KEM Konstruktion Systems Engineering 01.2017
Themenschwerpunkte: Methoden, Tools sowie Anwendungen; KEM Porträt: Eplan- und Cideon-Chef Maximilian Brandl, Cideon-Entwicklungsleiter Rolf Lisse und Eplan-Serviceleiter Bernd Schewior erläutern Details zum Syngineer; KEM Perspektiven: Das Internet of Production für agile Unternehmen
Themenschwerpunkte: Methoden, Tools sowie Anwendungen; KEM Porträt: Eplan- und Cideon-Chef Maximilian Brandl, Cideon-Entwicklungsleiter Rolf Lisse und Eplan-Serviceleiter Bernd Schewior erläutern Details zum Syngineer; KEM Perspektiven: Das Internet of Production für agile Unternehmen
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Das<br />
<strong>Engineering</strong><br />
Magazin<br />
01 2017<br />
www.kem.de<br />
Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Titelstory Seite 26<br />
Zukunft der Entwicklung<br />
ist modellbasiert<br />
Kooperation<br />
ist sehr wichtig<br />
Henning Kagermann<br />
im Interview – Seite 16<br />
Programmieren<br />
für das IoT<br />
Steuerungsplattform<br />
von morgen – Seite 54<br />
Internet of<br />
Production<br />
Aachener WZL greift nach<br />
der Cloud – Seite 62<br />
Im Gespräch | „Schneller kommunizieren per Syngineer“<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 1<br />
Maximilian Brandl, Vorsitzender der Geschäftsführung von Eplan und Cideon – Seite 34
Industrie<br />
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2 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017<br />
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EDITORIAL<br />
Produkt und Produktion<br />
zwei Seiten einer Medaille<br />
Dass das Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE) eine tragende Säule der<br />
Produktentwicklung sein wird, zeigte sich Ende 2016 deutlich bei der Vorstellung<br />
der Ergebnisse des Verbundprojekts mecPro 2 (siehe Titelstory ab S. 26). Im Fokus<br />
stand dabei die modellbasierte Entwicklung von cybertronischen Produkten und<br />
Produktionssystemen – zwei Seiten einer Medaille, die zukünftig untrennbar miteinander<br />
verbunden sein werden, „ohne intelligente Produkte kann es auch keine<br />
intelligente Produktion geben“. Aus der Praxis bestätigt dies Dr. Oliver Riedel, der<br />
jetzt an Uni Stuttgart und Fraunhofer IAO lehrt und davor lange bei Audi für die<br />
Steuerung der Planungsprozesse und die Koordination produktionsrelevanter IT verantwortlich<br />
war (siehe Interview S. 20). „Eigentlich müsste man ein System wie ein<br />
Auto mit den Methoden des MBSE sowohl aus Sicht der Entwicklung als auch aus<br />
Sicht der Produktion modellieren, das heißt, man bräuchte Informationen aus beiden<br />
Fraktionen – aber das scheitert noch oft an den Systemgrenzen.“<br />
Herauszufinden, ob sich diese Aufgabe lösen lässt, war Ziel von mecPro 2 – und sie<br />
wurde gelöst, folgt man den Protagonisten Prof. Martin Eigner als Initiator des Projekts<br />
und Konsortialführer Dr. Walter Koch von der Schaeffler Gruppe (siehe Interview<br />
ab S. 30). „Das wichtigste Ergebnis ist die Beschreibungssystematik cybertronischer<br />
Produkte und Produktionssysteme in SysML“, betont Eigner. Interessant<br />
war zudem die Erkenntnis, dass sich die Entwicklung cybertronischer Systeme in<br />
bestehenden PLM-Lösungen abbilden lässt. Folgern lässt sich aber auch: Themen<br />
wie Industrie 4.0 und Internet of Things (IoT) werden auch für Ingenieure und<br />
Konstrukteure aus der Produktentwicklung eine hohe Relevanz haben – und künftig<br />
werden nur diejenigen erfolgreich sein, denen es gelingt, den Graben zwischen<br />
Produkt- und Produktionsentwicklung zu überwinden.<br />
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Dipl.-Ing. Michael Corban<br />
Chefredakteur<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong><br />
michael.corban@konradin.de<br />
Tel. +49 8542 1680<br />
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Inhalt<br />
Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
01 2017<br />
TITELSTORY<br />
Zukunft der Entwicklung<br />
ist modellbasiert<br />
Cybertronische Systeme kommunizieren über das Internet<br />
miteinander. Das vom BMBF geförderte Verbundprojekt<br />
mecPro 2 hat nun untersucht, welchen Beitrag MBSE<br />
zu solchen Systemen leisten kann und wie es sich am<br />
besten in PLM-Systeme und -Prozesse integrieren lässt.<br />
16<br />
Deutschlands moderner industrieller Kern<br />
garantiert Arbeitsplätze, meint Henning<br />
Kagermann, Präsident der Deutschen<br />
Akademie der Technikwissenschaft<br />
Acatech. Damit das so bleibt, seien<br />
Kooperationen von großer Bedeutung.<br />
62<br />
Daten für das ‚Internet of Production für agile Unternehmen‘ könnten<br />
Anwender auf der ganzen Welt liefern – und dafür Zugang zu Expertenwissen<br />
erhalten. Die spannende Frage wird sein: Wer ist letztlich<br />
im Besitz dieses Know-hows und kann dies nutzen?<br />
34<br />
<strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Ansätze erfordern häufig eine<br />
lange Vorbereitung. Damit Mittelständler schneller<br />
loslegen können, bieten Eplan und Cideon den<br />
Syngineer an.<br />
Menschen und Unternehmen<br />
Meldungen<br />
NI arbeitet zusammen mit Spark Cognition und IBM am IIoT ......... 6<br />
Was im IoT möglich ist und möglich sein wird, zeigt Bosch ............ 7<br />
T-<strong>Systems</strong> und Eaton kooperieren branchenübergreifend ................ 8<br />
Ein Report von Kaspersky Lab macht Sicherheitslücken sichtbar .... 9<br />
Unternehmen<br />
Siemens PLM Software: Rückblick auf die PLM Europe 2016 ....... 10<br />
Future Work Lab macht Arbeit 4.0 erlebbar .................................... 12<br />
Aus dem MES D.A.CH Verband‘ .................................................... 14<br />
Veranstaltungen/Publikationen<br />
Cebit rückt Chancen der digitalen Transformation in den Fokus ..... 15<br />
Köpfe der Innovationsförderung<br />
Henning Kagermann, Präsident der<br />
Deutschen Akademie der Technikwisschenschaft Acatech ............ 16<br />
Dr. Oliver Riedel, Leiter des ISW an der Uni Stuttgart<br />
und Institutsdirektor des Fraunhofer IAO ..................................... 20<br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> im Fokus<br />
Aus der Fachgruppe SE: <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> auch für KMU ....... 22<br />
Aus der GfSE: 20 Jahre internationale Vernetzung ........................ 24<br />
Methoden<br />
Titelstory<br />
Ergebnisse des BMBF-Verbundprojekts mecPro² .......................... 26<br />
MBSE/PLM<br />
Nachgefragt: Was hat das Verbundprojekt mecPro² gebracht? ...... 30<br />
Serie <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Teil 6: Effiziente Entwicklung<br />
von Hochleistungs-Stromspeichern ............................................... 38<br />
Datenvernetzung<br />
Die vernetzte Zukunft von PLM ..................................................... 40<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong> Porträt<br />
