Das Männer-Magazin - Meine Zeit im Metropol-Theater von 1970 bs 1997
Antiquitäten der DDR-Geschichte in Ostberlin: Sie lesen hier politische Episoden aus Männerfreundschaften aus meiner Zeit im Metropolt-Theater Berlin, 1970 - 1997, in den Zeiten der Berliner Mauer. Meine Bühnenskandale mit Gisela May 1971. Die Stasi hört uns ständig auf der Bühne ab. Die politische Denkweise der SED zu den DDR-Freundschaften. 10 Jahre Theater-Tuntenfasching. Über meine ständigen Besuche in der USA-Botschaft in Ostberlin. Die DDR-Stasi-Abwehr will mich kontrollieren. US-Army als Fluchthelfer in der Friedrichstraße. Männer morden Männer. Große Männerparty im Rosengarten Ost-Berlin 1966. Familie Hilde Benjamin & Co. Volkspolizei in Tuntenrosa..
Antiquitäten der DDR-Geschichte in Ostberlin: Sie lesen hier politische Episoden aus Männerfreundschaften aus meiner Zeit im Metropolt-Theater Berlin, 1970 - 1997, in den Zeiten der Berliner Mauer. Meine Bühnenskandale mit Gisela May 1971. Die Stasi hört uns ständig auf der Bühne ab. Die politische Denkweise der SED zu den DDR-Freundschaften. 10 Jahre Theater-Tuntenfasching. Über meine ständigen Besuche in der USA-Botschaft in Ostberlin. Die DDR-Stasi-Abwehr will mich kontrollieren. US-Army als Fluchthelfer in der Friedrichstraße. Männer morden Männer. Große Männerparty im Rosengarten Ost-Berlin 1966. Familie Hilde Benjamin & Co. Volkspolizei in Tuntenrosa..
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-2011 -
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Dieser Bericht beruht auf Tatsachen.<br />
Die Personen in diesen Episoden<br />
sind authentisch!<br />
Achtung!<br />
Sie lesen hier gehe<strong>im</strong>e
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an Rudolf Holtz, Berlin
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Le Carrousel<br />
L Extraordinair<br />
Berlin<br />
Zu meiner <strong>Zeit</strong><br />
Ein interner Einblick in ein<br />
sozialistisches Leben
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<strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong><br />
<strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong><br />
Berlin<br />
<strong>1970</strong> - <strong>1997</strong><br />
<strong>Das</strong> größte Operetten und<br />
Musical <strong>Theater</strong> in Europa<br />
1898 – 1998<br />
IT`S A<br />
WONDERFUHL<br />
LIFE
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Chronique scandaleus<br />
Heute schreiben wir November 2011 und man denkt doch, wie die <strong>Zeit</strong> vergeht<br />
und vor allem sagt man sich, damals <strong>im</strong> SED-Sozialismus in der DDR war alles, ja<br />
auch alles ganz anders. Wir waren jung, dynamisch, voller Ideen, mit Kraft und<br />
Freude, wir wollten unserer Leben nach unser Fasson in Freuden genießen, hier<br />
und heute, und sofort, in einem geordneten sinnvolles Leben, jetzt. Wir waren<br />
sehr kräftig hormongesteuert, und wollten unser Leben sel<strong>bs</strong>tbest<strong>im</strong>men und keine<br />
Fremdbest<strong>im</strong>mung ausgeliefert sein. Na klar, es war früher alles anders,<br />
spannender, erfolgreicher und oft auch sozialer. Ja, auch genießen wollten wir<br />
junge <strong>Männer</strong>, hier und heute, und wir haben es auch, in vollen Zügen unsere<br />
Jugendzeit voll genossen. Wir wollten nicht nur arbeiten, sondern auch viel, viel<br />
Spaß an der Arbeit und in unser Leben haben. Jeder nahm sel<strong>bs</strong>t bewusster sein<br />
Lebensziel in eigener Hand und hat nicht erst auf den Sozialismus gewartet, der<br />
uns DDR-Bürger Glück und Segen bringen sollte, schon seit 1950. Wir waren in<br />
Berlin, hier spielte die Hauptstadt Musik der DDR. Also, Volldampf voraus rein in<br />
das Vergnügen. Mensch sein <strong>im</strong> Sozialismus, oder so. Keiner verlässt jetzt den<br />
Saal.<br />
Ein Fischkopp unter den Preußen<br />
Ich war schon elf Jahre in Berlin (Ostberlin, demokratischer Sektor <strong>von</strong> Groß<br />
Berlin, Hauptstadt der DDR), ein echter Norddeutscher, einer <strong>von</strong> der Ostseeküste,<br />
hier unter den Preußen ( 1981 ). Und unter den Preußen waren noch viele, viele<br />
Norddeutsche <strong>von</strong> der Ostseeküste hier in Berlin. <strong>Meine</strong> Hauptaufgabe war hier in<br />
Berlin, den Preußen endlich etwas Kultur beizubringen, oder so was ähnliches in<br />
dieser Richtung. Darum habe ich mich auch mit dem Rest <strong>von</strong> Urberliner sehr gut<br />
verstanden. Elf Jahre war ich schon am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> <strong>im</strong> Admiralspalast in<br />
Berlin, in die Friedrichstraße, direkt gegenüber dem Grenzübergang Bahnhof<br />
Friedrichstraße (Tränenpalast), <strong>im</strong> Zentrum des Ost-West-Geschehen, als erster<br />
Requisiteur tätig. Es war ein guter Lebensgedanke für mich, an dieses großes<br />
Hauptstadt Musiktheater mit 1400 Sitzplätze, Europas größte Operetten und<br />
Musical <strong>Theater</strong>, zu gehen und kreativ zu arbeiten und leben zu können, in ein sehr<br />
aufgeschlossenes Arbeitsteam. Hier gab es jeden Abend Operette und Musical pur<br />
<strong>von</strong> Weltruf zu sehen und zu hören. Später habe ich 28 Jahre durchgehalten. Aber<br />
darüber später etwas mehr. Wenn hier <strong>von</strong> Berlin aus den Jahren <strong>1970</strong> – <strong>1997</strong><br />
gesprochen wird ist <strong>im</strong>mer Ostberlin gemeint, das Leben hinter der Berliner<br />
Mauer, für alle kommenden Episoden aus der Ostberliner <strong>Theater</strong>-und<br />
<strong>Männer</strong>welt. Alles klar!<br />
Ich hatte in Berlin-Marzahn eine sehr schöne Neubau Wohnung <strong>im</strong> Erstbezug<br />
bekommen, nach recht viel Mühen. Ich gehörte zu den ersten Bewohner <strong>von</strong><br />
Marzahn mit. Hier hatte die Kaderleiterin Eleonore Müller vom <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>
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beide Hände mit <strong>im</strong> Spiel. Wir hatten einen guten Draht zueinander. Im März<br />
<strong>1970</strong>, als ich nach Berlin kam, benötig man noch eine Aufenthaltsgenehmigung<br />
vom Magistrat <strong>von</strong> Groß-Berlin. Ich war in keiner DDR-Partei, habe alle Versuche<br />
der Werbung des MfS mit Bravour abweisen können, war 10 Jahre in der<br />
Konfliktkommission des FDGB <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>, und hatte sehr guten<br />
Kontakt zu allen Kollegen <strong>von</strong> der Toiletten-Frau bis zum Intendanten. Ich konnte<br />
sehr gut mit Freund und Feind hier am <strong>Theater</strong> arbeiten, umzugehen und leben.<br />
Hatte mir eine Hausmacht aufgebaut, die man unbedingt als erster Requisiteur an<br />
solch einem großen Musiktheater brauchte. 1400 Plätze hatten wir und 650
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Mitarbeiter. All Inklusive mit den Mäusen aus den Keller in den <strong>Theater</strong>ferien.<br />
Aber, wie es ist <strong>im</strong> Leben so ist, gibt es viel Freude an der Arbeit, aber auch<br />
herrliche köstliche Zwischenfälle und Intrigen hinter den eisernen Vorhang, in all<br />
den Sologarderoben, die eigentlich das Salz in der Suppe waren, in so einem<br />
großes Unterhaltung-Team. Man konnte sich oft nur wundern und aber auch mal<br />
recht herzhaft lachen über alles, auch über alle Diven Kriege vor und hinter dem<br />
Eisernen Vorhang. Ich habe sie alle gesammelt aus diese <strong>Zeit</strong>en. Für meine <strong>Zeit</strong><br />
nach dem <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>. Sie bekommen hier auf dieser Schiene noch recht viel<br />
über mein <strong>Theater</strong>- und Bühnenwissen zu lesen, wenn sie es auch wollen.<br />
Wundern können sie sich ab jetzt, wenn sie auch Lust haben, alle, alle<br />
nachfolgenden Episoden hier lesen zu wollen, oder möchten. Hier geht es direkt<br />
rein in mein, in unsern sozialistisches Berliner-DDR- Leben. Wer hier das flotte<br />
Berliner Leben <strong>im</strong> Sozialismus nicht ertragen kann, sollte hier nicht weiterlesen<br />
und lieber ein Buch <strong>von</strong> Hedwig Courths-Mahler zur Hand nehmen, wie etwa „<strong>Das</strong><br />
Gehe<strong>im</strong>nis der alten Kaltmamsell“. Diese kurzen Zeilen hier, sind für alle die<br />
Berlin lieben und Berlin treu geblieben sind, auch mit etwas Sozialismus. Nun, das<br />
bisschen Stasi war doch nur der Sekt in unseren Gläsern der Frivolitäten in unser<br />
Berliner Tag- und Nachtleben. Schön waren die <strong>Zeit</strong>en, werden jetzt alle Berliner<br />
schreien. Denken sie auch hier <strong>im</strong>mer mit, die Berliner Mauer steht schon seit<br />
1961, und wir sprechen hier <strong>im</strong>mer <strong>von</strong> Ost-Berlin und West-Berlin. Sie lernen<br />
hier auch die großen Unterschiede <strong>im</strong> gesellschaftlichen Leben untereinander<br />
kennen. Ja, ja, über die Flüchtlinge aus Ostberlin, die in den Goldenen Westen<br />
übersiedeln, flüchten wollten, kommen hier auch ganz best<strong>im</strong>mt vor aus erster<br />
Hand. Nicht vergessen! Auch bin ich nicht gewillt, hier all die Jahren, in der ich in<br />
Ostberlin lebe, die DDR Politik zu verschönen noch aufzuhü<strong>bs</strong>chen für den<br />
täglichen Bedarf.<br />
So, und nun geht es los mit den einzelnen Episoden aus der so glücklichen <strong>Zeit</strong>,<br />
aus der <strong>Zeit</strong> des wahren expandierenden Sozialismus der DDR. Achten sie drauf,<br />
der Staat wollte uns lenken und leiten, aber bei mir war es wohl umgekehrt. Ich<br />
hatte nur dass vom Staat genommen, was uns das Leben in der DDR zusteht. Wir<br />
hatten nicht erst darauf gewartet bis der Staat an uns einzelnen Menschen gedacht<br />
hat. Klar es hat bei mir keinen Schaden genommen. Vorwärts heißt die Parole,<br />
rein in das Vergnügen, Berliner Luft schnuppern und nicht vergessen. Wie sagt<br />
doch der Norddeutsche so schön: “Ich kann es nicht vergessen, aber nachtragend<br />
bin ich nicht“. Die <strong>Zeit</strong>en haben sich jetzt geändert und der Norddeutsche auch in<br />
Berlin. Heute, 2011, heißt die Parole:<br />
Wir Norddeutschen vergessen es<br />
nie, und sind sehr nachtragend!!
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<strong>Das</strong> Musical „Hello Dolly“ <strong>im</strong><br />
<strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin<br />
Die politischen Eliten der DDR hatten das große Bedürfnis auch <strong>von</strong> der<br />
westlichen Welt und ihrer Demokratien anerkannt zu werden. Anfang der 70er<br />
Jahre entwickelte sich dieses geliebte Thema politisch nach vorne. 1972 der<br />
Grundlagenvertrag mit der Bundesrepublik, 1973, beide deutsche Staaten werden<br />
in der Uno aufgenommen und 1974 wurden zwischen der DDR und der USA<br />
Botschafter ausgetauscht. Im Vorfeld all dieser politischen Hintergründe, wurde<br />
auch die DDR politisch kulturell aktiv. Man wollte mit der Anerkennung der DDR,<br />
auch einen kulturellen Austausch auf dem Kultursektor mit den USA. Als<br />
Vorläufer hatten sich die DDR Kulturpolitiker drei amerikanische Musicals<br />
geortet. Die Tantiemen wurden mit echten Devisen bezahlt. <strong>Das</strong> Musical<br />
Anatevka wurde als „Der Fiedler auf dem Dach“, als DDR Erstaufführung am<br />
23.01.1971 an der Komischen Oper Berlin heraus gebracht, mit Rudolf Asmus als<br />
Tewje. Es hatte jahrelang große Erfolge gehabt und volles Haus beschert. <strong>Das</strong><br />
Musical „West Side Story“ sollte nach Dresden gehen, da dort mit den Schülern<br />
der Ballettschule Palucca, die Massentanzszenen inszeniert werden sollte, als<br />
Erstaufführung der DDR. Aber dieses Musical verlangt Jazztanz und kein Klassik.<br />
Somit bekamen die Dresdener kein Bein hoch, wie <strong>im</strong>mer. Erst 14 Jahre später<br />
gab es die DDR Erstaufführung „West Side Story“ in Leipzig an der Oper mit ihrer<br />
Inszenierung und einem großen Erfolg, 1984.<br />
.<br />
<strong>Das</strong> Musical “Hello Dolly”<br />
Musik: Jerry Hermann<br />
Buch: Michael Stewart<br />
Liedertexte: Jerry Hermann<br />
Literaturvorlage „The Matschmacher“ <strong>von</strong> Thorn Wilders<br />
Uraufführung 16 Januar 1964, New York<br />
wurde an das <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin, <strong>im</strong> Admiralspalast zu<br />
DDR-Erstaufführung vergeben. Am 18.12.<strong>1970</strong> war Premiere. Gloria Gloria. Es<br />
war ein rauschender Beifall, ein Standing Ovation für die Gisela May Aber bis<br />
dahin war der Weg noch lang und mit ewigen Bühnenproben erfüllt.<br />
Gisela May singt die Dolly
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 20<br />
Im Frühjahr <strong>1970</strong> wussten wir <strong>Theater</strong>leute schon da<strong>von</strong>. Ja, und wer sollte nun<br />
die Dolly Levi spielen? Man suchte recht lange. Dann aber gab man der Gisela<br />
May, Jahrgang 1924, als Diseuse und Schauspielerin aus dem BE (Berliner<br />
Ensemble, das Brecht <strong>Theater</strong>) den Zuschlag( Helene Weigel gab ihr „Ja“ dazu).<br />
Ich war <strong>im</strong> März <strong>1970</strong> am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> als erster Requisiteur angefangen. Ich<br />
kam vom Volkstheater Rostock, hier studierte ich 5 Jahre bei dem<br />
Generalintendanten Prof. Hanns-Ansel Perten, Jahrgang 1917, ein Edelstalinist<br />
und sein Haus und Hof Dramaturg Kurt Bartels, Jahrgang1914, sein Kumpel und<br />
Int<strong>im</strong>us vom ZK der SED. Ich war sehr gut mit allem <strong>Theater</strong>wasser gewaschen<br />
und wollte nur noch an ein großes Musiktheater in der Hauptstadt der DDR,<br />
Berlin arbeiten.<br />
Die Berliner Stasi sucht Kontakt zu mir<br />
Ich hatte mich mit Erfolg schon vorher am(alten) Friedrichstadtpalast beworben.<br />
Mein Freund Manfred Maaß, Jahrgang 1934, Chausseestraße 7, Berlin Mitte,<br />
Telefon 2829162, Dekorationsmeister am Friedrichstadtpalast, wollte es sehr<br />
gerne, dass ich in seiner Nähe am Friedrichstadtpalast arbeite. Manfred Maaß, war<br />
auch ein guter Freund und Int<strong>im</strong>us <strong>von</strong> Mann zu Mann, <strong>von</strong> Wolf Leder aus<br />
Westberlin, Bühnenbildner und Ausstattungsleiter des Friedrichstadtpalastes,<br />
dienstlich und privat(wurde er <strong>von</strong> Manfred Maaß ständig überwacht). Nur<br />
Manfred Maaß war ein MfS Mann der alten Schule, und sein WG Freund Klemm<br />
war ein hauptamtlicher MfS Mann, der in den 80er Jahre in den Westen<br />
abkommandiert wurde zur Spionage für die DDR. Klemm sein persönlicher Besitz<br />
konnte Maaß behalten, auch seine Bankkonten in Ost und West.<br />
Ich hatte schon alle Personalfragen in Sack und Tüten. Nur die wichtigste Frage<br />
Wohnraum blieb ungeklärt. Diese wichtige Frage konnte die Leitung vom<br />
Friedrichstadtpalast für mich nicht klären. Ein Platz <strong>im</strong> Arbeiterwohnhe<strong>im</strong> war<br />
noch frei für mich.<br />
Etwas später wurde mir <strong>im</strong>mer mehr bekannt über die politischen MfS Umtriebe<br />
<strong>von</strong> Manfred Maaß <strong>im</strong> Friedrichstadtpalast, dass er schon sehr früh in seinem<br />
Beruf <strong>von</strong> der Stasi angeworben wurde, bevor wir uns kennen lernten in Berlin.<br />
Seine Spezialstecke war, <strong>Männer</strong> vom andern Ufer zu bespitzeln in der<br />
<strong>Theater</strong>welt. In Marzahn, Allee der Kosmonauten, an der Haltestelle Boschpoler<br />
Straße hatte der Stas<strong>im</strong>ann Manfred Maaß ein Grundstück vermittelt bekommen,<br />
damit er ungesehene Gäste einladen konnte und sie für seine Dienste einspannen<br />
sollte. Die Straßenbahn fuhr <strong>von</strong> seiner Haustür in der Chausseestraße bis vor<br />
seiner Gartentür in Marzahn, Alle der Kosmonauten. Ich persönlich war 3 Mal<br />
dabei in seinem Garten, als Maaß seine Gäste für die MfS anzuwerben wollte,<br />
Sommer1982. Alles in der Stasi Akten nach zu lesen <strong>von</strong> meinen <strong>Theater</strong>freunden<br />
(Günter Chantin, Pankow Tel. privat. 4721692, dienstl.5570-305). Seine Funktion
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 21<br />
als Dekorationsmeister am Friedrichstadtpalast ist eine Geburt des MfS Berlin<br />
gewesen, schon in seinen Berufsanfängen. Sein Abgang <strong>1997</strong> war ein Racheakt,<br />
wie <strong>im</strong> Bilderbuch eines Stasi Mannes. MfS Frontmann Manfred Maaß und seine<br />
Mitkämpfer <strong>im</strong> Friedrichstadtpalast konnten bis <strong>1997</strong> mit ihren alten Stasi-<br />
Korpsgeist durchhalten und vom Berliner Senat geduldet werden. Über die Stasi<br />
<strong>im</strong> Friedrichstadtpalast und das Leben der schwulen <strong>Männer</strong> hier, komme ich<br />
später zurück, mit Info aus erster Hand <strong>von</strong> echten, norddeutschen, schwulen Stasi<br />
<strong>Männer</strong> und Stasi Beteiligte. Mich kannte ein Großteil dieser <strong>Männer</strong>, die für die<br />
Stasi gearbeitet hatten, speziell aus den 80er Jahren. Wir hatten berufliche und<br />
auch private Kontakte unter einander in der Berliner Unterhaltungsindustrie. Einen<br />
großer Teil dieser MfS Leute waren in den Berlin Szenen und in der Polit-<br />
Gesellschaft jahrelang namentlich bekannt. Warten sie es ab, sie werden diese<br />
Leute hier noch namentlich lesen können, lesen müssen.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 22
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 23<br />
Da müssen wir durch, ob wir wollen oder nicht. Wir sind in Ostberlin, und da<br />
spielt die Musik für die DDR-Politik. Hier lesen sie: „Ein internen Einblick in der<br />
Sozialistischen Gesellschaft in der DDR“. Bei mein großes Unternehmen, wie<br />
habe ich einen Erfolg bei einer Bewerbung an einem Berliner Musiktheater, hier<br />
persönlich, muss man <strong>im</strong>mer zweigleisig fahren, um zu einem Erfolg zukommen.<br />
Einfach gesagt man muss einen B-Plan haben. Diesen hatte ich, in dem ich die<br />
gleiche Bewerbung an das <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> <strong>im</strong> Admiralspalst, Berlin Mitte<br />
Friedrichstraße, aktivierte.<br />
Die Kaderleiterin Eleonore Müller vom <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> konnte mir einen<br />
Wohnraum anbieten in Pankow-Niederschönhausen in der Treskowstraße. So bin<br />
ich hier in der Requisite des <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> eingestiegen und hatte es nie bereut.<br />
Diese Tätigkeiten als 1. Requisiteur hier an diesem große Musiktheater mit 1400<br />
Plätzen und ein ständig volles Haus bei sehr guten Bühnenproduktionen, lag mir<br />
sehr, mit meiner langjährigen Bühnenerfahrungen aus dem Rostocker Volktheater.<br />
Ich hatte schon <strong>im</strong> Vorfeld meiner Arbeit am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> in Berlin ein<br />
großes Netzwerk <strong>von</strong> Leuten, Freunde, Bekannte, Parteifunktionäre mit jede<br />
Menge MfS-Charakter aus der besten Berliner sozialistischen Gesellschaft mit<br />
hohen Funktionen in der Arbeitswelt erstellt. Ausgang war meistens der Strand <strong>von</strong><br />
Rostock- Markgrafenheide, das größte FKK <strong>Männer</strong> Cruising Gebiet der DDR.<br />
Hier lernte man die ganze <strong>Männer</strong>welt unserer Republik <strong>im</strong> Sommer in der<br />
Urlauber Saison gleich nackt kennen. Und ich als Rostocker war ich hier sehr<br />
fleißig und wollte nur besondere interessante Leute kennen lernen.<br />
Ich aktiviere mein Personennetzwerk<br />
in Berlin<br />
Und mit Erfolg. Hans-Joach<strong>im</strong> Zemeitat, Jahrgang 1937, <strong>von</strong> Beruf<br />
Friseurmeister, kommt aus Binz auf Rügen. Er hatte in Rostock, Doberanerstraße,<br />
neben das Kino „Palast-<strong>Theater</strong>“, einen Damensalon. Darum heißt er auch unter all<br />
den Rostocker <strong>Männer</strong>n, die „Palastschere“. Er war ein alter Freund <strong>von</strong> mir. 1967<br />
ging er <strong>von</strong> Rostock nach Berlin direkt in den Prominenten und Eliten<br />
Damensalon Madelaine, mit Stasiüberwachung, 1040 Berlin-Mitte,<br />
Reinhardtstraße 8, Tel. 2828830. Es war ein Damensalon für die Berliner Eliten<br />
aus Kunst, Kultur, Politik, Medizin und Medien, extra <strong>von</strong> der PGH Friseur<br />
Zentrum Mitte geschaffen. Mit einer eigenen Stasiwache! Zemeitat wohnte in der<br />
Friedrichstraße 128. In dem Haus wohnte auch Wolf Kaiser, der Schauspieler, der<br />
aus seinem Wohnungsfenster in dem Hinterhof in seinem Tod sprang(Demenz?)<br />
Später war Zemeitat Leiter und Geschäftsführer in diesem großen Damensalons<br />
mit 17 Coiffeuren, Salondamen der Berliner Spitzenklasse.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 24<br />
Gisela May, die erste Diseuse <strong>von</strong> Berlin und der DDR, die dort um die Ecke<br />
wohnt, in der Claire-Waldoff-Straße, war schon langjähre Kundin bei meinen<br />
Freund Zermeitat persönlich. Auch des Öfteren in ihrer Privatwohnung gleich um<br />
die Ecke. Also, einfacher gesagt, mein Friseur war auch der Friseur <strong>von</strong> Gisela<br />
May. Wie heißt es so schön bei der Damenkundschaft: „Was erzähle ich meinen<br />
Friseur“? Somit war ich <strong>im</strong>mer auf das Beste informiert über alles, was Gisela<br />
May so bewegt. Ihr Leben, ihre Gedanken, ihre Reisen in den USA, ihre Freuden ,<br />
ihre Leiden , ihr (drei Mal nicht gelungenen) Liften <strong>im</strong> Westberlin und ihre<br />
nervenaufreibenden Diva Leiden. Ich war durch Zemeitat sehr gut informativ auf<br />
dem Laufen gehalten und über ihre Entwicklung und ihre Meinung zu der<br />
Bühnenproduktion „Hello Dolly“ am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>.<br />
Die Bühnenproben laufen an<br />
Zurück zur Bühnenprobe Dolly. <strong>Das</strong> Bühnenpersonal hatte sofort erkannt, wie es<br />
bei der May so läuft auf den Bühnenproben und hatten eine Kurzdiagnose erstellt:<br />
Ein Einzelgänger, spricht ihren Text phonetisch ohne gefühlsmäßig auf ihren<br />
Bühnenpartner einzugehen. Hält sich genau an das Stichwort. Hatte bis zur letzten<br />
Vorstellung keinen persönlichen Kontakt zu ihren Spielpartner. Außerhalb der<br />
Rolle siezte sie ihren Rollenpartner Hans-Joach<strong>im</strong> Blochwitz .Sie hatte bei<br />
zunehmender Bühnenprobe sehr oft ein recht starkes ordinäres Vokabular, bei den<br />
einzelnen Beleuchtung-und Tonproben, was für eine Diva nicht passend ist.<br />
Musste sich aber auch viel Probenkritik mit einstecken. Sie sollte sich doch mehr<br />
an das Ensemble-Team rollenmäßig anpassen. Sie hatte auf den Bühnenproben<br />
überhaupt keinen persönlichen menschlichen Kontakt. Auf der Bühne noch hinter<br />
der Bühne. Die einzelnen Mitwirkenden bei diesen Bühnenproben zeigten auch<br />
keine Interesse zur ihr einen guten Kontakt aufzubauen, außer den einzelnen<br />
Bühnenrolle, die in der Dolly zu spielen sind.<br />
Sie wollte keine Endkritiken vor dem Ensemble hinnehmen, nur unter den<br />
Solisten. Die May hatte schreckliche Angst, wenn der Bühnenpartner ausgetauscht<br />
wurde und sie rechtzeitig <strong>von</strong> der Abendspielleitung nicht informiert wurde vor<br />
der Abendvorstellung. Der begnadeter Solotänzer Lothar Butszies musste sich<br />
ständig bei ihr persönlich in der Garderobe melden, um ihr zu sagen, dass er den<br />
Part auf der großen Showtreppe mit ihr an diesen Abend tanzte.<br />
Von meinen Freund und Friseur Zemeitat wurde ich schon rechtzeitig <strong>von</strong> den<br />
Macken dieser Frau gewarnt und hingewiesen auf ihre unkontrollierten<br />
Wutausfälle. Er kannte all ihre dramatischen Wutanfälle auf den Friseursalonstuhl<br />
aus erster Hand. Ich war bei manchen Teilstückproben laufend ihr zu Hand. Sie<br />
wollte stets bedient werden. Es gab Proben, be<strong>im</strong> Bühnensketsch, wo mindestens<br />
15 Weinflaschen ausprobierte wurden in Form und Farbe. Ebenso vieles<br />
Getränkeweingemisch aus Selter, Tee, Cola, wieder Tee, fünf verschiedenen<br />
Sorten. Hierbei war das markierte Probeessen schon das Originale, wie bei einer
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 25<br />
öffentlichen Abendvorstellung. Alles hier nach ihren ständigen und besonderen<br />
Sonderwünschen. Die May glaubte, wir <strong>von</strong> der Requisite, holten laufend, klar<br />
nur für sie, das Bühnenessen direkt aus West-Berlin, wie es oft am BE große<br />
Mode war bei der Weigel. Wir Bühnenmacher kannten die Macken der Helene<br />
Weigel vom BE bestens. Aber dafür reichte es hier nicht, für einer Diva so einen<br />
großen Aufwand zutreiben, oder so was ähnliches. Nur wusste sie wohl nicht, als<br />
Alleinunterhalter, dass es mit diesen Sonderwünschen auch einmal ein Ende haben<br />
werden, wenn erst die Premiere raus ist. Ab diesen <strong>Zeit</strong>punkt herrschen die<br />
Urheberrechte und keine Launen einer Diva May. Die erste Luft über der May war<br />
raus, und be<strong>im</strong> Bühnenpersonal bildete sich schon eine Antipathie gegen den May<br />
N<strong>im</strong>bus an unseren <strong>Theater</strong> heraus. Der Intendant Hans Pitra hatte auch schon eine<br />
andere Meinung über Gisela May.<br />
<strong>Das</strong> Mikroport wird <strong>im</strong><br />
<strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> eingeführt<br />
Mit dem Musical „Hello Dolly“ und der Gisela May wurde am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>,<br />
hier <strong>im</strong> Dezember <strong>1970</strong>, das Mikroport eingeführt, für die Beschallung des<br />
großen Saales ,1400 Plätze, Parkett, zwei Ränge und eine Salonloge. Die Akustik<br />
<strong>im</strong> Saal war sehr schlecht, ohne Tonübertragung hört man kein Ton <strong>von</strong> einem<br />
Solisten über das Portal hinaus. Ein Tenor musste schon auf einer best<strong>im</strong>mten<br />
Stelle an der Rampe stehen, damit auch der letzte Gast in der letzten Reihe <strong>im</strong><br />
zweiten Rang verstanden wird. Auch er hat für die Vorstellung bezahlt und will<br />
sein Vergnügen haben. Technisch werden nun diese Miseren endlich mit modernen<br />
Mittel gelöst. Aus dem Westen, mit harten Devisen. Gisela May war hier das<br />
Versuchsmodel, mit aufreibender <strong>Zeit</strong>aufwendung. Stundenlang hatte sie an das<br />
Verfahren zu meckert gehabt. Die Mikroporte wurden <strong>im</strong> Takt mit verschiedenen<br />
Mustern auf Qualität ausprobiert. Aber ohne ein Mikroport währe Gisela Mays<br />
dünne St<strong>im</strong>me überhaupt nicht zuhören gewesen. Die St<strong>im</strong>me muss unbedingt über<br />
das laute Orchester kommen und die Ohren des Besuchers zu bezirzen. Somit kann<br />
auch der hintere Teil der Bühne dramaturgisch ausgenutzt werden <strong>von</strong> der Regie.<br />
Es gibt mehr Aktion zu sehen.<br />
Die Lösung ist einfach: Ein kleines Hautfarbendes Mikrophon wird in der Perücke<br />
befestigt oder <strong>im</strong> Kleiderausschnitt. Geht per Kabel zu einem Sender, der sich am<br />
Körper oder <strong>im</strong> Kostüm sich befindet. Eine Antenne sendet den Ton an eine<br />
Empfangsantenne kabellos in den Saal und wird <strong>von</strong> dort zu dem sichtbaren<br />
Lautsprecher per Kabel in den Saal geleitet. Alle Solisten müssen in jeden Akt<br />
ihre Mikroporte eingeschaltet haben. Der Tonmeister, Jochen Klemm, in der<br />
Tonloge, verfolgt den Akt mit einem worttreuen Textbuch. Wenn die Arie oder das<br />
Duett gesungen wird, zieht er den Tonregler für den Solisten auf und der Ton<br />
kommt dann über die Beschallung, sprich Lautsprecher.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 26<br />
Aber der Tonmeister hört jeden Solisten sprechen, der einen Mikroport am<br />
Körper hat, auch hinter der Bühne, in der Garderobe, auf der Toilette oder wenn<br />
sich mehrere Künstler sich privat unterhalten über heikle Fragen, wie etwa<br />
<strong>Theater</strong>, Politik. Gagen, neuer Kollege usw. Hiermit hat der Tonmeister ein<br />
Abhöhrsystem in der Hand für best<strong>im</strong>mte Dienste der DDR. Über dieses Thema<br />
später hier mehr <strong>im</strong> Detail.<br />
Hans-Joach<strong>im</strong> Blochwitz<br />
der Bonvivant<br />
Die May ihren Bühnenpartner war der Hans-Joach<strong>im</strong> Blochwitz, genannt auch<br />
Blochi, ein singender Schauspieler, ein Bonvivant, ein lustiger <strong>Zeit</strong>genosse, ein<br />
sehr verträglicher Solist, beliebt bei allen Kollegen auf der Bühne und hinter der<br />
Bühne. Er war schon seit 1960 am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> engagiert und hatte alle<br />
großen Rollen in der Operette und Musical hinter sich. Ich verstand mich sehr gut<br />
mit Blochi bei den einzelnen Bühnenproben in all den Jahren.<br />
Ich hatte ihm einen Beleuchter Eleven, jung, ländlich und knackig, vermittelt,<br />
sprich deutsch: verkuppelt. Dieser wollte Schauspieler werden und hat am <strong>Theater</strong><br />
für ein Jahr eine Schnupperarbeit angenommen. Ein Praktikum, in der<br />
Beleuchtung, um zu sehen wie es so an einem <strong>Theater</strong> läuft, auf der Bühne und<br />
hinter der Bühne. Seine Aussprache war nicht bühnenreif. Ich hatte schnell<br />
geschaltet und Blochwitz heiß gemacht. Blochi hatte nebenbei zu seinem<br />
Bühnenberuf auch noch ständig Sprachunterricht gegeben für die kommenden<br />
Bühnenschauspieler. Blochi sollte diesen jungen Beleuchter Sprachunterricht<br />
geben und er hätte dann gleichzeitig ein Bettwärmer <strong>im</strong> Haus. Blochi sprang auf<br />
dieser Schiene auf und hatte diesen New Star am H<strong>im</strong>mel der Deutschen<br />
<strong>Theater</strong>kunst seinen Sprachunterricht gegeben. Blochi begleitete diesen<br />
Schauspielstudent bis zu seinem Schauspielexamen, dank seiner guten<br />
Beziehungen in Berlin. Dieser bettwärmenden Beleuchter Eleve wurde dann am<br />
Deutschen <strong>Theater</strong>, Berlin, nach seinem <strong>Theater</strong>studium fest engagiert. Er wurde<br />
ein Jungstar unter all den Altschauspielern. Na also, hat doch alles gut geklappt.<br />
Verkuppelung gehört zu meiner großen Leidenschaft und hier war es wieder mal<br />
ein großer Erfolg, auf beiden Seiten. Somit hatten Blochwitz und ich ein großes<br />
Gehe<strong>im</strong>nis unter dem Herzen getragen. Wir beiden konnten tiefgründig schweigen.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 27
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 28<br />
Der berühmte Bühnensketch <strong>von</strong><br />
May und Blochwitz<br />
Es war Bühnen bekannt, dass die Gisela May und Hans-Joach<strong>im</strong> Blochwitz nur in<br />
ihrer Bühnenrolle sich verstanden. <strong>Das</strong> musste der May auch reichen. Bloß keine<br />
kollegiale Verbrüderung hier. Vor dem großen Showprogramm „Hello Dolly“, das<br />
ca. 20-25 Minuten dauerte, gab es vorne rechts, auf der Zarge, sehr dicht am<br />
Publikum, einen echten amerikanischer Sketch, der mit der Stoppuhr einstudiert<br />
