Berliner Kurier 26.11.2018

BerlinerVerlagGmbH
von BerlinerVerlagGmbH Mehr von diesem Publisher
27.11.2018 Aufrufe

6 I LEBEN MIT HANDICAP MONTAG, 26. NOVEMBER 2018 I VERLAGSBEILAGE Zora Schemm in ihrer Wohngemeinschaft. Die junge Frau ist Schauspielerin am RambaZamba-Theater. Ein Lebensziel: die eigenen vier Wände Eine Wohnung mieten, eine WG gründen –die Lebenshilfe bietet einen sicheren Rahmen für den selbstbestimmten Alltag Mit guten Freunden eine WG gründen, tagsüber seinem Beruf nachgehen, den Alltag daheim in Gemeinschaft erleben oder für sich sein –eine ganz normale Sache für junge Leute. Für Zora Schemm und ihre fünf Mitbewohner aber ist dieses Leben etwas ganz Besonderes. Die sechs jungen Leute haben alle ein Handicap und sind von Beruf Künstler, zum Beispiel spielen sie am Theater RambaZamba. Und sie zeigen der Nachbarschaft und der ganzen Stadt, was möglich ist. Kürzlich ist die WG aus ihrer bisherigen Wohnung in den Möckernkiez umgezogen und fühlt sich dort richtig wohl. Unterstützung bekommt Zoras Wohngemeinschaft von den Angehörigen und von der Lebenshilfe Berlin. Die hat auch die Genossenschaftsanteile gekauft. Die „Möckernkiez Genossenschaft für selbstverwaltetes, soziales und ökologisches Wohnen eG“ hat das Quartier am Gleisdreieckpark mit nach ökologischen Standards gebaut. Es ist durchgehend barriere- und autofrei. Der Möckernkiez steht überdies für selbstbestimmtes, generationenübergreifendes, ganzheitliches Wohnen. Wohngemeinschaften waren hier von Anfang an auch baulich vorgesehen. Betreutes Einzelwohnen: Hier handelt es sich um einen ganz normalen Mietvertrag zwischen Vermieter und dem Mieter mit Handicap. Unterstützung kommt von der Lebenshilfe, wo sie gebraucht wird: Hilfe beim Einkaufen, in rechtlichen Angelegenheiten oder imBehördenkontakt, bei der Gestaltung sozialer Kontakte und der Freizeit. Wohngemeinschaften: Hier ist die Lebenshilfe Hauptmieter der Wohnung, sie schließt mit „Unsere WG ist hier willkommen, der Kontakt zu den Nachbarn war von Anfang an gut und erfreulich“, berichtet Götz Wegner, bei der Lebenshilfe Regionalleiter im Geschäftsbereich Wohnen. Zoras Truppe ist die prominenteste von rund 50 solcher Wohngemeinschaften, die die Lebenshilfe in Berlin betreut. Doch auch in den anderen findet täglich statt, was lange für Menschen mit Handicap gar nicht vorgesehen war: Ein selbstbestimmtes Leben nach eigenen Zielen und Wünschen. „Personenzentrierung“ ist das Stichwort: Menschen mit Handicap wurden bisher meist fremdbestimmt betreut. „Ich weiß doch selbst, was ich will“, war zuBeginn der 1990er Jahre ihr trotziger Slogan. Erst 2009 formulierte die UN- Behindertenrechtskonvention das „Recht, ihre individuellen politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Interessen zu verfolgen. Daraus resultiert das Recht auf Teilhabe an und Inklusion in die Mehrheitsgesellschaft und die dazu