„Der Syngineer fördert interdisziplinäre Kommunikation“<br />
Eplan und Cideon stellen Kommunikationsplattform vor ............... 34<br />
4 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
Industrie<br />
26<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong><br />
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Tools<br />
Datenmanagement/PLM<br />
Die Digital <strong>Engineering</strong> Journey von PTC .................................. 43<br />
Anforderungsmanagement<br />
Disposition 4.0 für die smarte Fabrik ......................................... 46<br />
Systementwicklung/CAD<br />
CAD-Umstieg ohne Produktivitätseinbruch ................................ 49<br />
Programmiersysteme<br />
Von der Projektierung bis zur fertigen Schaltanlage ................... 52<br />
Die PLCnext Technology als Basis<br />
für eine neue, offene Steuerungsplattform ................................ 54<br />
Anwendungen<br />
IT-Infrastruktur<br />
Die Trends im Rechenzentrum 2017 ........................................... 57<br />
Kommunikation/Security<br />
Safety ohne Security geht nicht ................................................. 58<br />
Industrie 4.0<br />
Erfolgsfaktor Kundennähe .......................................................... 60<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong> Perspektiven<br />
Das ‚Internet of Production für agile Unternehmen‘<br />
„Ein Laboratorium ist nicht genug –<br />
deswegen wird die Welt zum Labor“ ........................................ 62<br />
Jetzt<br />
lesen!<br />
Rubriken<br />
Editorial ........................................................................................ 3<br />
Wir berichten über ....................................................................... 8<br />
Cartoon ...................................................................................... 66<br />
Vorschau ..................................................................................... 66<br />
Inserentenverzeichnis ................................................................ 66<br />
Impressum ................................................................................. 66<br />
Weitere Informationen finden Sie unter:<br />
www.keosk.de/de/ee05ab3255/archive/
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
MELDUNGEN<br />
Bild: NI<br />
NI: Zusammenarbeit mit Spark Cognition und IBM<br />
Weiterentwicklung des IIoT<br />
National Instruments gibt die Zusammenarbeit mit Spark Cognition und IBM am<br />
Condition Monitoring and Predictive Maintenance Testbed bekannt.<br />
Das Condition Monitoring and Predictive Maintenance Testbed nutzt maschinelle Lernalgorithmen<br />
und -modelle, um Maschinenausfälle im Vorfeld zu erkennen, Wartungskosten zu senken und einen<br />
sicheren Betrieb zu gewährleisten<br />
Da in vielen Industriebereichen bessere<br />
Verfahren benötigt werden, um alternde<br />
Anlagen zu verwalten und die Lebensdauer<br />
zu verlängern, soll durch die Zusammenarbeit<br />
am Testbed ein Höchstmaß an Inter -<br />
operabilität zwischen Betriebs- (OT Operational<br />
Technology) und Informationstechnik (IT<br />
Information Technology) sichergestellt werden.<br />
Aus den gesammelten Rohdaten lassen<br />
sich wichtige Erkenntnisse ableiten, um Anlagen<br />
sowie den Betrieb und die Prozesse zu<br />
optimieren. Zudem können Prognosen, die<br />
auf künstlicher Intelligenz basieren, Komponentenausfälle<br />
im Vorfeld erkennen, nicht optimale<br />
Betriebsbedingungen identifizieren,<br />
und es können Ursachenanalysen durchgeführt<br />
werden. Das Condition Monitoring and<br />
Predictive Maintenance Testbed basiert auf<br />
der offenen, softwarezentrierten Plattform<br />
von NI und schöpft die aktuellen Möglichkeiten<br />
im Bereich des maschinellen Lernens<br />
aus. Anwender können mit den von Spark<br />
Cognition entwickelten kognitiven Analysefunktionen<br />
Ermüdungserscheinungen und<br />
Ausfälle bei kritischen Anlagen proaktiv verhindern,<br />
da sie wichtige Einblicke in den Zustand<br />
ihrer Anlagen sowie Lösungsvorschläge<br />
für potenzielle Probleme erhalten. ik<br />
www.ni.com<br />
Intel: Strategie zur künstlichen Intelligenz<br />
Die Vorteile der<br />
Technologien maximieren<br />
Im Rahmen des AI (Artificial Intelligence) Day<br />
Ende 2016 hat Intel in San Francisco seine<br />
neue Strategie im Bereich ‚künstliche Intelligenz‘<br />
vorgestellt. In den kommenden Jahren<br />
möchte das Unternehmen die Entwicklung<br />
von AI-Lösungen maßgeblich vorantreiben,<br />
sie einer größeren Zielgruppe zugänglich<br />
machen und so die gesellschaftlichen Vorteile<br />
künstlicher Intelligenz maximieren. Zu diesem<br />
Zweck kündigte das Unternehmen unter<br />
anderem mit der Intel-Nervana-Plattform<br />
ein umfassendes Datacenter-Computing-<br />
Portfolio für die Industriebranche an. „Intel<br />
kann entscheidende Technologien liefern, um<br />
die Revolution der künstlichen Intelligenz voranzubringen.<br />
Aber letztendlich müssen wir<br />
als Industrie – und auch als Gesellschaft –<br />
zusammenarbeiten, um das hohe Potenzial<br />
der künstlichen Intelligenz voll ausnutzen zu<br />
können“, erklärte dazu Doug Fisher, Senior<br />
Vice President und General Manager der<br />
Software and Services Group bei Intel. ik<br />
www.intel.de<br />
Xilinx: FPGA-basierte Plattform für intelligente Cloud-Applikationen<br />
Beschleunigung der Learning-Applikationen<br />
Victor Peng, Executive Vice President<br />
und General Manager der Programmable<br />
Products Group bei Xilinx<br />
Bild: Xilinx<br />
Mit Baidu Inc. verwendet ein führender chinesischer<br />
Internet-Suchdienstanbieter Xilinx-<br />
FPGAs zur Beschleunigung von Machine-<br />
Learning-Applikationen in seinen Datenzentren.<br />
Beide Unternehmen kooperieren, um<br />
den großvolumigen Einsatz der FPGA-basiert<br />
beschleunigten Plattformen stetig zu erweitern.<br />
Das rasche Wachstum neu entstehender<br />
Applikationen erhöht zunehmend die<br />
Auslastung der Rechnerkapazitäten. Deshalb<br />
setzen Datenzentren vermehrt Akzeleratoren<br />
für ihre Applikationen ein, um mit der Nachfrage<br />
nach größerem Durchsatz bei geringer<br />
Latenz Schritt zu halten und einen praktikablen<br />
Energieverbrauch zu bewahren. Xilinx-<br />
FPGAs bieten die Energie-Effizienz für den<br />
Einsatz von Akzeleratoren in Datenzentren<br />
und erzielen dabei eine 10- bis 20-fache<br />
Verbesserung der Performance pro Watt Leistung.<br />
Die für Baidu optimierten FPGA-Plattformen<br />
sind auf Machine-Learning-Applikationen<br />
wie Bild- und Sprachverarbeitung abgestimmt.<br />
„Wir begrüßen Baidus Innovation,<br />
Expertise und Kreativität bei der Markteinführung<br />
fortschrittlicher Applikationen“, sagt<br />
Victor Peng, Executive Vice President und<br />
General Manager der Programmable Products<br />
Group bei Xilinx.<br />
ik<br />