wurde in den langen Bühnenproben mit May und Blochwitz <strong>von</strong> der Morgenstern.<br />
Beide saßen am Tisch, und wären des Essens gaben sie diesen Sketch frei .Von<br />
der Requisite aus gesehen gab es eine Broilerkeule, 2 Scheiben Jagdwurst, rote<br />
runde Beete und Williams Birnen, und ein Getränkemix als Wein. Alles aus der<br />
DDR-Produktion.<br />
Schon bei den Proben waren alle Requisiten echt. Nach dem Essen wurde die<br />
Bühne <strong>von</strong> den Bühne-Chorherren- Kellner abgeräumt. Die May ging rechts in die<br />
Seitenbühne, in die Nullgasse, zog ihre Schuhe aus, zog ihre Steppschuhe an , die<br />
Maske Erika Löffler ordnete ihre Frisur, die May trank noch ein Schluck Sekt für<br />
die St<strong>im</strong>me und ging hinter der Bühne zur Ausgangsposition für den großen<br />
Showteil des Abends auf der großen Treppe <strong>im</strong> Harmonie-Garden. Wir <strong>von</strong> der<br />
Requisite nahmen den Kellnern (Chorherrn) den Tisch ab und machten die<br />
Nullgasse frei. In diesen Moment begegnete ich die May nur einmal in dieser<br />
laufenden Bühnenproduktion am Abend. <strong>Das</strong> Orchester spielte flott die bekannte<br />
Umbaumusik. In dieser <strong>Zeit</strong> bekam die May bei jeder Vorstellung, bei jeder<br />
Vorstellung, ja, ja bei jeder Vorstellung „Hello Dolly“ ihre unbeherrschten<br />
einstudierten hysterischen Wutanfälle und schrie unbändig, laut uns <strong>von</strong> der<br />
Requisite an. Wie schlecht doch das Essen war. Der Broiler schmeckt nach Fisch.<br />
Die rote Beete zu sauer, die Birnen zu süß, der Wein-Tee-Mix schmeckte alt. Mich<br />
hatten ihre Anfälle nicht so gestört. Ich liebe Frauen, wenn sie so herrlich<br />
hysterisch werden und Schaum vor den Mund haben vor Wut und ihren wahren<br />
Charakter zeigen in aller Öffentlichkeit. Ich kenne meine Pappenhe<strong>im</strong>er da genau.<br />
Später werden sie hier noch mehr über versoffene und hysterische Solisten lesen<br />
müssen. Aber meine Kolleginnen aus der Requisite konnten das Gejammer der<br />
May über das Bühnenessen kaum ertragen und bekamen das Heulen. <strong>Das</strong> ganze<br />
Getue und Gehabe der May war nur billiges Diven Verhalten hinter der Bühne für<br />
uns Bühnenproduktionsmacher gedacht. Sie glaubte wohl, wir <strong>von</strong> der Requisite<br />
sind für ihre Bühnendepressionen zuständig und ihr Wutanfällen. Alleine 38<br />
Vorstellungen mussten wir das Gejammer einer alternden Diva mit anhören, ab<br />
hier war aber Schluss damit.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 29<br />
Alle Bühnenleute auf der Bühne oder hinter der Bühne hatten schon auf ihr<br />
Geschrei <strong>von</strong> der linken Bühnenseite gewartet. Jeder wollte nun hier das wahre<br />
Gesicht einer May kennen lernen. Wir, <strong>von</strong> der Requisite mobbten sie <strong>im</strong> Stehen<br />
und Gehen bei jeder Gelegenheit. Bei der 80. Vorstellung hat sie mich doch<br />
aufgelauert und lies den altbekannten Text über das Essen los. Ich stoppte sofort<br />
ihr Redefluss und gab ihr zu verstehen: Sie hätte nur einen Einzelvertrag mit dem<br />
<strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> und sie sollte sich an die Urheberrechte halten. Diese gelten<br />
auch für sie nach jeder Premiere und für jeden Solisten in diesem Stück. Sie<br />
möchte doch uns, vom Bühnenpersonal, nicht ständig, bei jeder Vorstellung<br />
hinter der Bühne tyrannisieren. Sie möge nicht laufend hinter der Bühne ihre<br />
Leistung bringen, sondern auf der Bühne soll sie ihre Leistungen bringen, dafür<br />
wird sie vom Haus bezahlt. Für ihren werbeschädigen Bühnenruf sorgen wir<br />
schon für sie. Be<strong>im</strong> Inspizienten liegt ein Bagatellbuch aus, wo sie ihre<br />
Beschwerden einschreiben kann. Und überhaupt werde ich mich be<strong>im</strong> Intendanten<br />
und dem Parteisekretär über ihren Terror uns gegenüber dem Bühnenpersonal<br />
Beschwerden. Drehte mich um und lies sie stehen. Seit diesem Zusammenstoß<br />
hatte ich kein Wort mehr mit ihr gesprochen, und ich sorgte heute noch für ihren<br />
schlechten Ensemblegeist <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> und ihre hysterischen<br />
Wutausbrüche geschäftsschädigend.<br />
Klar, machte der Disput eine Runde durch das ganze Haus. Aber die May kannte<br />
die Requisite noch nicht, sie kannte noch nicht den Ersten Requisiteur des<br />
<strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Rudolf Holtz, der <strong>von</strong> der Ostseeküste, diesen Fischkopp in<br />
Berlin. Warten wir es hier ab, welch Dinge jetzt kommen werden. Dies war nur das<br />
Opening, das Vorspiel.<br />
.<br />
Die große Rache der Requisite<br />
Bei der 115. Vorstellung hatte ich mich mit Hans-Joach<strong>im</strong> Blochwitz vereint. Er<br />
spielte die Rolle des Horace Vandergelder. Ich kannte die Schwachstellen der May<br />
genau, wo sie hochkonzentriert sein musste. Blochwitz konnte die May <strong>von</strong><br />
Anfang an nicht ausstehen. Er sprach nur <strong>von</strong> ihr als „trockenes Weib“. Also, eine<br />
vereinte Rache mit großer Bühnenwirkung: Großes Showt<strong>im</strong>e war <strong>von</strong> der<br />
Requisite <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> angesagt.<br />
Am Ende dieses bekannten Speisen-Sketch sollte Blochwitz dieses teure Essen<br />
bezahlen. In den Vorszenen wurden die Geldbörsen vertauscht <strong>von</strong> dem<br />
Kaufmannsgehilfen Conelius (Gunter Sonneson) und Blochwitz. Somit konnte<br />
Blochwitz die Zeche hier nicht bezahlen und zeigt der May seine leere Geldbörse.<br />
Aber die May sieht nie, nie in dieser Geldbörse rein, sondern plappert ihren Text<br />
ohne Blochwitz dabei anzusehen, <strong>im</strong>mer stur und ohne Gefühle weiter. Ich legte in<br />
dieser Geldbörse, die so groß war wie eine öffentlich gekaufte Kellner Geldtasche,<br />
nun einen aufgerollten feuchten Condom rein. Einen Condom noch aus Westberlin,<br />
noch ein Condom vom Klassenfeind oder so. Es kommt wie es kommen muss, die
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 30<br />
May sieht erst bei der dritten Aufforderung in Blochwitz Geldbörse, sieht nun<br />
diesen herrlichen, aufgerollten, feuchten fröhlichen Condom mit allen seinen<br />
Gehe<strong>im</strong>nissen. Diese weltgewandte Diseuse kommt sofort aus dem Konzept ihrer<br />
Rolle, ihrer Senilität. Sie erstickt beinahe be<strong>im</strong> Anblick dieses Latex-<br />
Sexverhütelie. Sie schreit laut auf, hebt ihre Arme in die Höhe. Sie findet keine<br />
passende Worte mehr zum Szenena<strong>bs</strong>chluss und flieht, nein sie rennt mit<br />
wehendem Rock <strong>von</strong> der Bühne in die Nullgasse rechts rein.<br />
Ein Bühnen Skandal aus erster Hand<br />
Damit verschieben sich die nachfolgenden Szenen, die große Bühnenshow<br />
„Hello, Dolly“, die ca. 25 Minuten dauert, zeitmäßig zurück, also die große Show<br />
müsste früher beginnen. Der Generalmusikdirektor Werner Krumbein, erkannte<br />
sofort die Situation, und spielte die Umbaumusik, bis alle Leute am Platze waren<br />
für die große Show mit der May, „Hello, Dolly“. Nun begann erstmal der Terror<br />
gegen mich, da ich der leitende Abendrequisiteur am Platze war, konnte aber all<br />
diesen Terror <strong>von</strong> allen Seiten gegen mich aber bravurös abwehren: Die<br />
Geldbörse befindet sich ständig am Kostüm und dieses befindet sich in der<br />
Herrengarderobe, seit der Premiere. <strong>Meine</strong> Lieblings <strong>Theater</strong> <strong>Zeit</strong>genossin, die<br />
Regieassistentin, Maria Hohensstein verfolgte mich drei Wochen lang, aber ohne<br />
Erfolg. Die Hohenstein war während der Vorstellung in der Regieloge am Ende<br />
des Parketts mit einer Glasscheibe vom Publikum getrennt und hatte die <strong>Zeit</strong> hier<br />
für sich „hoch die Tassen“ ausgenützt, zum ihren Wohle und achtete nicht auf die<br />
laufenden Bühnenvorgänge, welches aber als Abenddienstleiter ihre Hauptaufgabe<br />
war.<br />
Der <strong>Theater</strong>klatsch machte die Runde<br />
Ich benachrichtigte sofort, sofort per Telefon meinen alten Freund und Friseur<br />
Hans-Joach<strong>im</strong> Zemeitat über diesen herrlichen Bühnenstreich gegen die Gisela<br />
May auf offener Bühne und ihr lautes Geschrei einer BE-Diva. Einen Tag später<br />
wussten alle 17 Friseusen aus dem Damen Salon Madelaine, in der Reinhardtstraße<br />
8, und am nächsten Tag wussten alle aus der Berliner <strong>Theater</strong>welt diesen Streich<br />
<strong>von</strong> mir und Blochwitz und den feuchten, ausgerollten Condom. Nur die<br />
herrische Regieassistentin Maria Hohenstein wusste nie, wer eigentlich der<br />
Übeltäter hierbei war.<br />
Und hier der letzte sozialistischen Aktschluss: Unser Intendant Hans Pitra,<br />
langjähriges Mitglied des Zentralkomitee der SED, hat Gisela May auf der<br />
Haustreppe, also auf der Haustreppe zum Fahrstuhl nebenbei gesagt: Die Dolly ist<br />
abgespielt (die DDR musste Devisen sparen). Für 150 Vorstellungen waren die<br />
Bühnenrechte gekauft. 138 Vorstellungen gab es aber nur. Nun hatten wir Ruhe<br />
und die May wurde am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> nie wieder gesehen. Danke.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 31
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 32<br />
Und ich erzählte in jeder <strong>Männer</strong>party diese Gisela May Condom Story in allen<br />
Einzelheiten. Für geschäftsschädigende Werbung war ich ein Spezialist. Sel<strong>bs</strong>t die<br />
Kulturjournalistin <strong>von</strong> der Berliner <strong>Zeit</strong>ung, eine Altkommunistin, Ruth<br />
Eberhard, eine alte Partybekannte <strong>von</strong> mir, informierte ich noch am Abend.<br />
Warten wir es ab, es kommt noch mehr solche Story.<br />
Wir werden auf der Bühne <strong>von</strong> der<br />
Stasi mit abgehört<br />
Mitte der70er Jahre wurde vom Wach-Reg<strong>im</strong>ent Feliks Dzierzynski ein<br />
Nachrichtenoffizier eingewiesen, eingeschleust vom Technischen Direktor, ein<br />
Stasi-Mann, in die Tontechnik des <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>s bei den Kollegen Jochen<br />
Klemm. Es war Nikolaus Schwabe, genannt Nico. Wohnt alleine in der<br />
Liebenwalderstraße 1, 1092 Berlin-Hohenschönhausen, Telefon 3752980. Sein<br />
Vater war der berühmte Schauspieler Willi Schwabe am Deutschen <strong>Theater</strong> und an<br />
den Montagabenden in die Rumpelkammer <strong>im</strong> Ost-Fernsehen. Schwabe hat sich<br />
schnell eingearbeitet, und hat den Tonmeister Jochen Klemm verdrängt, oder so.<br />
<strong>Das</strong> Spezialgebiet <strong>von</strong> Nico war die Mikroporte hier bei uns auf der Bühne, wenn<br />
diese hier auch eingesetzt wurden. In dem einzelnen modernen Musical wurden<br />
diese Mikroporte seit <strong>1970</strong>, seit Gisela Mai in „Hello Dolly“ spielte, auf der Bühne<br />
technisch genutzt. 1985 gab es <strong>Zeit</strong>en, wo keine Bühnenproben angesetzt waren.<br />
Dies nutzte Nico sofort aus um stundenlang verschiedene Mikroporte<br />
auszuprobieren. <strong>Meine</strong> sieben Sinne sagten mir sofort: Hier wird was ausprobiert,<br />
nicht die Mikroporte, sondern bis wie weit und durch welche Wände gehen die<br />
drahtlosen gesendeten Mikroportstrahlen technisch und wie kann man diese auch<br />
verstärken für eine besondere Abhöhrmethode. Örtlich gesehen sind diese<br />
technischen Proben schnell erkannt. In der Friedrichstraße liegt der Grenzübergang<br />
Bahnhof Friedrichstraße. Dort störte oft unsere Nachrichtenmittel, Walking-<br />
Talking bei besonderem Wetter mächtig die Nachrichtenmittel auf dem<br />
Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße. Als Arbeitsmittel wurde diese<br />
Nachrichtenübertragung <strong>im</strong> Bühnenbereich fast ausgeschaltet. In der Planckstraße<br />
30, liegt die Stasikaserne mit der Verwaltung des Grenzüberganges, und<br />
dazwischen liegt das <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> <strong>im</strong> Admiralspalast. Mit der drahtlosen<br />
Tonübertragung kann man eine große Weite erreichen, wenn der Ton verstärkt<br />
wird. Dies war nun Nico Schwabe seine Hauptaufgabe, als Tonmeister, technisch<br />
dieses zu lösen. Ein Stasiauftrag? Der Ton kommt <strong>von</strong> den Solisten, wird <strong>im</strong><br />
<strong>Theater</strong>saal durch eine Empfangsantenne verstärkt, so dass diese Tonstrahlen<br />
durch die <strong>Theater</strong>mauern gehen muss, über die Straße, durch die Kasernenmauern<br />
und rein in die Tonkabine, wo der Ton per Bandgeräte aufgezeichnet werden<br />
kann. Man kann dann später, zur jeder <strong>Zeit</strong> das Gespräch wieder abhören und<br />
auswerten. Ein technisches Mittel um den Täter zu ermitteln und dingfest machen<br />
hier in unmittelbarer Nähe der DDR-Grenze Ostberlin –Westberlin. <strong>Das</strong> ist jetzt
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 33<br />
das wichtigste Nebenprodukt einer Abendvorstellung mit dieser neuen<br />
Abhörtechnik „Mikroport“.<br />
Die <strong>Zeit</strong>en haben sich geändert, wo die Bürger alles ab nicken, was uns die SED-<br />
Führung vorkaute vom sozialistischem Leben, Arbeiten und Fröhlichsein und<br />
Singen. Die Wahlbürger wurden renitenter und wollten nicht mehr gehorchen einer<br />
kleinen Rentner-Polit- Clique. Auch am <strong>Theater</strong> wurde viel diskutiert über das<br />
gewünschte Leben in der neuen DDR. Auch sehr viel in den Abendvorstellungen,<br />
und auch unter den Solisten, die mit dem Mikroport ausgerüstet wurden. Mit<br />
einmal heißt es alle Mikroporte sollen bei jeder Vorstellung offen sein, jeder<br />
Solist hat nur sein nummeriertes Mikroport für seinen eigenen Bühnenauftritt.<br />
Jeder Solist musste vor dem Akt seinen persönlichen Mikroport am Körper haben.<br />
In meinem Requisitenfach, Bühne links an der Ausgangstreppe, stapelten sich die<br />
Mikroporte. Jeder Solist bekam eins mit seiner registrierten Nummer. Am Körper<br />
wurden sie <strong>von</strong> der Maske (Damen), <strong>von</strong> den Ankleider ( <strong>Männer</strong> ) angelegt. Wer<br />
war überhaupt dieser Schwabe? Als er in den 70er Jahren <strong>von</strong> der Stasi <strong>im</strong> <strong>Theater</strong><br />
eingewiesen worden ist, hörte ich schon seine Herkunft aus dem Wachreg<strong>im</strong>ent<br />
Feliks Dzierzynski heraus. Ein richtiges Gespräch konnte man schon ewig nicht<br />
mehr führen mit ihm. Seine Arbeitszeit waren ja auch kaum 4-5 Stunden täglich,<br />
und die teilte er sich noch sel<strong>bs</strong>t ein. Er war schwierig, und keiner wollte einen<br />
privaten Kontakt mit ihm aufbauen, keiner wollte ihm in unseren Bühnen-<br />
Teamgeist <strong>im</strong> technischen Bereich aufnehmen. Wenn wir <strong>Theater</strong>leute in den<br />
Sommerferien Urlaub an der Ostseeküste machten, wurde Schwabe 6 Wochen in<br />
der Entziehungsanstalt eingewiesen. Schwabe war ein stiller Alki., laut<br />
Technischer Direktor.<br />
Alle wussten es aber, unser Technischer Direktor, Siegfried Gebhardt, unser<br />
Hauptstas<strong>im</strong>ann <strong>im</strong> technischen Bereich, unser IM „Ingenieur“(1995) hatte in<br />
dem MfS eine Offiziersführung in dem Bereich Sicherheit und Spionage.<br />
Gebehardt kam Mitte 1985 zu uns an das <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> aus der MfS-<br />
Kaderschmiede DTO, Direktion <strong>Theater</strong> und Orchester be<strong>im</strong> Minister für Kultur,<br />
1055, Greifswalder Straße 199, Tel. 4300611. Er hatte Nico politisch<br />
stasisicherheitsmäßig anzuleiten und <strong>im</strong> Bereich <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> zu führen.<br />
Siegfried Gebhardt war ein MfS- Führungsoffizier der besonderen Art <strong>im</strong><br />
technischen Bühnenbereich unter den SED Soldaten und der Stasi IM. Später<br />
mehr darüber.<br />
Nun wollte ich wissen, ob wir Bühnen Spezialisten <strong>von</strong> der Bühnenproduktion auf<br />
der Bühne auch vom Nico Schwabe in Richtung MfS für die Stasi Berlin<br />
abgehört wurden. Ein Zufall ergab sich hier <strong>von</strong> alleine.<br />
An einem Freitag, wir spielten „May fair Lady“. <strong>Das</strong> 5. Bild lief schon (…es grünt<br />
so grün…) und es nahm kein Ende mit dem Grünzeug. Hier spielte Hans<br />
Glogowski den Butler. Wir beide nutzten oft, die Leerlaufzeit aus für uns, auf der<br />
Seitenbühnen, um interessante politische Gespräche auszutauschen. Dabei hatte er<br />
den Mikroport mit der Hand zugehalten, um unsere Gespräche nicht mithören zu
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 34<br />
lassen <strong>von</strong> Nico in der Tonloge. Heute sollte er das nicht, alles mein hier Gesagtes<br />
sollte mitgehört werden (und auf Tonband mit aufgezeichnet werden) Glogo,<br />
seinen Bühnenrufnamen, sollte still sein.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 35
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 36<br />
Mit einfache Sexgeschichten<br />
überprüfe ich, wie wir auf der Bühne<br />
abgehört wurden.<br />
Also, ich erzählte frisch und frei, wie es soeben unter <strong>Männer</strong> ist, wenn sie alleine<br />
unter sich sind. Na klar, auch mal über den Sex tauscht man sich seine Erfahrungen<br />
aus und die neuen Erkenntnisse dazu. So auch an diesen Abend auf der<br />
Seitenbühne <strong>im</strong> 5. Bild, ich mit Glogo. Hier erzählte ich sehr drastisch und vulgär<br />
über Sex, über eine Sex Party, die ich am Vorabend bei einer Nacktparty erlebt<br />
hatte. Alles <strong>im</strong> Detail, direkt und das noch drei Uniformträger dabei waren, 6<br />
nackte Kerle in ein Bett, was zusammen gebrochen war, und alles mit viel nackte<br />
Liebe, Suff und handfester Party Sex nach unseren <strong>Männer</strong>lustwünsche. Glogo<br />
konnte sich das Lachen nicht halten, da er sofort merkte, warum es hier eigentlich<br />
geht.<br />
<strong>Das</strong> Gespräch musste abgebrochen werden, die Bühnenarbeit hatte jetzt Vorrang.<br />
Die <strong>Zeit</strong> vergeht. Nach 3 Wochen, nach drei Wochen, sieht mich Schwabe auf der<br />
Bühne und bekommt einen Wutanfall. Er schreit mich an, ich wäre ein Schwein<br />
mit meinem Sex, es wäre nicht zu ertragen mit mir, ich sei irre hier auf der Bühne.<br />
Oh, wie schön, und ich bekomme einen Lachanfall: Es hat geklappt, ich wurde per<br />
Mikroport mit abgehört. Aber warum musste Schwabe solange warten damit? Die<br />
mussten erst den Mann suchen mit meiner norddeutschen St<strong>im</strong>me. Glogos St<strong>im</strong>me<br />
war registriert, meine nicht, mit der ich in Glogos Mikroport alle<br />
„Sexgehe<strong>im</strong>nisse“ zuflüsterte. Nun war alles klar: Wir wurden aus der Bühne<br />
abgehört, nicht nur mit den Mikroporte der Solisten, sondern auch <strong>von</strong> den<br />
Richtmikrophone an das Bühnenportal. Diese Abhöhrmethode nutzte ich jetzt<br />
laufend aus, um aktuelle politische Nachrichten, aus der Berliner<br />
Bürgerrechtsbewegung an Mann zu bringen. Und die Abhörer hatten viel zu tun,<br />
Privates <strong>von</strong> der Politik zu trennen.<br />
Ja und wie war das Ende? 1985 wurde <strong>im</strong> Chor, Jana Schmiedel, neu engagiert,<br />
die fand Schwabe so schön, heiraten zusammen, und ein Junge wurde geboren. Die<br />
Wende kam, Schwabe nix wie rein in die West-CDU. Sein alter Herr Vater Willy<br />
Schwabe, besorgte schnellsten eine neue Anstellung für den Sohnemann in<br />
Westberliner bei dem Sender 100,4, als Tontechniker. Es war allgemein bekannt<br />
unter den Polit- Insider, dass die aktiven Berliner Stasileute <strong>im</strong> operativen Dienst<br />
sich in der Westberliner Wirtschaft verstecken konnten, sollten, mussten. Übriges<br />
kannte ich Willy Schwabe schon länger als Ost-Westgrenzgänger in einem<br />
Kontrollvorgang(Grenzkr<strong>im</strong>inalität) auf den Grenzkontrollübergang Drewitz-
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 37<br />
Dreilinden, wenn er mit einer Ostberlinen Sondergenehmigung <strong>von</strong> Ostberlin über<br />
Westberlin in die DDR fuhr zur DEFA in Potsdam-Babelsberg.<br />
Ja und unser <strong>Theater</strong>nachbar in der Plankstraße 30, die Stasikaserne? Es wurde<br />
sehr still um ihr nach dem 9. November1989. Aber am 06.07.1995 hatte ich und<br />
mein Kollege Peter Schultze , Jahrgang 1940, aus Berlin- Johannisthal, auch aus<br />
Garde der Requisite, die Gelegenheit genutzt, um in die leerstehende Kaserne rein<br />
zukommen. Ich nahm gleich meine Video Kamera mit. So hatte ich das Gebäude,<br />
diese Stasikaserne, <strong>von</strong> unten aus dem Keller bis oben auf dem Dachboden, alles<br />
aufgenommen. Aufenthaltsräume, Panzerschränke, Gefängniszellen, die gesuchten<br />
Abhörräume, Videoschnitt-Kabinen , Leitungs-und Führungsbüros,<br />
Telefonzentrale und <strong>im</strong>mer wieder Massen <strong>von</strong> Akten über Akten.<br />
Haushandwerkerräume <strong>im</strong> Keller mit allen Türschlösserreserven usw. Die<br />
Großküche, Speisesaal, Kinokabine mit sehr vielem Filme. Jede Menge Möbeln,<br />
Möbeln. Kfz-Werkstatt, Posteneinlass mit dem berühmten Panzerschlagbaum usw.<br />
usf. Die Großküche war fast vollständig vorhanden. Die Stasi hatte hier auch noch<br />
eine Foto Kabine aus dem Westen, wo man für 2.00 Westmark, Passfoto in einer<br />
Sel<strong>bs</strong>tbedienung herstellen konnte (für eine Passfälschung, für ein Stasi-<br />
Unwesen).<br />
Und dann waren mit einem Mal eine Ruhe und eine Stille in diese Stasi-Kaserne<br />
eingetreten, bis 1999. Eine Hektik brach aus, ein neuer Hausherr meldet sich aus<br />
der Ferne an, aus dem tiefen weiten Westen. Raten sie mal welcher? Ein alter Geist<br />
mit neuen Facetten: Etwas Militär, etwas Geist, etwas Vatikan, etwas<br />
Kirchenglockengeläute. Der neue Dienstherr war der Militärbischof der<br />
Katholische Kirche, Johannes Dyba, 67 Jahre, aus Fulda, verlegt <strong>im</strong> Rahmen des<br />
Bonner Umzug nach Berlin, seinen Militärbischofsitz in dieser ehemaligen<br />
Stasikaserne, jetzt Weidendamm 2. Nun, einfach gesagt, das Militär bleibt uns hier<br />
endlich auch erhalten. Auf 3300 Quadratmeter verteilte sich eine 72 köpfige<br />
Mannschaft um den Militärbischof, und der Papst hat seinen Segen mitgegeben.<br />
Aus meinem gedrehtem Video <strong>von</strong> der leerstehende Stasikaserne 1995, hatte ich<br />
eine VHS-Kassette zusammen gestellt, einen Begleitbrief geschrieben und hatte<br />
beides persönlich am 09.08.2001, 11.10 Uhr , in der ehemaligen Stasi-Kaserne, <strong>im</strong><br />
Sekretariat des Bischof in der 4. Etage abgegeben, mit aufklärende Worte. Hier<br />
nun der Begleitbrief zum Video an den Militärbischof :
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 38<br />
Rudolf Holtz Berlin, 08.08.2001<br />
K000000000straße 000<br />
12685 Berlin<br />
An<br />
Haus der Katholischen Kurie<br />
z.H. des Militärbischofs<br />
Planckstraße 30<br />
10117 Berlin<br />
Sehr geehrter Militärbischof!<br />
Der 13. August steht vor der Tür, der Tag des Mauerbaues. Aus diesem Anlass,<br />
und auch als Anlass zur Eröffnung des Haus der Katholischen Kurie, möchte ich<br />
Ihnen ein Video-Film übersenden. Eine Innenansicht eines verlassenen Stasi-<br />
Gebäude 1995. In dieses Gebäude war seit dem Mauerbaus 1961, eine Stasieinheit<br />
des MfS untergebracht, die zuständig war für die Personenkontrolle auf den<br />
Grenzbahnhof Friedrichstraße bis 1990. Ich hatte die Gelegenheit 1995 gehabt,<br />
dieses verlassene Stasi-Gebäude zu besuchen und eine Innenansicht mit der<br />
Video-Kamera festgehalten, für die Nachwelt und der Geschichte. Ich war<br />
<strong>Zeit</strong>zeuge eines verlassenen Gebäudes, wo jahrelang das Machtmonopol eines<br />
Staates und Partei herrschte und sie missbrauchte.<br />
Heute ist dieses Gebäude neu entstanden und es beherrscht die kath. Kurie, der<br />
Seelsorger der Bundeswehr, wo Sie als Bischof der Hausherr sind. Mögen Sie und<br />
Ihre Mitarbeiter viel Freude an und in das Haus haben, Möge die Diktatur des<br />
Sozialismus auch nie wiederkehren. Die nach uns Kommenden werden Fragen<br />
stellen, was war doch mal das Haus der kath. Kurie vorher? Hier ein kleiner<br />
Filmbeitrag für unsere Nachwelt.<br />
Schuld abladen verboten - nur mit Sondergenehmigung<br />
Mit freundlichen Grüßen <strong>von</strong> Haus zu Haus<br />
Herzlich Rudolf Holtz<br />
PS. In den Film auftauchende ungeklärte Fragen, die in den Film nicht zu deuten<br />
sind, werde ich sie eventuell aber durch den Anblick erkenne, stehe ich gerne zu<br />
Verfügung. Rudolf Holtz<br />
In zwischen sind über 13 Jahre vergangen, und der Militärbischof Johannes Dyba<br />
aus Fulda oder ein Stellvertreter hat sich bis heute noch nicht gemeldet, oder sich
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 39<br />
formlos bedankt. Die Kaserne hat sich auch eine neue Adresse zugelegt, statt<br />
Planckstraße 30, heißt die neue Anschrift: Planckstraße 26-28. Die Stasikaserne<br />
hatte ja auch eine schreckliche Vergangenheit <strong>im</strong> Ostberliner Sozialismus. Hier<br />
waren 12 dunklere Gefängniszellen, wo die Westberliner und Westdeutsche <strong>von</strong><br />
der Stasi-Passkontrolleinheit eingesperrt wurden nach einer Passkontrolle, wenn<br />
sie der DDR-Stasi nicht genehm waren. <strong>Das</strong> Haus, die Stasikarserne hatte noch <strong>im</strong><br />
Juli 1995 den Fäulnisgeruch eines Stasiknastes. Der Umbau der alten Stasi-<br />
Kaserne zum Haus der Kurie hat etwa vier Mio. DM gekostet. Im allgemeinen<br />
Sprachgebrauch war es eine N V A –Kaserne, und nicht eine Stasi-Kaserne. Der<br />
alte Militärgeist ist raus, ein neuer Militärgeist ist eingekehrt. Ich hoffe, der neue<br />
Hausherr kann auch heute ruhig schlafen unter den Stasi-Hausgeist.<br />
<strong>Das</strong> o.g. Video aus der Stasi-Kaserne Berlin-Mitte können sie sich ansehen unter:<br />
www. YouTube:<br />
-Eine verlassene Stasikaserne in Berlin-<br />
Mitte – DDR-Vergangenheit. Teil I.<br />
-Stasi-Kaserne Grenzübergang<br />
Friedrichstraße Berlin. Teil II.<br />
<strong>Männer</strong> morden <strong>Männer</strong><br />
1974: Ich bin <strong>von</strong> Niederschönhausen(Pankow) aus der Treskow Straße nach<br />
Berlin-Mitte in der Linienstraße umgezogen. Hier hatte ich mir in Parterre eine<br />
Stube-Küche Wohnung ausgebaut mit einer, der <strong>von</strong> den Berliner so geliebten und<br />
verehrten Außentoilette, als Vorläuferwohnung für eine spätere AWG-Wohnung<br />
in Marzahn. Man muss eine schlechte alte Wohnung haben, um sich bei der AWG<br />
(Arbeiterwohngenossenschaft) voranmelden zu können. Voranmelden! Wir<br />
Nichtberliner aus der Provinz hatten in Ostberlin den Sozialismus mit aufgebaut<br />
und bauen, bauen <strong>im</strong>mer noch daran. Deutsch für Nichtberliner. Nicht vergessen.<br />
Für das Leben, Wohnen, und Arbeiten in Berlin hatte ich auch eine unbefristete<br />
Aufenthaltsgenehmigung bekommen <strong>von</strong> der Kaderleitung des <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>.<br />
Die Kaderleitung hatte diese Aufenthaltsgenehmigung wiederum be<strong>im</strong> Magistrat<br />
<strong>von</strong> Groß-Berlin anfordern müssen. Also eine Daueraufenthaltsgenehmigung,<br />
unbefristet. Diese Genehmigung garantiert nicht einen Wohnraum in Berlin zu<br />
beantragen. Da muss man sich sel<strong>bs</strong>t bewegen. Der größte Teil der Berliner<br />
Wohnungen waren Wohnlöcher. Als Witwer, Waise und enterbter Alleinstehender,<br />
war es noch schl<strong>im</strong>mer mit Wohnraum bestellt. Die Berliner, die vor 1961 nicht
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 40<br />
nach Westberlin übergesiedelt sind, weil die Westberlin diese Ostberliner auch<br />
nicht mehr haben wollten, hatten den Rest die noch vorhandenen Wohnungen total<br />
verwohnt. Wir, die neuen Arbeitskräfte aus der Republik in Berlin, mussten erst<br />
mal deutscher Ordnung den Berliner beibringen. Aus der DDR und Ostberlin sind<br />
1961 47.433 DDR Bürger in den Goldenen Westen übergesiedelt, ohne den<br />
Sozialismus ADIOS zu sagen. Es wurden durch die Flucht <strong>von</strong> DDR Bürger auch<br />
endlich wieder Wohnungen frei.<br />
Die schwulen Berliner <strong>Männer</strong><br />
und das SED-Denken in Ostberlin<br />
Ich hatte alleine in Berlin 3 Ausbauwohnungen wohnbar gemacht. Ostberlin hat<br />
1971, 1.068.347 Einwohner, bei 5% homosexuelle Bürger während das 53417<br />
schwule <strong>Männer</strong> und Frauen. Als Hauptstadt, Kunst-und Kulturstadt leben<br />
bedeutend mehr schwule <strong>Männer</strong> in Berlin. Rechnen wir 60-70000 Schwule, da<strong>von</strong><br />
etwa 35.000 schwule aktive <strong>Männer</strong>. <strong>Das</strong> ist für eine sozialistische Hauptstadt eine<br />
geballte Kraft in der Gesellschaft. Die meisten <strong>Männer</strong> waren keine Berliner, also<br />
DDR Zugezogene. Diese schwule <strong>Männer</strong>gruppe wurde <strong>von</strong> den gewählten<br />
Parteien und gesellschaftlichen Organisationen überhaupt nicht bemerkt, noch ihr<br />
<strong>Das</strong>ein anerkannt. Sie galten als Webfehler der Natur in der sozialistischen<br />
Gesellschaft. Sie waren aber aktive Wähler für die Volkskammer der DDR in<br />
Berlin. <strong>Das</strong> war in den 80er Jahren einer der größten nicht wieder gut zu<br />
machender Fehler der politischen Führung in der DDR. Die schwulen <strong>Männer</strong> und<br />
lesbische Frauen hatten sich zusammen getan und hatten ihr eigenes<br />
homosexuelles Leben <strong>im</strong> DDR Sozialismus sel<strong>bs</strong>t in der Hand genommen. Der<br />
SED Staat und ihre Politik wollte mit Gewalt diese Minderheitsgruppe nicht<br />
anerkennen und sie in der sozialistische Gesellschaftsordnung mit einzureihen, ihre<br />
einfachen Lebensforderung politisch zu regeln. Nein, gerade diese schwule<br />
Minderheit wurde in der DDR auf das schärfte bekämpft als Kr<strong>im</strong>innelle <strong>von</strong><br />
Seiten des MfS, <strong>von</strong> der Stasi, <strong>von</strong> Seiten der Kripo I. und besonders <strong>von</strong> SED<br />
treuen Medizinern. Ich kenne sie alle namentlich aus dieser <strong>Zeit</strong>. Diese Mediziner<br />
suchten ständig Probanden für ihre medizinischen Versuche in Form <strong>von</strong><br />
Hormonbehandlungen. Ich komme auf dieses spezielle Thema aus Rostock und<br />
Berlin zurück. Nicht vergessen! Die Berliner Gerichtmedizin musste herhalten, um<br />
die Berliner Schwulen und Lespen aus der sozialistischen DDR<br />
Lebensgemeinschaft auszustoßen. Hier musste ein Frontmann her, ein Prof. Dr.<br />
Reiner Werner aus die forensische Rechtsmedizin herhalten, um mit der SED<br />
Ideologien gegen die Berliner Schwulen <strong>Männer</strong> zu kämpfen. Ich kenne Reiner<br />
Werner aus seinen Vorlesungen aus seinen Schriften „Homosexualität“,<br />