notwendige, individuelle Unterstützung“. Das Bundesteilhabegesetz greift diese Leitlinien verbindlich auf. Für die Lebenshilfe sind diese Ziele längst Verpflichtung. „Selbstständig zu wohnen ist für die meisten ein wichtiger Aspekt und der Start in ein neues Leben. Zu erleben, dass man das DIE WOHNFORMEN DER LEBENSHILFE den Bewohnern Untermietverträge ab. Täglich kommt jemand von der Lebenshilfe in die Wohnung. Wie genau die tägliche Unterstützung gestaltet ist, wann und in welchem Umfang sie stattfindet, hängt vom Bedarf der Bewohner ab. In der Regel leben sechs Personen in einer Wohngemeinschaft. Mietverträge: Da die Lebenshilfe nur Gewerbemietverträge abschließen kann, die vom Gesetzgeber weit weniger reguliert und schafft, gibt einem auch Antrieb für weitere Ziele“, so Wegner. Die Lebenshilfe organisiert die Wohngemeinschaften, indem sie die Wohnungen anmietet oder über Genossenschaftsanteile ein Wohnrecht erwirbt. Unterstützung kommt aber auch im Alltag in Form engagierter Mitarbeiter: Je nach Zusammensetzung ist nachmittags und abends eine Betreuung vor Ort, in manchen Fällen kommt auch früh jemand, um die Bewohner zu unterstützen. Diese Betreuung ist unabhängig von der ambulanten Pflege, die zusätzlich individuell organisiert wird. Für Zora Schemm und ihre Mitbewohner ist ein Mitarbeiter der geschützt sind als Wohnraummietverträge, sind die Wohngemeinschaften zumindest theoretisch immer von kurzfristiger Kündigung bedroht. Die Lebenshilfe bemüht sich daher um Genossenschaftsanteile, weil in dieser Rechtsform ein lebenslanges Wohnrecht garantiert ist. Wohnstätten: Vollstationäre Einrichtungen, nur hier gibt eseine 24-Stunden-Betreuung. Oft ist hier die Lebenshilfe auch Eigentümer der Immobilie. JULIA NITZSCHKE Lebenshilfe da, wenn sie nach ihrem Arbeitstag im Theater RambaZamba nachmittags oder nach den Vorstellungen spätabends heimkommt. Die Mitarbeiter helfen ihr auch, wenn sie für Gastspiele in eine andere Stadt oder gar ins Ausland reist. „Wir haben 750 Mitarbeiter im Bereich Wohnen und Soziale Teilhabe für rund 1000 Klienten, von denen etwa 280 in stationären Wohnstätten, fast 450 in eigenen Wohnungen mit Unterstützung und ungefähr 360 in betreuten Wohngemeinschaften leben“, zählt Wegner auf. Die Mitarbeiter sind fest angestellt und haben in der Regel eine Qualifikation als Heilerziehungspfleger, Erzieher, Sozialarbeiter oder Pädagoge. Weil das Thema Wohnen so wichtig ist, bieten zwei Mitarbeiterinnen der Lebenshilfe Wohn- Vorbereitungs-Gruppen an. Hier bereiten sich junge Menschen mit Behinderung auf ihren Auszug – von Zuhause oder aus einer stationären Einrichtung –vor. Wohnraum zu finden ist oft nicht leicht, gerade weil viele Betroffene von der Grundsicherung leben, wie Wegner berichtet. Manche Vermieter und Nachbarschaften haben auch Vorbehalte. „Aber die lösen sich rasch auf, wenn man einander kennenlernt.“ (fwo)