www.xilinx.com<br />
6 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
MELDUNGEN<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
Autonomik für Industrie 4.0: Praxisnahe Projekte vorgestellt<br />
Digitale Innovationen für die Industrie<br />
Bosch: Zentraler Content-Hub gestartet<br />
IoT-Lösungen im Fokus<br />
Das im Rahmen der Konferenz „Digitale<br />
Innovationen für die Industrie“ gezeigte<br />
Projekt Smart Face zeigt die dezentrale<br />
Produktionssteuerung für die Automobilindustrie<br />
Bild: Siemens<br />
Fünfzehn praxisnahe Technologieprojekte von<br />
Unternehmen und Forschungseinrichtungen<br />
aus dem Technologieprogramm „Autonomik<br />
für Industrie 4.0“ zeigten auf der Konferenz<br />
„Digitale Innovationen für die Industrie“ im<br />
Oktober 2016 in Berlin, wie das Konzept von<br />
Industrie 4.0 umsetzbar ist. Stefan Schnorr,<br />
Abteilungsleiter Digital- und Innovationspolitik<br />
im Bundesministerium für Wirtschaft und<br />
Energie, betonte in seiner Eröffnungsrede,<br />
dass rund 15 Mio. Arbeitsplätze in Deutschland<br />
von der Industrie und der Fertigung ab-<br />
Siemens: IoT-Ecosystem auf der Cloud-Plattform<br />
Ohne Installations- oder Wartungsaufwand<br />
Das Unternehmen plant, das offene IoT-Ecosystem<br />
Mind Sphere im Laufe des Jahres<br />
2017 auf der Microsoft-Cloud-Plattform Azure<br />
verfügbar zu machen. Mind Sphere ermöglicht<br />
es Industrieunternehmen, die Leistungsfähigkeit<br />
von Anlagen durch das Erfassen<br />
sowie die Analyse großer Mengen von Produktionsdaten<br />
zu verbessern. Die Plattform<br />
und zugehörige Anwendungen sollen zukünftig<br />
auf Microsoft Azure angeboten werden.<br />
Durch die Nutzung der Public-Cloud-Dienste<br />
hingen und die Digitalisierung Prognosen<br />
zufolge bis 2025 Produktionssteigerungen<br />
von bis zu 30 % ermögliche.<br />
Auf der Konferenz wurde in vier<br />
thematischen Schwerpunkten diskutiert<br />
und in einer begleitenden Ausstellung<br />
anschaulich demonstriert,<br />
welche anwendungsnahen Lösungen für die<br />
industrielle Produktion bereits Realität sind.<br />
Dabei lag ein besonderes Augenmerk auf der<br />
Konzeption und Realisierung autonomer Systeme.<br />
Präsentiert wurden neben technischen<br />
Lösungen wie neue <strong>Engineering</strong>konzepte,<br />
autonome Logistiksysteme und Servicerobotik<br />
auch Veränderungen in Organisationsstrukturen<br />
und Qualifikationsprofilen. Als<br />
nächster Schritt steht nun an, die erzielten<br />
Ergebnisse auf dem Markt anzubieten. ik<br />
Bild: BMWi/Boening<br />
www.autonomik.40.de<br />
Das offene IoT-Ecosystem<br />
Mind Sphere von Siemens wird im<br />
Laufe des Jahres auf der Microsoft-<br />
Cloud-Plattform Azure verfügbar<br />
entfällt der Installations- und Wartungsaufwand,<br />
den eine eigene<br />
IT-Infrastruktur mit sich bringt.<br />
Zudem ermöglichen die Azure-<br />
Infrastruktur-Dienste eine skalierbare<br />
Verfügbarkeit, indem nur die<br />
tatsächlich benötigte Rechenleistung<br />
eingesetzt und abgerechnet<br />
wird. Unternehmen, die ihre Anwendungen<br />
in der Public Cloud entwickeln<br />
und bereitstellen möchten, sollen zukünftig<br />
zwischen Microsoft-Rechenzentren an unterschiedlichen<br />
Standorten weltweit wählen<br />
können. Mit Azure Stack sollen sie außerdem<br />
Azure-Dienste im eigenen Rechenzentrum<br />
einsetzen können. Anwender profitieren so<br />
ebenfalls von der Skalierbarkeit und dem effizienten<br />
Management einer Public-Cloud-<br />
Lösung.<br />
ik<br />
www.siemens.com<br />
Bild: Bosch<br />
Bosch zeigt, was im Internet der Dinge möglich ist<br />
bzw. zukünftig möglich sein wird<br />
Schon heute kommunizieren Milliarden<br />
Dinge miteinander, tauschen Informationen<br />
aus und agieren selbständig. Für die Bosch-<br />
Gruppe ist Vernetzung zentraler Teil der Unternehmensstrategie<br />
und damit auch ein<br />
wesentlicher inhaltlicher Schwerpunkt der<br />
Unternehmenskommunikation. Deshalb hat<br />
das Unternehmen nun einen zentralen<br />
Content-Hub gestartet und richtet sich damit<br />
an Meinungsführer und Medienschaffende<br />
sowie interessierte Endkunden. „Der Nutzen<br />
von IoT-Lösungen muss stärker in den Vordergrund<br />
rücken. Wir müssen uns offen mit den<br />
Herausforderungen der neuen Technologie<br />
auseinandersetzen und dabei vor allem die<br />
Potenziale aufzeigen“, sagt Dr. Christoph Zemelka,<br />
Leiter der Bosch-Unternehmenskommunikation.<br />
Folgerichtig soll die Connected<br />
World in den kommenden Monaten zu einer<br />
zentralen Anlaufstelle im Netz für das Thema<br />
IoT werden. Die Plattform wird weiter wachsen<br />
und das umfassende Produkt- und Serviceangebot<br />
von Bosch in aller Breite darlegen.<br />
Gleichzeitig werden externe Experten<br />
und Vordenker als Thought Leader auf ihr zu<br />
Wort kommen. Darüber hinaus aggregiert die<br />
Seite zahlreiche Diskussionen und Beiträge<br />
in sozialen Netzwerken wie Facebook und<br />
Twitter. Bei der Konzeption der Plattform lag<br />
ein besonderes Augenmerk auf der Content-<br />
Marketing-Strategie: Ein Storytelling-Ansatz<br />
dient dazu, den Nutzer in das IoT-Universum<br />
von Bosch zu ziehen und gleichzeitig das breite<br />
Produkt- und Leistungsportfolio zu zeigen.<br />
„Wir bieten zum ersten Mal einen zentralen<br />
Überblick über das IoT-Geschäft von Bosch“,<br />
so Dr. Christoph Zemelka weiter.<br />
ik<br />
www.bosch.com<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 7
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
MELDUNGEN<br />
Eaton: Industrielle Anwendungen vernetzen<br />
IoT für deutsche Maschinen- und Anlagenbauer<br />
Bild: Eaton<br />
T-<strong>Systems</strong> und Eaton kooperieren branchenübergreifend<br />
beim Internet der Dinge (IoT)<br />
und bieten Maschinen- und Anlagenbauern<br />
sichere IoT-Lösungen zur Vernetzung ihrer<br />
Systeme in der Cloud. Dabei ermöglichen die<br />
Automatisierungskomponenten des Energiemanagement-Unternehmens<br />
Eaton die einfache<br />
Anbindung an die Multi-IoT-Plattform der<br />
Telekom-Tochter auf Basis des OPC-UA-Stan-<br />
Christof Spiegel, Geschäftsführer<br />
bei Eaton Industries GmbH, und<br />
Wilfried Bauer, Leiter Systemintegration<br />
für digitale Lösungen, Cloud,<br />
Internet der Dinge bei T-<strong>Systems</strong>,<br />
arbeiten gemeinsam daran, dass<br />
deutsche Maschinen in Zukunft IoTready<br />
sind (v.l.)<br />
dards. Über diesen Lösungsansatz können<br />
Maschinenbauer künftig komplette Anlagen<br />
direkt von der Cloud aus überwachen,<br />
vorausschauend warten sowie Verschleiß,<br />
Betriebskosten und Produktivität der Maschinen<br />
im Fertigungsprozess durch intelligente<br />
Datenauswertung optimieren. Ein wesentlicher<br />
Vorteil besteht hier in den Möglichkeiten,<br />
die mit der Analyse von umfassenden<br />
„Gerade mittelständische<br />
Betriebe<br />
sollten auf<br />
vertrauens volle<br />