Herausforderung an Wissen und Toleranz(1987) in der Bekenntniskirche in<br />
Treptow, Plesserstraße. Diese Vorlesung wurde besonders geschützt <strong>von</strong> dem<br />
Stas<strong>im</strong>ann, Oberstleutnant Zeisewitz. Über Zweihundert Schwule und Lespen
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 41<br />
waren hier anwesend. Schon 1987 hatte dieser Ostberliner Personenkreis keine<br />
Interesse mehr an eine SED geleitete DDR. DDR Ja, SED Nein.<br />
Es entstand ein großer politischer Bruch gegen über der SED hier in Berlin und in<br />
der DDR. Die Schwulen und Lespen hatten sel<strong>bs</strong>tändige politische<br />
Sel<strong>bs</strong>thilfegruppen gegründet unter dem Dach der evangelischen Kirche. An<br />
jeden Tag in der Woche war in den am besten zugänglichen Berliner Kirchen ein<br />
Treffen unter den schwulen <strong>Männer</strong>n. Die lesbischen Frauen trafen sich <strong>von</strong><br />
Anfang an in der Gethsemane Kirche, <strong>im</strong> Prenzlauer Berg, mit Hilfe, der dort<br />
amtierender Pfarrer der Evangelischen Kirche. Hier waren ins besonders die<br />
schwulen <strong>Männer</strong> in Berlin die Avantgardisten der neuen <strong>Zeit</strong> vorbildlich für die<br />
Republik. Diese neue politischen Gruppenbildung in unserer DDR Gesellschaft, ab<br />
1980, waren der Anfang vom Ende der DDR, sie waren die berühmten Totengräber<br />
der DDR. Und ich war vom Anfang an mit dabei( am 4. November 1989 war das<br />
Ende der DDR).<br />
Dieser Kraftstrahl hat sich über die ganze DDR ausgebreitet, und alle, alle Bürger<br />
mit einem freiheitlichen Sinn für eine neue Demokratie in der DDR hatten sich<br />
angeschlossen und verbunden. Führende intellektuelle <strong>Männer</strong> und Frauen waren<br />
in der Bürgerbewegung schwul oder lesbisch in ihrer sexuellen Orientierung. Ein<br />
Beispiel:<br />
Der Stasiauflöser am Runden Tisch 1989, Werner Fischer, Jahrgang 1951, vom<br />
<strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> ist stockschwul. Ich habe ihn 1971 nach Berlin geholt aus<br />
Potsdam, Am Brunnen 16, Tel. 023.83025 und ihn eine Arbeit am <strong>Metropol</strong>-<br />
<strong>Theater</strong> besorgt. Er war da gerade erst 20 Jahre alt. Ich war sein politischer Mentor<br />
und hatte ihn das politische Rüstzeug mit gegeben, und das neue Verhalten<br />
gegenüber den Politgrößen in Berlin. Eine neue Denkweise angelernt, um sich als<br />
schwuler Mann in der sozialistischen Gesellschaft durchzusetzen. Werner Fischer<br />
gehörte der Gruppe „ Initiative Frieden und Menschenrechte „ (IFM) an. Ich<br />
sel<strong>bs</strong>t hatte eine harte Schule hinter mir be<strong>im</strong> Zoll, in dem ich jahrelang in dieser<br />
westlichen Nato Welt und mit ihrer freiheitlichen demokratischer Denkweise<br />
gelebt und gearbeitet hatte, Ende der 50er Jahre. Ich kannte alle Politgrößen der<br />
Bundesrepublik und die Eliten <strong>von</strong> Westberlin persönlich <strong>im</strong> Gespräche und ihr<br />
Denken und Handelsweisen in den Ost-West-Fragen. Die Berliner Filmfestspiele<br />
in Westberlin waren für mich sehr informativ und interessant, da ich jede<br />
Gelegenheit nutzte persönlichen Kontakt und Gespräche zu haben mit den<br />
einzelnen Diven. Ich war schon 1973 ein volles Mitglied einer politischen<br />
Sel<strong>bs</strong>thilfegruppe „IHWO“ in Hamburg. Später ausführlicher über dieses Thema.<br />
Sie werden sich noch wundern müssen über „<strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>“.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 42
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 43<br />
Tanz auf dem Vulkan<br />
So, nun aber ran, an die <strong>Männer</strong> morden <strong>Männer</strong>. Die 80er Jahren waren voller<br />
Ereignisse in der Umwandlung der Gesellschaft in der DDR. Hier ins besondere in<br />
der Hauptstadt Berlin. Die Leute lebten offener ihr privates Leben in den Alltag<br />
hinein mit allen Sorgen, Nöten und persönlichen Konflikten. Auch bei den<br />
schwulen <strong>Männer</strong>n begann der Tanz auf dem Vulkan. Schon in den 70er Jahren<br />
zeichnet sich die unerfreulichen Ereignisse <strong>im</strong> Privat-und Szenenleben ab, bei den<br />
in Berlin lebenden schwulen <strong>Männer</strong>n. Die <strong>Männer</strong> wurden offener in ihrer<br />
sexuellen Orientierung in der Öffentlichkeit. Dies wiederum lockte <strong>Männer</strong> an, die<br />
sich einen finanziellen Vorteil, oft als Hette, herausschlagen wollten. Es gab aber<br />
auch unter die schwulen <strong>Männer</strong> reichlich kr<strong>im</strong>inelle und arbeitsscheue <strong>Männer</strong> die<br />
<strong>von</strong> anderen <strong>Männer</strong>n leben wollten. Sie wurden als „Schwule Nomaden“<br />
gekennzeichnet in der Berliner <strong>Männer</strong>unterwelt.<br />
<strong>Das</strong> erste Berlin bekannte <strong>Männer</strong> Mord<br />
Der erste bekannt gewordener Mord in der Szene an einem homosexuellen Mann<br />
in Berlin, war der langjähriger Freund <strong>von</strong> Jürgen Walter, ein landesweit<br />
bekannter Chansonsänger und Conferencier in der DDR- Unterhaltungsbrange.<br />
Sein Freund wurde bestialisch ermordet, so dass Jürgen Walter sich nie wieder<br />
da<strong>von</strong> erholt hatte. Er hatte sich eine neue sexuelle Orientierung zu gelegt. Sein<br />
Freund war als Schauspieler und Kabarettist bei der Distel engagiert. <strong>Das</strong><br />
politische Kabarett “ Die Distel „ hatten ihr Domizil <strong>im</strong> Vorderhaus des<br />
Admiralspalast in der Friedrichstraße 101-102, <strong>im</strong> Hinterhaus war das <strong>Metropol</strong>-<br />
<strong>Theater</strong> untergebracht. Hier waren oft Solisten <strong>von</strong> der Distel zu Gast. Es gab eine<br />
lockere Zusammenarbeit zwischen den Bühnen, auch auf der technischen Ebene.<br />
Dem technische Direktor hatte ich aus meinen Fundus oft ausgeholfen. Die Kripo<br />
hatte keine Anhaltspunkte. Ob der Mord aufgeklärt wurde blieb unbekannt.<br />
Eberhard Schwartz, genannt Blacky<br />
Außergewöhnliches Aufsehen hat der Mord an Eberhard Schwartz, 104 Berlin-<br />
Mitte, Invaliden Straße 106, Tel. 4228402, <strong>im</strong> Jahr 1977. Eberhard Schwarz wurde<br />
in ganz Berlin und in der DDR nur Blacky genannt. Blacky war ca. 30 Jahre alt,<br />
und hat am alten Friedrichstadtpalast, das Haus der 3000, als Chef- Requisiteur<br />
angefangen. Daher kennen wir uns schon beruflich durch den Austausch <strong>von</strong><br />
Requisiten und <strong>von</strong> den einzelnen Fachlehrgängen unseres gemeinsamen Berufes<br />
<strong>im</strong> Deutschen <strong>Theater</strong> all die Jahre. Unser Fundus ist hier bedeutend größer. Man<br />
hilft sich <strong>im</strong>mer gerne aus. Durch seine neu auftretende Bechterewsche Krankheit<br />
konnte er nicht mehr die schwerbelastende Arbeit in der Requisite ausführen und<br />
kadermäßig wurde er den Bühneninspizienten unterstellt. Hier war seine<br />
Hauptaufgabe mit, die Gastsolisten aus der Künstlergarderobe zu der Bühnengasse
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 44<br />
zuführen, <strong>von</strong> wo der Auftritt beginnt, und anschließend nach Auftritt wieder aus<br />
der Abtritt Gasse zur Künstlergarderobe zu führen. Hinter der Bühne ist die<br />
Unfallgefahr sehr groß, durch die Dunkelheit. <strong>Das</strong> ist sehr wichtig, da der alte<br />
Friedrichstadtpalast hinter der Bühne stark verbaut war. Diese Bühnenhilfe für die<br />
Gast- Solisten ist an allen großen Häusern so üblich, wo viele Gäste auftreten.<br />
Somit hatte Blacky eine wunderschöne Aufgabe gehabt in der Bühnenproduktion<br />
und lernt jeden großen Superstar dieser Welt kennen <strong>von</strong> Angesicht zu Angesicht.<br />
Insbesondere die Diven aus der westlichen Unterhaltungsindustrie. Er ist sehr<br />
aufgeschlossen, kontaktfreundlich, ein außergewöhnlicher, freundlicher, netter<br />
Mann zu den Herren und den Damen. Und er sah gut aus mit seinem schwarzem<br />
Haar. Wir hatten beide einen guten Draht zueinander. So wusste ich schon vor<br />
einer Fernsehaufzeichnung, wie menschlich die Diven hinter der Bühne sind.<br />
<strong>Theater</strong>fachleute messen ganz genau, was für ein Geist so ein<br />
Unterhaltungskünstler drauf hat, außer seinen dressierten Bühnenauftritten. Also,<br />
Blacky war rundherum und überall beliebt. Aber auch bei den <strong>Männer</strong>n in Sex und<br />
in der Liebe. Telefonisch war er <strong>im</strong>mer dienstlich erreichbar: 4225501.221.<br />
Der Mord an Blacky<br />
Wie kam es zur dieser Sachlage, zu diesem Mord? Es war an einem<br />
Sonntagnachmittags, gegen 14.30, legte er seine neue Platte auf, <strong>von</strong> Nana<br />
Mouskouri, die er persönlich <strong>von</strong> ihr bekommen hat. Die Plattenmusik wollte<br />
jeder mit hören in seinem hellhörigen Wohnhaus. Blacky hatte einen freien Tag,<br />
zog sich schwulchic an und machte sich recht männlich zurecht. Er ging gegen<br />
14.45 aus dem Haus und fuhr direkt zum Alexanderplatz, um einen Kerl<br />
aufzureißen unter den Touristen. Er kehrte zuerst in die Bierkneipe <strong>im</strong> Beroliner<br />
Haus ein. Hier waren wenige Gäste anwesend. 5 <strong>Männer</strong> wurden gezählt mit den<br />
Kneiper. Er hat sich zu einem Bekannten mit an den Tisch gesetzt, wo auch ein<br />
unbekannter junger Mann mit an saß. Blacky und der für alle schwulen Gäste<br />
unbekannter Mann, um die 30 Jahre, wurden sich schnell einig und verließen die<br />
Kneipe schon nach sehr kurzer <strong>Zeit</strong>. Hier wurde er <strong>von</strong> den späteren Zeugen das<br />
letzte Mal leben gesehen.<br />
Gegen 19.30 wollte die Nachbarin <strong>von</strong> Blacky ihm etwas fragen. Auf dem<br />
Treppenflur sah sie, dass seine Wohnungstür nur leicht angelehnt offen stand. Sie<br />
hat seinen Namen gerufen, es kam keine Antwort aus der Wohnung. Sie öffnete<br />
leicht die Wohnungstür und sah nun Blacky nackt und blutüberströmt auf dem<br />
Bauch auf dem Wohnungsflur regungslos liegen. Mit dem Kopf zur Wohnungstür.<br />
Sofort wurde die Polizei gerufen.<br />
Blacky hatte eine Verabredung mit einer Kollegin in seiner Wohnung für 20.00<br />
Uhr gehabt. Diese Kollegin kam nun dazu, als die Polizei bei der ersten<br />
Untersuchung war. Sie stelle sich vor, und erklärte welche Beziehung sie zu<br />
Blacky hat und ihr Grund des Kommens. Ein Kr<strong>im</strong>inalpolizist fragte nun, da sie<br />
die Wohnung <strong>von</strong> innen genau kannte, ob in der Wohnung etwas fehlte. Nach
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 45<br />
einem Rundgang meinte sie, nein es fehlten keine Gegenstände, aber die schwarze<br />
Lederjacke auf dem Flur an den Garderobenhacken wäre nicht Blacky seine Jacke.<br />
Somit hatte nun die Kr<strong>im</strong>inalpolizei einen Anhaltspunkt <strong>von</strong> dem eventuellen<br />
Mörders. <strong>Das</strong> war Sonntag.<br />
Montag ist für alle Berliner <strong>Theater</strong> ein freier Tag. Die schwule <strong>Theater</strong>szene hat<br />
sich an diesem Tag in der Sauna, in der in der Gartenstraße in Berlin-Mitte,<br />
getroffen. Hier wurde bekannt, das Blacky am Sonntag in seiner Wohnung<br />
ermordet vor gefunden wurde. Die Freundin <strong>von</strong> Blacky hat die wichtigsten<br />
Szenenleute noch am Sonntagabend telefonisch benachrichtig <strong>von</strong> diesem Mord.<br />
Auch das KBB (Künstlerischen Betrie<strong>bs</strong> Büro) vom Friedrichstadtpalast. Somit<br />
war es ein kleiner Kreis <strong>von</strong> <strong>Theater</strong>leuten die diese Sachlage über den Mord <strong>von</strong><br />
Blacky bekannt war. Am Dienstagvormittag begann der Probenbetrieb in allen<br />
Berliner <strong>Theater</strong>n. Alle schwulen <strong>Theater</strong>männer und Blackys Freunde wurden<br />
genau informiert, was in seiner Wohnung geschah. Flächendeckend war über ganz<br />
Ostberlin am Dienstag für jeder gut informierter Schwuler bekannt, was sich in<br />
Blackys Wohnung ereignet hatte am Sonntag.<br />
Die Hauptwarnung war für alle aktiven schwulen <strong>Männer</strong>n: Vorsicht vor<br />
szenenfremde <strong>Männer</strong>n, vor Berlin Touristen. Es sind Mörder in unserer Stadt.<br />
Kripo <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong><br />
Ostberlin war eine Telefonarme Stadt. Ein elend für uns so kontaktfreudigen<br />
Schwulen. Alle Telefonate wurden über das Betrie<strong>bs</strong>telefon vorgenommen. Ich<br />
hatte in Berlin 15 Jahre auf einen Telefonanschluss gewartet mit 10<br />
Dringlichkeitsbescheinigungen. Schon am Mittwoch früh, vor 8.00 Uhr war die<br />
Kripo in unserem <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>. Sie sperrte jeden Eingang ab. Alle <strong>Männer</strong><br />
konnten rein ins Haus, aber kein Mann durfte raus.<br />
Von diesen Tag an wurde jeder homosexueller Mann in der DDR, ob er ledig oder<br />
verheiratet war, <strong>von</strong> der Kripo, später <strong>von</strong> der Stasi , verfolgt , vernommen,<br />
erpresst, und in einer Rosaliste namentlich festgehalten. Rosalisten nach dem<br />
Vorbild der SS und Kripo <strong>im</strong> Reichssicherheitshauptamt <strong>von</strong> 1933 -1945. Die<br />
meisten schwulen <strong>Männer</strong> wussten gar nicht warum und weshalb dieses mit ihnen<br />
geschah. Es zog sich Jahr um Jahr hin durch alle Provinzen, durch die ganze<br />
Republik der DDR. Jede Ecke der DDR, jeder Betrieb in der DDR wurde<br />
abgesucht nach Homosexuelle <strong>Männer</strong>n. 1976 wurde der Kampf der DDR gegen<br />
die Homosexuellen <strong>Männer</strong> aus der DDR gesetzlich <strong>von</strong> der Volkkammer in<br />
Ostberlin mit begründet und als „Politischer Strafbestände“ in das DDR<br />
Strafgesetzbuch als besonderer Teil aufgenommen.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 46<br />
Der Grund war ganz einfach, die Gesellschaft in der DDR und die<br />
Sicherheitsorganen wussten nicht, oder wollten es nicht wissen, wie groß diese<br />
Schwule Szene ist und dass sie unerhört gut vernetzt war untereinander. Fragen sie<br />
einen schwulen Mann zum Mord <strong>von</strong> Blacky, wussten es gleich 40-60 Freunde,<br />
Bekannte Kollegen, Nachbaren. Die Kripo lief <strong>im</strong>mer hinter her, ohne ein<br />
aufklärendes Ergebnis. Die Kripo, später die Stasi nutzte nun <strong>von</strong> sich aus als ein<br />
Aushängeschild Blackys Mord, um alle schwulen <strong>Männer</strong> zu registrieren, zu<br />
erfassen, um überhaupt einen Überblick zu bekommen über diesen nicht zu<br />
kontrollierende Gesellschaftsgruppe in der DDR. Es könnte hier eine größere<br />
Gefahr sich entwickeln gegen den Sozialismus. Für schwule <strong>Männer</strong> gibt es keine<br />
Staatsgrenzen, sie sind auch mit der westlichen Nato Welt vernetzt. Hier liegt der<br />
wahre Grund, dass die homosexuellen <strong>Männer</strong>, zu diesem <strong>Zeit</strong>punkt, zu den<br />
Verfolgten in der sozialistischen DDR Gesellschaft wurden. Schwule DDR Bürger<br />
waren auch ständig willig die DDR zu verlassen und in der Bundesrepublik<br />
überzusiedeln. Die stärkste Gesellschaftsgruppe der DDR waren auch die schwulen<br />
<strong>Männer</strong>, die einen Ausreiseantrag stellten bei den DDR Behörden zur<br />
Übersiedlung in die Bundesrepublik. Hier <strong>von</strong> wollten die verantwortlichen DDR<br />
Politiker nie etwas <strong>von</strong> Wissen.<br />
Für viele <strong>Männer</strong> brach eine Welt zusammen. Pateifunktionäre,<br />
Regierungsangestellte, Uniformträger, der einfache Ehemann blieb nicht<br />
verschont <strong>von</strong> dieser Stasiverfolgung. Aus einem Zeugen wurde anschließend<br />
sofort ein Täter gemacht <strong>von</strong> der Stasi. Gewollt oder auch nicht. Außerdem hatte<br />
die Stasi genügend Helfers Helfer gefunden, die in der schwulen <strong>Männer</strong>szene<br />
gingen und zum politischen Verräter wurden. Ab die 80er Jahre war es gang und<br />
gebe unter die Homosexuelle für die Stasi zu werben. Ich komme hier genau noch<br />
auf die einzelne namentlich bekannten schwulen <strong>Männer</strong> zurück, die offiziell für<br />
die Sicherheitsbehörde tätig waren. Entweder wurden sie erpresst <strong>von</strong> der Stasi<br />
oder sie waren mit Lust und Freude dabei und hatten sich sel<strong>bs</strong>t angeboten. Nun<br />
heute wollen sie alle, alle nur Opfer gewesen sein. Blacky Mord lässt sich sehr<br />
schwer aufklären.<br />
<strong>Meine</strong> Kripo Vernehmung<br />
Ich wurde an den besagten Mittwoch gleich <strong>von</strong> der Bühnen Technik als zweiter<br />
Mann zum Technischen Direktor Horst Meyer in sein Büro gerufen. Mein erster<br />
vernommener Kollege Klaus Eck, der ausgerechnet noch mit einen Berliner<br />
Kr<strong>im</strong>inalkommissar(Mordkommission) zusammen lebt und auch zusammen<br />
wohnte in einem Hochhaus nahe Jannowitzbrücke, warnte mich schon auf der<br />
Treppe, warum es hier überhaupt geht. Ich war be<strong>im</strong> Zoll sel<strong>bs</strong>t<br />
Vernehmungsführer gewesen und lasse mich nicht auf die Bretter hauen. Ich sah<br />
diese Befragung, diese Vernehmung als reiner Informationsspektakel an. Wollen<br />
doch mal sehen, wo diese Kripo die Fallstricke legen, wie ein Zeuge zu einem<br />
Täter wird?
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 47<br />
Zwei Polizisten in Zivil sitzen am Tisch und fragten mich, ob in meinen<br />
Bekannten Kreis etwas passiert wäre. Nicht was ich wüsste, war die Antwort. Ob<br />
ich einen Herren Schwarz kenne? Ich: Der ist am Sonntag ermordet worden.<br />
Außerdem ist das nicht mein Bekannter, sondern ein <strong>Theater</strong>kollege. Warum bin<br />
ich hier? Als Zeuge oder als Täter? Wir wollen Sie nur über Herrn Schwarz<br />
befragen, da sie in sein Telefonbuch stehen. Ich habe kein Telefon, das ist die<br />
Telefonnummer <strong>von</strong> meinem <strong>Theater</strong>, und in meinem Telefonbuch bekommen sie<br />
keinen Einblick, das wollen sie nur haben, um <strong>von</strong> alle meinen bekannten<br />
Leuten ihre Adressen zu sammeln, und über mein Infonetz mehr zu wissen. Wir<br />
<strong>Männer</strong> kennen das Spielchen der Polizei sehr gut und sind über ihre Praktiken der<br />
Befragung bestens informiert.<br />
Der Technische Direktor Horst Meyer<br />
ein Spitzel des MfS<br />
Und weiter so <strong>im</strong> Text: Wann habe ich Herrn Schwarz das letztes Mal gesehen,<br />
welche Leute kennt er usw. Ergebnis der Polizeibefragung bei mir war gleich<br />
Null. <strong>Das</strong> schl<strong>im</strong>mste an der Sache war, was suchte bei der Polizeibefragung zu<br />
einem Sachverhalt hierbei der Technischer Direktor Horst Meyer überhaupt?<br />
Bekannt ist ja, dass er mit seiner Lebensgefährtin Erika Löffler, Maskenbildnerin<br />
an unser <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>, einen Garten hat, direkt an der Berliner Mauer<br />
Sonnenallee. Hier macht er den Frontmann für Sicherheit und Ordnung in dieser<br />
Gartenkolonie für das MfS. Außerdem war er <strong>im</strong>mer ein Feind der<br />
Homosexuellen <strong>Männer</strong> gewesen, bis ins hohe Rentenalter.<br />
Die Alarmglocken läuten. Sofort informierte ich meinen Kumpel und Freund aus<br />
der He<strong>im</strong>at, Chef des Eliten- Damensalon Madelaine in der Reinhardstraße 8,<br />
Hans-Joach<strong>im</strong> Zemeitat,. Er und seine 17 Damenfriseusen in diesem Salon und<br />
auch ihre Kundschaft sorgten für den nötigen Informationsumlauf, über die<br />
Vernehmungstaktik der Kr<strong>im</strong>inalpolizei aus der Keibel Straße, in den Mordfall<br />
Eberhard Schwarz. Was wollen die Leute aus der Keibel Straße <strong>von</strong> uns schwulen<br />
<strong>Männer</strong> wissen und die Methode ihrer Befragung. Keiner soll sein privates<br />
Telefonbuch bei sich haben. Sel<strong>bs</strong>t einen Zeugen suchen, wo er an diesen<br />
Mordsonntag war, für ein eigenes Alibi.<br />
Ein schwaches Ergebnis der Kripo<br />
über den Mord <strong>von</strong> Blacky
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 48<br />
Endergebnis dieses traurigen Schicksals <strong>von</strong> Blacky: Der Mörder konnte nicht<br />
gefasst werden, da er am Montag nach dem Mordsonntag in den Strafvollzug<br />
musste und eine Strafe <strong>von</strong> 18 Monate abzusitzen sollte. Hier war er sicher vor<br />
einer Polizeiverfolgung. Die Polizei kam nicht darauf, auch mal in den<br />
Strafvollzug nachzufragen, wer ist am Montag nach diesem Mordsonntag <strong>im</strong><br />
Strafvollzug eingeliefert worden. Somit konnte er <strong>von</strong> der Kripo nicht gefasst<br />
werden.<br />
Nach ca. 20 Monaten, nach der Mordtat, wurde der Mörder durch einen Zufall <strong>im</strong><br />
Kreis Rudolfstadt bei einem Laubeneinbruch <strong>von</strong> der Polizei erwischt worden.<br />
Man klärte den Sachverhalt der Laubeneinbrüche vor Ort. Hier bei stelle die Kripo<br />
fest, der Mann wurde schon lange <strong>von</strong> der Kripo Ost Berlin laut Fahndung gesucht.<br />
Als er hörte, es geht nach Berlin, wusste der Mann, warum es in Berlin geht und<br />
machte hier schon ein Teilgeständnis. 7 Jahre Haft hat er bekommen, und ist noch<br />
in der alten DDR entlassen worden aus dem Strafvollzug. Aber dadurch konnte<br />
Eberhard Schwarz auch nicht mehr zum Leben rückgerufen werden.<br />
Die Zeugen <strong>im</strong> Mordfall Eberhard<br />
Schwartz und ihre Geschäfte<br />
Als einer der Zeugen aus der Bierkneipe war auch der Geschäftsführer des Bristol<br />
Cafe „Zum Palatschinken“, am Alexanderplatz, <strong>im</strong> Sparkassenhaus, Herr Kurt<br />
H0000, Platz der Vereinten Nationen 00, Tel. 4290000, genannt die Henne. Er<br />
wurde in U-Haft genommen, weil so nebenbei, um die Befragung des Mordfalles,<br />
auch seine Unterschlagung als Geschäftsführer dieses Bristol Cafe an das<br />
Tageslicht kam. Der Geschäftsführer der Fischgaststätte „Gastmahl des Meeres“,<br />
1020 Berlin, Spandauer Straße 4, Tel. 2123286, kam in U-Haft wegen<br />
Unterschlagung. Er hat billigen Dorsch für hochwertigen Seelachs verkauft. Die<br />
Fisch- Gaststätte wurde erst mal geschlossen, bis zu Klärung dieser Vorfälle. <strong>Das</strong><br />
war so auch noch ein Nebenprodukt der Untersuchungen zum Mord <strong>von</strong> Blacky.<br />
Der Mörder hatte Blacky auf seinen Wohnungsflur mit 17 Messerstichen in den<br />
Rücken ermordet. Grund war, das Blacky wollte keinen Sex mehr mit diesen<br />
Mörder haben, nach dem er festgestellt hatte, der Mörder muss am Montag in den<br />
Knast. Dabei ist der Mörder ausgerastet und hat mit sein eigenes Taschenmesser<br />
zugestochen. Blacky wollte fliehen, brach aber auf dem Flur zusammen. Der<br />
Mörder ist sofort nach der Tat aus der Wohnung gelaufen mit dem<br />
Taschenmesser in der Hand und hat dabei seine Lederjacke auf dem Flur hängen<br />
lassen. In der Eile des Mordablaufes hat er vergessen die Wohnungstür zu<br />
schließen.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 49<br />
Der Mörder kommt durch<br />
das Fenster<br />
Ein weiterer Fall eines Mordes wurde in der <strong>Männer</strong>szene bekannt: Zwei<br />
befreundete <strong>Männer</strong> feierten in Prenzlauer Berg, <strong>im</strong> ersten Hinterhof, Seitenflügel,<br />
einen Geburtstag. Ein Gast brachte einen Freund aus Prag mit. Der Prager wollte<br />
mit einen der Gastgebern Sex haben. Der Hausherr lehnte es ab, worauf der<br />
Prager Mann die Feier verlassen hatte. Er versteckte sich auf den Hof, hinter den<br />
Mülltonnen. Als die Feier zu Ende war, brachte einer der beiden Freunde die<br />
Gäste über den Hof, über den Hausflur zu Haustür. Der zweite Freund öffnete die<br />
Fenster in der Parterrewohnung. Hier ist der Mann aus Prag in das Fenster<br />
gestiegen. Es kam zu einer Rangelei zwischen den beiden <strong>Männer</strong>n, wobei der<br />
Mann aus Prag den Wohnungsbesitzer mit einem Messer erstochen hat, und wieder<br />
aus dem Wohnungsfenster, über den Hof, später über den Hausflur, Haustür<br />
geflohen ist. Als der 2. Freund in der Wohnung zurückkam, fand er seinen Freund<br />
tot auf den Fußboden. Die Kripo hat wochenlang in der Berliner Schwulenszene<br />
einen Mörder gesucht ohne Erfolg. Monate später sind sie erst auf den Prager Gast<br />
gekommen, der die Geburtstagsfeier früher verlassen hatte .Nun suchte man<br />
diesen Mann aus Prag. Ein Jahr später ist er bei der Einreise in die DDR gefasst<br />
worden. Er war nicht aus Prag, sondern aus einem kleines Städtchen bei Prag.<br />
Der Mörder aus den „Burgfrieden“<br />
Hier noch so ein Mord <strong>von</strong> neben an: Sommer 1985. An einem Sonnabend, früh,<br />
wird die Polizei über 110 <strong>von</strong> einem Mann gerufen, seinen Kumpel in der<br />
Wichertstraße, Friedrichshain, liegt tot in seiner Wohnung. Er wollte seinen<br />
Kumpel besuchen und stellte seinen Tot dabei fest. Sofort über nahm hier die<br />
Morduntersuchungskommission ihre Arbeit auf, die eine Erfahrungen in<br />
Schwulenmorde in Berlin hatte .<strong>Das</strong> Opfer war ein Stadt bekannter und<br />
Landesweit erfolgreicher freischaffender Conferenscier <strong>von</strong> 39 Jahren, der sehr oft<br />
in der schwulen Gaststätte „Burgfrieden“ in der Wichertstraße verkehrte. Hierbei<br />
auch nach Lust und Laune einen bekannten oder unbekannten Kerl aus dieser<br />
Kneipe für das Bett mitnahm. Hier in dieser schwulen Kneipe lernte das Opfer<br />
auch seinen Täter kennen und hatten sporadisch einen flotten Sex <strong>im</strong> Bett. Aber in<br />
der Nacht <strong>von</strong> Freitag zum Sonnabend kam es unbekannterweise zwischen beiden<br />
<strong>Männer</strong> <strong>im</strong> Bett zu einem Streit, wobei der Täter das Opfer mit mehreren<br />
Messerstichen ermordet hatte. Der Täter hatte die Wohnung des Opfers verlassen<br />
in dem er eine große Anzahl <strong>von</strong> Diebesgut mitnahm. Geld, Schmuck,<br />
tontechnische Geräte usw. Durch die technischen Daten dieser Geräte konnte der<br />
Täter schon nach Fünf Tage ermittelt werden. Hierbei hatte die Kripo einer großen<br />
Zahl <strong>von</strong> Helfern aus den Freundes- und Bekanntenkreis des Opfers. Der Täter<br />
konnte ermittelt werden. Ein Maler Andreas S. Der Streit <strong>im</strong> Bett ging um
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 50<br />
persönliche Nichtigkeiten zwischen den beiden <strong>Männer</strong>, zwischen den Täter und<br />
das Opfer. Nach 36 Stunden konnte die Berliner Morduntersuchungskommission<br />
mit all den Helfern <strong>von</strong> Spezialisten <strong>von</strong> Kr<strong>im</strong>inaltechniker, Gerichtsmediziner,<br />
und Staatsanwälten an diesem Juni-Wochenende abgeschlossen werden. Der Täter<br />
war geständig zu seiner Tat, zu seinem Mord.<br />
Auch in Rostock werden<br />
<strong>Männer</strong> ermordet<br />
Und so ging es weiter und weiter mit dem Morden in der Berliner Schwulenszene.<br />
Bei den 12. <strong>Männer</strong>n Mord, die flächendeckend bekannt wurden, habe ich<br />
aufgehört zu zählen. Man hatte Angst bekommen überhaupt einen fremden Mann<br />
mit nach Hause zu nehmen, mit ins Bett zunehmen oder so einfach mal so ansehen,<br />
so neben bei.<br />
Aber auch in Rostock ereignete sich ein furchtbarer Mord an einem alten Freund,<br />
Bekannten und Schwuler Werner Behrends, 50 Jahre alt, Chef <strong>von</strong> der HO<br />
Nachttanzbar „Troccadero“, am Doberaner Platz. Unsere Rostocker <strong>Männer</strong>clique<br />
war oft zu später Stunde hier und wir hatten uns das neue<br />
Nachtkabarettprogramm angesehen. Werner hat uns aus seiner Bar gratis ein<br />
„ Kräftigen“ eingeschenkt. Die drei Rostocker Nachttanzbars waren ein<br />
„Drei Gestirn“. Troccadero, am Doberaner Platz, Ulmenbar, in der Ulmenstraße,<br />
und die Storchenbar in der Langen Straße. Man lotste sich oft die Gäste<br />
gegenseitig zu, um die Lokale voll zubekommen, wenn zu viele Gäste da waren.<br />
Die Chefs dieser Tanzlokale besuchten sich oft untereinander in eine jeweilige<br />
Tanzbar in der Woche.<br />
Am Sonnabend, den 27.04.1968 war Werner Behrends wieder mal in der<br />
Storchenbar zu beruflichen Gespräche. Hier lernte er seinen Mörder kennen.<br />
Dietrich M., Sandstrahler <strong>von</strong> Beruf . Besuchte schon angetrunken die Storchenbar<br />
auf der Suche nach einer Arbeit als Kellner. Hier bei lernte er Werner Behrends<br />
kennen, und er wollte ihn bei der „Arbeitssuche behilflich“ sein. Man könnte es<br />
bei ihm zuhause genau alles durchsprechen und in näheren zwischenmenschlichen<br />
Kontakt <strong>von</strong> Mann zu Mann kommen. Er wohnt ja um die Ecke,<br />
Schnickmannstraße 13. Gesagt und getan.<br />
Beide sind in die Wohnung <strong>von</strong> Werner Behrends zu später Stunde gegangen. Aus<br />
ungeklärten Umständen kam es hier zu einem Streit, worauf der Dietrich M. mit<br />
starker Gewalt auf Werner Behrends einschlug, so dass er das Jochbein <strong>von</strong><br />
Werner Behrends zertrümmerte. Hierbei kam Werner Behrends zu Tode.<br />
Nach einer Befragung <strong>von</strong> der Garderobenfrau aus dem Troccadero, Inge Seidel,<br />
durch die Kripo, informierte sie alle Freunde <strong>von</strong> Werner Behrends <strong>von</strong> diesem<br />
Mord. So auch unser Mann aus unser <strong>Männer</strong>clique Günhter Camin, Rostock,
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 51<br />
Fritz-Reuter-Straße 70, der mich <strong>von</strong> diesem Mord genau informierte. Der Mörder<br />
bekam nur 5 ½ Jahre Haftstrafe, und war ein Hette.<br />
<strong>Das</strong> Wunder eines DDR HO Gastronom kam jetzt nach Jahren unser Freundschaft<br />
hier zu Tage. Als die Kripo nun die ersten Untersuchungen in Werner Behrends<br />
Wohnung (Untermieter Z<strong>im</strong>mer) unternahmen, stellten sie eine Unmenge an DDR<br />
Mark und eine nicht überschaubare Menge an Devisen fest. In allen Schränken und<br />
unter das Bett ,wo Behrends tot drauf lag. Die Polizei musste erst einen visierten<br />
Bankfachmann anfordern, um überhaupt einen Überblick über diese große<br />
unterschiedliche Währung zu bekommen. Von der Stückzahl war noch gar nicht<br />
die Rede. <strong>Das</strong> Wort große Unterschlagungen in einem Volkseigenen HO Betrieb<br />
machte an allen Schwulen- und Hetten Kaffeekränzchen die Runde, der<br />
Sensationsklatsch aus Rostock.<br />
Ein Fetischist in der Rostocker Polizei<br />
Und hier noch so einen sehr kurioser Vorfall aus Rostock: Schwule <strong>Männer</strong> und<br />
die sozialistische Staatsmacht. Lesen sie diese Episode sehr genau durch,<br />
vielleicht ist ihnen auch so was auf den Rostocker Wall passiert oder erlebten es in<br />
den finsteren Nächte, um halb Zwölf.<br />
Anfang der 70er Jahre, ich wohnte schon in Berlin, und war in Rostock <strong>im</strong><br />
