CARSTEN SICORA<br />
e en de ürernae und da de aflanzan<br />
ee de adsedun – unersüzen<br />
WALDSIEDLUNG WILDARKWEST<br />
IBAN DE70 1007 7777 0494 4054 00<br />
Verwendungszweck: Gemeinsam für <strong>Wildpark</strong>-<strong>West</strong><br />
130 DIE LETZTE SEITE WILDPARK WEST HERBST 2018