Partnerschaften<br />
setzen.“<br />
Maschinendaten über den gesamten<br />
Lebenszyklus einer oder auch mehrerer<br />
Maschinen unabhängig vom Standort verbunden<br />
sind. Beide Unternehmen wollen<br />
gemeinsam mit Pilotkunden IoT-Services auf<br />
Basis von aktuellen Daten aus der laufenden<br />
Produktion entwickeln. Je nach Szenario sollen<br />
sich individuelle Parameter vom Anwender<br />
bestimmen und nutzen lassen. „Gerade<br />
mittelständische Maschinen- und Anlagenbauer<br />
haben meist nicht die Möglichkeit und<br />
die Mittel, in sichere, leistungsfähige IoT- und<br />
Cloud-Technologie zu investieren“, sagt<br />
Stefan Selke, MOEM Segment Marketing<br />
Manager EMEA bei Eaton. „Um sich erfolgreich<br />
für die Zukunft aufzustellen, sollten sie<br />
auf vertrauensvolle Partner setzen.“ ik<br />
www.eaton.de<br />
Wir berichten über<br />
IST Austria: Mathematische Analysemethoden<br />
Die Jagd auf Computerfehler<br />
Acatech .............................................. 16<br />
Accumotive ........................................ 38<br />
Audi .................................................... 20<br />
Autonomik für Industrie 4.0 ................. 7<br />
BMW ................................................. 40<br />
Bosch .............................................. 7, 40<br />
Bosch Rexroth ..................................... 9<br />
BT ........................................................ 9<br />
Cideon ............................................... 34<br />
Contact Software ......................... 26, 30<br />
Continental AG ................................... 26<br />
Conweaver ......................................... 40<br />
Daimler .............................................. 26<br />
Dassault Systèmes ............................ 22<br />
Deutsche Messe ................................ 15<br />
Deutsche Post DHL ........................... 62<br />
DFKI ................................................... 15<br />
Digital in NRW ................................... 22<br />
e.GO Mobile ...................................... 62<br />
Eaton ................................................... 8<br />
Elha Maschinenbau Liemke ............... 22<br />
:em engineering methods ................. 26<br />
Eplan .................................................. 34<br />
Ernst & Young .................................... 40<br />
Fraunhofer IAO ............................. 12, 20<br />
Fraunhofer IEM ............................ 22, 38<br />
Fraunhofer IPA ................................... 12<br />
Fraunhofer IPT ................................... 62<br />
Friedrich Remmert ............................. 22<br />
GfSE ...................................... 22, 24, 26<br />
Harting Applied Technologies ............. 22<br />
Hewlett Packard Enterprise ................ 15<br />
Inneo Solutions .................................. 49<br />
Intel ...................................................... 6<br />
IST Austria ............................................ 8<br />
ISW an der Universität Stuttgart ........ 20<br />
it‘s OWL ............................................. 38<br />
Kaspersky Lab ..................................... 9<br />
Lünendonk & Hossenfelder ............... 15<br />
MES D.A.CH Verband ......................... 14<br />
Microsoft ............................................. 7<br />
National Instruments ........................... 6<br />
Opel ................................................... 40<br />
OWL Maschinenbau .......................... 22<br />
OWL ViProSim ................................... 22<br />
Phoenix Contact ................................ 54<br />
PLMportal .......................................... 43<br />
PTC .............................................. 43, 49<br />
Rittal ................................................... 57<br />
Rockwell Automation ........................... 9<br />
Schaeffler Gruppe ........................ 26, 30<br />
SCT Supply<br />
Chain Technologies ............................ 46<br />
Siemens ................................... 7, 26, 30<br />
Siemens PLM Software ............... 10, 26<br />
SSV Software <strong>Systems</strong> ...................... 58<br />
Streetscooter ..................................... 62<br />
TOX Pressotechnik ............................. 49<br />
Trend Micro .......................................... 9<br />
T-<strong>Systems</strong> ............................................ 8<br />
TU Berlin ............................................ 26<br />
TU Kaiserslautern ........................ 26, 30<br />
Unisys ................................................ 15<br />
Unity .................................................. 26<br />
Wago ................................................. 52<br />
Weidmüller ........................................ 60<br />
WZL der RWTH Aachen ..................... 62<br />
Xilinx .................................................... 6<br />
Um die Sicherheit von Computerprogrammen<br />
und der Hardware<br />
zu erhöhen, werden mathematische<br />
Analysemethoden benötigt.<br />
Ein Forscherteam um den Computerwissenschaftler<br />
Krishnendu<br />
Chatterjee hat nun innerhalb<br />
eines vom Wissenschaftsfonds<br />
FWF finanzierten Projekts Möglichkeiten<br />
gefunden, diese Methoden<br />
in Zukunft deutlich zu beschleunigen.<br />
„Es gibt seit langer<br />
Zeit Versuche, eine formale Basis<br />
zu finden, um korrekte Systeme<br />
zu designen“, erklärt Chatterjee,<br />
der Professor am IST Austria ist.<br />
Das mittlerweile beendete Projekt<br />
war sehr erfolgreich: Es gelang,<br />
mehrere seit den Neunzigerjahren<br />
bestehende Schranken<br />
für die Geschwindigkeit bestimmter<br />
Verifikationsalgorithmen<br />
zu durchbrechen, etwa im<br />
Bereich sogenannter „Markov<br />
Decision Processes“. Das sind<br />
Modelle, die mehrere Auswahlmöglichkeiten<br />
und ein Zufallselement<br />
beinhalten. Für viele Anwendungen<br />
ist die Beantwortung<br />
der Frage zentral, welche<br />
Ereignisse in so einem Modell<br />
mit absoluter Sicherheit eintreten.<br />
„Der bisher effizienteste Algorithmus<br />
dafür war von 1995<br />
und hatte quadratische Komplexität“,<br />
sagt Chatterjee. Damit ist<br />
gemeint, dass die Algorithmus-<br />
Laufzeit mit der Größe des untersuchten<br />
<strong>Systems</strong> quadratisch<br />
steigt – ein doppelt so großes<br />
System braucht also die vierfache<br />
Laufzeit. „In unserem Projekt<br />
konnten wir diese Grenze<br />
mit Graph-algorithmischen Techniken<br />
überwinden.“ Er betont<br />
aber auch, dass es sich um ein<br />
reines Grundlagenprojekt handelte.<br />
„Unsere erste Arbeit war<br />
sehr theoretisch. Nun wollen wir<br />
sehen, wie sich diese Zugänge in<br />
der Praxis umsetzen lassen.“ ik<br />
www.ist.ac.at<br />
8 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
MELDUNGEN<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