Sommer <strong>im</strong> Urlaub. Die Ostseewoche war angesagt. Alle <strong>Männer</strong> trafen sich am<br />
Tage am Strand <strong>von</strong> Markgrafenheide und abends auf den Rostocker Wall zum<br />
Cruising und Informationsaustausch, mit etwas Liebe und etwas Klatsch und<br />
Tratsch. Klar auch etwas Testoteronaustausch war auch dabei. An einem schönen<br />
Sommerspätabend traf ich alte Bekannte aus Berlin. Peter Bohnenstengel,<br />
Jungstraße 000, 10247 Berlin-Friedrichshain, Tel. 0914000, <strong>von</strong> der Hochschule<br />
für Film und Fernsehen, Potsdam-Babelsberg, und Hans-Joach<strong>im</strong> Engel<br />
Fanningerstraße 000, 1130 Berlin-Lichtenberg, Tel. 5599000, Beruf Kellner. Beide<br />
kommen aus Ribnitz-Damgarten, und machen dort auch Urlaub.<br />
Der Mond schien hell, so dass man die Umgebung <strong>von</strong> ca. 50 Meter erkennen<br />
konnte. Wie aus dem Blitz stand ein Hauptwachmeister der Volkspolizei neben<br />
uns, fing mit uns an zu pöbeln und zu schreien, wo doch eigentlich kein Grund<br />
vorlag. Er wollte unsere Ausweise sehen, und wir sollten uns auf eine Bank setzen.<br />
Mit einer Taschenlampe leuchtet er uns ab. Mir kam das alles recht komisch vor,<br />
es geht in Rostock nachts kein Polizist alleine auf Streifendienst. Schon gar nicht<br />
auf den Wall, mit allen den menschlichen freundlichen schwulen Problemen. Ich<br />
wurde zuerst nachhause geschickt, und bin auch nachhause mit dem Bus gefahren.<br />
Die Sache wäre schon lange, lange vergessen, wenn nicht Ende der 80er Jahre, ich<br />
mit einen Berliner Freund Jürgen Treuherz zur Schwulen-Disco in Rostock-<br />
Großklein, in die „Kombüse“ war. Hier traf mein Freund Jürgen einen Rostocker<br />
Freund <strong>von</strong> etwa 20 Jahre alt, und der heulte herum, er wäre <strong>von</strong> seinem Vater aus
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 52<br />
der elterlichen Wohnung rausgeschmissen worden, weil er schwul wäre. Wir sehen<br />
uns alle an?<br />
Mein Freund Jürgen klärt uns auf. Der 20 Jahre alter Freund heißt Gerd S00000,<br />
geb. 19.07.0000, aus Lütten Klein wohnt zurzeit bei seinen Freund Sven. Sein<br />
Vater war zur DDR <strong>Zeit</strong>en, Hauptwachmeister S0000 bei der Volkspolizei in<br />
Rostock und hatte <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Dienst <strong>im</strong> Sommer. Vor 20 Jahren, hatte der<br />
Hauptwachtmeister S0000 <strong>von</strong> der Volkspolizei auf den Rostocker Wall die<br />
schwulen <strong>Männer</strong> verprügelt nach seiner sexuellen Orientierung, nach Lust und<br />
Befriedigung. So kam es auch mal in einem Sommer, dass es oft zu einer großen<br />
Schlägerei zwischen den schwulen <strong>Männer</strong>n und dem Polizeihauptwachmeister<br />
S000000 kam. Meistens waren es keine Rostocker schwule <strong>Männer</strong>, sondern es<br />
waren schwule <strong>Männer</strong> aus anderen Städten, die hier ihren Urlaub verbrachten.<br />
Nach einiger <strong>Zeit</strong> hatten sich die schwulen <strong>Männer</strong> es nicht mehr gefallen lassen<br />
und hatten den Hauptwachmeister S0000 angezeigt. Es kam zu einem großen<br />
Publikum wirksamen Prozess und der Herr S0000 wurde in Unehren aus der<br />
Volkpolizei rausgeschmissen, zur guten alten DDR <strong>Zeit</strong>en. Ja und nun kam der<br />
Bumerang in seiner eigenen Familie zurück. Nach 20 Jahre musste er sel<strong>bs</strong>t<br />
feststellen, dass sein 20 Jahre alter Sohn auch schwul war. Die Rache der Natur<br />
machte auch hier keinen Halt, dass er jetzt auch einen schwulen Sohn in seiner<br />
Familie hatte. Wofür er doch vor 20 Jahren aus der Volkspolizei rausgeworfen<br />
wurde, wegen seiner neurotischen Triebe: Sich in den lauen Sommernächten auf<br />
den Rostocker Mittelwall mit echte schwule <strong>Männer</strong> herumschlagen. Er hatte<br />
wohl auch einen Webfehler der Natur gehabt. Man nennt so was heute einfach<br />
Sado-Maso-Sex Orietierung in Uniform. Hier, bei einen DDR Volkspolizisten mit<br />
Ehefrau und Sohn. Die Natur schlägt zurück.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 53
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 54<br />
10 Jahre echter Berliner<br />
<strong>Theater</strong>-Tuntenfasching<br />
In Berlin, in Ostberlin gibt es für die schwulen <strong>Männer</strong> verschiedene und<br />
unterschiedliche Gaststätten, wo man auf seine Kosten kommt einen Kerl oder so<br />
was Ähnliches in dieser Richtung, in jedem Alter aufreißen kann. Wenn man auch<br />
das Talent dazu hatte zum richtigen Anbaggern. Huschen, Klemm-Müttern,<br />
Fetischisten oder extrem geschminkte Herren, die auf das Damen-Klo gehen,<br />
sind <strong>von</strong> den Gaststättenleitern (HO, Konsum, Privat) nicht erwünscht. Diese<br />
hatten Angst, ihr schwuler Laden steht zu stark in der Öffentlichkeit, bei der<br />
Polizei, bei dem Politiker, bei der Stasi, bei den lieben Kollegen. <strong>Das</strong> kann sehr<br />
schädlich sein für das Geschäft. Also <strong>Männer</strong> aus Berlin, aus der Republik, aus<br />
Westberlin, und alle, alle ihre Freunde, Männlichkeit zeigen, wenn man rein will<br />
in so eine schwule <strong>Männer</strong> Kneipe, Bierpinte oder in einen Tanz-um- Mitternacht-<br />
Saloon. <strong>Männer</strong> haltet euch danach, dann geht ihr weg wie die W A R M E N<br />
Semmeln. <strong>Das</strong> alles hat was mit den 60er, 70er, 80er, Jahren zu tun, mit der<br />
sozialistischen Gesellschaft. Die SED Partei kennt das Thema Homosexualität<br />
nicht in ihren Parteiprogrammen, auf ihren Parteitagen, obwohl in Ostberlin über<br />
die Hälfte aller schwulen <strong>Männer</strong> das SED-Parteiabzeichen an ihren Revers trägt<br />
und hohe Funktionen in der DDR Sicherheit hatte. Somit hatten auch in der DDR<br />
Gesellschaft die schwulen <strong>Männer</strong> keinen Platz hier, oder da oder dort. <strong>Das</strong> Gesetz<br />
sagt aber, in seinen Vier Wänden oder Wohnung ähnliches kann jeder machen was<br />
er will, nur nicht „Öffentlich“. So nun wisst ihr etwas Bescheid, wenn hier etwas<br />
zu lesen gibt ,wo rüber wir heute lachen oder schmunzeln können ,über diese<br />
verrückte <strong>Zeit</strong>en in Ost-Berlin, <strong>im</strong> Sozialismus und in den sozialistischen<br />
schwulen <strong>Männer</strong>betten.<br />
Berliner Faschingszeiten.<br />
Faschingszeit ist in Berlin eine wilde <strong>Zeit</strong>. Schon recht früh in den 70er Jahren gab<br />
es recht viele privat organisierte schwule Vergnügungsfeten mit<br />
<strong>Männer</strong>anbahnungsinstitute oder so, mit All inklusiv Garantie. Sie fanden in<br />
Privat und in HO geführten Gaststätten in Berlin statt, die rechtaufwendig waren.<br />
Es waren oft groß Partys mit recht viele Schwule <strong>Männer</strong> in jedem Alter. Es<br />
waren richtige Nackt-Partys und auch seröse Tanzabende bis in den Frühen-<br />
Morgen-Hinein. Ausgesprochene Information Treffen mit 50 bis 60 schwule<br />
<strong>Männer</strong> getarnt als „Geschlossene Veranstaltung“ waren auch dabei. Ich spreche<br />
hier nur <strong>von</strong> den schwulen <strong>Männer</strong>n. Die waren als echte Homosexuelle in der<br />
Berliner Gesellschaft die Aktivsten. Die Lespen zeigten sich zu dieser <strong>Zeit</strong> noch<br />
sehr rar und waren nicht so vernetzt und organisiert, wie die schwulen <strong>Männer</strong>.<br />
Ich komme nach auf dieses Thema für Berlin genau zurück, und warum es so in<br />
der Gesellschaft in Berlin war. Organisiert wurde es <strong>von</strong> verschiedenen <strong>Männer</strong>n,
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 55<br />
die offen in Berlin als Schwuler lebten, oder mit der Betrie<strong>bs</strong>leitung überhaupt<br />
keinen Ärger hatten. Berlin war eine sehr offene Stadt für alle Lustbarkeiten mit<br />
und ohne Bett.<br />
Von Oost, Leiter der HO Gaststätte Tschaikowski-Eck in Niederschönhausen,<br />
Grabbeallee 55, in der unmittelbar der Nähe des Majakowskiring, wo die<br />
Pankower Regierung wohnte, und <strong>von</strong> Günter Chantin, genannt Gaston, Einkäufer<br />
am <strong>Theater</strong> der Freundschaft, das Berliner Kinder <strong>Theater</strong>, 1156, Berlin, H-<br />
Rodenberg-Platz 1, wohnte in Pankow, Trienter Straße 8, Tel. 4727135. Beide<br />
<strong>Männer</strong> und noch paar tatkräftige unternehmungslustige, aktive unbekannte<br />
<strong>Männer</strong> organisierten diese berühmten Berliner großen <strong>Männer</strong>-Tunten-<strong>Theater</strong>-<br />
Fasching- Feste-Feiern-Feten- Nackt-Partys. Es muss auch mal gesagt werden hier:<br />
Wir danken euch hier alle herzlich für all die Jahren, für das Ausrichten diese<br />
schwulen Feste feiern. Danke, Danke. Auch einen Danke an alle schwule<br />
Gaststättenleiter aus der HO und Privat, die den Mut hatten in der Stasiverseuchten<br />
Berliner Schwulen Gesellschaft uns so schöne und männerverbunden Feste und<br />
Feiern zu ermöglichen. Danke. All eure gut organisierten <strong>Männer</strong>feste aus dieser<br />
<strong>Zeit</strong> werden wir alle in unseren Herzen tragen.<br />
Der „Lichtenberger Krug“ war die<br />
Hochburg der Berliner Tunten-Fasching<br />
Wir sprechen hier <strong>im</strong>mer nur <strong>von</strong> OSTBERLIN. Damit es keine Verwechslung<br />
gibt mit etwa <strong>von</strong> WESTBERLIN. All klar. Der berühmte Tuntenfasching,<br />
getarnt als <strong>Theater</strong>fasching, war <strong>im</strong>mer der Höhepunkt aller Berliner offenen<br />
schwulen Feste. In Lichtenberg etwas versteckt hinter einer Kaufhalle war eine<br />
Konsum Mehrzweckgaststätte „Der Lichtenberger Krug“, Berlin-Lichtenberg<br />
1156, Bernhard-Bästlein-Straße 5, Tel. 370196. Der Gaststättenleiter und der<br />
Küchenchef, zwei schwule Freunde waren die großen Organisatoren <strong>im</strong><br />
Hintergrund und sorgten für 200 wilde, feiersüchtig, tanzwütige <strong>Männer</strong> und<br />
Tunten für alles Gastronomische. Von Oost und Gaston waren für das große<br />
Unterhaltungsprogramm zuständig für das Varieteeprogramm in diesen<br />
Tuntenfasching. Diese Fete war also nur für öffentlich geoutete homosexuelle<br />
<strong>Männer</strong> aus Berlin. Berlin(Ostberlin) hatte in den 70er Jahren etwa 60 – 70.000<br />
schwule <strong>Männer</strong>, da<strong>von</strong> in der öffentlichen Berliner Gesellschaft ca. 35.000<br />
aktiven schwulen <strong>Männer</strong>n. Berlin war die Hauptstadt der DDR und die Hauptstadt<br />
aller DDR Homosexuellen. Ostberlin hatte 1971, 1. 068.347 Einwohner.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 56<br />
Fastnacht Dienstag<br />
Dienstag, Fastnacht, wurde ausgesucht, damit die Hetten uns nicht stören konnten.<br />
Die Berliner wussten das, dass der Berliner Tuntenball <strong>im</strong>mer recht aufwendig<br />
waren in der Unterhaltung und landesweite Kulturkoryphäen hatten hier ihre<br />
großen, besonderen privaten Bühnenauftritte mit einem recht schrägen schwulen<br />
Inhalt. Wir wollten aber <strong>von</strong> diesen neugierigen Hetten nicht gestört werden. Die<br />
Hetten hatten ja den Fasching Wochenende genug mit sich sel<strong>bs</strong>t zu tun gehabt.<br />
Zehn Jahre haben wir alle durchgehalten, wo wir eine lustige eingeschworene<br />
<strong>Männer</strong>gesellschaft waren.<br />
<strong>Das</strong> berühmte „Ich Dich, Du mich“ kennen lernen in der Berliner offene Szene<br />
hatte schon einen recht frühen Anfang gehabt in den 70er Jahre, als die Schwule<br />
Kerle abends so eine Schiffspartie ins Blaue auf den Müggelsee machten. Hier<br />
lernten sich der aktive und informative Teil der schwulen Berliner Gesellschaft<br />
kennen <strong>von</strong> Angesicht zu Angesicht. Hieraus entwickelte sich auch der<br />
gesellschaftliche Teil für die späteren Jahre. Wer sich <strong>von</strong> Ansehen kannte, sprach<br />
sich auch bei jeder öffentlichen Gelegenheit an. So entwickelte sich in Ostberlin<br />
ein nicht überschaubares Personennetzwerk ohne Ende. Man lernte auch das<br />
Freund und Feind Verhältnis unter einander besser kennen, und die Warnsignale<br />
<strong>von</strong> Freund und Feind, wenn eine politische Gefahr vor der Tür stand.<br />
Die Homosexualität <strong>im</strong> allgemeinen und in Berlin als Hauptstadt der DDR ins<br />
besondere, hatte <strong>im</strong> Verborgenen und in der Öffentlichkeit versteckt in große<br />
Schichten der Bevölkerung eine aktive Abneigung gegen uns gehabt. Diese große<br />
Gedankenwelt herrschte noch aus den alten, alten NS <strong>Zeit</strong>en her.<br />
Darum sind wir nie mit unseren sehr auffälligeren <strong>Theater</strong>-Faschingskostüme<br />
öffentlich zum Tuntenball gefahren, sondern haben uns fast alle in den Herrenund<br />
Damentoiletten des Lichtenberger Krug umgezogen. Alle Schwestern waren<br />
gegenseitig überrascht, was wir uns da alles so angefummelt hatten. Da ich aus<br />
einem Musiktheater komme, hatte ich <strong>im</strong>mer nette Kostümeinfälle. Mein lieber<br />
Freund Reiner Graf, Jahrgang 1936, war mein Tanzpartner und wir hatten keinen<br />
Tanz ausgelassen. Wir waren die berühmten Tanzmäuse. Eigentlich auf alle<br />
Berliner Schwulen-Schwestern-Tanz-Tee-Partys „Schwestern zur Sonne zur<br />
Freiheit“<br />
Wie kommt man zu diesen<br />
Eintrittskarten?<br />
Es war sehr schwer an diese Karten heran zu kommen. Der Tuntenball hat in<br />
Berlin und in der Republik an Popularität zugenommen, so dass jede schwule<br />
Kreti und Pleti auch dabei sein möchte, dringend auch wollte. <strong>Das</strong> Auswahlsystem<br />
war eigentlich ganz einfach bei 200 Karten. Gaston Shantin hatte 100 Karten zu
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 57<br />
verteilen an 10 vertraute Leute. Diese wiederum kannten jede 10 vertraute und<br />
bekannte Leute, die jeder kennt und auch zuverlässig <strong>im</strong> Schweigekartell waren.<br />
Die Tische hatten 10 Plätze und somit waren 100 Tischplätze verteilt, nur an<br />
schwule <strong>Männer</strong> die auch in der Schwulen Berliner Szene bekannt waren. Die<br />
anderen 100 Karten wurden nach dem gleichen Prinzip verteilt, nur es waren<br />
mehre Verteiler. Eine Karte kostete 50.00 DNB, und dafür gab es ein sehr schönes<br />
warmes Abendessen und eine Flasche Wein nach Wunsch a la Karte.<br />
Die große schwule Show<br />
zum Anfassen<br />
Zu diesem Kartenpreis gab es noch ein zweistündiges recht schwules<br />
Unterhaltungsprogramm <strong>von</strong> der besten Sorte. Mit bekannte Künstler aus allen<br />
großen Berliner <strong>Theater</strong>n. Vom Friedrichstadtpalast kamen zwei Solotänzer mit<br />
einer Travestie Show erster Klasse. Zwei Akrobaten vom Zirkus Berolina gaben<br />
eine Nackt-Show mit vielen Lichteffekten. Es gab alles zu sehen, was ein Mann<br />
nur bieten konnte. Vom Deutschen <strong>Theater</strong> kam unsere bekannte und beliebte<br />
Chansonette Ursula Staack, mit recht schwul ordinär Chansons und Liedern aus<br />
den zwanziger Jahren. Vom Fernsehnballett kamen sechs, sehr lockere Herren mit<br />
einen umwerfenden Can-Can Tanznummer in Damen Can-Can Kostüm ohne Slip<br />
aber viel Balkon. Hier gab es was zusehen unter dem Rock. Vier Tenöre aus der<br />
Westberliner Schwulenszene traten mit unterschiedlichen Schwule Lieder A-<br />
cappella-Chor auf mit schrecklichen ordinären Liedern, und noch schrecklichen<br />
ordinären Glanz und Glamour Kostümen. Es war mehr zu sehen als verdeckt<br />
wurde. Aus Frankreich war ein Herren Tanzstepp Duo dabei, die eine Tournee<br />
durch die DDR unternahm, mit Stepptänzen a la Hollywood in den Dreißigern<br />
Jahren. Sie traten als Damen, wie auch als Herren auf in Zwillingskostüme. Ein<br />
nackter Bauchredner aus Hamburg mit seiner schwulen Howard the Duck. Die<br />
Ente erzählt uns „ wahre“ Geschichten aus einer Herrentoilette in Ostberlin. Zwei<br />
Herren aus dem Opernhaus Leipzig brachten sehr versteckt und verklausulierte<br />
aktuelle DDR Nachrichten zur gegenwärtigen SED Politik und passen dazu die<br />
Kommentare, was das Volk auf der Straße da<strong>von</strong> hält. Acht Revue Girls aus Prag<br />
brachten st<strong>im</strong>mungsvolle Abwechslung in den Saal mit viel Applaus und Hurras.<br />
Ständig Ovation. Von der Oost war der Conferenciers auf Rollschuhe in seinem<br />
Jung Pionier Rock, blaue Bluse, blaues Halstuch und Jungmädchen Käppi. Als<br />
Verstärker hatte <strong>von</strong> der Oost schon ein Mikroport in der Hand zum Plaudern. So<br />
konnte er mit seinen Rollschuhen durch den Saal glittern und uns recht<br />
aufmuntere Worte ins Ohr pusten. Klar, auch schwul-lockere Worte zum Schwulen<br />
Fasching, zum <strong>Theater</strong> Fasching.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 58<br />
Echte Berliner Kerle tanzten Wange an<br />
Wange, Brust an Brust bis in den<br />
frühen Morgen<br />
Und dann wurde getanzt, wie die Wilden nach der aktuellen West<br />
Schlagertanzmusik. Viele Westberliner Freunde waren auch anwesend zum<br />
Tanzen, Anbaggern und Küssen da. Rundherum ein sehr erfolgreichere Nacht, wo<br />
wir <strong>Männer</strong> doch recht offen unsere Homosexualität ausleben konnten und auch<br />
wollten. Dafür waren alle schwulen Faschingsbälle ja auch best<strong>im</strong>mt und <strong>von</strong> uns<br />
schwule <strong>Männer</strong>n organisiert. Und so liefen alle die Jahre unsere Homosexuellen<br />
Faschingsbälle in der Organisation und <strong>im</strong> Programmwechsel ab, mit oft<br />
aufregende Programme fürs Auge und Ohr <strong>im</strong> „Zum Lichtenberger Krug“. Es hat<br />
sich weit in unser Berliner Gesellschaft herumgesprochen, wie fröhlich doch diese<br />
Schwulen Kerle so seien können. Ein großer Neid kam auf, ich will auch dabei<br />
sein, bei diesem Berliner gesellschaftliches Ereignis. Jeder konnte doch sel<strong>bs</strong>t<br />
seine Faschingsbälle organisieren, wenn er es wolle. Nein, wir wollen jetzt dabei<br />
sein be<strong>im</strong> schwulen Fasching, be<strong>im</strong> großen <strong>Theater</strong>ball, bei der Berliner-Halb-<br />
Nackt-Party mit Überraschungen.<br />
Lesben unerwünscht<br />
Als erster schreien die Lesben so laut, das sie sich be<strong>im</strong> Berliner Magistrat,<br />
Gaststättengewerbe,1055 Berlin, Storkower Straße 134, be<strong>im</strong> Leiter der Abteilung<br />
Gastronomie, Tel. 4343819, beschwerten mit einer politischen Eingabe. Auch sie<br />
wollten bei dieses schwules Kulturereignis ab jetzt <strong>im</strong>mer dabei sein. Die Lesben<br />
waren zur dieser DDR <strong>Zeit</strong> noch in Ostberlin schlecht organisiert und liefen<br />
laufend den schwulen <strong>Männer</strong> nach, was diese nun für sich in der sozialistischen<br />
SED Partei Gesellschaft organisieren und veranstalten, in Fragen Homosexualität.<br />
Aber die schwulen <strong>Männer</strong> waren nicht bereit eine Solidarität einzugehen für ihre<br />
Probleme. Die schwulen <strong>Männer</strong> waren die beherrschende Domäne in das<br />
politische Ost- Berlin. Auf klares Deutsch: Die Lesben wollen <strong>im</strong>mer mit<br />
best<strong>im</strong>men, wenn die Schwulen in der Ostberliner Politik Erfolge zu verzeichnen<br />
hatten. Daraus entstand eine gepflegte Feindschaft zwischen den Lesben und den<br />
politstarken Berliner schwulen <strong>Männer</strong>n, die bis heute noch besteht und<br />
vorherrschen ist in der Berliner Politgesellschaft <strong>im</strong> Jahre 2011.<br />
1987 und 1988 löste die Schwulen ganz einfach dieses in Fragen Schwuler<br />
Faschingsball. Die Mehrgaststätte „Zum Lichtenberger Krug“ hatte noch einen<br />
Gaststättenraum, wo die Lesben verbannt wurden. Somit waren die Lesben und die<br />
Schwulen trotz dem unter sich. 1989 lösten wir <strong>Männer</strong> ganz einfach alle<br />
Schwulen und Lesben Probleme zu unseren Gunsten: Wir haben uns einfach das
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 59<br />
„Linden Corso“ Unter den Linden, Berlin Stadt Mitte, in der oberen Etage<br />
gemietet für unseren berühmten Faschingsball ohne große Werbung und so waren<br />
wir die Lesben endlich los. Unsere Evelyn Künneke aus Westberlin war hier<br />
unser Stargast. Der Kleinkrieg zwischen den Lesben und den Schwulen reicht<br />
noch bis in unsere neuen heutige <strong>Zeit</strong> hinein.<br />
Wir Kerle, wir <strong>Männer</strong>,<br />
wir Norddeutschen <strong>von</strong> der<br />
Ostseeküste vergessen nie,<br />
und sind sehr nachtragend!<br />
Also fangen wir heute gleich damit an, dass ich hier Ross und Reiter be<strong>im</strong> vollen<br />
Namen nenne, um Verwechselung auszuschließen, um ihre glorreiche Missetaten<br />
an der Pinnwand hier anzunageln. Klar, nur in kleine überschaubare und<br />
verständliche Episoden. Was hatte man damals doch für so liebe nette Freunde und<br />
Kollegen? Und was hatten die für einen Geist zu ihren Missetaten. Sonderbar?<br />
Heute Abend: „Lola Blau“<br />
Wir schreiben den Her<strong>bs</strong>t 1981 und die Berliner Luft wird <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong><br />
geatmet:<br />
Der Intendant und die Leitung des Hauses hatte mal wieder eine gute Idee<br />
ausgekunckelt, mit Westtantiemen ein West- Erfolgsbühnenstück auf die<br />
Probebühne <strong>im</strong> Vierte Stock zu bringen. Etwas Kleinkunst sollte es sein, für den<br />
kleinen Mann auf der Straße, das zu Herzen geht. „ Heute Abend: „Lola Blau“ hat<br />
man sich ausgesucht, <strong>von</strong> Georg Kreisler, Wien. Ein jüdischer Liederabend aus<br />
den Jahren 1938-1945 mit etwas Text herum und sehr wenig Dekoration. Da es<br />
auch Kasse machen sollte, hat man sich die Maria Malle, Jahrgang 1943, als<br />
Schauspielerin und Diseuse auserkoren, die am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> unter Vertrag<br />
stand. Ein nicht so bekannter Regisseur wurde gesucht: Gerd Grasse, Jahrgang<br />
1943. Er hü<strong>bs</strong>chte das Kabarett-Stück schön auf. Machte es Mund -und<br />
Ohrengerecht für die schönen DDR-Bürger und die zahlenden West-Touristen, die<br />
spät am Abend 22.30 Uhr noch etwas West-Welt-Kultur in der DDR genießen<br />
wollten. <strong>Meine</strong> Hauptaufgabe in dieser Produktion bestand wie <strong>im</strong>mer, als 1.<br />
Requisiteur, die geistigen Ideen des Regisseurs umzusetzen in materiellen,<br />
funktionellen Requisiten, die auch jahrelang halten mussten. Organisation ist hier<br />
gefragt. Also, keine Unikate, wie es oft <strong>im</strong> Fernsehen und Filme zu sehen sind,<br />
sondern der Solist muss mit den Requisiten verwachsen sein, sie müssen lange<br />
haltbar sein. Alle, <strong>im</strong> Stück gebrauchten Requisiten, Spieldekoration wird
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 60<br />
stilistisch, farblich funktionell gemeinsam <strong>von</strong> Regisseur, Bühnenbildner,<br />
Requisiteur, technischer Assistent und oft auch mit dem Kostümbildner und den<br />
Dekorationswerkstätten in der Storkower Straße in Berlin Weissensee, ausgesucht<br />
und best<strong>im</strong>mt. Der Solist hat dazu überhaupt nichts zu sagen, er muss lernen damit<br />
umzugehen. Ein Solist ist eine dressierte Figur <strong>im</strong> Spiel der Dinge, <strong>im</strong><br />
Showgeschäft, in der Dramaturgie der Spielhandlung. Er kann ständig<br />
ausgetauscht werden für einen besseren leistungsfähigen Darsteller mit mehr<br />
Talent in einer Bühnenshow. Der Rest dieser Leute sind die Macher. Ein Solist hat<br />
keine Garantie für <strong>im</strong>mer und ewig seine Rolle zu spielen in einer hochwertigen<br />
Bühnenshow. Die Grant Garde der <strong>Theater</strong>-Macher sind nicht in einer Bühnen-<br />
Produktion austauschbar. Ohne die Macher ist der agierender Solist ein nichts, ein<br />
Alltagsmensch <strong>von</strong> der Straße her. Kreti und Pleti. Eine Bühnen-Produktion hängt<br />
<strong>von</strong> den Leistungen aller Macher ab. Es ist ein fester Arbeitsteam mit einer festen<br />
organisierten Eigenverantwortung. Jeder Techniker hinter dem Eisernen Vorhang,<br />
ist ein jahrelanger ausgebildeter Spezialist in seinem Fach, um jede Show zum<br />
großen Erfolg zu bringen. Eine neue Bühnenproduktion, egal wie groß sie ist, sie<br />
steht und fällt mit ihren Bühnenspezialisten und ausgewiesenen Bühnentechniker<br />
einer großen vorhandenen Bühne. Hinzu kommen noch die <strong>Theater</strong>spezialisten <strong>von</strong><br />
Bühnenbildner, Kostümabteilung Damen und Herren, Kostümschneiderei, Maske,<br />
Schuhmacherei, Putz, Deko-Abteilung, Dekorationswerkstätten mit dem Malsaal.<br />
Alles klar, hier in den kurzen Worten? Besuchen sie einfach mal jedes <strong>Theater</strong> in<br />
ihrer Stadt, das einen Tag der offenen Türen hat, da lernen sie die <strong>Theater</strong>macher<br />
hautnahen kennen bei der Arbeit. Und manchmal auch noch mehr, mehr, und etwas<br />
mehr. Bühnentechniker sind sehr aufgeschlossene, kontaktfreundliche und<br />
lebenslustige Leute. Sie leben in ihrer Umwelt <strong>im</strong>mer voraus in der DDR<br />
Gesellschaft, <strong>im</strong> Denken und in ihr Handeln. Die Bühnen Macher waren schon<br />
<strong>im</strong>mer die besten Liebhaber in unserer <strong>Zeit</strong> gewesen.<br />
Zurück zu Heute Abend: „ Lola Blau „. Im Stück gab es eine Szene, wo die Lola<br />
Blau in Wien 1938 auf ihr Ausreisevisum für die USA in einer alten Pension<br />
wartete. <strong>Das</strong> Telefon klingelte und der diensthabende Requisiteur musste aus der<br />
Dekoration einen alten Telefonhörer mit einer langen schwarzen Telefonschnur der<br />
Lola Blau zu reichen. Der Requisiteur hatte einen schwarzen langen<br />
Damenhandschuh dazu an .Und über die Tonbeschallung kam eine Damenst<strong>im</strong>me:<br />
„Pension Aida“. Dieser Schlachtruf gilt heute noch am Telefon, wenn man sich<br />
nicht sofort für bekannte erkennen lassen will.<br />
Aber nun hier, ja hier, direkt hier, hier begann das große geschichtstreibende<br />
Debakel, das Drama, wo die Kunst in das Privatleben mit der Dienstpflicht des<br />
Requisiteurs in dieser Bühnenproduktion sich vermengolierten. <strong>Das</strong> Echo dieser<br />
kommenden Ereignisse ist heute noch zu lesen in allen meiner Stasi-Akten. Fangen<br />
wir hier klein auf klein an, um die Umstände dieser Ereignisse in einem<br />
sozialistischen Staat zu verstehen. Wir sind doch hier noch in Berlin, in Ostberlin.<br />
Bitte, hier die Wege frei halten, Unfallgefahr.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 61<br />
<strong>Das</strong> Drama einer Berliner Polit-Operette:<br />
„Financial T<strong>im</strong>es“<br />
und das MfS, Berliner Hauptabteilung II.<br />
Abteilung 3, Amerika-Linie,<br />
Spionage-Linie. Berlin 1981<br />
Große politische Ereignisse werfen<br />
ihre dunklen Schatten voraus!<br />
In der <strong>Theater</strong>produktion Lola Blau war eine Szene, die auf einem großen<br />
Musikdampfer spielt, der über den Atlantik fuhr in Richtung Freiheit, in Richtung<br />
Vereinigte Staaten <strong>von</strong> Amerika. Hier singt Maria Malle jüdische Lieder und aus<br />
einer <strong>Zeit</strong>ung liest sie einen Text vor, der dramaturgisch das Stück weiter führt zur<br />
nächsten Szene. Es war die „Financial T<strong>im</strong>es“. <strong>Das</strong> Stück spielt auf der<br />
Probebühne des <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>s, oben <strong>im</strong> 4.Stock, direkt über den großen<br />
Zuschauerraum, ehemals das große Herrenbad, Tag und Nacht geöffnet. Ca. 99<br />
Besucher haben da Platz (bei 100 Besuchern muss ein Feuerwehrmann dabei sein<br />
und der kostet extra Geld).<br />
Die erste Reihe ist sehr, sehr nahe am Bühnenrand. Links auf den 1. Platz sitzt der<br />
Souffleur, der Kleindarsteller Karl-Heinz Senatinger, genannt Sonny. Alle<br />
Requisiten, Kostüme, Dekoration müssen Echtzeit Charakter haben, lebensecht.<br />
Somit muss nun auch eine echte „Financial T<strong>im</strong>es“ her. Ja, wo n<strong>im</strong>mt nun als ein<br />
erfahrender Requisiteur diese <strong>Zeit</strong>ung her. Westzeitung, echte, hatte ich in Hülle<br />
und Fülle. Ich hatte da meine privaten Lieferanten. Aber für eine echte Amy-<br />
<strong>Zeit</strong>ung zeigte keiner mehr Interesse. Der stückbetreuender Chefdramaturg Karl-<br />
Heinz Siebert flüsterte mir leise ins Ohr, ob ich doch willig wäre, in der neuen<br />
USA-Botschaft einzukehren und dort mein Glück zu versuche. Da bekomme ich<br />
sie aus erster Hand. Nun, unser Chefdramaturg hat gut reden. In seiner Funktion<br />
als Dramaturg und dann noch der Chef da<strong>von</strong>, hat er ein Dauervisum für<br />
grenzüberschreitende Reisen durch den Tränenpalast <strong>von</strong> Ostberlin nach<br />
Westberlin. Siebert musste ständig mit den einzelnen Musikverlagen verhandeln,
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 62<br />
in Fragen Urheberrechte und Vertragsa<strong>bs</strong>chlüsse. Ein mühseliges Getue <strong>im</strong> Ost-<br />
West-Gehabe. Fast alle Musikverlage aus dem alten Reich liegen in Westberlin, in<br />
der Hardenberg Straße. Der Dramaturg und SED-Betrie<strong>bs</strong>parteivorsitzender mit<br />
seinem reinen sozialistischen Gewissen, passiert fast täglich den Grenzübergang<br />
Bahnhof Friedrichstraße, den Tränenpalast, der Lieblingsbahnhof aller DDR<br />
Bürger, der direkt vor unserem <strong>Theater</strong> liegt. Sein Privileg wollte der überzeugte<br />
SED-MfS-Mann nicht ins Spiel bringen, nur wegen einer kitschigen Westzeitung.<br />
Denn, die Dramaturgen <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin, hatten ein bewusstes<br />
Sendegefühl, was dauern auch gepflegt werden musste. Nun ja, sie wollten partout<br />
keine USA <strong>Zeit</strong>ung aus Westberlin mitbringen, wenn sie auch in Massen dort<br />
herumliegen.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 63
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 64<br />
Ich hatte schon lange vor meinem Wohnen in Ostberlin, sehr lange davor ( später<br />
mehr da<strong>von</strong> ) große und intensive persönliche Kontakte zu Freunde in Westberlin<br />
und Westdeutschland gehabt(wie etwa IHWO, eine Sel<strong>bs</strong>thilfeorganisation seit<br />
1972, Hamburg und Westberlin). Hatte jahrelang in der Westgesellschaft<br />
mittenmang gelebt, gearbeitet, organisiert und kannten all ihre Macken und<br />
Freuden. Ich wusste sehr wohl, wie man aus der DDR unbeschadet raus kommt<br />
und mit fröhlichen Dingen wieder in die DDR reinkommt, ohne dass das MfS<br />
Berlin da<strong>von</strong> etwas was mitbekommt. Ich bin ein gut ausgebildeter DDR-<br />
Zollinsider gewesen in einige Spezialfunktionen der DDR-Zollverwaltung mit<br />
Spezialkenntnisse <strong>im</strong> DDR Passwesen, des DDR Reiserecht, des Alliiertes<br />
Reiserecht, des europaweites Passwesen und Zollfernaufklärer, ein Scout, unter<br />
den GI, der amerikanischen Army, der O<strong>bs</strong>ervations- und Aufklärungsgruppe I E<br />