MONTAG, 26. NOVEMBER 2018 I VERLAGSBEILAGE LEBEN MIT HANDICAP I7 Die Bundes-Kanzlerin ist die Chefin der Bundes-Regierung. Zur Bundes-Regierung gehören: die Bundes-Kanzlerin und die Bundes-Ministerinnen und Bundes-Minister. Ein anderes Wort für Bundes-Regierung ist Bundes-Kabinett.“ So stellt sich die Bundeskanzlerin im Internet in Leichter Sprache vor. Wer schon einmal auf einer Webseite gelandet ist, die in diesem Sprachstil verfasst ist, wundert sich vielleicht im ersten Moment: Kurze, einfache Sätze, Bindestriche und einfache Wörter prägen ihn. Auto statt Kraftfahrzeug Ein Satz hat nur acht Wörter Zahlreiche Menschen können Texte nur in „Leichter Sprache“ verstehen GETTY IMAGES/MONKEYBUSINESSIMAGES Das Erfassen von Texten ist nicht für jeden selbstverständlich. Leichte Sprache macht Texte besser lesbar. „Leichte Sprache“ soll es Menschen mit geringem Leseverständnis erleichtern, Texte zu verstehen. Die Hauptzielgruppe sind Menschen mit geistiger Behinderung oder geistiger Einschränkung. „Auch wer nie richtig lesen und schrteiben gelernt hat gehört zur Zielgruppe“, sagt Lyam Bittar, der in Berlin als Übersetzer für die Leichte Sprache tätig ist. Darüber hinaus richten sich so gestaltete Texte an alle Menschen, deren Wortschatz gering ist, sowie an Menschen, die dabei sind, Deutsch zu lernen. Sie können Inhalte eher erfassen, wenn die Sätze kurz und die Wörter einfach sind: Statt Kraftfahrzeug benutzt die Leichte Sprache das Wort Auto. „Sätze haben etwa acht Wörter, es gibt keine Nebensätze, im Idealfall wird jeder Satz bebildert“, sagt Bittar. Bei zusammengesetzten Hauptwörtern machen Bindestriche die Bestandteile erkennbar. Neben diesen formalen Regeln gibt es auch gestalterische Vorgaben. „Man benutzt, eine Schriftgröße von 14 Punkt und anderthalb Zeilen Abstand. Jeder Satz fängt mit einer neuen Zeile an“, sagt Bittar. Der 37-Jährige hat erst vor kurzem die Ausbildung in Leichter Sprache bei der Lebenshilfe abgeschlossen. Über ein halbes Jahr lang übte er in einer Gruppe die Übertragung von Inhalten in die verständliche Form. „Das Besondere bei Leichter Sprache ist, dass die Texte von Betroffenen geprüft werden“, sagt Bittar. Erst wenn die sagen, dass sie den Text verstanden haben, darf er als „Leichte Sprache“ veröffentlicht werden. Hierin besteht der wichtigste Unterschied zur „einfachen Sprache“, einem Sprachstil, der etwas komplexer ist, sich aber ebenfalls an Menschen mit eingeschränktem Leseverständnis richtet. Die Lektorin Melanie Willmann bietet die Übertragung von Texten in einfache Sprache an. Sie hat zum Beispiel Texte aus Schulbüchern in einfache Sprache übertragen. „Das ist sinnvoll, wenn Inklusionsschüler mit in der Klasse lernen“, sagt sie. Der Komplexitätsgrad sei höher als bei Leichter Sprache, Satzgefüge seien möglich, doch auch hier wird der Sprachschatz eingeschränkt. „Synonyme sollten nicht verwendet werden, denn sie könnten den Leser verwirren.“ In Deutschland gibt es nach Schätzungen 7,5 Millionen „funktionale Analphabeten“. Das sind in der Mehrzahl Menschen, die nur mit Mühe lesen und schreiben können. Ihnen fällt es zum Beispiel schwer, einen Zeitungsartikel oder eine Gebrauchsanweisung zu lesen und den Inhalt zu erfassen. So etwas schließt sie von der Teilhabe an vielen Lebnesbereichen aus. Spezielle Angebote versuchen, die Defizite aufzufangen. Melanie Willmann weist auf das Nachrichtenportal in einfacher Sprache www.nachrichtenleicht.de hin. Romeo und Julia umgeschrieben Der Verlag Spaß am Lesen gibt Belletristik in einfacher Sprache heraus. „Darunter sind neu geschriebene Werke, aber auch Klassiker wie Romeo und Julia werden nacherzählt“,sagt Willmann. Die Herausforderung bei der Übertragung in einfache Sprache sei, dass nicht nur die Sprache sondern auch die Struktur beachtet werden muss. „Manchmal bietet es sich, an eine neue Struktur zu wählen“, sagt Willmann. Abstrakte Wörter werden durch konkrete ersetzt, Metaphern werden aufgelöst. „Der Übersetzer muss aber dafür sorgen, dass der Inhalt nicht verfälscht wird“, sagt sie. Für Willmann ist die Übertragung in einfache Sprache „fast eine Art Übersetzung“. Diese geschehe nicht in eine Fremdsprache, sondern ineine andere Sprachebene. „Der Prozess ist spannend.“ (Mechthild Henneke) EIN REGELWERK ZUM DOWNLOAD Für die Leichte Sprache gibt es ein Regelwerk, das zum Beispiel auf der Webseite vom Netzwerk Leichte Sprache heruntergeladen werden kann. www.leichte-sprache.org Die aufgeführten Regeln beziehen sich auf Wortwahl, Satzbau und Darstellung. Für einfache Sprache gibt es bisher kein Regelwerk. Zum Vergleich ein Text im Original, in einfacher Sprache und in Leichter Sprache: Originaltext: Seit Beginn der Menschheit versuchen Menschen sich auf der Erde zu orientieren. Die Art sich zu orientieren kann sich von Kulturkreis zuKulturkreis unterscheiden. Einfache Sprache: Die Menschen haben immer versucht, sich auf der Erde zu orientieren/zurechtzufinden. Orientieren bedeutet: den Weg zueinem Ort suchen und finden. In verschiedenen Gegenden der Erde orientieren sich die Menschen auch unterschiedlich. Leichte Sprache: Die Menschen wollen auf der Erde zu Hause sein. Aber was ist zu Hause? Und wie soll sich zu Hause anfühlen? Darauf haben die Menschen auf der Welt unterschiedliche Antworten. Literatur: Der Duden hat ein Regelwerk Leichte Sprache herausgegeben. Dazu gehört auch ein Arbeitsbuch mit Tipps. Titel: „Theoretische Grundlagen. Orientierung für die Praxis“, Preis: 39,99 Euro. Inklusive Sportangebote für Menschen mit und ohne Beeinträchtigung selbst.bestimmt.leben. Mitglied bei •Fußball •Tischtennis •Lauftreff •Tanzen •Barrierefreies Boccia SC VfJBerlin e.V., Grenzallee 53 Tel. 682 81-492, sportclub@vfj-berlin.de