BT: Umfassende Security-Services<br />
Kooperation für mehr<br />
Sicherheit in der Cloud<br />
Der Netzwerk- und IT-Dienstleister BT (British<br />
Telecommunications) und Trend Micro, ein<br />
Anbieter im Bereich Cybersecurity, arbeiten<br />
zukünftig zusammen, um die Sicherheit von<br />
Cloud- Lösungen zu verbessern. Deep Security,<br />
die Sicherheitslösung für Rechenzentren<br />
von Trend Micro, ist deshalb nun auf der<br />
Cloud Compute-Plattform von BT verfügbar.<br />
Die Funktionen von Deep Security umfassen<br />
die Abwehr von Schadsoftware, eine Hostbasierte<br />
Firewall, Intrusion Detection and<br />
Prevention, eine Integritätsüberwachung, die<br />
Prüfung von Logfiles sowie vertrauenswürdige<br />
SSL-Zertifikate. Nutzer können sich damit<br />
beispielsweise vor Ransomware, zielgerichteten<br />
Attacken und Advanced Persistent<br />
Threats (APT) schützen. Aktiviert werden<br />
kann der Service bei der Bestellung von<br />
Cloud Compute über das Compute Management<br />
System (CMS) von BT. Dabei können<br />
die benötigten Module für alle oder nur für<br />
bestimmte Teile der Cloud-Infrastruktur freischalten<br />
werden.<br />
ik<br />
www.bt.com/de<br />
Kaspersky Lab: Gefährlicher DDoS-Trend<br />
Attacken aus dem Internet der Dinge<br />
Im vierten Quartal des Jahres 2016 haben<br />
sich DDoS-Attacken (Distributed Denial of<br />
Service) deutlich weiterentwickelt. Die<br />
Angriffsmethoden werden immer anspruchsvoller<br />
und das Internet der Dinge (IoT) bietet<br />
Cyberkriminellen neue – oft unzureichend<br />
geschützte – Geräte, über die sie Botnetzbasierte<br />
DDoS-Angriffe durchführen können.<br />
Diese Erkenntnisse gehen aus dem aktuellen<br />
DDoS-Report von Kaspersky Lab hervor. Im<br />
vierten Quartal des vergangenen Jahres verzeichnete<br />
das DDoS Intelligence System von<br />
Kaspersky Lab in 80 Ländern weltweit solche<br />
Attacken, die über Botnetze durchgeführt<br />
Die Verteilung der DDoS-<br />
Attacken nach ihrer<br />
Dauer in Stunden – aus<br />
dem aktuellen DDoS-<br />
Report von Kaspersky Lab<br />
Bild: Kaspersky Lab<br />
wurden – im vorherigen Quartal waren noch<br />
67 Länder betroffen. Deutschland liegt<br />
sowohl hinsichtlich der Verteilung der DDoS-<br />
Attacken nach Ländern als auch, was die einzelnen<br />
Zielobjekte betrifft, im weltweiten Vergleich<br />
unter den Top-10. Der größte Anteil der<br />
weltweit von Kaspersky Lab gemessenen<br />
Attacken dieser Art zielte im betrachteten<br />
Zeitraum auf China ab – vor den USA und<br />
Südkorea. Die längste DDoS-Attacke im vierten<br />
Quartal dauerte 292 Stunden an und<br />
stellte damit den Rekord für die langwierigste<br />
DDoS-Attacke im Jahr 2016 dar. ik<br />
www.kaspersky.de<br />
Bosch Rexroth: Ausbau des Mechatronik-Trainingssystems<br />
Einsatzmöglichkeiten der i4.0-Minifabrik erweitert<br />
Rockwell Automation: 5-Punkte-Programm<br />
Chance zur Differenzierung<br />
Industrie 4.0 zum Anfassen und Erleben:<br />
Das Trainingssystem mMS 4.0 von Bosch<br />
Rexroth kommt in zahlreichen Berufs- und<br />
Hochschulen sowie Ausbildungsbetrieben<br />
zum Einsatz. Ob zur Mechatronik-Ausbildung<br />
oder zur Weiterqualifizierung – das auf Standardkomponenten<br />
basierende und modular<br />
erweiterbare Trainingssystem vermittelt anschaulich<br />
und praxisorientiert wegweisende<br />
Industrie 4.0-Technologien. Nun hat Rexroth<br />
das Einsatzspektrum der Minifabrik aufs<br />
Neue erweitert: Neben der Einbindung der<br />
kollaborierenden Roboter APAS von Bosch<br />
lässt sich das Trainingssystem jetzt auch mit<br />
der PPM (Production Performance Manager)<br />
Software vernetzen. Bei APAS (Automatischer<br />
Produktions-Assistent) handelt es sich<br />
um mobile Automatisierungsgeräte für den<br />
Einsatz in der vernetzten Fertigung<br />
der Zukunft. Durch die Anbindung<br />
an die Production<br />
Performance Manager-Software<br />
(PPM) gestattet das System<br />
zukünftig ein umfassendes Monitoring,<br />
mit dem ein weltweiter<br />
Zugriff auf die Maschinendaten<br />
der Anlage ermöglicht wird. ik<br />
www.boschrexroth.com<br />
Bild: Bosch Rex rot<br />
oth<br />
Zukünftig noch vielfältiger einsetzbar:<br />
Das Trainingssystem mMS 4.0<br />
lässt sich nun um einen kollaborierenden<br />
Roboter APAS von Bosch<br />
erweitern<br />
Hersteller und Industrieunternehmen sehen<br />
sich in Zeiten von Industrie 4.0 mit konstant<br />
wachsenden Anforderungen an die Mitarbeiter<br />
sowie einer Flut an neuen Technologien<br />
konfrontiert. Entsprechend müssen Führungskräfte<br />
ihre Strategien überdenken.<br />
Rockwell Automation hat hierfür ein 5-Punkte-<br />
Programm erarbeitet: Zu den entsprechenden<br />
Empfehlungen gehören die Verbesserung<br />
des Maschinendesigns unter Berücksichtigung<br />
von Ergonomie und Sicherheitsrisiken<br />
für Mitarbeiter, der Aufbau eines Connected<br />
Enterprise zur Verbesserung von Produktivität<br />
und Effizienz durch einen informationsgestützten<br />
Betrieb sowie die Schulung der<br />
Arbeitskräfte zum Erhalt und zur Weitergabe<br />
des Wissens des erfahrenen Personals.<br />
Reiner Wippermann, Business Manager<br />
Integrated Architecture bei Rockwell Automation:<br />
„Hersteller sollten ihren Personalentwicklungsbedarf<br />
als eine Chance zur Differenzierung<br />
vom Wettbewerb nutzen und nicht als<br />
Option für Kosteneinsparungen.“<br />
ik<br />
www.rockwellautomation.de<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 9
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
UNTERNEHMEN<br />
Siemens stellte auf der Anwendertagung<br />
„PLM Europe 2016“ in Berlin<br />
einige interessante Lösungen vor,<br />
unter anderem eine neue durchgehende<br />
Lösung für die additive<br />
Fertigung<br />
Bild: Siemens<br />
Rückblick auf die PLM Europe 2016<br />
Geschlossene Prozesskette<br />
Siemens PLM Software hat auf dem Weg zur Digitalen Fabrik einen weiteren Schritt genommen:<br />
Auf der Anwendertagung „PLM Europe 2016“ im Oktober 2016 stellte das Unternehmen eine neue<br />
Lösung für die additive Fertigung vor. Kernelement dieser durchgehenden Lösung von der <strong>Konstruktion</strong><br />
bis hin zur Fertigung ist die CAD/CAM/CAE-Software NX11. Auch für Konstrukteure bietet NX11<br />
interessante neue Optionen.<br />
Stefan Graf, Fachjournalist, Darmstadt<br />
Es ist schon viele Jahre ein Thema: Eine durchgehende Prozesskette<br />
vom CAD-System bis hin zur Fertigungsmaschine. Viele<br />
Lösungen sind auch auf dem Markt. Eine integrierte Lösung aus einer<br />
Hand hingegen ist schon lange der Wunschtraum vieler Verantwortlicher<br />
in den Bereichen <strong>Konstruktion</strong> und Fertigung. Siemens<br />
PLM hat nun auf der Anwendertagung „PLM Europe 2016“ in Berlin<br />
eine solche Lösung angekündigt. Zentrales Element hierbei ist das<br />
CAD/CAM/CAE-System NX 11. Die Tagung war übrigens so gut besucht<br />