3206, die in der DDR aufklären wollen, sollten, müssen nach ihrem<br />
Besatzerrechten,1958, und nutzte jetzt in Berlin meine Kenntnisse und mein<br />
spezielles Wissen <strong>im</strong> DDR Reise- und Passwesen zu meinen Vorteil hier in Berlin,<br />
hier an der Ost-Westberliner Grenze, zu meinen persönlichen Nutzen, nur für mich<br />
aus. Mein sel<strong>bs</strong>tgeschaffenen Zoll-Personennetzwerk funktionierte noch nach dem<br />
Mauerfall November 1989 sehr gut. (Ich hatte noch echte DDR –Zöllner und echte<br />
Stas<strong>im</strong>änner vom Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße als <strong>Zeit</strong>zeugen in einer<br />
Fernsehreihe Gehe<strong>im</strong>nisvolle Orte RBB vermittelt.)<br />
Somit hatte ich bis 1973 <strong>im</strong>mer noch meinen persönlichen gültigen Dienstausweis<br />
<strong>von</strong> der DDR Zollverwaltung, Bezirksverwaltung Rostock und nützte diesen recht<br />
fleißig auf dem Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße aus für meine<br />
persönlichen Ost-West-Ost Belange.<br />
1962 bekam die DDR Zollverwaltung eine Umbenennung, vom AZKW zum<br />
DDR-Zollverwaltung, einen neuen Namen, neue Zollgesetze und somit auch neue<br />
Dienstausweise, die äußerlich wie DDR Personalausweise aussahen. <strong>Meine</strong>n<br />
ersten Dienstausweis <strong>von</strong> der DDR Zollverwaltung hatte ich nach 6 Monate, nach<br />
dem Empfang, als vermisst dienstlich gemeldet(Chemische Reinigung meiner<br />
Uniform?) und bekam nach langen Palaver <strong>von</strong> der DDR-Zollbezirksverwaltung<br />
Rostock einen neuen Dienstausweis. Ich hatte vorgedacht, vorgesorgt nach meiner<br />
Dienstzeit be<strong>im</strong> Zoll, Frühjahr 1963, und konnte somit mit dem 1. Dienstausweis,<br />
der 10. Jahr gültig war, auf jeden Grenzkontrollübergang der DDR in Zivil<br />
erscheinen und hier meine persönlichen Dingen erledigen, organisieren, verbinden,<br />
Kontakte pflegen nach dringenden Bedarf. Hier insbesondere der Grenzübergang<br />
Bahnhof Friedrichstraße. Es war auch ein Treffpunkt meiner Freunde und<br />
Bekannte aus meinem Personennetzwerk West, aus meinen alten Zollzeiten. Hier<br />
war der Treffpunkt meistens an den Intershops, unten <strong>im</strong> Tunnel, an der U-Bahn<br />
Linie C Tegel – Lichterfelde. Später mehr über dieses Thema Spezial. Ich war<br />
schon Anfang der 72er Jahre Mitglied eines sich starkaufbauender Vereins des<br />
IHWO, ein politische aktive Sel<strong>bs</strong>thilfe Gruppe in Hamburg. Dieser<br />
Sel<strong>bs</strong>thilfeverein hat sich später nach Westberlin erweiterte und ich hatte somit
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 65<br />
ständig meine persönliche politische Verbindung zu diesem Verein in Westberlin.<br />
Ich habe heute noch in meinem Privatarchiv Briefe <strong>von</strong> den Bonner<br />
Regierungsparteien, zu den damals aktuellen wichtigsten politischen Tages- und<br />
Lebensthemen aus der ost-und westdeutschen Gesellschaften.<br />
Aber ich wollte meine sel<strong>bs</strong>t aufgebaute Hotline, mein Insiderwissen und meine<br />
sel<strong>bs</strong>taufgebaute Personennetzwerk in der westlichen und östlichen Welt nicht für<br />
diese betrieblichen Zwecke nutzen, oder ausnutzen lassen. Schon eh und je hatte<br />
ich dienstliche Arbeit streng mit meinem privates Leben getrennt. So hatte ich<br />
mich so manchen Ärger erspart und den Stasi-Nachrichtensammler (<strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<br />
<strong>Theater</strong>, Berlin) keinen Change gegeben. Nun, als Norddeutscher fiel mir das nicht<br />
schwer. Wer wollte mich nicht alles schon aushorchen, für seine persönliche<br />
Zwecke ausnutzen? Kein Mitarbeiter aus Kunst und Technik oder <strong>von</strong> den<br />
Solisten am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> wusste, wo ich meine internationale<br />
Lebenserfahrung überhaupt gesammelt hatte. Und außerdem hatte ich mit diesem<br />
Prinzip langjährige Erfahrungen. Kein <strong>Theater</strong>kollege kannte etwas <strong>von</strong> meinem<br />
Privatleben, außer paar engeren Kollegen. <strong>Das</strong> war eine Ausnahme. Mein<br />
Privatleben war viel zu spannen und interessant, sehr umtriebig, sehr politisch in<br />
der sozialistischen DDR Gesellschaft, mit bundesdeutsche Bindungen. Ich war<br />
über 20 Jahre eng verbunden mit eine echten DDR Korvettenkapitän auf Rügen<br />
und Usedom, der mit in der DDR Leitung der Admiralität der Volksmarine war.<br />
Ich wusste genügend über die innere Sicherheit aus dem MfS in der DDR.( Lesen<br />
sie hier auf Internet, Google/Yumpu.com weiter an Informationen:<br />
Korvettenkapitän Eugen Groth, Volksmarine „Sein Weg in die Freiheit“. Ein DDR<br />
Zollinsider erklärt Grenzgehe<strong>im</strong>nisse) Bei manchen SED-<strong>Männer</strong>n kämen<br />
Neidgefühle auf.<br />
Aber deswegen hatte ich auch noch <strong>im</strong>mer keine amerikanische <strong>Zeit</strong>ung<br />
„Finanacial T<strong>im</strong>es“. Nun, jetzt wurde ich sehr aktiv <strong>im</strong> Namen der Kunst, aber<br />
nicht wegen der Maria Malle, wir waren nie eine gute <strong>Theater</strong>kollegen. Persönlich<br />
war sie mir recht gleichgültig in der Arbeit in den einzelnen Bühnenproduktionen,<br />
wo sie ihre Bühnenauftritte hatte.<br />
<strong>Meine</strong> Wege in die USA- Botschaft<br />
in Ost-Berlin, 1981<br />
Ich hatte seit 1958 jahrelang als DDR Zöllner und Fernaufklärer große<br />
Erfahrungen gesammelt mit Ausländer, vor meiner Arbeit am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong><br />
(Ich war 28 Jahre am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> <strong>im</strong> Admiralspalast in Berlin als Erster<br />
Requisiteur tätig). Ich war in den sogenannten offiziellen amtlichen<br />
Feindberührungen in einem Behördenvorgang mit den Feinden unserer DDR<br />
Staates verbunden. Mit eben diese DDR Lieblingsfeinde aus dem „Goldenen
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 66<br />
Westen“. Hier auch speziell mit den amerikanische Militär Besatzer der<br />
Westalliierten in Westberlin (Zehlendorf). Es war ein leichtes umgehen mit diesen<br />
U.S. GI. Ich hatte mir hier politische Lieblingsfreunde, Lieblingsfeinde<br />
geschaffen. Alles zum Zweck und Wohl des DDR Zoll-und Passwesen.<br />
Wie heißt es jetzt 1981? Nichts wie rein in die Botschaft der Vereinigten Staaten<br />
<strong>von</strong> Amerika b e i der DDR, 1080 Berlin-Mitte, Neustädtischer Kirchstraße 4-5,<br />
Telefon:220272741. Diese lag nicht weit <strong>von</strong> unserem <strong>Theater</strong> entfernt, 5 Minuten<br />
und man steht schon vor der Tür. Die Neustädtische Kirchstraße ist eigentlich eine<br />
recht langweilige Straße, wenn nicht die USA-Botschaft wäre und der viel<br />
besuchter Staatsverlag für Gesetzblätter der DDR. Eine Buchhandlung für amtliche<br />
Dokumente, 1080 Berlin-Mitte Neustädtische Kirchstraße 15 , Telefon :2292232 .<br />
Ansonsten kann man diese Straße a<strong>bs</strong>chreiben.<br />
Aber mit dem Hotelneubau in den Friedrichstraße-Mittelstraße-Clara-Zetkin<br />
Straßen kam mehr Leben in dieser Gegend. Die USA Botschaft in Ostberlin, in<br />
der Neustätischen Kirchstraße 4/5 war mal eins ein Warenhaus für die Armee und<br />
Marine, seit 1935 „<strong>Das</strong> Haus der Deutschen Handwerks und Gewerbekammer“.<br />
<strong>Das</strong> Haus hatte den Luftangriffskrieg und die Endphase der Kämpfe um die<br />
Reichshauptstadt <strong>im</strong> April 1945 sehr gut überstanden. Es wurde hier <strong>im</strong> Haus sehr<br />
viel Marmor verbaut. Die USA-Botschaft wurde am 9.Dezember 1974 eröffnet.<br />
<strong>Das</strong> Interhotel „<strong>Metropol</strong>“ Friedrichstraße 150-153 wurde 1977 eröffnet mit 680<br />
Betten, Hallenschw<strong>im</strong>mbad, Parkhaus mit 13 Decks und 340 Stellplätze und mit<br />
einem großen Intershop in 3 Etagen. Hier war mein Freund Bernd S0000 aus<br />
Dessau in der Schmuck- und Uhrenabteilung <strong>von</strong> einer seiner bekannten Freunde,<br />
der be<strong>im</strong> MfS war (Reichsbahn) untergebracht und machte hier als Goldschmied<br />
große West-Kasse. <strong>Das</strong> Hotel schloss sich direkt hinter der USA-Botschaft an.<br />
Somit ist es eine feste Erkenntnis, hier werden nur die Schwarzkittel des MfS ihre<br />
alten Zelte aufschlagen und hinter jeden Baum, hinter jeden Stauch, in jeden<br />
Hausflur stehen und lauert, und lauern auf die bösen DDR-Bürger, die da kommen<br />
werden sollen, müssen.<br />
In der Mittel Straße 44, 5 Etage wohnte ein Freund <strong>von</strong> mir in einer KWV-<br />
Wohnung, (Kommunale Wohnung Verwaltung) mit dem Blick auf das Hotel und<br />
USA-Botschaft. Horst Häseler, Jahrgang 1935, war aber als Invalide berentet.<br />
Somit konnte er schon vom Grenzübergang Friedrichstraße aus nach Westberlin<br />
fahren. Er war einer meiner Freunde aus Ostberlin, der meine Wünsche aus<br />
Westberlin persönlich mitorganisierte. Er war auch gleichzeitig ein guter,<br />
sicherere und verschwiegener Nachrichtenkurier für mich in meinen persönliche<br />
Aktivitäten in Westberlin. Bei jedem Besuch bei ihm, ob am Tage oder bei Nacht,<br />
wurde ich jedes Mal vor der Haustür oder <strong>im</strong> Treppenhausflur sehr intensiv<br />
kontrolliert <strong>von</strong> der Stasi. Es fehlte nur noch die Leibesvisite. Höschen runter.<br />
Vom <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> bis zur Mittelstraße hatte ich 5 Minuten Gehweg. Am<br />
18.07.1985 ist er ausgereist nach Westberlin-Charlottenburg, Dankelmann Straße<br />
2a, Tel. 849-3211130.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 67<br />
Sein Freund war Hannes-Herbert Hofmann aus Berlin-Wilhelmsruh, Hauptstraße<br />
57, Tel. 4894812. Hatte Ökonomie studiert. Er ist später, nach 1985, mit einer<br />
Fluchthilfe aus Westberlin nach Berlin-West übergesiedelt. Seine Fluchthilfe war<br />
ein Offizier der US Army aus der Aufklärung- und O<strong>bs</strong>ervationsgruppe in<br />
Westberlin. Treffpunkt war die Speisegaststätte „Ganymed“, Schiffbauerdamm 5,<br />
Tel. 2829540, direkt vor dem BE-<strong>Theater</strong>. Der Fluchtweg war über Checkpoint<br />
Charly erfolgreich vorgenommen worden. Hofmann war Leiter der Brecht-<br />
Buchhandlung in 1040 Berlin-Mitte Chausseestraße 125 und hatte an allen<br />
Westtouristen nur Bücher verkauft gegen Westmark. Somit war Westgeld <strong>im</strong>mer<br />
<strong>im</strong> Hause bei Horst Häsler und Hannes-Herbert Hofmann. Diese Brecht<br />
Buchhandlung wurde ständig <strong>von</strong> US Army Offiziere besucht, um Brecht Literatur<br />
zu kaufen für ihre He<strong>im</strong>at. Der Hauptgrund aber war, das sich hier in dieser Brecht<br />
Buchhandlung zum ersten Mal der oder die Flüchtling und der amerikanische<br />
Fluchthelfer in US Army Offiziersuniform sich <strong>von</strong> Angesicht trafen und in der<br />
Schnelle den Fluchttermin ausmachten. Am nächsten Tag war schon zur<br />
Mittagszeit aus der Gaststätte „Ganymed“ der Fluchttermin best<strong>im</strong>mt mit einem<br />
US Army Militärfahrzeug über die Friedrichstraße in Richtung Checkpoint Charly.<br />
In 10 Minuten war die Flucht erledigt. Dieser Fluchtweg Friedrichstraße<br />
Checkpoint Charly wurde oft benutzt <strong>von</strong> DDR Bürger, die auch sehr USA<br />
freundlich waren. Sel<strong>bs</strong>t ein Kellner aus dem Ganymed ist in voller Kellner<br />
Kleidung und volle Geldtasche in ein wartendes US-Army Auto eingestiegen und<br />
war in 10 Minuten in Berlin-West, in die Freiheit, in den Goldenen Westen. Hier<br />
gab es für uns Bürger in der Friedrichstraße den Anschein, die MfS Soldaten<br />
wussten da<strong>von</strong> und hatten aber nichts dagegen all die Jahre unternommen, gegen<br />
die DDR-Flüchtlinge in Richtung Goldener Westen. Diese Fluchthilfe durch die<br />
US-Army mit ihrem Militärfahrzeug wurde auch mal vom Ostberliner MfS <strong>im</strong><br />
Stillen benutzt.<br />
Und Horst Häseler seine Wohnung in der Mittelstraße 44, fünfte Etage, 0501 und<br />
Nebenwohnung 0502 <strong>von</strong> der Kommunalen Wohnungsverwaltung (KWV) Berlin<br />
Stadt-Mitte ,wurde <strong>im</strong> Juli 1985 die Zentrale der Berliner Hauptabteilung II,<br />
Abteilung 3 ,Amerika-Linie zugewiesen zur O<strong>bs</strong>ervation der amerikanischen<br />
Botschaft in der DDR, Berlin und den Handel und Wandel hier vor Ort. Als das<br />
Interhotel <strong>Metropol</strong>-Berlin in der Friedrichstraße gebaut wurde und fertig war,<br />
hatte ich dort gleich 2 Freunde, die mir <strong>im</strong>mer das Aktuellste vom Wesen des<br />
Hotels zu erzählt hatten. Ulli Meinhold, Jahrgang 1953 , Berlin-Marzahn,<br />
Bärensteinstraße, Köpenickerstraße 110, Leninallee 17, war be<strong>im</strong> Elektro-Berlin<br />
tätig, Telefon 5781401 und hat den Einbau der Abhöranlage <strong>im</strong> Hotel <strong>Metropol</strong><br />
und in das Grand Hotel in der Friedrichstraße geleitet, überwacht, und gewartet.<br />
Ein echter MfS-Techniker, wie es <strong>im</strong> Buche steht. Er hat alle Jahre durchgehalten<br />
be<strong>im</strong> MfS Berlin, bis November 1989. Als Dank bekam er vom MfS eine große<br />
Abfindung, eine Schütte, so dass er sich 3 Bungalows am Bernsteinsee in Velten<br />
bei Berlin -Birkenwerder sofort kaufen konnte und hatte diese in den 90er Jahren<br />
touristisch vermarktet. Der 2. Info-Mann war Bernd S00000<strong>im</strong> Intershop, in die
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 68<br />
Uhren und Schmuck Abteilung, mein Int<strong>im</strong>us. Von seiner MfS Abfindung und<br />
gute Westgelda<strong>bs</strong>chöpfung aus dem Intershop lebt er heute sehr gut (Gran Canaria<br />
Haus gekauft, Hiddensee ein Haus kaufen in der Planung.) Bernd S00000 war für<br />
mich „der“ besondere guter Informationsüberbringer. Er gehört zu der<br />
„Schweigsamsten“ in der Ost- Berliner Polituntergrundszene. Er war hier eine<br />
unbekannte graue Maus in all dieses Polit-Gedränge.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 69
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 70<br />
So wurde die USA Botschaft<br />
am Anfang vom MfS kontrolliert<br />
Ja und Last und Least, es war in der Umgebung der USA-Botschaft in Ostberlin<br />
noch so ein besonderer Fall <strong>von</strong> MfS Spionage angefallen, was mich eigentlich<br />
nicht wunderte sollte. Vor der Botschaft liegt ein noch nicht umgebauter Parkplatz<br />
mit einem Transformatorenhaus. Mittig stand ein altes verlassenes Berliner<br />
Mehrfamilienmietshaus. Man hat es vergessen abzureißen, oder auch nicht, als<br />
rings um hier Neubauten entstanden sind. Die rechte Brandmauer zeigte zur USA-<br />
Botschaft, der Hauseingang zeigte zur Mittelstraße. Mit einem Mal kam Leben in<br />
diese abrissreifen Bude. Durch eine Mundpropaganda hörten wir <strong>Männer</strong> in Stadt-<br />
Mitte, dass hier oft am Samstagabend eine Disco stattfinden soll, <strong>im</strong> Keller dieses<br />
Abrisshauses. Aber hauptsächlich für Herren. Organisiert wurde diese Disco <strong>von</strong><br />
Gert Wasilew, Jahrgang 1953, aus Putbus Rügen, ein echter hauptamtlicher Stasi-<br />
Mann aus dem SED ZK, nebenberuflich zum Schein, ein Zahntechniker. Seine<br />
Chefin Birgitt ist der Führungsoffizier über all die Stasi-Leute in der Gesellschaft<br />
um den Gert Wasilew (später mehr darüber). Birgitt wohnte in der Friedrichsgracht<br />
gegenüber dem Zentral Komitee, in einer ZK der SED eigene Wohnung. Der<br />
Hauskeller war sehr notdürftig hergerichtet, den Ausschank machte ein geistigmittelbehinderter<br />
Kellner aus der HO, Musik kam aus der Konserve. Leute waren<br />
gerade so viel <strong>im</strong> Keller, wie Plätze vorhanden war. Ich checkte sofort was hier los<br />
ist: In der <strong>Zeit</strong>, wo hier <strong>im</strong> Keller dieses alten Hauses die Disco läuft, arbeiten die<br />
echten MfS-Leute oben <strong>im</strong> Haus an die Abhöranlage Richtung USA-Botschaft. Sie<br />
konnten so laufen rein und raus gehen ohne aufzufallen. Nach einer <strong>Zeit</strong> war der<br />
Discospuck beende, wir Gäste wurden als Tarnung nicht mehr gebraucht und Gert<br />
Wasilew hat sein Parteiauftrag erfüllt. Und der Keller-Kellner wurde aus der Stadt<br />
Berlin und der HO-Gastronomie verwiesen, wegen schlechter Geschäftsführung<br />
und fehlender Loyalität zum MfS Berlin. Chic was, ganz der Berliner MfS Mode<br />
zur dieser <strong>Zeit</strong>. Und Gerd Wasilew, der Helfer aller Dinge für das MfS später<br />
hier, reichlich mehr, al a Wasilew. Er war mein Helfer aller Reisen in Richtung<br />
Go West aus Ostberlin, ohne das die Stasi da<strong>von</strong> Kenntnis hatte, 1984. Ich hatte<br />
vier Reisepässe mit Visum in Richtung Nato Länder über den Bahnhof<br />
Friedrichstraße Tränenpalast zur Aus-und Einreise in die DDR. Von Nix kommt<br />
Nix.<br />
Jetzt wird es aber <strong>Zeit</strong> für mich, in die<br />
USA-Botschaft reinzugehen<br />
Trotz Stasi hin, Stasi her hatte ich noch <strong>im</strong>mer nicht die <strong>Zeit</strong>ung „Financial<br />
T<strong>im</strong>es“ <strong>im</strong> Besitz. Als 1. Requisiteur am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>, laut Arbeitsvertrag,<br />
hatte ich aus der USA Botschaft diese <strong>Zeit</strong>ung zu organisieren oder zu erbetteln
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 71<br />
oder zu erbitten. Ich durchforstete meinen Fundus, um für den Transport der<br />
<strong>Zeit</strong>ung aus der Botschaft eine richtige unauffällige Tasche zu finden. Größe,<br />
modisch, neutral und passend für Mann und Frau. So eine, die man über die<br />
Schulter tragen kann. Diese Taschen waren gerade in der Mode. Ich sel<strong>bs</strong>t hatte<br />
solche Taschen zigmal genäht an unser alten Phönix Nähmaschine, linksherum, in<br />
der Requisite. Material hatten wir genug am <strong>Theater</strong>.<br />
In September 1981, einen schönen Spätsommertag, bin ich nachmittags zur USA<br />
Botschaft gegangen. Fünf Minuten Weg <strong>von</strong> unserem <strong>Theater</strong> entfernt. Vor der Tür<br />
standen zwei Volkspolizisten und hielten Wache. Ich rutschte unauffällig da rann<br />
vorbei. Rein und 4 bis 5 Stufen hoch. Links war der Empfang durch eine<br />
Glasscheibe getrennt. Zwei junge Frauen der US-Marine-Corps waren anwesend.<br />
Ich legte in meinem DDR Personalausweis einen Hinweis aus der <strong>Zeit</strong> <strong>von</strong> 1958,<br />
wo ich schon einen guten Kontakt zu der US-Army aus Westberlin hatte und legte<br />
diesen in eine Fensterschiebe. Die Frauen begutachteten meine Daten <strong>im</strong> Ausweis.<br />
Sie machten aus meinen Personalausweis sich Kurznotizen. Nach dem ich vor der<br />
Glasscheibe meine Bitte vorgetragen hatte auf Deutsch, dass ich eine <strong>Zeit</strong>ung<br />
suche, eben diese Financial T<strong>im</strong>es, für eine <strong>Theater</strong>produktion am <strong>Metropol</strong>-<br />
<strong>Theater</strong> „Heute Abend: Lola Blau“ <strong>von</strong> Georg Kreisler aus Wien, hier in der in<br />
der Friedrichstraße. Die Frauen waren sehr überrascht, aber auch sehr<br />
aufgeschlossen mir gegenüber, und nahmen meine Bitte freundlichst entgegen. Ich<br />
sollte doch am nächsten Tag vorbeikommen, um meinen Wunsch erfüllen zu<br />
können: Alles klar, meine Personaldaten, mein Wunsch und der Zweck der <strong>Zeit</strong>ung<br />
wurden überprüft. Die Maschine läuft an, der Erfolg steht vor der Tür und ich<br />
hatte das Problem gelöst.<br />
Nächster Tag, die Sonne meinte es gut mit uns, stand ich in der gleicher<br />
Aufmachung vor der USA-Botschaft, vor den Frauen des US-Marine-Corps. Alles<br />
ging gut, meine Bitte konnte sie erfüllen. Ich sollte rechts reingehen in einen<br />
Alkoven, vor dem Konsulat steht ein sehr langer Tisch und schwarze Sessel. Ich<br />
konnte mir hier alle, alle aber auch alle <strong>Zeit</strong>ungen die dort in Massen auf den Tisch<br />
lagen, mir jede beliebige <strong>Zeit</strong>ung raussuchen und für meine gewünschten Zwecke<br />
mitnehmen. Klar war auch meine gesuchte <strong>Zeit</strong>ung „Financial T<strong>im</strong>es“ dabei. Ich<br />
nahm hier westdeutsche überregionale <strong>Zeit</strong>ung mit für meinen eigenen Lesebedarf,<br />
was meine Tasche nur fassen konnte. Be<strong>im</strong> raus gehen bedankte ich mich bei den<br />
Frauen für ihre Hilfsbereitschaft, und sie sagten ich könnte jederzeit wieder<br />
kommen und mir neue <strong>Zeit</strong>ung vor dem Konsulat holen. Hierbei gab mir eine Frau<br />
eine Visiten-Karte in der Hand und sagte mir, dies wäre jetzt mein Ausweis, die<br />
berühmte Code, für das Betreten der USA-Botschaft in Ostberlin ohne meinen<br />
Grund zu sagen, warum ich in der USA Botschaft in Ostberlin besuchen will. Die<br />
Verbindung hier zum „Klassenfeind der DDR“ hat bestens geklappt, man muss nur<br />
wissen, was man will vom Lieblingsfeind. Dies war ein Gehe<strong>im</strong>nis, was ich unter<br />
meinem Herzen tragen musste vor jeden Manne, vor jeder Frau, die meine <strong>Zeit</strong>ung<br />
auch mal lesen wollte, oder so.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 72<br />
Normalerweise müssten die Amerikaner in ihren dunklen Kanälen mich auch <strong>im</strong><br />
dunklen erkennen, aus meiner Zollzeit 1958, auf dem Grenzkontrollübergang<br />
Drewitz-Dreilinden Autobahn, wo ich als Leiter der Einreisesicherheitsbereich,<br />
nach Chruschtschows Drohung und Ult<strong>im</strong>atum über Berlin-West, ständig<br />
laufende Kontakte hatte zu den GI der US Army, zu den O<strong>bs</strong>ervations- und<br />
Aufklärungsgruppe I E 3206, zu den Scouts, zu den Offizieren der U.S. Army<br />
persönlich, <strong>im</strong> Auftrag der Zollverwaltung der DDR und des Ministerium des<br />
Innern der DDR hatte, aber unbedingt ohne das die Russen es in ihre Kontrolle<br />
dieser US Army Konvoi es merken sollten. Die Russen sollten über meine<br />
Kontakte zu unseren Lieblingsfeinden nichts wissen. Politisch.<br />
Bei der Einreise in die DDR aus Westberlin gegen 10.30 Uhr vor der<br />
Kontrollbaracke Einfahrt: Unser Erkennungszeichen war einfach und sinnvoll zu<br />
dieser <strong>Zeit</strong>: Ich wende mich den ausgesuchten Fernaufklärer der U.S. Army<br />
Offizier zu, der vor der russischen Kontrollbaracke steht auf dem<br />
Grenzkontrollübergang Drewitz-Dreilinden Autobahn und wartet auf seine<br />
Abfertigung zur Durchfahrt durch die DDR, Richtung Helmstedt. Recht Hand auf<br />
der linken Brust legen.(Unauffällig vor jeder Mann) „Wir müssen uns Nachrichten<br />
austauschen“. Nach der Kontrollrückfahrt durch die DDR <strong>von</strong> Helmstedt aus,<br />
während der Russenkontrolle am Ausreiseschlagbaum Richtung Westberlin<br />
beginnt mein Kurztreffen ohne dass es die Russen merken durften , das wir DDR<br />
Zöllner Kontakt mit die Amys hatten. Drei Zöllner aus meiner Einreisegruppe,<br />
Piraten der Autobahn, sicherten meinen Kontakt hier ab. Hier wurden wichtige<br />
Informationen für und über Berlin-West ausgetauscht. Ich war in der USA-<br />
Botschaft also bekannt, als ich hier über eine Bitte um eine US-Handelszeitung<br />
„Financial T<strong>im</strong>es“ sprach. <strong>Das</strong> sagte mir, als ich die Visitenkarte als Code <strong>von</strong> den<br />
Frauen des U.S. Marin Corps in der Hand bekam.<br />
Internet: Yumpu.com<br />
DDR-Zollinsider Rudolf Holtz, Grenzerfahrungen<br />
Drewitz-Dreilinden, Seite 179.<br />
Ab jetzt konnte ich hier zur jeder <strong>Zeit</strong> die nötigen <strong>Zeit</strong>ung abholen nach meinen<br />
Wünschen. Somit hatte ich über eine längeren <strong>Zeit</strong>raum <strong>im</strong>mer die aktuellsten<br />
<strong>Zeit</strong>ung gehabt und auch flott gelesen. Als DDR-Zollinsider musste ich zu ganz<br />
best<strong>im</strong>mten Themen in den Ost-Westkonflikten in der Berlin Krise auf dem<br />
Grenzkontrollübergang Drewitz-Dreilinden Autobahn, überregionale deutsche<br />
<strong>Zeit</strong>ung lesen. <strong>Meine</strong> Freunde, die geliebten Feinde, die Damen, die<br />
Stewardessen vom Bayern-Express, ein Westberliner Fernbusunternehmen,<br />
versorgte mich mit den gewünschten Westberliner <strong>Zeit</strong>ungen. Vom Feinde lernen,<br />
heißt siegen lernen.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 73<br />
Alles klar, die Quelle ist gesichert, solange sie hält gegen die groben Einflüsse<br />
des DDR MfS. Solche heiße Sache blüht nicht lange in der DDR. Sehen erst mal<br />
die Kollegen vom <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> diese <strong>Zeit</strong>ung, klappern bei denen die<br />
Neiddrüsen und wollen wissen die Herkunftsquelle dieser Westzeitung und wollen<br />
sich privat damit schmücken. Als Norddeutscher kann ich ja schweigen wie ein<br />
Grab. Die Visitenkarte war <strong>von</strong> Herrn>Edward, James S m i t h
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 74<br />
Die Malle, die die Rolle Lola Blau sang und spielte, hatten viele Bedürfnisse,<br />
wenn sie Erfolge auf der Bühne hatte. Ihr ganzes Streben am <strong>Theater</strong> war eine<br />
wirkliche Diva zu sein, und so wollte sie auch behandelt werden <strong>von</strong> allen<br />
<strong>Theater</strong>leuten. Leider kannten wir Leute, wir <strong>von</strong> der Garde Requisite, so viele<br />
Solisten, die ständig eine Diva spielten und wir diese Damen und vor allen die<br />
Herren hinter der Bühne nicht für voll nahm. Wenn Malle abends zur Vorstellung<br />
kam aus ihrer Garderobe in Kostüm und Maske, erste Etage, war ihr erster Schrei<br />
auf der linken Nebenbühne: Requisite, ich will ein Glas Wasser. Klar sie hatte vor<br />
jedem ersten Auftritt ein Blackout in der Kehle. Wie oft haben wir sie damit<br />
hängen lassen. Sie wollte Aufmerksamkeit schinden. Nur nicht bei uns.<br />
Zurück zu Probebühne des <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>s, zur „Financial T<strong>im</strong>es“, zu Malle.<br />
In der Handlung sollte sie wüten werden über einen <strong>von</strong> ihr vorgelesen<br />
<strong>Zeit</strong>ungsartikel in dieser <strong>Zeit</strong>ung, und eben diese <strong>Zeit</strong>ung zerknüllen. <strong>Das</strong> heißt für<br />
den Requisiteur, also ich, als Beschaffer dieser <strong>Zeit</strong>ung aus der USA-Botschaft, für<br />
jeder laufende Vorstellung „Heute Abend: Lola Blau“ eine neue Financial T<strong>im</strong>es<br />
aus der USA-Botschaft heraus zu schmuggeln, was für mich bei MfS Bewachung<br />
der USA Botschaft meinen Kopf und Kragen bedeuten hätte. Aber ich hatte einen<br />
unbezahlbaren Joker, der mich vor der Diktatur des MfS geschützt hatte.<br />
Hurra es geht jetzt los mit der MfS: Es lief mit dieser <strong>Zeit</strong>ungsbesorgerei ja lange<br />
<strong>Zeit</strong> gut. Ich hatte ja auch meinen Vorteil. Hatte laufend die neuste westdeutschen<br />
überregionale <strong>Zeit</strong>ung gelesen aus dem Westen, aus den Goldenen Westen und<br />
dann weiter gegeben. Aber ein Ende war bald ab zu sehen. Die DDR-Bevölkerung<br />
wurde <strong>im</strong>mer renitenter und wollte mehr Freiheit, und in die Bundesrepublik<br />
übersiedeln. Keine Stasi-Knechtschaft wollten besonders die jungen gut<br />
ausgebildeten DDR Bürger, die erste Generation <strong>von</strong> DDR Bürgen nach dem Bau<br />
der Berliner Mauer. Keine Fremdbest<strong>im</strong>mung durch Staat und SED mehr. Endlich<br />
leben und arbeiten, wie sie es wollten nach ihren Bedürfnissen. Anfang der 80er<br />
Jahre war der große Umbruch in unserer DDR Gesellschaft. Dieser hatte aber<br />
schon lange <strong>Zeit</strong> vorher begonnen. Ob wir es wollten oder nicht, der Anfang <strong>von</strong><br />
Umsturz Her<strong>bs</strong>t 1989 hatte in den Köpfen der Leute in Berlin und in der DDR<br />
schon mächtig an Umfang gewonnen. Ich sel<strong>bs</strong>t war schon seit 1980 in eine<br />
Sel<strong>bs</strong>thilfegruppe für <strong>Männer</strong> in Treptow in der Plesserstraße, in der<br />
Bekenntniskirche, jeden Montagabend. An diesen Tag hatten alle Berliner<br />
<strong>Theater</strong>leute meistens einen freien Tag. Hier wurde diese Sel<strong>bs</strong>thilfegruppe <strong>von</strong><br />
dem Oberstleutnant der DDR Staatssicherheit Berlin, Kurt Zeiseweis und seiner<br />
Truppe, ständig bespitzelt und beobachtet. Hier lernte ich auch den letzten<br />
Mauertoten vom Februar 1989 an der Berliner Mauer, Chris Gueffroy, Jahrgang<br />
1969, kennen und auch gleich all seine Probleme in den Goldenen Westen<br />
überzusiedeln. Später mehr da<strong>von</strong>.<br />
Viele DDR-Bürger wollten in die USA-Botschaft rein, um sich über die westliche<br />
Demokratie neue Kenntnisse erwerben. Und was macht unsere liebe DDR<br />
Sicherheit, mit den Namen Stasi: Sie verstärkt die Bewachung und<br />
Personenkontrolle <strong>von</strong> außen, vor der USA Botschaft. Für mich war dass das Aus
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 75<br />
in der USA-Botschaft schon abzusehen. Malle wurde schon darauf hingewiesen<br />
mit der besagten <strong>Zeit</strong>ung „ Financial T<strong>im</strong>es“ pfleglicher um zu gehen. Es wird in<br />
Bälde keine echte <strong>Zeit</strong>ung aus der USA-Botschaft mehr geben. Sie hat natürlich<br />
diese Warnung bei Seite geschoben, da sie eine werdende, wollende Diva sein will.<br />
Wir sollten doch für ihr, und nur für ihr weiterhin diese best<strong>im</strong>mte <strong>Zeit</strong>ung aus der<br />
USA-Botschaft holen oder sonst woher, nur für ihre Rolle besorgen, organisieren,<br />
aus Westberlin usw., usf. Im BE besorgte die Requisite für ihre Diven doch auch<br />
alle echten Requisiten original aus Westberlin. Warum sollte das <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong><br />
sich sowas auch nicht leisten können? Acht Monate ging hier in der USA-<br />
Botschaft alles gut mit dem Transfer grenzüberschreitender Wechsel dieser<br />
amerikanischen Finanzzeitung in den sozialistischer Kulturtempel.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 76
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 77<br />
Die MfS –Jagt beginnt gegen mich<br />
An einem recht sonnigen schönen Sommertag, es war ein Dienstag, den<br />
08.06.1982, also vor unsere <strong>Theater</strong>ferien, hatte ich mich wieder nachmittags für<br />
einen Besuch in die USA-Botschaft aufgerüstet. Flottes Hemd, kurze Hose, meine<br />
Spezialumhängezeitungstasche, eingedieselt, Haare toupiert, lächeln trainiert und<br />
auf Gottes Segen gewartet. Hatte meine Kollegin Brunhilde Richter, Jahrgang<br />
1924, ein altes <strong>Theater</strong>-Zirkus-Pferd aus Dresden, mitgenommen in die große,<br />
weite westlichen Welt. Alles ging flott wie <strong>im</strong>mer. Vorbei an die Stasi<br />
Volkspolizisten, meine Türöffner, die Visitenkarte den Frauen am Einlass gezeigt.<br />