6 I LEBEN MIT HANDICAP<br />

MONTAG, 26. NOVEMBER 2018 I VERLAGSBEILAGE<br />

Zora Schemm in ihrer Wohngemeinschaft. Die junge Frau ist Schauspielerin am RambaZamba-Theater.<br />

Ein Lebensziel: die eigenen vier Wände<br />

Eine Wohnung mieten, eine WG gründen –die Lebenshilfe bietet einen sicheren Rahmen für den selbstbestimmten Alltag<br />

Mit guten Freunden eine WG<br />

gründen, tagsüber seinem<br />

Beruf nachgehen, den Alltag<br />

daheim in Gemeinschaft erleben<br />

oder für sich sein –eine ganz<br />

normale Sache für junge Leute.<br />

Für Zora Schemm und ihre fünf<br />

Mitbewohner aber ist dieses Leben<br />

etwas ganz Besonderes.<br />

Die sechs jungen Leute haben<br />

alle ein Handicap und sind von<br />

Beruf Künstler, zum Beispiel spielen<br />

sie am Theater RambaZamba.<br />

Und sie zeigen der Nachbarschaft<br />

und der ganzen Stadt, was möglich<br />

ist. Kürzlich ist die WG aus<br />

ihrer bisherigen Wohnung in den<br />

Möckernkiez umgezogen und fühlt<br />

sich dort richtig wohl.<br />

Unterstützung bekommt Zoras<br />

Wohngemeinschaft von den Angehörigen<br />

und von der Lebenshilfe<br />

Berlin. Die hat auch die Genossenschaftsanteile<br />

gekauft. Die<br />

„Möckernkiez Genossenschaft für<br />

selbstverwaltetes, soziales und<br />

ökologisches Wohnen eG“ hat<br />

das Quartier am Gleisdreieckpark<br />

mit nach ökologischen Standards<br />

gebaut. Es ist durchgehend barriere-<br />

und autofrei.<br />

Der Möckernkiez steht überdies<br />

für selbstbestimmtes,<br />

generationenübergreifendes,<br />

ganzheitliches Wohnen. Wohngemeinschaften<br />

waren hier von Anfang<br />

an auch baulich vorgesehen.<br />

Betreutes Einzelwohnen: Hier<br />

handelt es sich um einen ganz<br />

normalen Mietvertrag zwischen<br />

Vermieter und dem Mieter mit<br />

Handicap. Unterstützung kommt<br />

von der Lebenshilfe, wo sie gebraucht<br />

wird: Hilfe beim Einkaufen,<br />

in rechtlichen Angelegenheiten<br />

oder imBehördenkontakt,<br />

bei der Gestaltung sozialer Kontakte<br />

und der Freizeit.<br />

Wohngemeinschaften: Hier ist<br />

die Lebenshilfe Hauptmieter<br />

der Wohnung, sie schließt mit<br />

„Unsere WG ist hier willkommen,<br />

der Kontakt zu den Nachbarn war<br />

von Anfang an gut und erfreulich“,<br />

berichtet Götz Wegner, bei der<br />

Lebenshilfe Regionalleiter im Geschäftsbereich<br />

Wohnen.<br />

Zoras Truppe ist die prominenteste<br />

von rund 50 solcher Wohngemeinschaften,<br />

die die Lebenshilfe<br />

in Berlin betreut. Doch auch<br />

in den anderen findet täglich statt,<br />

was lange für Menschen mit Handicap<br />

gar nicht vorgesehen war:<br />

Ein selbstbestimmtes Leben nach<br />

eigenen Zielen und Wünschen.<br />

„Personenzentrierung“ ist das<br />

Stichwort: Menschen mit Handicap<br />

wurden bisher meist fremdbestimmt<br />

betreut. „Ich weiß doch<br />

selbst, was ich will“, war zuBeginn<br />

der 1990er Jahre ihr trotziger<br />

Slogan.<br />

Erst 2009 formulierte die UN-<br />

Behindertenrechtskonvention das<br />

„Recht, ihre individuellen politischen,<br />

wirtschaftlichen, sozialen<br />

und kulturellen Interessen zu<br />

verfolgen. Daraus resultiert das<br />

Recht auf Teilhabe an und Inklusion<br />

in die Mehrheitsgesellschaft<br />

und die dazu notwendige, individuelle<br />

Unterstützung“. Das Bundesteilhabegesetz<br />

greift diese Leitlinien<br />