wie noch nie – rund 1100 Interessierte fanden den Weg in die<br />
Hauptstadt.<br />
Die neue Lösung für die additive Fertigung soll ab Januar 2017 erhältlich<br />
sein und besteht aus integrierter Software für <strong>Konstruktion</strong>,<br />
Simulation, digitale Fertigung sowie Daten- und Prozessmanagement.<br />
Mit dem Angebot können Anwender die Vorteile aktueller<br />
Technologie für additive Fertigung beziehungsweise 3D-Druck besser<br />
nutzen. Bei der neuen Lösung kommen über alle Phasen hinweg<br />
intelligente Produktmodelle zum Einsatz, ohne Daten zwischen<br />
Prozessen und Anwendungen konvertieren oder übersetzen zu<br />
müssen. Dadurch ist es möglich, ein Generative Design automatisiert<br />
zu erstellen, und zwar auf Basis neuer Funktionen für optimierte<br />
Topologien. So entstehen häufig organische Formen, auf die ein<br />
Konstrukteur von sich aus wohl kaum käme und die mit herkömmlichen<br />
Fertigungsmethoden nur sehr kompliziert oder gar nicht zu fertigen<br />
wären.<br />
Neue Wege für die additive Fertigung<br />
Die Technologie in Kombination mit der neuen Software für additive<br />
Fertigung von Siemens könnte Unternehmen in die Lage versetzen,<br />
die Produktgestaltung völlig neu zu definieren und dadurch eine<br />
bessere Performance bei geringeren Kosten zu erreichen. Darüber<br />
hinaus könnte durch 3D-gedruckte, formoptimierte Bauteile die An-<br />
zahl der Teile in einer Baugruppe sinken. Das sorgt für geringeres<br />
Gewicht bei höherer Festigkeit. Im Endeffekt ergibt sich dadurch<br />
enormer Mehrwert für Branchen wie den Automobilbau, die Luftfahrtindustrie<br />
oder die Medizintechnik.<br />
Mehr konstruktive Kreativität<br />
Konstrukteure entwickeln Bauteile aufgrund ihrer Ausbildung mit<br />
herkömmlichen Produktionstechnologien im Hinterkopf. Das<br />
schränkt Kreativität und Innovationsgeist ein. Heute werden Teile in<br />
der Fertigung noch gestanzt, tiefgezogen, gegossen oder maschinell<br />
hergestellt. Mit einer völlig neuen Art, Teile zu konstruieren und<br />
zu fertigen, hilft Siemens Ingenieuren und Konstrukteuren dabei, eine<br />
neue Generation von Produkten neu zu denken. Anwender können<br />
<strong>Konstruktion</strong>en mit deutlich besserem Verhältnis von Festigkeit<br />
zu Gewicht erstellen. Mit hoch entwickelten, integrierten Technologien<br />
für Simulation und Analyse lässt sich das Verhalten der <strong>Konstruktion</strong><br />
vorausberechnen. Diese neue Technologie mit ihrem hohen<br />
Veränderungspotential wird innovative <strong>Konstruktion</strong>sansätze<br />
fördern.<br />
Die neue Lösung für additive Fertigung umfasst die Software NX<br />
von Siemens für integriertes Computer Aided Design, Manufacturing<br />
und <strong>Engineering</strong> (CAD/CAM/CAE), das neu vorgestellte Simcenter-Portfolio,<br />
ein Paket an Simulationssoftware und Testlösungen,<br />
Teamcenter für die Datenverwaltung sowie Simatic IT Unified<br />
Architecture Discrete Manufacturing und Simatic WinCC. Beide gehören<br />
zum Manufacturing Operations Management (MOM)-Portfolio<br />
für Produktionsausführung und automatisierte Fertigung.<br />
Zu den neuen Technologien, die in die Lösung eingeflossen sind, gehören<br />
auch Convergent Modeling und Topologieoptimierung. Beide<br />
Technologien ermöglichen automatisiertes <strong>Konstruktion</strong>en basierend<br />
auf dem Generative-Design-Ansatz:<br />
10 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
UNTERNEHMEN<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
• Convergent Modeling wurde zusammen mit der aktuellen Version<br />
von NX angekündigt. Dabei handelt es sich um die erste Technologie<br />
ihrer Art. Ingenieure können damit Bauteilkonstruktionen<br />
optimal an den 3D-Druck anpassen und den gesamten <strong>Konstruktion</strong>sprozess<br />
beschleunigen. Mit einer Scan-to-Print Funktion<br />
wird Reverse <strong>Engineering</strong> noch effizienter. Dieses neue Modellierparadigma<br />
vereinfacht die Arbeit mit Geometrien deutlich, die<br />
aus einer Kombination von Facetten, Flächen und Volumenkörpern<br />
bestehen. Zeitaufwändiges Konvertieren von Daten soll so<br />
entfallen.<br />
• Die zweite neue Technologie<br />
ist die Topologieoptimierung.<br />
Damit sind<br />
Berechner in der Lage,<br />
den iterativen Prozess<br />
beim Konstruieren und<br />
Optimieren von Bauteilen<br />
für Multiphysik-Anwendungen<br />
zu automatisieren.<br />
Das umfasst Vibration,<br />
Strömungsdynamik<br />
und Wärmeübertragung.<br />
Die integrierten<br />
Funktionen für Simulation<br />
und Predictive <strong>Engineering</strong><br />
machen es einfacher,<br />
die <strong>Konstruktion</strong> auf ihre Produzierbarkeit zu prüfen.<br />
Dadurch steigt das nötige Vertrauen, um <strong>Konstruktion</strong>en für die<br />
additive Fertigung weiterzuentwickeln.<br />
3D-Druck mit Kunststoff oder Metall<br />
Zusätzlich zu diesen Technologien stellt Siemens auch eine neue Lösung<br />
zum Vorbereiten von 3D-Drucken für Kunststoff- und Metallteile<br />
vor. Sie verwendet dieselben intelligenten Produktmodelle, die<br />
schon in der <strong>Konstruktion</strong>s- und Simulationsphase zum Einsatz kommen,<br />
um Änderungen an der <strong>Konstruktion</strong> zu automatisieren und<br />
den gesamten Prozess schlanker zu gestalten. Die neue Lösung unterstützt<br />
Operatoren beim Vorbereiten von Teilen für Pulverbett- und<br />
Multi-Jet Modeling-Verfahren. Für Metallteile aus dem 3D-Drucker<br />
bietet NX Möglichkeiten, Teile für das Laserauftragsschweißen und<br />
die NC-Programmierung vorzubereiten. Dazu gehört auch die Simulation<br />
hybrider additiver Maschinenwerkzeuge, die Metallauftrag<br />
und abtragende Verfahren in einer Maschine vereinen. Für extrudierte<br />
Werkstoffe, wie etwa Kunststoffe oder kohlefaserverstärktes Nylon,<br />
wurde eine neue Technologie für das Programmieren von robotergestütztem,<br />
mehrachsigem Auftragsschmelzen entwickelt. Sie<br />
wird derzeit in der Praxis erprobt. Nachdem die Teile gedruckt sind<br />
kommt wieder das NX-System für NC-Vorgänge nach dem Druck<br />
zum Einsatz. Dazu gehört, die Entfernung von Hilfsstrukturen intuitiv<br />
zu programmieren, Präzisionsoberflächen maschinell zu erzeugen<br />
und andere Verarbeitungs- und Inspektionsvorgänge. co<br />
www.siemens.com/plm<br />
Bild: Siemens<br />
Details zur CAD/CAM/CAE-<br />
Software NX11:<br />
www.t1p.de/qmpu<br />
Die Digitale Fabrik<br />
auf dem Weg in die<br />
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Produktionssystems<br />
Bild: Ludmilla Parsyak/Fraunhofer IAO<br />
Innovationslabor für Arbeit, Mensch und Technik am Fraunhofer-Campus in Stuttgart eröffnet<br />
Future Work Lab<br />
macht Arbeit 4.0 erlebbar<br />
Wohin entwickelt sich unsere Arbeit? Wie können wir das Potenzial neuer Technologien optimal für<br />
unsere Arbeit einsetzen? Die Digitalisierung über die Produktionshallen hinaus hin zu Prozessen und<br />