Links rein in den Vorraum das Konsulates, ran an den Tisch. Jeder suchte seine<br />
Lieblingszeitung raus und dann als letzte die „Financial T<strong>im</strong>es“ dazu. Alles schön<br />
gleichmäßig in unsrer Spezialtasche verstaut, zusammen gedrückt. Lächeln<br />
aufgesetzt, herzlich bei den Einlassdamen bedankt, einen schönen Feierabend<br />
gewünscht. Und dann nichts wie jetzt raus aus der Botschaft. Elegant an der Stasi<br />
Polizei vorbei gedrückt. <strong>Meine</strong> Kollegin Brunhilde Richter untergehakt, fröhlich<br />
gelacht. Mission erfüllt. <strong>Das</strong> alles in 20 Minuten. Na also, es war doch ein<br />
fröhlicher Ausflug.<br />
Ja, aber nur bis zur S-Bahnbrücke vor dem S- Bahnhof Friedrichstraße war alles<br />
noch fröhlich. Dann stand, wie aus dem Nichts, ein Volkspolizist mit<br />
Stasicharakter vor uns, mit allem, wie so ein Ost- Berliner Volkspolizist eben<br />
ausgerüstet ist in der DDR.<br />
Es war ein süßer, säuselnder Sachse, wie es sie hier in Berlin in Massen gibt. Sein<br />
Hosenstall stand noch halb offen. Ausweiskontrolle stotterte er. Vorne fehlt ihm<br />
ein Zahn. <strong>Meine</strong> Kollegin verstand ihm gleich, sie kommt ja aus Dresden. An<br />
seiner prallen Volkpolizeidienstumhängeledertasche war ein Sprechfunkgerät<br />
festgemacht und hier gab er nun mit viel Mühe und Stottern unser beider Namen<br />
und aller dazu passender Daten an seiner obersten Stasi Dienstelle pflichtgemäß<br />
durch. Man hat uns beobachte, als wir in die USA Botschaft reingingen und<br />
haben nun gewartet bis wir wieder draußen waren. Aber erst an der Brücke am<br />
der S-Bahnhof Friedrichstraße haben sie uns abgefangen in der Person eines<br />
normalen unauffälligen Volkspolizisten. Man wollte uns nicht in aller<br />
Öffentlichkeit vor den Westtouristen festnehmen.<br />
Noch am Abend, während der großen Bühnenvorstellung benachrichtigte ich<br />
Karl-Heinz Siebert, der Chefdramaturg, <strong>von</strong> diesem MfS-Polizeivorfall. Der<br />
machte ein finsteres böses Gesicht, da er mal wieder einen politischen Vorfalls in<br />
seinen Lagebericht an seiner Stasi Dienststelle schreiben musste. Die Stasi <strong>Männer</strong><br />
haben nicht nur Rechte, sondern auch handfeste Pflichten, wo<strong>von</strong> sie aber nicht<br />
sprechen wollen. <strong>Das</strong> Ende vom Lied war nun ganz einfach: In Lola Blau kam nun<br />
eine altbewerte kaschierte <strong>Zeit</strong>ung mit einem fotokopiertem <strong>Zeit</strong>ungskopf der<br />
Financial T<strong>im</strong>es. Die Malle konnte nun ihre hysterische Spielwut an einer alten<br />
DDR <strong>Zeit</strong>ung, „ Neues Deutschland“, austoben bis das Stück auch mal abgesetzt<br />
wurde, nach Jahren.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 78
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 79<br />
Nah endlich komme ich in die<br />
Stasi-Akten als DDR Feind!<br />
Für mich begann jetzt, Dienstag, 08.06.1982 eine neue Erfassung meiner Person<br />
und Lebensumstände in einer großen Stasiakte: Ab den 08.06.1982 wurde ich in<br />
der HA II Berlin als Spion , als echter Spion der DDR geführt <strong>von</strong> den<br />
Oberstleutnant Herrn Heckerodt, Leiter der Abteilung 3, Amerika. Die HA II<br />
Berlin ist die Hauptabteilung II, Spionageabwehr. Eine Kerbkartei wurde in der<br />
Zentrale des MfS Berlin Normannenstraße angelegt, wo sämtliche Daten über<br />
mich und die Stasi Kontrollergebnisse festgehalten wurden. Ab den Montag den<br />
03.01.1983 wurde laufend vom Leiter der Marzahner MfS Kreisdienststelle<br />
Oberstleutnant Herrn Danicke, unter der Tagebuchnummer 6009/82 schi<br />
Einschätzungen gesammelt. Sofort wurde meine West Post und DDR Post<br />
kontrolliert und einbehalten.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 80
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 81<br />
In mein AWG-Wohnhaus (Arbeiter Wohnungsbaugenossenschaft Friedenshort) in<br />
Berlin-Marzahn, Heinrich-Rau-Straße 138, Tel. 030.5416740, wurde ich <strong>von</strong> den<br />
Stasi Mitbewohner unter Kontrolle genommen. In diesem rotem SED AWG<br />
Wohnhaus, 10 Etagen, wohnten allein vier hauptamtliche MfS Mitarbeiter. Alles<br />
gut nachzulesen in meiner Stasi Wunderakte nach 1989, als ein neuer Wind in<br />
Deutschland wehte. Aber bis dahin gibt es noch einige lustige Episoden des DDR<br />
Alltags, mit etwas Sozialismus, so mitten <strong>im</strong> Leben und ich war dabei. <strong>Meine</strong><br />
Westpost aus der Bundesrepublik und Westeuropa hatte ich schon seit <strong>1970</strong>, als<br />
ich in Berlin meinen zweiten Wohnsitz hatte, an die Adresse meiner Mutter in<br />
Rostock, Kielerstraße senden lassen als Deckadresse. Außerdem hatte ich noch 2<br />
vertrauensvolle, schweigsame Freunde an der Ostseeküste, die auf ihre<br />
Wohnadessen meine heiße Westpost empfangen konnten. Mein Korvettenkapitän<br />
<strong>von</strong> Usedom Eugen Groth brachte mir <strong>im</strong>mer diese Post mit, wenn er in Berlin<br />
war. Wir sind hier <strong>im</strong>mer noch dabei in einen internen Einblick in einem<br />
sozialistisches Leben in der DDR.<br />
Keiner <strong>von</strong> den DDR-Sicherheitsorganen, die mich in Berlin -Ostberlin- politisch<br />
belästigten wollten, wusste nicht dass ich ständig einen Joker in meiner Tasche<br />
hatte, und mich unterschiedlich verteidigen wusste. Ich komme hier noch genau<br />
darauf zurück. Nicht vergessen! Es ist wichtig.<br />
Die Schweigepflicht der DDR Ärzte<br />
„Man muss <strong>im</strong>mer das Unmögliche<br />
erstreben, um das Mögliche zu<br />
erreichen“ Herrmann Hesse<br />
Schweigepflicht gehört zur ersten Grundausstattung eines jeden praktizierenden<br />
Arztes in Deutschland. Von allen Patienten anvertrauten Gehe<strong>im</strong>nisse,<br />
Krankheiten, Gesprächen , auch wenn sie nicht unmittelbar mit einer Krankheit zu<br />
tun haben, gehört zur Schweigepflicht eines Arztes, wo und wann auch <strong>im</strong>mer an<br />
welchen Ort. Nur der Patient selber kann diesen Arzt <strong>von</strong> seiner Schweigepflicht<br />
persönlich oder schriftlich, soweit er in der Lage ist, da<strong>von</strong> befreien. Dies ist die<br />
Hauptgrundlage einer Vertrauensbildung zwischen Arzt und nicht <strong>im</strong>mer eines<br />
kranken Patienten. Wendet sich ein Kranker oder auch ein Gesunder vertrauensvoll<br />
an einen ausgewiesen Arzt, so muss der Kranke <strong>im</strong>mer annehmen, das Gespräch<br />
bleibt unter sich und niemand erfährt da<strong>von</strong> etwas. Dies gehört zu christliche<br />
Grundlage auch heute in der modernen Gesellschaft <strong>im</strong> Zusammenleben aller unter
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 82<br />
den denkenden und handelte Staatsbürgern .Es ist ein gesetzlicher fester<br />
Bestandteil in unser Rechtswesen. Auch in einem sozialistischen Staat. Der Staat<br />
wacht mit Argusaugen darauf, dass dieses auch eingehalten werde soll, muss. Es<br />
ist in dem Strafgesetzbuch der DDR genau festgehalten.<br />
So, nun wollen wir doch mal sehen, ob dies auch <strong>von</strong> unseren lieben und aufrecht<br />
denkenden DDR Ärzte eingehalten wurde oder ob sie die Gespräche zwischen Arzt<br />
und Patienten als eine Nachricht an fremde Leute, an fremde Dienste oder<br />
staatlichen Stellen, oder auch an Gehe<strong>im</strong>dienste weitergeleitet wurden. Na, denn<br />
mal los. Augen und Ohren auf: Wir DDR-Bürger leben in einem sozialistischen,<br />
demokratischen Staat. Oder war doch da noch etwas was?<br />
Zur all der guten und glücklichen DDR <strong>Zeit</strong>en, wo wir unser Leben noch fröhlich<br />
und sel<strong>bs</strong>t gestalten durften, soll hier diese Episode handeln. Achten sie mal genau<br />
darauf, wie wir mit den anvertrauten Gehe<strong>im</strong>nissen <strong>von</strong> einem Patienten an den<br />
praktizierenden DDR Arzt sel<strong>bs</strong>t umgehen. Klar, eine <strong>Männer</strong>- Episode, heute für<br />
jedermann lesbar, ein sozialistische Intrige live. Wem diese Episode zu viel ist in<br />
seinem logischen Denken, nah, der blättert einfach weiter. Die Nächsten Episoden<br />
sind menschlich, politisch noch verwickelter in unser sozialistisches Leben in der<br />
DDR.<br />
Wir Rostocker wollen Urlaub machen<br />
in Budapest<br />
Alle, alle <strong>Männer</strong> aus unserer <strong>Theater</strong> Clique in Rostock aus dem Rostocker<br />
Volkstheater sind aus dem Urlaub zurückgekommen, 1966. Der Sommerurlaub<br />
wurde, wie <strong>im</strong>mer ausgewertet <strong>von</strong> allen Freunden bei Kaffee und Kuchen. Zum<br />
Schluss kamen wir überein, die nächsten <strong>Theater</strong>ferien, der nächste Sommerurlaub<br />
fliegen wir mit wehenden Fahnen nach Budapest, der Sündenpfuhl aller Ostblock<br />
Staaten. Erfahrungen haben wir <strong>von</strong> Budapest Reisenden genug gesammelt <strong>im</strong><br />
Urlaub.<br />
Rostock-Markgrafenheide, der DDR bekanntester FKK-Stand, ist eine sehr gute<br />
Infoquelle für nackte <strong>Männer</strong>, die noch was erleben wollten. Die ganze Republik<br />
mit all ihren <strong>Männer</strong> zeigt sich hier nackt. Aber Hauptsache ist und bleibt der<br />
Austausch <strong>von</strong> allgemeinen interessante und politischer Informationen, wie sieht es<br />
in der Republik aus, und wie sieht da die <strong>Männer</strong>welt für uns aus. Also, dieser<br />
FKK-Strand ist eine große Kontaktbörse mit einem flotten Gedankenaustausch<br />
<strong>von</strong> Mann zu Mann. Hier werden große nicht überschaubare menschliche<br />
Netzwerke gesammelt, verbunden, neue hergestellt mit allen <strong>Männer</strong>n der<br />
Republik, und die auch dafür ein Faibel hatten. Lieschen Müller ist da nicht<br />
gefragt. Der nackte Mann <strong>von</strong> Welt weiß mehr. Wenn das die Stasi gewusst hätte,<br />
was außer Nacktbaden noch für Info-Geschäfte dort stattfinden und so abläuft,
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 83<br />
wären sie alle, alle am Strand gewesen. Somit waren wir gut informiert,<br />
republikweit, wenn wir es auch wollten. Wir waren <strong>im</strong> sozialistisches DDR-<br />
Denken <strong>im</strong>mer voraus. Budapest heißt jetzt die Frage. Alles Praktische wird ab<br />
jetzt gesammelt und <strong>im</strong> Ganzem ausgewertet, was können wir da <strong>von</strong> brauchen.<br />
Wer sind W I R? Für Budapest haben sich entschlossen: Klaus, Requisiteur am<br />
Rostocker Volkstheater, Die Glöcknerin, Beleuchter am <strong>Theater</strong>, Walter,<br />
Herrenfriseur in Warnemünde an der Alten-Strombrücke, und ich, Requisiteur am<br />
Rostocker Volkstheater. Somit konnten wir vom <strong>Theater</strong> schon ein Jahr <strong>im</strong> Voraus<br />
planen. Wir wussten ein Jahr <strong>im</strong> Voraus, wann die nächste <strong>Theater</strong>ferien sind. Nur<br />
Walter musste noch mit seiner Chefin sprechen, ob er zu diesem best<strong>im</strong>mten<br />
<strong>Zeit</strong>punkt auch Urlaub bekommt. Alles klar. Vier schöne, stramme junge <strong>Männer</strong><br />
<strong>von</strong> der Ostseeküste, voller Lebenslust , voll <strong>von</strong> Testosteron und Sexfreuden<br />
wollen Budapest unsicher machen, mit unseren unwiderstehlichen norddeutschen<br />
Charme. <strong>Männer</strong> <strong>von</strong> der Ostseeküste waren für ihre Männlichkeit <strong>im</strong>mer schon<br />
gefragte Liebhaber oder so. Denn, wir waren <strong>im</strong>mer die lang gesuchten und<br />
begehrten „Seemänner“ <strong>von</strong> der Worderkannte mit unseren Slang in den<br />
Sommermonaten in und um Rostock. Bitte jetzt keine Neiddemonstrationen.<br />
<strong>Männer</strong>, ihr müsst für eure Männlichkeit auch mal was tuen und nicht nur das Glas<br />
heben, dauern am Bart zupfen und an den Fingernägeln knappern. Wir wissen, was<br />
wir uns wert sind. Es klappte <strong>im</strong>mer, wenn wir es wollten, oder auch nicht. Und<br />
wir Vier waren ein gut eingespieltes Team. Am <strong>Theater</strong> ist das eine<br />
Arbeitsvoraussetzung. Walter ziehen wir einfach mit.<br />
Ich hatte als alter Zöllner die meisten Erfahrungen <strong>im</strong> Reiseverkehr, und übernahm<br />
die Organisation in Fragen Flugticket, Quartier und wichtig, die privaten<br />
Einladungen für einen privaten Touristenbesuch in Budapest. Diese Einladungen<br />
sind Grundlagen für ein Visum, um nach Ungarn zu kommen. Aber wie? <strong>Das</strong><br />
Pferd muss hier mal wieder <strong>von</strong> hinten aufgezäumt werden.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 84
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 85<br />
Bei unseren vielen Besuchen in Berlin, Ostberlin hier für die Provinzler, in unsere<br />
Freizeit, sind wir sehr viel Shopping gegangen. Nicht <strong>im</strong>mer wurde alles gekauft.<br />
Wir wollten auch nur wissen, was out und was inn ist. Unser Quartier in Ostberlin<br />
war <strong>im</strong>mer <strong>im</strong> Hotel Minerva in der Clara-Zetkin-Straße an der Friedrichstraße.<br />
Heute wieder die Dorotheen-Straße (Dussmann). Also mitten <strong>im</strong> Zentrum der<br />
Stadt, denn hier spielt die Musik, hier geht die Post ab. Als Zöllner vom<br />
Fährbahnhof Warnemünde habe ich hier dienstlich gewohnt. Ich musste die neuen<br />
Stasi-Passeinheiten auf den Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße, 1962 das<br />
lesen der Reisepässe erst beibringen, als Personenermittler in der Zollverwaltung<br />
der DDR. Die Stasi-Passeinheit war dermaßen schlecht ausgebildet, das wir aus<br />
Saßnitz und Warnemünde erste Hilfe leisten mussten .Also ich kannte das Berliner<br />
Milieu sehr gut und fand mich hier sehr gut zurecht. Und mit den Berlinern<br />
verstanden wir uns nackt und angezogen sehr gut. Wir Norddeutsche <strong>von</strong> der<br />
Küste, wir Fischköppe, verstanden uns sehr gut schon aus alten <strong>Zeit</strong>en.<br />
Wie organisiere ich diese<br />
privat Urlau<strong>bs</strong>reise nach Budapest<br />
für uns, unter der Bedingung der<br />
Berliner Mauer?<br />
Zurück zur Reiseorganisation Budapest. In Berlin, in der Karl-Liebknecht-Straße<br />
in Richtung Spandauer Straße war ein polnisches Kulturzentrum, wo es alles gab<br />
was man nicht brauchte. Aber hinten in der Ecke war ein <strong>Zeit</strong>ungsständer mit nicht<br />
lesbaren <strong>Zeit</strong>ungen und <strong>Magazin</strong>e. Ein sehr wildes <strong>Magazin</strong> suchte ich raus und<br />
fand darin Anzeigen auch auf Deutsch. Ich hatte es gekauft, in Rostock genau<br />
untersucht, und fand eine Lösung. <strong>Das</strong> polnische <strong>Magazin</strong>, ein Modern Art, wurde<br />
in Prag und Budapest gelesen. Ich fertigte eine Anzeige an mit dem Inhalt,<br />
Ostseeküste bietet gutes Quartier, suche ein gutes Quartier in Budapest Sommer<br />
1967. Jetzt wurde gewartet, und gewartet, die Polen sind ja auch nicht <strong>im</strong>mer die<br />
Schnellsten. Nun, erst mal ran an die Flugticket. An einem arbeitsfreien Tag in der<br />
Woche bin ich nach Berlin mit der Bahn gefahren, Anfang Dezember 1966! In der<br />
Friedrichstraße, genau gegenüber den Bahnhof Friedrichstraße in den Flachbauten<br />
auf dem Grundstück des ehemaligen Bierpalastes „Franziskaner“, war ein<br />
Reisebüro, eine Hauptfiliale <strong>von</strong> der DDR-Reisebürozentrale in der<br />
Charlottenstraße. Hier konnte man 80% sicher sein, für den Sommer 1967 vier<br />
Flüge hin und zurück nach Budapest zubekommen. Nur, wenn ich diese schon<br />
Anfang Dezember 1966 vorbestelle. Rostock ist weit weg <strong>von</strong> der<br />
Hauptbuchungszentale, darum der weite Weg nach Berlin, wenn es ein Erfolg sein
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 86<br />
soll. Wichtig ist es hier, nicht so sehr professional hier auftreten als<br />
Dauerflugreisender, sondern den naiven Provinzler vom Lande auskehren. Die<br />
Frauen dort sind außergewöhnlich resolut, sind ausgemachte Feministen und kesse<br />
Väter. Sie sehen sich den Kunden genau an. Die haben ihre guten und schlechten<br />
Erfahrungen gesammelt durch den Grenzübergang Bahnhof Friedrichstraße,<br />
genau gegenüber. Westdeutsche Bürger wollen hier Flüge buchen in das<br />
sozialistische Ausland, da sie hier billiger sind als in Westberlin.<br />
So, nun lange Formulare ausfüllen, alle Namen genau angeben in zweifacher<br />
Ausführung mit Arbeitsstelle, Berufe und Personalausweisnummern. Jetzt<br />
abwarten, Mitte-Ende Januar sollte ich einen Zwischenbescheid bekommen. Ob ja<br />
oder nein, oder Terminverschiebung. So, nun an die Quartiere ran. Im Vorfeld und<br />
durch die Nutzung meines Personennetzwerkes, wusste ich, dass man in<br />
Budapest an mehrere Städtische Reisebüros eine Unterkunft <strong>im</strong> Voraus für den<br />
Sommer1967 bestellen muss, um sich dann , nur das gute und stadtnahe Quartier<br />
auszusuchen zu können. <strong>Das</strong> Reisebüro am Westbahnhof und das am Roosevelt-<br />
Platz sind sehr günstig dafür. Diese Reisebüros sind nicht vernetzt untereinander<br />
und man fällt nicht auf, bei der Reservierung <strong>von</strong> einer Unterkunft <strong>von</strong> 4 DDR<br />
<strong>Männer</strong>. Nun, alle vier <strong>Männer</strong> bestellten per Post <strong>im</strong> Januar unsere Quartiere, um<br />
dann später nach dem Stadtplan <strong>von</strong> Budapest die richtigen Urlau<strong>bs</strong>z<strong>im</strong>mer zu<br />
finden. Ein Zwischenbescheid kam an, <strong>im</strong> April bekommen wir die richtigen<br />
Zusagen. Also warten. Inzwischen kam nun doch noch nach 3 Monate Wartezeit,<br />
die ersten Briefe auf meine Anzeige an, die nun auch in dieses polnische <strong>Magazin</strong><br />
auf Deutsch veröffentlich hatten. Nah ja, da hatten aber diese A<strong>bs</strong>ender aus<br />
Budapest große Wünsche für ihren Urlaub an der Ostseeküste. Die wussten ja<br />
nicht welche Verhältnisse hier <strong>im</strong> Sommer herrschten. Durch den Bau der Berliner<br />
Mauer konnten die DDR „Werktätigen“ nur noch zum größten Teil Urlaub<br />
machen in der DDR, wenn sie ein Urlau<strong>bs</strong>platz vom Reisebüro oder aus privater<br />
Hand ergattert hatte. Ja und die waren auch noch teuer. So waren alle<br />
Urlaubfreudigen an der Ostseeküste gelandet, zu hunderttausende. Aber mich<br />
interessierten nicht die Budapester ihre Urlau<strong>bs</strong>wünsche, mich interessierten nur<br />
die Briefumschläge mit den Briefmarken. Aber unbedingt mit der Budapester<br />
Wohnadresse. Jetzt suchte ich unterschiedliches Schreibpapier, schrieb mit<br />
unterschiedlichem Kugelschreiber eine Einladung nach unseren Orts- und<br />
Terminwünsche. Alles musste aussehen als hätten wir diese Urlau<strong>bs</strong>einladung <strong>von</strong><br />
unseren „Freunde“ bekommen. Mit diesen fingierten Einladungen, und wichtig, die<br />
echten Briefumschläge direkt aus Budapest, sind wir einzeln zum VPKA<br />
(Volkspolizeikreisamt) in der Polizeikaserne in der Ulmenstraße gegangen. Hier<br />
stellten wir unseren privaten Touristen-Visa-Antrag nach Ungarn, Budapest. All<br />
dieser Aufwand und diese <strong>Zeit</strong>spanne mussten sein, da wir einen unkontrollierten<br />
Sommerurlaub machen wollten ohne die teuren DDR Reisebüropreise für<br />
Budapest. Alles war für diese Vergnügungsreise angekurbelt, Quartier, Flug, und<br />
den Visaantrag. Jetzt heißt es sich sommerliche, chice, sexi Sommerleidung<br />
zuzulegen. Wir wollen doch auch noch auffallen und viel, viel Spaß haben. Und<br />
Sex als Überraschungsbonbon. Ein großer Paukenschlag aus einer nicht zu
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 87<br />
erwartenden Ecke überraschte uns allen in unseren Urlau<strong>bs</strong>sinnen und<br />
Urlau<strong>bs</strong>vorbereitungen.<br />
Die Volksarmee ruft nach Deine Pflicht<br />
Wir vier <strong>Männer</strong> waren alle schon bei der Volksarmee gewesen. Wir sind alles<br />
richtige Norddeutsche Kerle mit einer richtigen vollmilitärischen Armeausbildung<br />
und keine <strong>von</strong> diesen Wackelpuddingheinis. Ich war noch dazu Unteroffizier in<br />
der Waffenmeisterei, und bin dadurch auch noch als Scharfschütze in<br />
Faustfeuerwaffen, Pistolen P 38 und PPK Walter mit Diplom ausgebildet worden.<br />
Aber einen nicht zu erwarteten Marschbefehl zum Reservisteneinzug überraschte<br />
uns. Unser Walter, war <strong>von</strong> Beruf Friseur, somit in einer Nachrichtenkompanie bei<br />
der Flugabwehr-Küste in Sanitz. Da er zum Funkwesen gehört, musste er ab und<br />
zu mal zum Reservistenlehrgang, um sein Wissen und Fertigkeiten auf den<br />
neusten Stand zu bringen. Walter ist sonst gerne auf diese Reservistenlehrgänge<br />
gefahren. Da lernt man auch reichlich informativen flotte Matrosen kennen, auch<br />
mal in einer geselligen Flaschenrunde oder so. Und ausgerechnet in der <strong>Zeit</strong>, wo<br />
wir alle nach Budapest fliegen wollten, kommt dieser Einberufungsbefehl. Was<br />
nun? Guter Rat muss her.<br />
Jetzt mussten wir wieder was anstellen, um unseren Willen dem Staat der DDR<br />
gegenüber durchzusetzen. Ein <strong>Männer</strong> Parteitag wurde abgehalten bei Kaffee und<br />
Kuchen und einen kleinen Schnäpperchen <strong>von</strong> Küstennebel. Neue Ideen mussten<br />
her, um diesen Reservistenlehrgang zu umsegeln. Ich hatte eine Idee, musste aber<br />
Walter überzeugen, ob er genügend Tatkraft hat für außergewöhnliche Schritte.<br />
Walter muss, auf Deutsch gesagt, geistig den nackten Arsch zeigen so oder so. Ein<br />
Unikat muss her. Walter war durch sein Berufsleben ein ausgekochtes Luder und<br />
macht jede Schandtat mit. <strong>Meine</strong> Idee war, dem Chef des Wehrkreiskommandos<br />
eine Brief zu schreiben, das dieser gleich umfällt. <strong>Das</strong> Wort Homosexualität muss<br />
jetzt her, das Schreckgespenst in unser sozialistischen Gesellschaft, ein ungelöstes<br />
Problem jeder Führungskader, jeder Parteileitung in der DDR. Ran an das Werk.<br />
Um in diesen Brief auch alle Argumente zu untermauern und auch glaubhaft zu<br />
machen, müsse diese auch <strong>von</strong> der anderen Seite überprüfbar sein. <strong>Das</strong> heißt, der<br />
Chef des Wehrkreiskommando muss den Inhalt des zu schreibendes Briefes auch<br />
amtlich überprüfen können. Amtlich. Walters Hauptziel war, raus aus der Armee,<br />
kostet es, was es wolle, um spätere Reservistenlehrgänge aus dem Wege zu<br />
gehen. Wer ist schon glaubhafter als ein Arzt, der will, der muss seine<br />
Patientengehe<strong>im</strong>nisse an so einer hohen amtlichen Stelle <strong>im</strong>mer preisgeben. Er<br />
muss auf jede Anfrage auch sofort die genaue richtige Antwort geben, ohne<br />
Rückfragen be<strong>im</strong> Patienten. Ein Bruch der ärztlichen Schweigepflicht muss her.<br />
Dazu brauchen wir einen Arzt, der für gehe<strong>im</strong>nisvolle, unbekannte Krankheiten<br />
zuständig ist. Und hier haben wir diesen Verräter <strong>von</strong> Arzt, der jederzeit seine<br />
Patienten ans Messer liefert. Dr.med. Schwager, Arzt für Haut und Liebe in der<br />
Poliklinik in Rostock-Mitte in der Paulstraße 48-55, 1. Etage. Der Dr. Schwager
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 88<br />
hat einen großen Kreis an Mitarbeiter und Mitwisser, die auch sehr plauderhaft<br />
waren in diesen heiklen Liebes-Lust-Krankheitsfragen.<br />
Eine Krankenschwester plauderte alle<br />
Gehe<strong>im</strong>nisse einer Arztpraxis für<br />
Haut und Liebe in Rostock aus<br />
1965 lernte ich durch Zufall einen Oberleutnant Manfred Appel aus Rostock,<br />
wohnte „ Bei der Hundertmännerbrücke“ kennen. Er war in Schwerin, in einer<br />
Sanitätskompanie bei der Volksarmee Grenze. Durch irgendwelche sexuellen<br />
Annäherungen an einen Soldaten ist seine Liebe zu den <strong>Männer</strong>n rausgekommen.<br />
Ergebnis, Rauswurf aus der Volksarmee. Er gab mich an, dass wir bekannt sind.<br />
Darauf musste ich zum VPKA Ulmenstraße zur Vernehmung, ob das mit der<br />
<strong>Männer</strong>liebe und so bei Manfred Appel auch st<strong>im</strong>mt. Ausgerechnet war der<br />
Polizist ein Kripo Mann, ein Leutnant Gräfnitz, der in meiner Kindheit <strong>im</strong><br />
Hansaviertel, in der Lüneburgerstraße 5 wohnt und auch groß geworden wurde<br />
hier. <strong>Das</strong> ist <strong>von</strong> unserem Wohnhaus, Kielerstraße gleich um die Ecke. Seine<br />
Mutter wohnte noch da, und mein älterer Bruder Horst war sein Klassenmitschüler.<br />
Als alter Personenermittler be<strong>im</strong> Zoll, wo ich sel<strong>bs</strong>t Vernehmungsführer war,<br />
konnte mir dieser VP-Leutnant nicht das Wasser reichen. Bei der ersten Frage<br />
wusste ich schon bescheid, warum es hier geht. Ich hatte ihm den Text für das<br />
Protokoll vorgesprochen. Vom Sex haben wir nie gesprochen, nur <strong>von</strong> unsern<br />
Dienst an der DDR-Grenze. Problem gelöst, und ich hatte den Sani-Oberleutnant<br />
nicht belastet. Wir trafen uns mal in der Stadt, in der HO Gaststätte „National“ in<br />
der Langestraße, ein Treffpunkt für kontaktfreudige Rostocker <strong>Männer</strong> und da<br />
stellte es sich heraus, das er nun die erste Oberschwester ist be<strong>im</strong> Dr. Schwager,<br />
zuständig ist für Haut und Liebe, für die Stadt Rostock. Also diesen Mann, dieser<br />
Doktor, dieser Facharzt suchte ich ja gerade, für unsere Zwecke. Er bedankte sich<br />
für meine Aussage bei der VP, und das ich ihm nicht belastete hatte mit<br />
irgendeinen <strong>Männer</strong>kram. <strong>Meine</strong> Adresse hatten sie bei der Durchsuchung in der<br />
Kaserne gefunden. Schwamm drüber, jetzt bin ich dran zu fragen. Wie läuft es so<br />
ab in der Sprechstunde be<strong>im</strong> Dr. Schwager in der Praxis. Ich wollte den genauen<br />
Ablauf wissen und die Handlungsweise des Arztes. Wir brauchten diesen Ablauf<br />
zwischen Arzt und Patienten genau zur Lösung für Walter seine Probleme bei der<br />
Armee.<br />
Der Herr Oberschwester Manfred Appel erklärt erst mal die Strukturen der Haut<br />
und Liebe Praxis aus. Alles in der 1. Etage, in der Paulstraße Poliklinik. Vor dem<br />
Warteraum links ist ein mittelgroßer Raum, der eine Verbindungtür hat zum<br />
Doktor. In diesen Raum mit Tische, Regale Schreibmaschinen und Karteikästen<br />
residiert die Oberfürsorgerin mit ihren 4 Fürsorgerinnen als Schweigekartell nach<br />
außen hin. Aber sonst die hässlichsten Drachen <strong>von</strong> Rostock, mit Symbolhaftigkeit<br />
eines Mannes. Sie wollen auch alles, aber auch alles wissen. Wo, wie, wann, mit
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 89<br />
wem, und warum man außerhalb seines eigenen Bettes noch Sex haben kann. <strong>Das</strong><br />
Schl<strong>im</strong>mste aber mit wem? Mit Mann oder Frau oder Gruppe? Und das 1967<br />
DDR! Nach dem man sein Gebet bei den Führsorgerinnen hinterlassen hat, muss<br />
man <strong>im</strong> offenen Warteraum warten, bis nun die Oberschwester Manfred Appel<br />
sehr laut dann ruft, „Die bestellten Patienten <strong>von</strong> 7 bis 7,30 reinkommen“ zu ihm.<br />
Jeder andere der wartenden Patienten weiß nun, oh Gott die haben was mit ihren<br />
Puller oder so. Wie unanständig doch solche <strong>Männer</strong> sein können. Pfui.<br />
Hier haben wir die Erste medizinische Hilfe in Person des Dr. Schwager, der nun<br />
unseren Walter <strong>von</strong> der Volksarmee befreien soll, muss. Es ist seine ärztliche<br />
Bürgerpflicht. Also, Walter früh morgens hin zu Paulstraße, zum Dr. Schwager,<br />
der Arzt für Haut und Liebe für alle Rostocker <strong>Männer</strong> zuständig ist. Hier zuerst zu<br />
der Oberfürsorgerin, die zufällig auch die Ehefrau des Leiters dieser Poliklinik<br />
war. Eine glaubhafter, <strong>im</strong> staatlichen Dienst stehender Mitarbeiter <strong>im</strong><br />
Medizinischen Dienst und Gesundheitswesen der Stadt Rostock. Walter klagt nun<br />
diese amtliche Frau, dass er auf <strong>Männer</strong> steht, ins besondere auf <strong>Männer</strong> in<br />
Uniform, die <strong>von</strong> der Marine und <strong>von</strong> den Mot-Schützen, so ab Maate und<br />
Unteroffiziere. Vor drei Tagen hatte er mit einen Maat aus der Hohen Düne,<br />
Warnemünde, auf den Rostocker Wall einen Analverkehr gehabt. Heute Früh<br />
musste er feststellen, dass er einen schmierigen Ausfluss <strong>im</strong> Penis hat. Habe ich<br />
einen Tripper? Kann mir Dr. Schwager helfen? Die Frau Oberfürsorgerin war<br />
angenehm überrascht über die Offenheit seiner Veranlagung. Die meisten<br />
Patienten haben hier große Probleme überhaupt offen über ihre Schwulitäten zu<br />
sprechen. Die Madam macht nun das wichtigste an dieser Sache, sie schreibt alles<br />
ausführlich auf, was nun Walter ihr hier alles erzählt hat, und legt gleich eine<br />
namentliche Partientenkartei an. So, nun ist Walter ein offizieller schwuler DDR<br />
Bürger aus Rostock der auf länger dienenden Armeeangehörige der Volkarmee<br />
steht. Ein Uniformfetischist. Nah das ist doch was. <strong>Das</strong> muss helfen für die<br />
kommenden Dinge die da kommen sollten. Der medizinische Ablauf ist jetzt eine<br />
reine Routinesache. Walter muss nun zu meinen Freund Oberschwester Manfred<br />
Appel in das Labor. Drei Tage musste er früh zum A<strong>bs</strong>tich, hin in der Paulstraße.<br />
Am dritten Tag musste er zum Dr. Schwager. Dieser erklärte ihm, er hätte keinen<br />
Tripper und hätte keine Geschlechtskrankheit. Hurra, Hurra, die erste Hürde der<br />
Befreiung <strong>von</strong> der Armee ist erfüllt.<br />
Ein Arzt aus Rostock-Gehlsdorf muss<br />
her, ein Neurologe<br />
Jetzt ran an die zweite medizinische Hilfe: Die Universität Nervenklinik Rostock<br />
- Gehlsdorf. Ich hatte mir mal so in der Rostocker <strong>Männer</strong>welt etwas herum<br />
gehorcht. Besonders bei <strong>Männer</strong>n die <strong>im</strong> Medizinischen Dienst stehen.<br />
Medizinstudenten sind recht plauderhafte Gesellen. Ergebnis: In der Nervenklinik<br />
Gehlsdorf ist ein Mann als Facharzt tätig der den Norddeutschen Rostocker<br />
<strong>Männer</strong> recht zugetan war. Walter und ich fahren mit der Fähre vom „Am
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 90<br />
Kaputzenhof“ über die Warnow nach Gehlsdorf. In der Nervenklinik suchen wir<br />
diesen besagten Facharzt, und fanden ihn auch. Walter meldete sich in der<br />
Poliklinik bei diesem Arzt an, zu einem festen Termin. Walter Gaede nun hin zu<br />
diesem Arzttermin. Der <strong>von</strong> uns gewünschte Facharzt hatte keine Sprechstunde aus<br />
irgendwelchen Gründen, dafür ein ältere Ärztin als Ersatz. Na, hoffentlich wird da<br />
etwas raus kommen? Wichtig ist hierbei, dass die Ärztin hier alles vermerkt in eine<br />
Patientenkartei, was Walter ihr über sein „Leiden“ erzählt. Walter dreht auf, <strong>von</strong><br />