verbindlich auf.<br />

Für die Lebenshilfe sind diese<br />

Ziele längst Verpflichtung.<br />

„Selbstständig zu wohnen ist für<br />

die meisten ein wichtiger Aspekt<br />

und der Start in ein neues Leben.<br />

Zu erleben, dass man das<br />

DIE WOHNFORMEN DER LEBENSHILFE<br />

den Bewohnern Untermietverträge<br />

ab. Täglich kommt jemand<br />

von der Lebenshilfe in die Wohnung.<br />

Wie genau die tägliche<br />

Unterstützung gestaltet ist,<br />

wann und in welchem Umfang<br />

sie stattfindet, hängt vom Bedarf<br />

der Bewohner ab. In der<br />

Regel leben sechs Personen in<br />

einer Wohngemeinschaft.<br />

Mietverträge: Da die Lebenshilfe<br />

nur Gewerbemietverträge abschließen<br />

kann, die vom Gesetzgeber<br />

weit weniger reguliert und<br />

schafft, gibt einem auch Antrieb<br />

für weitere Ziele“, so Wegner.<br />

Die Lebenshilfe organisiert die<br />

Wohngemeinschaften, indem sie<br />

die Wohnungen anmietet oder<br />

über Genossenschaftsanteile ein<br />

Wohnrecht erwirbt.<br />

Unterstützung kommt aber<br />

auch im Alltag in Form engagierter<br />

Mitarbeiter: Je nach Zusammensetzung<br />

ist nachmittags und<br />

abends eine Betreuung vor Ort,<br />

in manchen Fällen kommt auch<br />

früh jemand, um die Bewohner zu<br />

unterstützen. Diese Betreuung ist<br />

unabhängig von der ambulanten<br />

Pflege, die zusätzlich individuell<br />

organisiert wird.<br />

Für Zora Schemm und ihre Mitbewohner<br />

ist ein Mitarbeiter der<br />

geschützt sind als Wohnraummietverträge,<br />

sind die Wohngemeinschaften<br />

zumindest theoretisch<br />

immer von kurzfristiger<br />

Kündigung bedroht. Die Lebenshilfe<br />

bemüht sich daher um Genossenschaftsanteile,<br />

weil in<br />

dieser Rechtsform ein lebenslanges<br />

Wohnrecht garantiert ist.<br />

Wohnstätten: Vollstationäre Einrichtungen,<br />

nur hier gibt eseine<br />

24-Stunden-Betreuung. Oft ist<br />

hier die Lebenshilfe auch Eigentümer<br />

der Immobilie.<br />

JULIA NITZSCHKE<br />

Lebenshilfe da, wenn sie nach<br />

ihrem Arbeitstag im Theater RambaZamba<br />

nachmittags oder nach<br />

den Vorstellungen spätabends<br />

heimkommt. Die Mitarbeiter helfen<br />

ihr auch, wenn sie für Gastspiele<br />

in eine andere Stadt oder<br />

gar ins Ausland reist.<br />

„Wir haben 750 Mitarbeiter im<br />

Bereich Wohnen und Soziale Teilhabe<br />

für rund 1000 Klienten, von<br />

denen etwa 280 in stationären<br />

Wohnstätten, fast 450 in eigenen<br />

Wohnungen mit Unterstützung und<br />

ungefähr 360 in betreuten Wohngemeinschaften<br />

leben“, zählt Wegner<br />

auf. Die Mitarbeiter sind fest<br />

angestellt und haben in der Regel<br />

eine Qualifikation als Heilerziehungspfleger,<br />

Erzieher, Sozialarbeiter<br />

oder Pädagoge.<br />

Weil das Thema Wohnen so<br />

wichtig ist, bieten zwei Mitarbeiterinnen<br />

der Lebenshilfe Wohn-<br />

Vorbereitungs-Gruppen an. Hier<br />

bereiten sich junge Menschen mit<br />

Behinderung auf ihren Auszug –<br />

von Zuhause oder aus einer stationären<br />

Einrichtung –vor. Wohnraum<br />

zu finden ist oft nicht leicht,<br />

gerade weil viele Betroffene von<br />

der Grundsicherung leben, wie<br />

Wegner berichtet. Manche Vermieter<br />

und Nachbarschaften haben<br />

auch Vorbehalte. „Aber die lösen<br />

sich rasch auf, wenn man einander<br />

kennenlernt.“ (fwo)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!