Dienstleistungen wirft viele neue Fragen auf. Antworten und innovative Ansätze bietet das Future Work<br />
Lab. In dem Innovationslabor für Arbeit, Mensch und Technik bündeln die Fraunhofer-Institute IAO und<br />
IPA sowie das IAT und IFF der Universität Stuttgart ihre Kompetenzen rund um die Industrie 4.0.<br />
Dr. Moritz Hämmerle, Projektleiter Future Work Lab am Fraunhofer IAO, Stuttgart<br />
Durch die nächste industrielle Revolution, die Industrie 4.0,<br />
wachsen die physische und die digitale Welt immer weiter zusammen.<br />
Neue Wertschöpfungsketten und Arbeitswelten entstehen<br />
mit einer Vielzahl an Chancen für Unternehmen und deren Mitarbeiter“,<br />
hob Prof. Dr. Reimund Neugebauer, Präsident der Fraunhofer-<br />
Gesellschaft auf der Eröffnungsveranstaltung hervor. „Fraunhofer<br />
treibt diese Veränderungen mit Schlüsselinnovationen wie 5G, maschinellem<br />
Lernen, kognitiven Systemen, mehr Ressourceneffizienz,<br />
sicherer Mensch-Roboter-Kollaboration sowie Souveränität von sensiblen<br />
Personen- und Wirtschaftsdaten voran. Im Future Work Lab<br />
zeigen wir gemeinsam mit der Universität Stuttgart, wie die Industriearbeit<br />
der Zukunft aussehen kann, was dies für den Menschen<br />
bedeutet und wie neue Technologien in der Praxis umgesetzt werden<br />
können. Damit tragen wir aktiv zur erfolgreichen Weiterentwicklung<br />
des Industriestandorts Deutschland bei.“<br />
Industriearbeit der Zukunft<br />
Die Industriearbeit verändert sich. Die Digitalisierung und die intelligente<br />
Vernetzung von Mensch, Maschine und Objekt erreicht Wissensarbeit,<br />
Produktionsarbeit, Dienstleistung und deren Schnittstellen.<br />
Als Reaktion auf diese Entwicklung verändern sich sozio-techni-<br />
sche Arbeitssysteme sowie die Organisation und Gestaltung von Arbeit.<br />
Der Bedarf an Flexibilität und Mobilität steigt. Neue Formen<br />
der Arbeitsorganisation entstehen schon jetzt im Bereich der Arbeitsteilung,<br />
zum Beispiel, wenn sich Schichtarbeiter spontan per<br />
Smartphone absprechen, wie das bereits umgesetzte Projekt „KapaflexCy“<br />
des Fraunhofer IAO zeigt. Unternehmen suchen darüber<br />
hinaus neue Wege, um einerseits ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
für die digitale Arbeitswelt zu qualifizieren und andererseits<br />
das Potenzial neuer Technologien optimal einzusetzen. Diese bieten<br />
nicht nur die Chance, schneller, besser und motivierender zu produzieren,<br />
sondern bringen auch oft disruptive Innovationen und ganz<br />
neue Geschäftsmodelle mit sich. Nur wer seine Innovationsprozesse<br />
systematisch angeht und strategisch verankert, kann sich in diesem<br />
dynamischen Marktumfeld auf Dauer behaupten.<br />
„Genau hier setzt unser Innovationslabor, das Future Work Lab, an“,<br />
sagte Prof. Wilhelm Bauer, Institutsleiter des Fraunhofer IAO. „Arbeit<br />
verändert sich, sie wird schneller, dynamischer und flexibler.<br />
Daraus entstehen neue Formen der Mensch-Maschine-Interaktion.<br />
In unserem Innovationslabor wollen wir den Menschen diesen<br />
Transformationsprozess anhand von konkreten Demonstratoren zeigen<br />
und so den anstehenden Wandel erlebbar machen.“<br />
Das Future Work Lab, ein Innovationslabor für Arbeit, Mensch und<br />
Technik entstand unter Leitung des Fraunhofer IAO auf dem Fraunhofer-Campus<br />
in Stuttgart-Vaihingen und zieht im Mai 2017 in den in<br />
12 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
UNTERNEHMEN<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
Bild: Ludmilla Parsyak/Fraunhofer IAO<br />
Bild: Ludmilla Parsyak/Fraunhofer IPA<br />
Lernvideos erleichtern künftig das Begreifen komplexer und schwieriger<br />
Arbeitsprozesse. Sogenannte Wissensnuggets können individuell und je<br />
nach Bedarf jederzeit abgerufen werden<br />
Das Exoskelett folgt der Bewegung der Arme und bietet Kraftunter -<br />
stützung; die zusätzliche Last wird in die Hüfte oder in den Boden<br />
eingeleitet<br />
der Nachbarschaft gelegenen Forschungscampus Arena2036. Dazu<br />
bündeln die Fraunhofer-Institute IAO (Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft<br />
und Organisation), IPA (Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik<br />
und Automatisierung), das Institut für Arbeitswissenschaft<br />
und Technologiemanagement IAT und das Institut für Industrielle<br />
Fertigung und Fabrikbetrieb IFF der Universität Stuttgart ihre<br />
Kompetenzen rund um die Industrie 4.0.<br />
„Das Future Work Lab versteht sich als Ideengeber, wie die Arbeit<br />
der Zukunft in Unternehmen aussehen kann“, fasste der Institutsleiter<br />
des Fraunhofer IPA, Prof. Thomas Bauernhansl, zusammen. „In<br />
unserer Demonstratorenwelt können produzierende Unternehmen<br />
„Im Innovationslabor soll der<br />
Transformationsprozess anhand<br />
von konkreten Demonstratoren<br />
gezeigt und erlebbar gemacht<br />
werden.“<br />
und deren Mitarbeiter die Industriearbeit der Zukunft live erfahren<br />
und testen, wie die digitale Transformation die Arbeit verändern<br />
wird.“<br />
Leistungen und Angebote des Future Work Lab<br />
Mit greifbaren Demonstratoren, Angeboten zur Kompetenzentwicklung<br />
und Weiterbildung sowie einer Plattform für den wissenschaftlichen<br />
Austausch richtet sich das Future Work Lab an Industrie, Gewerkschaften,<br />
Politik und Wissenschaft – und ganz zentral an die<br />
Produktionsmitarbeiter von heute und morgen. Sie alle können die<br />
Leistungen des Future Work Lab über drei Wege nutzen, die bei der<br />
Eröffnung im Rahmen von Lab-Touren vorgestellt wurden:<br />
Im Demonstrationszentrum zeigen drei Parcours zur Arbeitswelt der<br />
Zukunft, welche Technologien und Anwendungen schon heute möglich<br />
sind. Künftige Szenarien wie das „Stuttgart Exo-Jacket“, ein Exoskelett<br />
für Hebetätigkeiten und Überkopfarbeiten, zeigen eine neue<br />
mögliche Arbeitsteilung zwischen Mensch und Technik. Weitere Demonstratoren<br />
sind ein komplett kabelloser Arbeitsplatz, eine App für<br />
die Schichtplanung sowie Einsatzbeispiele für die Augmented-Reality-Brillen.<br />
Damit wollen die Initiatoren die gesamte Bandbreite der<br />
Industriearbeit der Zukunft darstellen. Das Demonstrationszentrum<br />
eröffnet Unternehmen gleichzeitig die Chance, mit potenziellen<br />
Partnern in Kontakt treten, um von deren Erfahrung zu profitieren.<br />
In der zukünftigen Arbeitswelt werden andere Kompetenzen gefragt<br />
sein. Daher bietet das Kompetenzentwicklungs- und Beratungszentrum<br />
mit der Lernwelt „Fit für die Arbeit der Zukunft“ Seminare,<br />
Workshops und Weiterbildungsmöglichkeiten für Mitarbeitende<br />
produzierender Unternehmen. Hier entwickeln Experten des<br />
Zentrums gemeinsam mit Unternehmenspartnern gezielt individuelle<br />
Schulungskonzepte für die Industrie 4.0.<br />
Das akademisch ausgerichtete Ideenzentrum für Arbeitsforschung<br />