Offiziere der Volksmarine und Armee und das er bei ihren Anblick starke<br />
sexuellen Drang hat. Na endlich schreibt sie alles auf, was Walter ihr alles<br />
vortüderte. So, nun ist alle wichtigen Vorarbeit geleistet, für unser spektakuläres<br />
Vorhaben gegen die Volksarmee in Rostock, gegen das Wehrkreiskommando<br />
Rostock, <strong>von</strong> unser Rostocker <strong>Männer</strong>clique. Jetzt ran an diesen Brief, der für<br />
den Leiter des Wehrkreiskommando Rostock, Luxenburg Straße best<strong>im</strong>mt war.<br />
<strong>Das</strong> Wehrkreiskommando Rostock<br />
Im Vorfeld muss noch gesagt werden, dass die Frau vom Leiter des<br />
Wehrkreiskommandos Rostock, <strong>von</strong> Beruf eine Damenfriseuse ist und in den<br />
gleichen Frisiersalon der PGH arbeitet, wie Walter. In Warnemünde am Alten<br />
Strom, gleich an der Brücke, die über den Alten Strom und zum Bahnhof führt. Es<br />
ist ein Zufall für Walter, aber auch sehr günstig für das Vorhaben. Seine Kollegin<br />
war eine recht offene und flotte Plaudertasche. Nun, wie ebenso Damenfriseusen<br />
<strong>im</strong> Allgemeinen sind. Nach dem Walter seine sexuellen Spuren und seine<br />
„Neigungen zu den Uniformträger“ bei den zwei Fachärzten hinterlassen hat,<br />
werden Walter und ich uns hinsetzen und diesen ominösen Brief schreiben an das<br />
Wehrkreiskommando Rostock. Walter erklärt in einer offenen deutschen Sprache,<br />
ohne Verklausulierung, dass er hier in Rostock seine offene Homosexualität aktiv<br />
auslebt, mit der speziellen Neigung zu Uniformträger der DDR. Ich stehe auf<br />
Uniform <strong>von</strong> Offizieren. Dies aber schon ab 18 Jahren, auch be<strong>im</strong> meinem<br />
abgedienten Grundwehrdienst in der Nationalen Volksarmee. Ich hatte mehrmalig<br />
schon eine Geschlechtskrankheit gehabt. Letztmalig <strong>von</strong> einen Maat der<br />
Volkmarine auf den Rostocker Wall. Ich bin ständig in ärztlicher Behandlung bei<br />
einen Facharzt für Geschlechtskrankheiten, Dr. Schwager in der Poliklinik,<br />
Paulstraße, in Rostock. Ich bin in psychiatrischer ärztlicher Behandlung in der<br />
Nervenklinik, Rostock Gehlsdorf. Ich bedaure es sehr, ihnen <strong>von</strong> meiner<br />
homosexuellen Neigung heute und hier in Kenntnis zu setzen. Ich habe nicht die<br />
A<strong>bs</strong>icht den Ruf der DDR Volkarmee zu schädigen. Ich bitte freundlichst um<br />
Rückantwort zu meinen Reservistenlehrgang in Sanitz, Flugabwehr Nord. Und<br />
nun ab die Post an das Wehrkreiskommando Rostock. <strong>Das</strong> Donnerwetter auf<br />
diesen frechen Brief muss abgewartet werden. Nach drei Tagen meldet sich schon<br />
seine Kollegin aus dem Damensalon, die Frau vom Leiter des<br />
Wehrkreiskommandos. Ihr Mann wäre außer sich, so einen frechen Brief <strong>von</strong><br />
Walter Gaede zu bekommen. Mit diesem Hinweis gingen wir <strong>Männer</strong> in die
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 91<br />
Rostocker <strong>Männer</strong>gesellschaft und machten Propaganda gegen den<br />
Reservistendienst in der Volksarmee.<br />
Keine 14 Tage später wurde Walter zur Nachmusterung einberufen. Jetzt heißt es<br />
den Joker in die Waagschale zu schmeißen. Walter wohnte nur ein paar Häuser<br />
weiter vom Rostocker Volkstheater, in den Patriotischen Weg. Hier war früher ein<br />
Bäckerladen, Patriotischer Weg 38. Nun sind wir vom <strong>Theater</strong> am Zuge. Walter<br />
sein Äußeres muss glaubhaft sein für eine Tunte oder so. Der erste Eindruck muss<br />
genügen bei den Offizieren der Musterung Kommission. Ich besorgte mir ein<br />
altes Charmeuse Damen Unterhemd <strong>von</strong> unseren schwulen <strong>Theater</strong>ankleider.<br />
Diese Hemd wurde in Ostereierfarbe hellrosa gefärbt und anschließend in einen<br />
Tee Sud gelegt. So hatte das Unterhemd einen Effekt eines alten vergilbten<br />
Damenunterhemdes, was nie ein richtiger Kerl tragen würde. Dazu eine uralte<br />
zerknitterte schmutzige Turnhose, wo ich noch an der Seite breite rosa Streifen<br />
aufnähte. Tuntiger ging es nicht, wenn es glaubhaft aussehen soll. Am Vorabend<br />
der Musterung wurde Walter sein Gesicht mit einer sel<strong>bs</strong>tbräunenden<br />
Gesichtscreme „ oh so braun“ bearbeitet, so dass sein Gesicht recht fleckig aussah.<br />
Nun kann es losgehen, nun sollen alle Vorarbeiten Früchte tragen. Schon <strong>im</strong><br />
Vorraum der Musterung fiel Walter Gaede bei den Kerlen auf, als sie sich bis auf<br />
die Turnhose und Sporthemd ausziehen mussten. Walter rein in die Muster<br />
Kommission. 12 Offiziere sitzen an einen lange Tisch und redeten und sch<strong>im</strong>pften<br />
auf ihn ein, warum er jetzt, und <strong>von</strong> wegen jetzt kommt er mit seinem<br />
Homosexuell Gemache in der DDR-Volksmarine heraus, wenn er zur Reserve<br />
eingezogen werden sollte. Er sollte sofort raus gehen. Nach fünf Minuten wieder<br />
rein, noch mal eine Standpauke <strong>von</strong> diesen hohen Offizieren, dann reichte ein<br />
Offizier <strong>von</strong> der Musterkommission Walter seine schon vorgefertigte<br />
Bescheinigung, dass er hiermit für <strong>im</strong>mer und ewig ist aus der Volksarmee<br />
entlassen worden ist. Und dann raus, raus, raus.<br />
Es klingen die Geigen, alle Glocken der Rostock Kirchen läuten, läuten: <strong>Das</strong> Ziel<br />
ist mit einfachen Mitteln erreicht. Gloria, Gloria. Walter braucht nie wieder zu<br />
Armee, nie wieder zur Fahne. Wer kann sich so was schon leisten in einen DDR<br />
Sozialismus? Diese Sache hatte nur einen recht bitteren Beigeschmack in unsere<br />
DDR sozialistischen Gesellschaft. Unsere Ärzte <strong>im</strong> medizinischen Staatsdienst der<br />
DDR sind Zuträger all der privaten Gehe<strong>im</strong>nisse, die wir Patienten sie anvertraut<br />
hatten. <strong>Das</strong> DDR Gesetz verpflichtet alle Ärzte und alle <strong>im</strong> Mitarbeiter die <strong>im</strong><br />
Medizinischen Dienst zu höchsten Schweigepflicht. Die echten Wirklichkeiten in<br />
der DDR sehen sie oben. Walter Gaede hat diesen Hebel des Verrates der DDR<br />
Ärzte voll ausgenutzt, um für sich diesen alleinigen Vorteil in unserer<br />
sozialistischen Gesellschaft auszuschöpfen, zu erzwingen, für sich, für sich<br />
alleine, rein privat. Wir <strong>Männer</strong> und Kumpels waren hier nur seine Helfers Helfer<br />
mit einen starke Willenskraftdurchsetzung nach sozialistische Modern Art. Man<br />
muss nur den Willen haben, um seine Rechte in dieser DDR Gesellschaft mit aller<br />
Kraft und allem Mitteln durchzusetzen. Traue keinen DDR Ärzte mehr. Auch sie
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 92<br />
haben Pflichten in unseren Staat und der SED, MfS gegenüber zu erfüllen. Ich<br />
komme auf dieses Thema nochmal speziell zurück. Ich sage hier nur die<br />
Hormonspritzen gegen die Homosexualität der Rostocker <strong>Männer</strong> und das<br />
Handeln der Universität Nervenklink in Rostock Gehlsdorf. Hier hatten auch die<br />
Fachärzte für Haut-und Geschlechtskrankheiten Dr. Schwager aus der Poliklinik<br />
Paulstraße, Rostock, und der schwule Facharzt für Dermatologie aus der<br />
Universitätshautklinik in der Augusten Straße 80-84, Dr. Karl-Heinz Rätz,<br />
Stationsoberarzt, ihre Hände <strong>im</strong> Spiel. Sie waren die Probantensammler unter den<br />
schwulen Rostocker <strong>Männer</strong>n für diese Hormonspritzen Exper<strong>im</strong>enten in Rostock<br />
Gehlsdorf. Ein mir näher stehender Freund Uwe Jahn, Tierveterinär aus<br />
Hinrichshagen bei Rostock war eines dieser Probandenopfer aus der Nervenklinik<br />
Rostock-Gehlsdorf. Sein Bruder Siegfried Jahn aus Rostock, Kapitän der Fähre<br />
Warnemünde-Hohe Dünen hatte mir später, nach dem Sel<strong>bs</strong>tmord <strong>von</strong> Uwe Jahn,<br />
alles erklärt, die Geschichte mit den Probanden in der Klinik Gehlsdorf. Beide<br />
Brüder Jahn waren aktive schwule <strong>Männer</strong> in Rostock, mit beiden Brüdern hatte<br />
ich als DDR-Zollinsider einen sehr guten Kontakt gehabt. 1 9 6 7 .<br />
Auf, auf nach Budapest<br />
Ja und was ist aus unsere Urlau<strong>bs</strong>reise nach Budapest geworden? Wir hatten ein<br />
Stadtzentrum nahes Quartier rausgesucht be<strong>im</strong> ungarischen Reisebüro. Wir hatten<br />
einen wunderschönen Urlaub, Sonne, Sonne und viel Vergnügen <strong>im</strong> Bad auf der<br />
Margareten Insel, hier auf der FKK-Terrasse. Unser Rostocker Freund und<br />
Restaurantleiter aus dem Rostocker Interhotel „Warnow“, Manfred Hünemörder,<br />
war auch zur gleichen <strong>Zeit</strong> in Budapest. Manfred, mein Freund und Shootingstar<br />
für so manch aufregende Fotoaufnahmen am FKK Strand Rostock<br />
Markgrafenheide. Diese Nacktfotos vom FKK-Strand vermarkte ich heute noch.<br />
Wir verstanden uns sehr gut in der Rostocker Strandszene. 1982 wurde er der Chef<br />
für die gesamte Gastronomie <strong>im</strong> neuerbauten Friedrichstadtpalast, Berlin-Mitte<br />
Friedrichstraße 7. Hier in Budapest lernte ich meinen heutigen alten Freund<br />
Wolfgang Thiel kennen. Ein Lehrer aus Woldersdorf bei Berlin. Als ich in Berlin<br />
wieder war, <strong>1970</strong>, war er ein sehr guter Türöffner für mich u.a. in der Berliner<br />
Polit- Gesellschaft. Und in seiner Wohnung in der Rhinower Straße hatten wir<br />
unendliche viele Partys gefeiert.<br />
Rund herum war Budapest eine herrliche Urlau<strong>bs</strong>reise wert. In Budapest wurden<br />
auch die ersten Verbindungen geknüpft zu Werner Fischer, der später vom „<strong>Das</strong><br />
Neue Forum“ 1989 am Zentralen Runder Tisch Berlin war und beinahe der<br />
Stasiauflöser in dem Innenministerium um den Minister Diestel werden sollte.<br />
Später recht ausführlich mehr. Dunklere Schatten kamen schon langsam auf, über<br />
den DDR Touristen. in Budapest. Der Prager Frühling zeigt langsam sein Gesicht.<br />
Damit war es aus für uns mit Budapest. ADIOS.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 93<br />
Die Westmelange am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong><br />
Berlin, <strong>im</strong> Kalten Krieg<br />
<strong>Das</strong> Ensemble des <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> hatte recht zusammen gewürfelte Mitglieder<br />
aus allen Bezirken der DDR, und auch mal einige aus Westberlin oder aus der<br />
Bundesrepublik. Vor den Mauerbau waren sehr viele Westberliner tätig hier auf<br />
der Bühne, Technik, Kostüm, Abenddienst, Garderobe oder sonst wo. Es waren<br />
die sogenannten Ostgrenzgänger: In Westberlin wohnen, in Ostberlin arbeiten bis<br />
August 1961 In der Schlacht des Kalten Krieges um Westberlin hatten außer<br />
gewöhnlich viele Westberliner Bürger, Eliten der Kultur, Medizin, und<br />
Wissenschaft mit außer gewöhnlicher Stärke in Ostberlin den Sozialismus forciert.<br />
Besonders in der Phase des Kalten Krieges , des Mauerbaus 1961. Der Magistrat<br />
<strong>von</strong> Groß Berlin hatte noch <strong>im</strong> Januar 1961, 17.000 Arbeitsstellen für Westberliner<br />
in Ostberlin genehmigt. Diese Westberliner hatten voll die Politik der SED zum<br />
Mauerbau mit getragen, verteidigt und persönlich bestärkt. Ein Teil dieser<br />
Westberliner, die <strong>im</strong> Osten gearbeitet hatten, waren auch mit der SED stark<br />
verbunden, oder waren sogar Mitglieder dieser kommunistischen Partei nach DDR<br />
Prägung. Wo sind diese Leute heute in Westberlin geblieben? Fragen sie heute<br />
mal ein ehemaligen Westberliner, den als Ostgrenzgänger in Ostberlin gearbeitet<br />
hatte für den Kommunismus. Ein großes Schweigen <strong>im</strong> Wald.<br />
Als Zöllner der DDR Zollverwaltung an die DDR-Westberliner Grenze Drewitz-<br />
Dreilinden. kannte ich jede Menge <strong>von</strong> Mitläufer dieser SED Partei. Die Mauer<br />
war 1961 für die Ostberliner politisch sehr wichtig. Nach dem Mauerbau kamen<br />
viele Mitglieder aus verschiedenen <strong>Theater</strong>n und Volksensembles, um diese<br />
Lücken zu füllen, durch den Wegfall der Westberliner und Westdeutschen in den<br />
Ostberliner sozialistischen Betrieben. Diese Westberliner Leute genannt, die<br />
Ostgrenzgänger, bekamen als Lohn 40 % Westmark und 60 % Ostmark. Hier<strong>von</strong><br />
konnten die Westberliner ihre Ostmark in Westberlin an den Lohnausgleichkassen<br />
bis zu 360,00 Ostmark in Westgeld umtauschen <strong>im</strong> Monat. Die Westberliner<br />
bekamen vom Ostberliner Lohnbüro einen Lohnnachweis für ihre verdiente<br />
Ostmark. Hiermit konnten die Nicht-DDR-Bürger <strong>im</strong> Ostenberlin, Ostware<br />
einkaufen <strong>von</strong> ihren verdienten Ostmark. Im <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> gab es in der 4.<br />
Etage extra ein HO-Laden bis 1961, wo diese West-Mitglieder ihre benötigten<br />
Waren des täglichen Bedarfs in Ostmark einkaufen konnten. Es muss hier auch<br />
noch mal festgestellt werden, dass ein großer Teil der Westeliten, die hier in<br />
Ostberlin gearbeitet hatten und auch wollten, in allen Kliniken, Krankenhäuser,<br />
Universitäten und Hochschulen, <strong>Theater</strong>n, Nahverkehrsbetriebe, S-Bahnen und<br />
viele anderen Betrieben mit ihren Kenntnisse, ihr Wissen und Können den<br />
Sozialismus mit aufgebaut hatten, und zwar aktiv. Dies alles in der großen Phase<br />
der Krise in und um Westberlin <strong>im</strong> Kalten Krieg. An der Berliner Staatsoper<br />
„Unter den Linden“ hatten vor der Mauer 70% Westberliner gearbeitet. Ich warte
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 94<br />
heute noch darauf, dass sich ein echter Westberliner outet für den Kommunismus<br />
in Ostberlin gearbeitet zu haben. Diese Ostgrenzgänger aus Westberlin waren ein<br />
williges Werkzeug der Ostberliner Kommunisten, sie waren bewusste und willige<br />
Helfer der Sozialistischen Ostberlinen Ideologie. Hier die Namen der Westhelfer<br />
<strong>im</strong> Ostdeutschen Kommunismus am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>. Auch noch nach den<br />
Mauerbau in Berlin. Wer hat hier für das Ministerium für Staatsicherheit der DDR<br />
in Ostberlin mitgearbeitet? Nah mal raus mit der Sprache!<br />
- Cordy Milowitsch<br />
- Hella Jansen<br />
- Marlis Mirkoff<br />
- Fred Kronstöm<br />
- Helga Wasmar-Witt<br />
- Annie Peterka<br />
- Leo de Beer<br />
- Alfons Schinemann<br />
- Karl-Heinz Stracke<br />
- Richard Westemeyer<br />
- Albert Müller<br />
- Uwe Kreyssig<br />
- usw.<br />
- usf.<br />
Heute darf man den Westberliner für ihre sozialistischen Guttaten für den<br />
Ostberlin Kommunismus nicht erinnern. Ein echter Westberliner war schon <strong>im</strong>mer<br />
gegen den Ostberliner Kommunismus, oder? Wir Ostberliner haben aber ein gutes<br />
Langzeiterinnerungsvermögen nach der Wende behalten und vergessen die guten<br />
sozialistischen Taten dieser Westberliner nie. Für sie beginnt die <strong>Zeit</strong>rechnung erst<br />
ab den Mauerbau, ab 1961. Die Hälfte aller Westberliner hatte damals Links<br />
gedacht in vielen Fassetten. Aus meiner Zollzeit am Grenzkontrollübergang<br />
erinnere ich mich noch, als die Westberliner linksverdrehten sich uns DDR<br />
Zollkontrolleure angeboten hatten, für die DDR MfS Dienste arbeiten zu wollen,<br />
ohne Honorare. Ich komme speziell auf dieses heikle Thema in unsere Berliner<br />
Gesellschaft zurück. Wie es war, und wie es heute sein sollte. Umsonst begann der<br />
gesellschaftliche Umbruch nicht in Westdeutschland sondern ausgerechnet in<br />
Westberlin 1968. Ich war in meiner Zollfunktionen auch Fernaufklärer, ein Scout,<br />
für Westberlin zuständig in meinen Dienstbereich, als Leiter <strong>im</strong><br />
Grenzsicherheitsbereich Einfahrt. <strong>Meine</strong> Grenzerfahrungen kommen aus erster<br />
Hand. Ich nenne hier nur Zwei Namen als Tänzer und Choreografen aus dem<br />
Ostberliner Musiktheater. Lilly Schön aus Westberlin, Solotänzerin am<br />
Friedrichstadtpalast, und Anni Peterka vom <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>. Beide waren<br />
Kommunisten und Zuträger <strong>von</strong> Nachrichten an der DDR Zollverwaltung. Hier bei<br />
mir persönlich auf den Grenzkontrollübergang Drewitz-Dreilinden. Wenn sie
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 95<br />
darüber mehr wissen wollen, lesen sie hier <strong>im</strong> Internet meine Grenzerfahrungen<br />
mit den Westberliner und den Westdeutschen in der <strong>Zeit</strong> <strong>von</strong> 1958 bis 1960:<br />
www. DDR-Zollinsider, Rudolf Holtz.<br />
Grenzerfahrungen , auch auf Yumpu.com<br />
Bis 1975 war der Name Ostberlin noch Groß-Berlin, <strong>im</strong> demokratischen Sektor<br />
und man brauchte eine Aufenthaltsgenehmigung vom Ostberliner Magistrat,<br />
befristet oder unbefristet. Als ich <strong>im</strong> März <strong>1970</strong> am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> angefangen<br />
hatten, als Erster Requisiteur, bestanden noch feste Strukturen dieser Ost-West<br />
Cliquengemisch mit all ihr Gehabe und Getue: Der Westmensch war der<br />
Gutmensch. In Westberlin sagte man Damen, in Ostberlin waren es Frauen. In<br />
Ostberlin sagt man: <strong>Meine</strong> Frau und ich fahren gemeinsam in den <strong>Theater</strong>ferien in<br />
den Urlaub. In Westberlin sagt man: Ich fahre in den <strong>Theater</strong>ferien in den Urlaub<br />
und nehme meine Frau mit. Die linientreue Regieassistentin Maria Hohenstein,<br />
war ein herausragendes Produkt dieser <strong>Zeit</strong>, mit Gutmenschgehabe. Sie war in der<br />
langen <strong>Zeit</strong>, die sie mit uns am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> ausharren musste und wir sie<br />
ertragen sollten, bei Proben auf der Bühne und bei den Abendvorstellungen. Ein<br />
trinkfestes <strong>Theater</strong>mitglied unserer <strong>Zeit</strong>, in unsere <strong>Zeit</strong> der Zusammenarbeit in den<br />
einzelnen Bühnenproduktionen. Wir hatten aber noch schl<strong>im</strong>mere Frauen <strong>im</strong><br />
Solistenensemble, die noch trinkfester waren als die Regieassistentin Maria<br />
Hohenstein. Ich komme hier noch genau auf diese Einzelheiten zurück. Um die<br />
Hohenstein noch bühnenmäßig einiger maßen zu ertragen, in unseren Diensten auf<br />
der Bühne, hatten wir laufend bei unseren Requisiteneinkäufe an den<br />
Wochenenden für die benötigten Lebensmitteln für die einzelnen<br />
Bühnenproduktionen, jedes mal 2-3 Flaschen Fuselwein mit eingekauft, auf<br />
Kosten der Requisitenkasse, des <strong>Theater</strong>s, des Staates. Wir stellten eine<br />
angebrochene Weinflasche in unseren Kühlschrank in der Requisite und fragten<br />
dann der Hohenstein so neben bei, ob der Wein in unseren Kühlschrank ihrer<br />
wäre. Wie ein Blitz, zu jeder Tages-oder Abendzeit, fegte sie in der Requisite und<br />
trank gleich die halbe Flasche <strong>im</strong> Stehen aus. So haben wir diese Frau<br />
arbeitsmäßig erträglich gehalten auf der Bühne. Sie war ein sehr williges<br />
Werkzeug der Partei mit MfS Charakter, des Staates, der <strong>Theater</strong> Intendanz und<br />
der Sicherheitsorganen. Nach der Wende 1989 wurde sie in unserem <strong>Theater</strong>haus<br />
nicht mehr gesehen. Warum wohl? Sie galt als sozialistische, Vorzeigefrau <strong>im</strong><br />
SED-Milieu in der Berliner <strong>Theater</strong>welt. Sie und ihr Mann, Gerhard Nieder kamen<br />
vor dem Mauerbau 1961 aus Potsdam an das <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong>. 1958 war sie<br />
schon am <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> und in den Diensten der DDR-Sicherheit fest <strong>im</strong><br />
Sattel. Später ging Gerhard Nieder an das Berliner Ensemble. Wohnte in den SED<br />
Kasernen in der Karl-Marx-Allee 10, rechts am Alexanderplatz, Telefon 2210216.<br />
Nach der Wende wollten wir diese Frau auch nicht mehr wiedersehen. Sie war in<br />
unseren sozialistischen Berliner Magistrats Betrieb, eine sehr vorbildliche<br />
Frontfrau in unserer sozialistischen Arbeitswelt. Spätes Mädel, ich konnte Dich in
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 96<br />
den zwanzig Bühnenjahren nie ertragen, und so habe ich Dich auch behandelt<br />
durch nichtbeachten.<br />
Die Berliner Polizei, dein Freund<br />
und Helfer am Tage und in der Nacht<br />
Sommer 1966. Ich war schon lange <strong>von</strong> der DDR Zollverwaltung weg und war<br />
am Volkstheater Rostock be<strong>im</strong> Prof. Amsel Perten und machte hier meine<br />
Ausbildung als Ausstattungsrequisiteur in der <strong>Theater</strong>requsisite. Ich war somit in<br />
der Ausbildung meines dritten Berufes hier tätig. Die Hauptsparte am Volkstheater<br />
war das Sprechtheater. Es gab <strong>im</strong> Jahr zwei Operetten, je nur 25 Vorstellungen <strong>im</strong><br />
Jahr und mehrere Opern Inszenierungen. Mir lagen aber mehr<br />
Musikinszenierungen. Ein Freund <strong>von</strong> mir ist hier auch ein Kollege, der mir<br />
gebeten hat, hier nun, nach den Ablauf meiner Zollzeit <strong>im</strong> Fährenbahnhof<br />
Warnemünde , einen neuen interessanten Beruf und Tätigkeit zu finden. So was für<br />
kreative <strong>Männer</strong> eben ist, die Karriere machen wollen in der sozialistischen<br />
Gesellschaft ohne ein produktives Einerlei. Politisch hatte ich die besten<br />
Voraussetzungen die man haben musste, um nun auch so richtig seinen<br />
Wunschberuf nach zu kommen.<br />
Mein Freund, Kumpel und Kollege, Klaus-Dieter Lange, genannt Kladila. Er<br />
wohnte mit seiner Mutter in der Hamburger Straße 140, in Rostock, und war ein<br />
ausgebildeter Fachdekorateur mit spezielle Fachkenntnisse für ein Ausstattung<br />
<strong>Theater</strong>. Kladila hatte ein recht flottes rotes Motorrad, und so waren wir beide sehr<br />
beweglich in unserer Freizeit, in unserer Rostocker Umgebung, da wo man an der<br />
Ostseeküste die richtigen <strong>Männer</strong> und Kerle kennenlernen konnte. Freizeit wurde<br />
grundsätzlich in der Schwulenszene <strong>von</strong> Rostock verbracht. Wir beide waren<br />
stadtbekannte schwule <strong>Männer</strong> in der Rostocker Szene zu jener <strong>Zeit</strong>, und wir beide<br />
kannten fast alle Rostocker Szenengänger, die aktiv <strong>im</strong> Beruf und Leben stehen,<br />
aus der Geselligkeit, vom Wegsehen, vom Tuntenklatsch, <strong>von</strong> alle<br />
Tuntenintriegen. Wenn man Inn sein will, muss man auch auf dem Laufenden<br />
seine. Was ist los in der Szene, was sind für neue Kerle in Rostock angekommen,<br />
was machen unsere schwulen Matrosen in Hohe Düne, was machen die flotten<br />
Offiziere <strong>im</strong> Mot-Schützen Reg<strong>im</strong>ent , was machen die Studenten in der<br />
Thierfelder Straße(Studenten Wohnhe<strong>im</strong>) und was untern<strong>im</strong>mt der Staat, die DDR,<br />
gegen uns schwule <strong>Männer</strong>. Übrigens hatten fast alle Rostocker schwulen aktiven<br />
<strong>Männer</strong> alle einen flotten Code Namen, um ja keine Verwechslungen vorkommen<br />
zu lassen in der tiefen dunkler Nacht auf dem Rostocker Ober Wall oder be<strong>im</strong><br />
<strong>Männer</strong> Kaffeeklatsch. Hier mal so ein Auswahl <strong>von</strong> Code Namen 1965: Die<br />
Raschelhose, <strong>Das</strong> Zirkuspferd, Die Koggensonne, Vom Nordhotel, Der<br />
Hafenkapitän, Elsbeth und Liesbeth, der geile Bäckermeister, Peitschen Jonny,<br />
Tampen Jonny, Die Kuttenbande, Jörg der Nackte, Der Ober Maat, Die Fischerin,<br />
Palastschere, Die Bahnhoffriseuse, Der Strandläufer, Die Tripperjuhle, Der
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 97<br />
Sargverkäufer, Die Wetterkönigin, Die Oberschwester, Schwul Meier, Die<br />
Russenlehrerin, Fräulein O so braun, Ella Silberlöffel, Gatschie,<br />
Die Schneekönigin, Alberna, die Sonnenbräune, Udine, Hühnermörder, Fite, der<br />
nackte Matrose.<br />
Wir Rostocker fahren nach Berlin<br />
Klaus und ich sind auch oft nach Berlin gefahren zu Freunde, um neue chice<br />
<strong>Männer</strong>mode zukaufen. Oder Klaus hat sich mal wieder die neusten <strong>Männer</strong> Mode<br />
Schuhe machen lassen in der Wilhelm-Pieck Straße, bei einem privaten<br />
Schuhmachermeister. Mit der Bahnfahrkarte war es sehr günstig für uns aus<br />
Rostock. Wir hatten <strong>im</strong>mer <strong>von</strong> Rostock nach Prag gelöst. Die waren billiger. Von<br />
Rostock nach Prag kostet die Bahnfahrkarte 54,00 DNB hin und zurück, gültig<br />
für drei Monate. War keine Kontrolle auf der Hin-oder Rückfahrt, so hatten wir<br />
innerhalb <strong>von</strong> drei Monate schon eine Fahrkarte, die kein Geld kostete. Jahrelang<br />
ging das gut. Oft sind wir auch noch nach Dresden mit diese Fahrkarte für Prag<br />
gefahren. Die Internationale Fahrkarten bei der Deutschen Reichsbahn waren<br />
bedeuten billiger. Ich hatte auch das Arbeiterrückfahrtsystem ausgenutzt für meine<br />
Berlin Fahrten. Ein Freund in Berlin hat mir <strong>im</strong>mer so eine benötigte<br />
Bahnbescheinigung in Berlin in seinen Betrieb in einen unbemerkten Augenblick<br />
mit dem Betrie<strong>bs</strong>siegel abgestempelt. Also, <strong>von</strong> nichts kommt nichts.<br />
Und unser preisgünstiges Quartier in Berlin war steht‘s das HO Hotel Minerva, in<br />
der Clara-Zetkin-Straße 41, Ecke Friedrichstraße, Tel:2071427. Heute heißt die<br />
Straße wieder nach den alten Kaiserzeiten Dorotheen Straße und jetzt ist<br />
Dussmann drin. Hier hatte ich schon 1962 gewohnt, als ich als Passspezialist,<br />
Personenermittler und Aufklärer der DDR Zollverwaltung auf dem<br />
Grenzkontrollübergang Bahnhof Friedrichstraße die Stasi Passleute PKE, das<br />
Passlesen beibringen musste. Ich wurde hier eine <strong>Zeit</strong>lang vom Fährenbahnhof<br />
Warnemünde abkommandiert zur sozialistischen Hilfe für das MfS, die am<br />
Bahnhof Friedrichstraße das Passwesen 1961, nach dem Mauerbau übernommen<br />
hatten. Also, alle Berliner Orte hier waren uns nicht fremd. Ich kannte schon alle<br />
Mausefallen hier, und alle <strong>Männer</strong> Ernte Cruising Plätze für ein feucht fröhliches<br />
zwischenmenschlichen Kontaktaufnahme, klar auch alle diensthabenden<br />
Polizisten. Und diesen einen recht willigen Testosteronaustausch unter all den<br />
schwulen <strong>Männer</strong>n hier <strong>im</strong> Berliner Zentrum, in Groß-Berlin. In Ostberlin, für<br />
Provinzler hier.<br />
Tuntenklatsch am Ostseestrand<br />
Nach Berlin kam für die schwulen <strong>Männer</strong> nur noch Rostock (FKK Strand<br />
Markgrafenheide) und Leipzig (Messe). Diese Orte und Städte hatten einen guten
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 98<br />
DDR Ruf für schwule <strong>Männer</strong> und ihre Cruising Gebiete. Vor allem waren hier<br />
die DDR Bewohner noch nicht über alle Sexpraktiken aufgeklärt, was so<br />
allgemein unter der jungen Generation praktiziert wurde. Von wem auch? Nach<br />
dem Mauerbau <strong>im</strong> August 1961 hatten die Schwulen <strong>Männer</strong> nur noch das<br />
gemacht:<br />
Freisein <strong>von</strong> der Gängelei des SED Staat, wir bauen uns sel<strong>bs</strong>t das schwule Leben<br />
in der DDR auf. Berlin hat den Anfang gemacht für die späteren<br />
Sel<strong>bs</strong>thilfegruppen in allen Schichten der Bevölkerung. Vorwärts heißt die Parole<br />
jetzt.<br />
Im Sommer, in unseren <strong>Theater</strong>ferien, hatten wie uns überlegt für paar Tage nach<br />
Prag zu Fahren. Quartier ist dort leichter zu bekommen. Auf der Hinfahrt machen<br />
wir einen Tag in Berlin Pause, und fahren den andern Tag nach Prag, um Freunde<br />
zu besuchen. Wichtig sind für diese Entfernung, dass wir uns rechtzeitig<br />
Platzkarten besorgen <strong>von</strong> Rostock aus schon. Im Sommer, schon, vor unseren<br />
Urlaub waren wir viel am FKK Strand in Markgrafenheide. Und wie es <strong>im</strong>mer so<br />
ist, wenn man Bekannte lange nicht gesehen hat, plaudert man über dies und das,<br />
und auch über die Berliner “ Rue de la Galopp“, kurz „Die Rue“, <strong>im</strong> Rosengarten<br />
in Berlin wurde uns <strong>von</strong> der Berliner verärgert berichten. Was ist der Rosengarten<br />
für Ostberlin und all ihre Touristen aus der DDR, Westberlin und der<br />
Bundesrepublik?<br />
Tour de Pompös<br />
Der schwule Sumpf <strong>im</strong> Rosengarten<br />
1966: Der Rosengarten ist ein breiter Grünstreifen mit Rosen bepflanzt auf einem<br />
Untergrund <strong>von</strong> abgeräumten Wohnruinen nach dem Kriegsende in den fünfziger<br />
Jahren, direkt vor dem Berliner Roten Rathaus zwischen Karl-Liebknecht-Straße<br />
und der Rathausstraße. Von Bauruinen entfernt führt die Spandauer Straße<br />
zwischen diesen beiden Straßen kurz entlang. An der Liebknecht Straße steht die<br />
Marien Kirche. Zwischen all den grünen Rasen und Rosen stehen einladend große<br />
Sitzbänke, und diese Grünanlage ist nachts sehr gut beleuchte <strong>von</strong> allen Seiten.<br />
Aber vom Rathaus aus gesehen steht an der Liebknecht Straße leicht verdeckt<br />
durch hohes Gebüsch, geschützt durch fremde Blicke, die bekannteste, die<br />
berühmteste und beliebteste Klappe <strong>von</strong> Groß-Berlin, <strong>von</strong> ganz Berlin, aus der<br />
ganzen DDR mit der Berliner Mauer. International in Ost und West eine Legende.<br />
Wenn sie heute dort lang wandern, steht hier direkt der Fernsehturm, genau auf<br />
diesen damals schönen Rosengarten. Hier war Tag und Nacht was los. Je nach<br />
Wetterbedingung war hier Hochbetrieb <strong>von</strong> der Berliner <strong>Männer</strong>szene unendlich<br />
lang, unendlich interessant für Prinzen, Machos, die Leder Lümmels, echte<br />
Fußballer, echte Ringer, echte Gewichtsheber aus der Berliner Sportszene,
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 99<br />
kr<strong>im</strong>inelle Bubis und <strong>Männer</strong> in Damenkleider mit all ihre unwiderstehlichen<br />
<strong>Männer</strong>wünschen und <strong>Männer</strong>sehnsüchten. Hier bin ich, wer n<strong>im</strong>mt mich heute,<br />
wer n<strong>im</strong>mt mich morgen auch noch übermorgen. Am Tage hatten die schwulen<br />
Ehemänner mit den Touristen ihr Vergnügen. Frühen Abend waren die Bauarbeiter<br />
zugange, die Berlin neu aufbauten. Am späten Abend das ganze <strong>Theater</strong>volk und<br />
ihre Fans mit Fröhlich sein und Singen. Und spät in der Nacht kam das Jungvolk<br />
ins Gemenge, die <strong>im</strong>mer noch nicht wussten nehme ich ein Weib oder ein Kerl mit<br />
auf die Bude. Und früh um Sechs hatten die Arbeiter zu tun und zu tun, die zu<br />
Frühschicht mussten. Also, alles <strong>im</strong> allen, ein <strong>im</strong>mer währendes, fröhliches<br />
<strong>Männer</strong>vergnügen mit einem starken Testosteronaustausch. Hier konnte man<br />
Linderung bekommen, ob Berliner oder der angereister Provinzler. Jeder Schwuler<br />
Mann musste, wollte, wünschte es sich dabei zu sein. Hier gab es schon in den<br />
frühen Jahren der DDR, Porno live zum Anfassen, zum Ansehen, zum<br />
Mitmachen, zum Mitnehmen zur jeder Tageszeit. Provinz-Hetten wurden einfach<br />
gleich mitvernascht: Junge komm bald wieder! Es gab Kerle, nachts, die waren <strong>im</strong><br />
Hochsommer splitternackt um 24.00 Uhr auf dieser Klappe. Es war der berühmte<br />
Sumpf einer Großstadt. Die berühmte Symphonie einer Millionen Stadt. Amen!<br />
DDR Zollpersonenermittler klärt<br />
bei der Ostberliner Polizei auf<br />
Welches Phänomen in der Staatsmacht treibt hier nun sein Unwesen? Alle<br />
schwulen Ostberliner klagen, das abends, nachts, wenn das beste Geschäft läuft,<br />
neuer dingst die Polizei verstärkt Kontrolle macht und bis zu zwanzig <strong>Männer</strong><br />
mitn<strong>im</strong>mt. Warum, weshalb und wohin die <strong>Männer</strong> abgeführt werden ist fraglich<br />
und unbekannt. Scheint die DDR Politik Gegenmaßnahmen gegen die Berliner,<br />
gegen die DDR <strong>Männer</strong>, gegen die schwule Minderheit anzustreben? Jetzt wo sie<br />
die DDR Bürger eingesperrt hatten mit einer Mauer? Also, vorwärts <strong>Männer</strong>, das<br />
muss erforscht werden.<br />
Hier müssen erfahrene Aufklärer <strong>im</strong> militärischen Sinne her. Ohne Wenn und<br />
Aber. Also, so wollten wir, Klaus und ich diese Sache mal nachgehen was an<br />
dieser Sache so dran ist. Wo steckt hier das gesellschaftliche DDR Gehe<strong>im</strong>nis in<br />
Berlin? <strong>Das</strong> heißt ich werde den Aktiven spielen und Klaus den Ablenker. Klaus<br />
seine Mutter ist an der Reichsbahn tätig. Genauer gesagt an der Hafenbahn <strong>im</strong><br />
alten Rostocker Stadthafen. In diesem Hafengelände werden sowjetische<br />
Kriegsmaterial ständig bei Nacht <strong>von</strong> Sowjet Schiffe ausgeladen und auf den<br />
Reichsbahn Sonderwagon aufgeladen für das Innere der DDR. Jahr ein, Jahr aus.<br />
Für den Urlaub hat sie für uns aus ihren überzähligen Uniformhosen jeden eine<br />
flotte moderne blaue Hose geändert und aus weißem Flanell einen Pulli mitlangen<br />
Arm auf ihrer Singer Nähmaschine genäht. Aus alt macht neu. Äußerlich sahen wir<br />
beide jetzt aus wie zwei Zwillinge, nur Klaus hatte Pech schwarzes Haar und ich
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 100<br />
war ein super norddeutscher blonder <strong>Männer</strong>typ mit den blauen Augen. Als<br />
Zöllner hatte ich mehr Erfahrungen mit der DDR Staatsmacht und ihre<br />
Winkelzüge <strong>im</strong> Recht sein oder nicht, und Recht haben <strong>im</strong> Sozialismus.<br />
Wir wollte es nun wissen, genau hier. Nun, an den Abend, wo wir in Berlin eine<br />
Pause einlegten auf den Weg nach Prag, machten wir uns auf zum Rosengarten.<br />
Wir machten uns so richtig Stadt fein, so chic und schön nach norddeutscher Art<br />
und Weise(fragen sie jetzt nicht was das ist?). Am Tage hatten wir uns diese<br />
Gegend genau angesehen. Klaus und ich machten uns sichtbar, in dem wir mehrere<br />
Runden um und <strong>im</strong> Rosengarten, um uns in der Szene sichtbar zu machen, und <strong>von</strong><br />
der Zivilsteife erkennbar zu sein. Klingeln und klödern gehört zum Geschäft.<br />
Ein Ost- Berliner Polizeirevier<br />
in tuntenrosa, 1966<br />
Abgesprochen hatten wir, das ich vor der Klappe stehe und Klaus unbemerkt<br />
durch das Gebüsch in Richtung Marien Kirche verschwindet. Hier soll er auch auf<br />
mich warten bis die Aktion beendet ist. Gesagt und getan. In und um der Klappe<br />
war Hochbetrieb <strong>von</strong> <strong>Männer</strong>n. Jeder wollte für diesen Abend seinen Prinzen<br />
suchen, haben und mit nach Hause nehmen zum Kuscheln oder so. Wie aus dem<br />
Blitz standen fünf Polizisten vor der Klappe und verlangten den Personalausweis<br />
<strong>von</strong> jedem Mann. Ich hatte meinen Personalausweis schon offen in der<br />
Hosentasche und reichte diesen ebenso blitzschnell den Polizisten entgegen, wie<br />
sie gekommen sind. Und alles ohne Kommentare. Nach einer viertel Stunde ging<br />
es los. Wir waren achtzehn <strong>Männer</strong> aller Altersgruppen. Einer schöner als der<br />
andere. Nun, ebenso Berliner schön, modisch männlich, kerlig, chic.<br />
Nun wohin ? Es ging nicht weit, nur schräge über die Spandauer Straße. Hier<br />
stand ein einzelnes altes Haus aus etwa dem Jahre 1880, was <strong>von</strong> der<br />
Kriegseinwirkung verschont geblieben war. Nun alle Mann rein in das alte Haus.<br />
Genannt wird das Haus <strong>von</strong> den Berlinern das „Elektrohaus“. Die uns erwartende<br />
Pförtnerin lachte uns schon sehr hämisch, auffällig, grinsend an. Alle Mann rein in<br />
einen großen Lastenfahrstuhl. Hoch ging es vier Etagen. Be<strong>im</strong> Öffnen der<br />
Fahrstuhltür lauste mir der Affe. Was sehe ich da?<br />
Was musste man sich da ansehen? Ein richtigen großer Tuntenladen, ja einen<br />
richtig moderner Tuntenladen mit dem heutigen Tuntenbarock. Der Raum war<br />
recht groß. Alles mit kleinen Tischen und rote, rote kleine Damensessel bestückt,<br />
etwa um die vierzig Stück. Die Fenster waren mit roten Samt ausstraffiert <strong>im</strong><br />
<strong>Theater</strong> Look. Alles lag <strong>im</strong> Halbdunkel, und es gab nur rote Punktbeleuchtung.<br />
Vorne auf der Stirnseite stand auf ein Podium ein Tisch mit einer roten
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 101<br />
Samttischdecke und ebenfalls rote kleine Damensessel. Im Hintergrund sah ich<br />
rechts durch eine Tür <strong>im</strong> hellen Licht eine Fahndungskartei alten Stils.<br />
Aha wir sind hier auf einer Polizeistation mit einem Tunten Charakter. Die<br />
Polizisten werden doch hier nicht noch ein Polizeistriptease hinlegen für uns<br />
<strong>Männer</strong>? Unsere Personalausweise kamen alle zur dieser sichtbaren Fahndung<br />
zum Durchleuchten. Fünf Polizisten alle um die vierzig-fünfundvierzig männlich,<br />
knackig Berliner schön, setzten sich an diesen Podium Tisch. Wir<br />
festgenommenen <strong>Männer</strong> setzten uns einzeln und in Gruppen an den Plüsch und<br />
Plunder Tischen. Nun ging der erste Donner <strong>von</strong> den Herren Polizisten los.<br />
Warum war eine Razzia vor der Klappe<br />
Man habe uns festgenommen und hier her geführt, weil wir uns <strong>im</strong> Zentrum <strong>von</strong><br />
Berlin auf einen der meisten kr<strong>im</strong>inellsten Plätzen <strong>von</strong> Berlin aufgehalten hatten,<br />
wo ständig ungeahnte Verbrechen aus gehen. Aha, es ist eine Belehrung <strong>im</strong><br />
bürgerlichen Sinne für uns schwule <strong>Männer</strong>n <strong>von</strong> Seitens der Deutschen<br />
Volkspolizei, der Berliner Deutschen Volkspolizei, die mit Herz oder so, nun hier<br />
in dieser Polizeistation mit dem herrlichen <strong>Theater</strong> Tuntenbarock Stil. Ach, wie<br />
sind diese <strong>Männer</strong> doch so herrlich männlich herrschsüchtig, denkt da so manche<br />
festgenommene Husche hier in diesen Militär Uniform Polizeituntenpalast. Von<br />
diesen Orten, wo wir festgenommen worden sind gehen Mord, Erpressungen,<br />
Totschlag, Die<strong>bs</strong>tahl, Schlägereinen, Sex für Geld, Zuhälterei in der verbotenen<br />
Liebe unter den <strong>Männer</strong>n, die in der DDR Strafbar ist <strong>im</strong> Sinne des<br />
Strafgesetzbuches der DDR. Man möchte uns darauf aufmerksam machen und<br />
belehren, und belehren, und belehren, dass diese versteckte Herren Toilette ein<br />
großer Ort der Kr<strong>im</strong>inalität ist in Berlin und wir DDR Bürger diese Orte meiden<br />
sollten und verboten ist die Liebe unter den <strong>Männer</strong>n und so weiter und so fort. Bei<br />
wieder antreffen müsste ein Strafverfahren gegen uns einzelnen <strong>Männer</strong> eingeleitet<br />
werden.<br />
Bums, da haben wir es, Belehrungen mit Strafandrohungen gegen die schwule<br />
Liebe <strong>von</strong> Mann zu Mann, hier an diesen Orten in Berlin, <strong>im</strong> Zentrum der DDR<br />
Politik, in der werdenden Hauptstadt Berlin. Wir schreiben das Jahr 1966, und der<br />
§ 175 des DDR Strafgesetzbuch aus der Kaiserzeit gilt auch heute noch in den<br />
aufstrebenden und siegreichen real Sozialismus der DDR.<br />
1968 wurde erst dieser Paragraf <strong>von</strong> der Politik der DDR abgeschafft, aber er<br />
wurde in der DDR Gesellschaft <strong>im</strong> alten Geist weiter bei behalten. Hier ins<br />
besondere in der Kaderpolitik, und in der Erpressung und Anwerbung des MfS<br />
unter den schwulen <strong>Männer</strong>n. Nach dieser Belehrung wurden wir <strong>Männer</strong>n wieder<br />
die Treppen herunter geführt, nach dem wir unsere Personalausweise<br />
zurückbekommen hatten. An Hand der Fahrkarte nach Prag konnte ich<br />
nachweisen, dass ich auf Durchreise in Berlin war.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 102<br />
Ich ging als Letzter mit einem Polizisten herunter und kam mit ihm ins Gespräch.<br />
Er fragte, wo denn mein Freund geblieben ist, der Schwarze? In der kurzen <strong>Zeit</strong><br />
klärte ich hier den Polizisten auf, was es doch für eine Propaganda aus Berlin<br />
gegen die Polizei an unseren FKK Strand in Rostock gibt in der Frage der<br />
Festnahme <strong>von</strong> <strong>Männer</strong>n an diesen Ort. Ich wollte es genau wissen und habe mich<br />
darum auch festnehmen lassen. Mein Freund wartet draußen an der Kirche. Der<br />
Polizist staunte über meine Dreistigkeit und den Willen meiner Festnahme. Zum<br />
Schluss mussten wir doch beide recht herzhaft über alles hier Lachen, über die<br />
Polizei, die so ein Wind machen in dieser Sache mit ihrem kurzen Hemd. Wir<br />
Vera<strong>bs</strong>chiedeten uns doch noch per Handschlag, mit den Hinweis, dass wir uns<br />
hier nicht Wiedersehen werden. Wir Rostocker stehen doch nicht auf Klappe.<br />
Wo lag nun eigentlich der richtige wahre Hintergrund dieser Aktionen der<br />
Deutschen Volkspolizei, der Berliner Deutschen Volkspolizei in ihren herrlichen<br />
männlichen Uniformen und Habitus in den nächtlichen Stunden <strong>im</strong> Zentrum <strong>von</strong><br />
Berlin, <strong>im</strong> Zentrum der Politik der DDR vor diese erbärmlichen stinkenden<br />
Berliner Herrentoiletten, vor der besagten Klappen und den unwiderstehlichen<br />
herrlichen modischen <strong>Männer</strong> Tuntenbarocksalon? Nun, hier ist für alle die<br />
aufklärende Wahrheit <strong>im</strong> DDR Format.<br />
Familie Benjamin und Co<br />
Hier die Aufklärung: Die DDR hat ein Justizminister, der Henker vom Dienst,<br />
der Henker <strong>im</strong> Dienst der DDR Gerechtigkeit, der kommunistischer Gerechtigkeit,<br />
der Gerechtigkeit der Sowjets, Hilde Benjamin, Jahrgang 1902. Sie hat dafür<br />
gesorgt dass der § 175 voll <strong>von</strong> den Nazis aus dem Reichssicherheitshauptamt der<br />
NS <strong>Zeit</strong> 1949 voll <strong>von</strong> der DDR Politik übernommen wurde mit all ihr Leid aus<br />
der NS <strong>Zeit</strong>, das die schwulen <strong>Männer</strong> <strong>im</strong> Drittem Reich ertragen musste. Von den<br />
Sowjets hatte sie 1958 den politischen Auftrag bekommen, speziell für die DDR<br />
ein neues Strafgesetz zu entwickeln, der neuen sozialistischen <strong>Zeit</strong> angepasst. <strong>Das</strong><br />
alte Bürgerliche Strafgesetzbuch 1872, aus der Kaiserzeit ist für die DDR<br />
Kommunisten voll und ganz überholt. Durch politische Führungsveränderungen<br />
bei den Sowjets in Moskau und die dabei auftretenden Meinungsverschiedenheiten<br />
mit dem Statthalter in Berlin, zur Strafgesetzgebung für die DDR, zog sich dieses<br />
wichtige Strafgesetzbuch für die DDR bis 1968 hin. <strong>Das</strong> heißt, auch alle<br />
Strafanzeigen nach DDR sozialistischer Art vor und nach dem Mauerbau schöpfte<br />
man aus diesem Bürgerlichen Gesetzbuch <strong>von</strong> 1871. Hilde Benjamin verzögerte<br />
den wissenschaftlichen Aufbau, dieses neue Strafgesetzbuch mit aller Kraft und<br />
Würde eines DDR Justizminister.<br />
Somit gab es auch keine Veränderung <strong>im</strong> § 175 für alle Schwulen <strong>Männer</strong> der<br />
DDR, die noch aktiv <strong>im</strong> Sexleben stehen. Bis 1968 blieben alle Strafen wie zur<br />
Kaiser-und NS <strong>Zeit</strong>en bestehen, <strong>im</strong> aufblühenden Sozialismus der DDR dank der<br />
Hilde Benjamin, die „Rote Hilde“, mit einen festen Einschlag eines Mannes.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 103<br />
Schwul Deutsch: Handfester Kutscher, Kesser Vater. ( Ausdrücke <strong>von</strong> ihren<br />
Mitarbeiter aus dem DDR Justizministerium) Sie gibt sich aus als „Verfolgte des<br />
Nazireg<strong>im</strong>e“.<br />
Sohnemann Michael Benjamin<br />
Seit bereit – <strong>im</strong>mer bereit<br />
Hilde Benjamin hatte aus der Ehe mit Georg Benjamin einen Sohn, Michael,<br />
Jahrgang 1932. Michael Benjamin war schwul, nein stock schwul. Michael<br />
Benjamin hatte einen Freund der war schwul, nein super stock schwul. Beide<br />
gehörten der Berliner Schwulen Elite mit sozialistischen Vorzeigeeltern an. Beide<br />
lebten in Berlin. Beide <strong>Männer</strong> standen <strong>im</strong> Saft und Kraft eines schwulen Mannes,<br />
die auch Forderungen in der Berliner Gesellschaft stellen, um gemeinsam ihre<br />
sexuellen Bedürfnisse zu erfüllen. Na wo schon?<br />
Klappe = Herrenpissoir<br />
Wie alle schwulen <strong>Männer</strong> in Berlin , auf die „ Rui de la Galopp“, <strong>im</strong><br />
Rosengarten, vor dem Roten Rathaus. Die Justizminister Hilde Benjamin, der<br />
Berliner Oberbürgermeister <strong>von</strong> Groß-Berlin, die Berliner Ost Polizei sah es nicht<br />
gerne, dass die verbotene <strong>Männer</strong>liebe mitten <strong>im</strong> Zentrum <strong>von</strong> Ostberlin sich hier<br />
unerlaubt breit machte, blühte und gedeihe. Hier herrschte ein ungeklärter<br />
Strafrechtsvorgang ohne Ende. Die Ostberliner Polizei in der Keibel Straße am<br />
Alex nutzte nun ihre politische ideologische Freiheit und veranstaltet laufend hier<br />
<strong>im</strong> Rosengarten und am Alex an der unterirdische Klappe eine Großrazzias mit<br />
über hundert Ostpolizisten ohne einen Grund zu haben gegen die <strong>im</strong>mer größer<br />
werdende Ostberliner Schwulenszene, hier auf der Rui de la Galopp Strecke in der<br />
Nacht. Auch unser Freund und sein schwuler Mann, Michael Benjamin mit<br />
Freund war auch ständig aktiv mit dabei. Diese ständigen Razzien der Berliner<br />
Polizei bei den schwulen <strong>Männer</strong>n, bei ihren Kontaktaufnahmen <strong>von</strong> Mann zu<br />
Mann, blieben nicht ohne Folgen. Die schwulen <strong>Männer</strong> wehrten sich gewaltig an<br />
einem Wochenende <strong>im</strong> Sommer 1965 auf den Alex, und es kam hier zu einer der<br />
größten Schlägerei zwischen der Polizei, Volkpolizei. Die Polizei aus dem Volk,<br />
und den Berliner schwulen <strong>Männer</strong> und ihre Sympathisanten. Unsere Freunde<br />
Benjamin und Co waren <strong>im</strong>mer mit dabei. Aus der Keibel Straße mussten neue<br />
Polizeieinheiten angefordert werden. Somit wurde die Sache <strong>im</strong>mer<br />
unübersichtlich, so dass man Freund und Feind nicht mehr erkennen konnte. Bei<br />
dieser Schlägerei wurden auch <strong>von</strong> der Polizei der Sohn <strong>von</strong> Hilde Benjamin,<br />
DDR Justizministerin, Michael Benjamin und sein Freund mit dem Gummiknüppel<br />
zusammen geschlagen und verletzt.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 104<br />
Michael Benjamin * 27. Dezember 1932, seine Äußerung 1999 über die Berliner<br />
Mauer: „Sie war eine völkerrechtlich zulässig, zum damaligen <strong>Zeit</strong>punkt durch die<br />
Umstände erzwungene Maßnahme“<br />
Wer wurde hier der Sieger?<br />
Nun kommt das Nachspiel: Eine größere Gruppe <strong>von</strong> schwulen <strong>Männer</strong>n hatte am<br />
nächsten Tag in Gruppen und auch einzeln eine persönliche Anzeige gegen die<br />
Berliner Schlägerpolizisten bei der Staatsanwaltschaft aufgegeben. Michael<br />
Benjamin geht stehendes Fußes zu Mama Benjamin und beklagt sich über die<br />
Polizei Schlägertruppe auf dem Alex in der Sommernacht an den Wochenenden,<br />
und den schikanösen Einsatz der Berliner Polizei gegen die Berliner Schwule <strong>im</strong><br />
Rosengarten und dem Alexander Platz. Die Mama Justizminister Hilde Benjamin<br />
hat sofort in dieser Sachlage, kraft ihres Amtes, eingegriffen und hat den Vorfall<br />
der Berliner Polizei der Staatsanwalt übergeben.<br />
Ergebnis: Gegen vierzig, V I E R Z I G, Volkspolizisten aus der Keibel Straße<br />
wurde ein Rechtsverfahren eingeleitet. Sie wurden rechts mäßig nach den DDR<br />
Gesetzen bestraft und fristlos aus der Berliner Volkspolizei entlassen.<br />
Bums, das war ein Erfolg für alle schwulen <strong>Männer</strong> in und außerhalb <strong>von</strong> Berlin<br />
nach dem Bau der Berliner Mauer. Diese Schlägerei unter den Berliner Schwulen<br />
und der Volkspolizei wurde in den einzelnen Schwulenkreisen bekannt. Die<br />
Verurteilung und Rausschmiss der Volkspolizei blieb monatelang gedeckelt bei<br />
der Polizei und ihre Helfers Helfer. Nur langsam sickerte es in den<br />
Schwulenkreisen in Berlin durch.<br />
Ein alter Freund und Zöllner <strong>von</strong> mir , vom Grenzkontrollübergang Drewitz-<br />
Dreilinden, Autobahn ist nach Ablauf seiner Verpflichtung <strong>von</strong> der<br />
Zollverwaltung der DDR, zur Berliner Volkspolizei übergewechselt. Er ist ein<br />
Berliner. Er hat mir über diese Sachlage und über dieser Schlägerei auf dem Alex<br />
später bei einem Treffen in Berlin, genau darüber informiert und berichtet. Seit<br />
dieser Schlägerei zwischen Ostberliner Polizei und den Ostberliner schwulen<br />
<strong>Männer</strong> dieser hat sich das Verhältnis schwule <strong>Männer</strong>, Volkspolizei und<br />
Kr<strong>im</strong>inalität <strong>im</strong> Rosengarten und Alex etwas geändert.<br />
<strong>Das</strong> Berliner Polizeipräsidium hat einen gesellschaftlichen Vorstoß gemacht und<br />
hat in dem „Elektrohaus“ an der Ecke Spandauerstraße- Ecke Karl-Liebknecht-<br />
Straße einen Revierposten mit einer Personenfahndungskartei eingerichtet und<br />
macht jetzt hier Präventionarbeit vor den Klappen Alex und Rosengarten.<br />
Vielleicht ist dann auch bald eine Disco auf der Damentoilette auf dem Alex, wo<br />
die Herren <strong>im</strong>mer zu später Stunde raufgehen. Warten wir es ab.
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 105<br />
Haben sie überhaupt hier alles verstanden, was da für eine gesellschaftliche<br />
Veränderung <strong>im</strong> Gange gesetzt worden ist? Es kommt hier noch andere<br />
wunderlicher Vorgänge vor in diesen kommenden Episoden. Diese werden sie in<br />
dem nachfolgenden „<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 2“ lesen können, wenn sie auch<br />
Lust dazu haben etwas aus den „Antiquitäten der DDR Geschichte“ lesen möchten,<br />
aus den <strong>Zeit</strong>en des Sozialismus in der DDR und Ostberlin mit der Berliner Mauer<br />
und wir waren dabei.<br />
Rudolf Holtz, Berlin 2018<br />
Hier schon eine Kostprobe aus<br />
Ich suche einen Bettwärmer für<br />
meinen He<strong>im</strong>atfreund an der<br />
Ostseeküste.<br />
Wenn sie auch gut schweigen können,<br />
geht es hier gleich weiter!<br />
Es ist Sommerzeit und ich fahre <strong>von</strong> Berlin an die Ostsee, um Freunde zu<br />
besuchen. Wieder mal nach langer <strong>Zeit</strong>. Die Tage waren recht schön, man hat<br />
wieder die He<strong>im</strong>at gesehen, und die herrliche Seeluft geschnuppert. Ich wurde mit<br />
den Wagen zum Rostocker Bahnhof gefahren. In den letzten 10 Minuten klagte<br />
mein alter He<strong>im</strong>atsfreund, er könnte mal wieder so einen richtigen Kerl<br />
gebrauchen zum gegenseitigen Hormonaustausch. So ein Mann der auch alle, aber<br />
auch alle (<strong>Männer</strong>)Wünsche erfüllen kann, die <strong>Männer</strong> <strong>von</strong> einem Mann in den<br />
langen Nächten erträumen. In der dunkle Nacht und auch mal am hellen Tage.<br />
Nun, aber wie und wo sollen solche Wünsche in Erfüllung gehen? Und dass noch
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 106<br />
zur Sommerzeit. In letzter Minute vor dem Bahnhof werden wir uns einig, ich<br />
sollte einen passenden Kerl organisieren für meinen Freund, durch eine<br />
Kontaktanzeige für aufgeschlossenen Norddeutsche <strong>Männer</strong> <strong>von</strong> der Küste mit<br />
den gleichen Sex Wünschen.<br />
Auf der Rückreise in die deutsche Hauptstadt lasse ich meine Gedanken spielen<br />
und komme zu Schluss, die <strong>Männer</strong>suchanzeige muss ein Unikat werden, nicht so<br />
etwas Alltägliches. Es muss gleich auf Anhieb passen. Außerdem läuft diese<br />
<strong>Männer</strong>suchanzeige unter meinen Namen. Ich werde dann alle Zuschriften erhalten<br />
in Berlin. So werde ich nach meine Erfahrungen mit diesen Such-Mann-Anzeigen<br />
aus meiner DDR Sturm-und Drangzeiten in Berlin und an der Ostseeküste<br />
sortieren nach der Gebrauchsfähigkeiten dieser <strong>Männer</strong>, nach den Inhalt dieser<br />
Zuschriften auf meine Anzeigen.<br />
Dann werde ich dem Besten, interessantesten und auch den passenden Mann<br />
meinen He<strong>im</strong>atfreund per Handy übermitteln. Zwischen erhalt der Zuschriften auf<br />
diese Anzeige darf keine <strong>Zeit</strong> vergehen, ansonsten erlischt bei diese <strong>Männer</strong> die<br />
Kontaktinteresse. Jeder Kontaktmann muss glauben, er wäre der besondere<br />
alleinige Auserwählte, je früher man bei ihm anruft und ein Soforttreffen<br />
verabredet. Der Mann muss schon be<strong>im</strong> ersten Telefonkontakt heiß gelaufen sein.<br />
<strong>Das</strong> heißt, alle interessanten Kerle aus diesen Zuschriften noch an einem Tag,<br />
nach Erhalt dieser Zuschriften anrufen und dabei feststellen, wer zu einem auch<br />
passt. Da ich den besonderen Nerv habe be<strong>im</strong> Verkuppeln, fällt es mir hier nicht<br />
schwer aus den kommenden <strong>Männer</strong>zuschriften, den richtigen Mann zu finden für<br />
meinen Freund aus der He<strong>im</strong>at. Die sexuelle Orientierung muss hier genau<br />
st<strong>im</strong>men, ansonsten verläuft die <strong>Zeit</strong> dahin ohne einen Erfolg zu haben. <strong>Das</strong> heißt,<br />
es fehlt dann <strong>im</strong>mer noch der Bettwärmen für die dunklen heißen Sommernächte.<br />
Alles klar? Aber ich wusste aus eigener Erfahrungen, wie doch die flotten<br />
norddeutschen <strong>Männer</strong> <strong>von</strong> der Küste sehr begehrt sind bei den Frauen und ins<br />
besondere auch bei all den <strong>Männer</strong> der Republik. Die norddeutschen <strong>Männer</strong> <strong>von</strong><br />
der Küste verstanden es glückliche Liebe in den heißen Sommernächten zu<br />
verschenken, zu vergeben an liebesbedürftigen, echten Kerle. <strong>Das</strong> ist das große<br />
Gehe<strong>im</strong>nis für <strong>Männer</strong>, die einen Sommer Urlaub an der DDR Ostseeküste hatten.<br />
Die <strong>Männer</strong> – Kontakt – Anzeige läuft an<br />
Ich wählte 3 <strong>Zeit</strong>ungen aus, die auch gerne <strong>von</strong> den <strong>Männer</strong>n gelesen werden, hier<br />
ins besondere die <strong>Männer</strong>-Such-Anzeigen. Der Text war fast gleichlauten hier in<br />
den <strong>Zeit</strong>ungen aufgegeben. Hauptpunkt war hier „Mann, ein Neu-Rostocker<br />
sucht…“ In Rostock kennt jeder jeden. Also muss hier ein Neu-Rostocker her, da<br />
sind die Rostocker <strong>Männer</strong> etwas motivierter mal auf eine Anzeige zu schreiben.<br />
Wer ist denn dieser Neu Rostocker, den ich noch nicht vom FKK Strand<br />
Markgrafen Heide oder auf den Ober Wall nackend kenne? Am Sa. 13, Juni hatte<br />
ich die Anzeige aufgegeben per Post, am Fr.19 Juni war die Anzeige in der Ostsee-
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 107<br />
<strong>Zeit</strong>ung, und am Mo. 22. Juni hatte ich die ersten Zuschriften erhalten aus<br />
Rostock. Hier eine Auswahl dieser <strong>Männer</strong> Zuschriften und ihre Sex-Wünsche<br />
live:<br />
- Ach<strong>im</strong> vom Darß, Lehrer in Barth, 02 / 000/ 95, eigene Firma am Meer<br />
Ha. 0192.0750000, 00ch2000@gmx.,<br />
- Heiko, 52 / 183, bl. Haare, Freiberufler, noch Jungfer<br />
SMS 0171.3038000<br />
- Werner Höhlerchen, Güterbahnhof 111, 18058 Rostock, kein Telefon,<br />
- 59 /180 /84, Auto, trinkt Bier.<br />
- Benny, 45/ 175 / 83, Ha. 0182.0483000, tabulos.<br />
Die wahre <strong>Männer</strong>liebe<br />
und das Portmonee.<br />
Ein Kerl wird kommen???<br />
Ein Kerl <strong>von</strong> 2 Meter meldet sich<br />
So läuft hier der Anzeigentext allgemein, oft nichtssagendes, wo man eine<br />
<strong>Männer</strong>freundschaft aufbauen könnte. Also, jetzt ist Eile geboten, mein<br />
He<strong>im</strong>atfreund gebe ich noch am Abend die interessanten Zuschriften per Handy<br />
durch und sage auch gleich, wo ein Erfolg vor der Tür stehen „könnte“. Man will<br />
doch nicht gleich heiraten. Sexuelle Sehnsuchtswünsche sollen erfüllt werden! Der<br />
Lehrer aus Barth steht hier an erster Stelle, wobei fast alle Daten nicht st<strong>im</strong>men,<br />
außer der Handy Nr. Be<strong>im</strong> ersten Kontakttreffen werden bei einer großen<br />
Sympathie alle anfallenden Fragen einfach geklärt, auch warum man nicht in<br />
Klarschrift alles erklären konnte. Die meisten <strong>Männer</strong> stehen in einem öffentlichen<br />
Dienst, und da muss man nicht all seine Daten raushängen lassen. Nun also habe<br />
ich auf einer einfachen weise meinen He<strong>im</strong>atfreund an der Küste geholfen, endlich<br />
einen Kerl ins Bett zu bekommen. Ab jetzt muss er sich sel<strong>bs</strong>t helfen etwas aus<br />
einer <strong>Männer</strong>freundschaft zu machen und diese dann auch nach vorne entwickeln.<br />
Neue Gehe<strong>im</strong>nisse stehen vor der Tür<br />
Ab jetzt beginnen die großen Gehe<strong>im</strong>nisse, die alle vor der Tür stehen und sich<br />
ganz anders entwickeln, wie wir es gedacht hätten. Jetzt beginnen die großen und<br />
kleinen Verwicklungen, die Spiele der Natur untereinander. Ich werde sie hier jetzt<br />
aufklären, was so alles auf meinen He<strong>im</strong>atsfreund <strong>von</strong> der Küste auf ihm
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 108<br />
zukommt, durch eine einfache <strong>Männer</strong>-Bekanntschaft -Anzeige in der Ostsee-<br />
<strong>Zeit</strong>ung Rostock.<br />
Als erstes st<strong>im</strong>mte der Vorname Ach<strong>im</strong> nicht, dann der Wohnort Barth nicht, es<br />
war der Wohnort <strong>im</strong> Norden der Halbinsel Darß. Der Beruf st<strong>im</strong>mte Lehrer. Die<br />
Firma am Meer entpuppte sich als Bildungsstätte international. Größe und Alter<br />
st<strong>im</strong>mte und der neue Liebhaber kommt aus einer Kapitänsfamilie aus Wustrow<br />
auf dem Darß. Er ist verpaartnert. Sein Wunsch wäre eine feste <strong>Männer</strong> Beziehung<br />
in Küstennähe auf zubauen mit vielen Kontakten in der Freizeit, und Reisen <strong>im</strong><br />
deutschen und englischen Sprachraum. Nun mein He<strong>im</strong>atfreund war angenehm<br />
überrascht über seinen neuen Freund <strong>von</strong> der Küste. Die Anfangsfase war<br />
aufregend und interessant. Man besuchte <strong>im</strong> Küsten Bereich mehrere teure Hotel<br />
zum Schlafen und zum Lieben. Es wurden Reisepläne nach England und in den<br />
USA geplant für die kommenden Monaten, da Ach<strong>im</strong>, so nennen wir ihn jetzt,<br />
unsern Ostsee-<strong>Zeit</strong>ung Schwarm, durch seine Bildungsfirma in diese Länder und<br />
durch seinen Beruf sehr aktiv ist. Von den andern Zuschriften auf die Anzeigen<br />
wird nicht mehr gesprochen, wenn das Glück vor der Tür steht. Und so geht es<br />
Monate lang wunder schön, man passte auch in der <strong>Männer</strong>liebe gut zusammen. Es<br />
gab nur Sonnenschein am Tage und in der Nacht voller Glück, Liebe und<br />
Entspannung. Hurra, Hurra!<br />
Aber wie es so ist <strong>im</strong> Leben, kommt auch der berühmte Hinkefuß zu dieser<br />
<strong>Männer</strong>anzeige auf einfachen Wegen dazu, wofür überhaupt unser Lehrer Ach<strong>im</strong><br />
mit einer Firma am Strand auf die <strong>Männer</strong>-Bekanntschaft -Anzeige geantwortet<br />
hatte, und auch einen intelligenten Kerl <strong>von</strong> der Küste in seiner Nähe haben wollte.<br />
Nein er sucht aus Geschäftsgründe dringen einen Mann mit Bettanschluss in seiner<br />
Nähe, um seine Immobilen zu betreuen. Auf einfaches Deutsch, er braucht einen<br />
Strohmann, der auf seinen Namen ein Haus <strong>im</strong> Norden <strong>von</strong> der Halbinsel Darß<br />
kaufen sollte und darin auch wohnen muss, mit Sex und einen Bettanschluß für den<br />
kalten Winter an der Ostseeküste. Es ist <strong>im</strong> Norden an unserer Ostseeküste intern<br />
bekannt, wer Geld hat legt es in Urlauberhäuser an, wenn er be<strong>im</strong> Ankauf dabei<br />
sein will. Aber unser Liebhaber hier, der Ach<strong>im</strong>, hat schon über 3 Häuser auf<br />
seinen Namen laufen. <strong>Das</strong> vierte Haus sollte auf den Namen <strong>von</strong> meinen<br />
He<strong>im</strong>atfreund verdeckt laufen. Ach<strong>im</strong> weiß mit seinem Unternehmen, Firma am<br />
Meer, das erwirtschafte Geld nicht wohin, und sucht durch <strong>Männer</strong> Kontakt-<br />
Anzeigen in der Ostsee-<strong>Zeit</strong>ung, <strong>Männer</strong> für das Bett und einen Strohmann für das<br />
Geschäft, für einen Hauskauf. Ich persönlich habe das Haus gesehen mit meinen<br />
He<strong>im</strong>atfreund zusammen bei einer Inselrundfahrt. Ergebnis dieser<br />
<strong>Männer</strong>bekanntschaft: Es war mit dem <strong>Männer</strong>glück aus und vorbei. Was sagt uns<br />
das: Hinter jede <strong>Männer</strong>suchanzeige stehen Gehe<strong>im</strong>nisse, die man gar nicht haben<br />
will. Als DDR Zollinsider und Personenermittler hatte ich alle Gehe<strong>im</strong>nisse um<br />
diesen Liebhaber aus der Ostsee-<strong>Zeit</strong>ung , aus dem Norden <strong>von</strong> der Halbinsel Darß<br />
und den Hintergrund seiner Lebensweise auf dem Darß ermittelt ohne nun alle
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 109<br />
Gehe<strong>im</strong>nisse hier für jedermann preis zugeben. Der gordische Knoten löst sich nur<br />
sel<strong>bs</strong>t in das Lebensumfeld auf dem Darß auf.<br />
Rudolf Holtz, Berlin 2018
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 110
<strong>Das</strong> <strong>Männer</strong> <strong>Magazin</strong> Nr. 1 – <strong>Meine</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>im</strong> <strong>Metropol</strong>-<strong>Theater</strong> Berlin 111