„Work in Progress“ bietet eine zentrale Plattform für den wissenschaftlichen<br />
Dialog und die weitere Forschung rund um die Industriearbeit<br />
der Zukunft. Mit der Platzierung direkt im Future Work Lab<br />
gewährleisten die Projektpartner den schnellen Transfer von der<br />
Theorie in die Praxis.<br />
Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt „Future Work Lab“ wird<br />
mit Mitteln des Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />
(BMBF) im Programm „Innovationen für Produktion, Dienstleistung<br />
und Arbeit von morgen“ gefördert und vom Projektträger Karlsruhe<br />
(PTKA) betreut.<br />
bt<br />
www.futureworklab.de<br />
Video zum Future Work Lab<br />
mit Kurzlink:<br />
www.t1p.de/zlx1<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 13
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
AUS DEM<br />
Voller Erfolg für 5. Fachtagung ‚MES im Fokus‘<br />
Wachstum durch vielfältige Aktivitäten<br />
Als ‚Enabler‘ für die Industrie 4.0 steigt die Bedeutung von Manufacturing Execution <strong>Systems</strong> (MES)<br />
signifikant. Der MES D.A.CH Verband e.V. stärkt mit seinen Aktivitäten die Bekanntheit und die Rolle<br />
von MES-Lösungen in der Fachöffentlichkeit – und wächst selbst durch vielfältige Aktivitäten.<br />
Know-how-Transfer<br />
bietet die Veranstaltung<br />
‚MES in der<br />
Praxis‘ Ende März<br />
2017 in Böblingen<br />
Bild: MES D.A.CH Verband<br />
Bild: MES D.A.CH Verband<br />
Die Teilnehmer der Veranstaltung ‚MES im Fokus‘ in Herborn wurden durch<br />
Martin Kandziora (links) und Sebastian Chmura von Gastgeber Rittal begrüßt<br />
Manufacturing Execution <strong>Systems</strong> (MES) sind Voraussetzung<br />
für Industrie 4.0 und die zentrale Drehscheibe für die Digitalisierung<br />
der Produktion – dies war eine der Kernbotschaften der fünften<br />
Fachtagung ‚MES im Fokus‘, die der MES D.A.CH Verband am 2.<br />
und 3. Februar 2017 zu Gast bei dem Unternehmen Rittal GmbH &<br />
Co. KG in Herborn veranstaltete. Fast 100 Teilnehmer, davon mehr<br />
als 70 Vertreter aus führenden deutschen Produktionsunternehmen,<br />
informierten sich über neuste Trends zu MES, Digitalisierung und Industrie<br />
4.0. ‚MES im Fokus‘ ist eine kompakte und erfolgreich bewährte<br />
Plattform für alle, die sich ein Bild von dem hohen Anwendernutzen<br />
machen wollen, der sich mit MES-Lösungen in der smarten<br />
Fabrik erzielen lässt.<br />
Die Veranstaltung ‚MES im Fokus‘ in Herborn wurde von Angelo Bindi,<br />
1. Vorstand des MES D.A.CH Verband e.V., eröffnet und stellte an<br />
den beiden Tagen wichtige MES-Grundlagen sowie Branchenbeispiele<br />
vor. Insgesamt 13 anwendungsbezogene Vorträge vermittelten<br />
ein rundes Bild von der Automations- bis zur ERP-Ebene. Höhepunkt<br />
der Veranstaltung war eine Führung durch das Rittal Innovation<br />
Center sowie das Global Distribution Center von Rittal in Haiger. Das<br />
Rittal Innovation Center dokumentiert eindrucksvoll den Steuerungsund<br />
Schaltanlagenbau 4.0 und bot einen ganz besonderen Einblick in<br />
die Wertschöpfungsketten des Steuerungs- und Schaltanlagenbaus.<br />
In der 1200 m 2 großen Halle bildet der Schaltschrank- und Systemanbieter<br />
einen realen Fertigungsbetrieb nach. Vom neuen Global Distribution<br />
Center am Standort Haiger aus werden Rittal-Produkte mit<br />
großer Schnelligkeit rund um die Welt geliefert. In Vorbereitung zu<br />
diesem Programmpunkt referierte Martin Kandziora, Leiter Marktkommunikation<br />
bei Rittal, über die Differenzierung durch absolute<br />
Kundenorientierung und die Entwicklung des Unternehmens vom<br />
Schaltschrankhersteller zum System- und Lösungsanbieter.<br />
Praxisbeispiele vertiefen das in den Vorträgen vermittelte Wissen – hier<br />
bei der Führung durch das Global Distribution Center von Rittal in Haiger<br />
Anwender-Workshops: MES in der Praxis<br />
Am 28. und 29. März 2017 lädt der MES D.A.CH Verband e.V. übrigens<br />
zur Veranstaltung ‚MES in der Praxis‘ in die Kongresshalle Böblingen<br />
ein. Hier stellen Hersteller und Anwender neben den wichtigen<br />
MES-Grundlagen neue Trends und realisierte Branchenlösungen<br />
vor. Ein weiterer Schwerpunkt an den zwei Tagen ist die Bedeutung<br />
von MES für Industrie 4.0 und die Anbindung von MES an die<br />
Maschinenebene. In Workshops werden zudem unterschiedliche<br />
MES-Lösungen führender Anbieter mit engem Praxisbezug sowie<br />
auch realisierte MES-Anwendungen vorgestellt. Nach jedem Vortrag<br />
gibt es die Möglichkeit, in einen intensiven Dialog mit den Referenten<br />
zu treten.<br />
Hannover Messe 2017<br />
Nach dem überaus erfolgreichen Auftritt auf der Hannover Messe<br />
2016 wird der Verband sich auch in diesem Jahr wieder mit einem<br />
Gemeinschaftsstand in Halle 7, Stand A17 auf der Hannover Messe<br />
präsentieren.<br />
www.mes-dach.de<br />
Hannover Messe: Halle 7, Stand A17<br />
Bild: MES D.A.CH Verband<br />
14 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
VERANSTALTUNGEN/PUBLIKATIONEN<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
Bild: Deutsche Messe<br />
Cebit: Messe mit Unternehmen aus 70 Ländern<br />
Digitalisierung erlebbar machen<br />
Oliver Frese, Vorstand der Deutschen Messe AG,<br />
bei einer Pressekonferenz im Vorfeld der Cebit 2017<br />
Mit einer Vielzahl von Anwendungsbeispielen,<br />
disruptiven Technologien und Geschäftsmodellen<br />
sowie einem breiten Lösungsspektrum<br />
für die digitale Transformation von<br />
Lünendonk & Hossenfelder: Trendstudie 2016<br />
Digitale Bedrohungs -<br />
szenarien im Fokus<br />
Die aktuelle Lünendonk-Trendstudie, die<br />
in fachlicher Zusammenarbeit mit Hewlett<br />
Packard Enterprise, KPMG, NTT Security,<br />
Open <strong>Systems</strong> und Unisys durchgeführt<br />
wurde, zeigt, dass die Bedeutung von Information<br />
Security und Risk Management<br />
von Business-Verantwortlichen klar erkannt<br />
wird. Dennoch besteht aus der<br />
Marktperspektive betrachtet Handlungsbedarf.<br />
So fehlen bei mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen<br />
(57 %) Informationen zum Wert bedrohter Daten und Prozesse, zwei<br />
Drittel sehen die frühzeitige Erkennung relevanter Angriffe in der<br />
Informationsflut als große Herausforderung. Obwohl die Bedeutung<br />
der Themen bewusst ist, werden sie überwiegend rein technisch<br />
betrachtet und als Aufgabe der IT operationalisiert. „Es fehlt weniger<br />
an der Erkenntnis als an der Umsetzung, wie die Business-Perspek -<br />
tive mit den technischen Security Operations verknüpft werden kann“,<br />
erläutert Hartmut Lüerßen, Partner bei Lünendonk, die Studienergebnisse.<br />
Für die befragten Unternehmen stehen die Themen „Digitale<br />
Transformation“ und „Veränderungen der Wertschöpfungsketten“<br />
ganz oben auf der strategischen Agenda. Derzeit berücksichtigen<br />
jedoch 63 % der Unternehmen die Information Security und das Risk<br />
Management nicht frühzeitig und umfassend genug bei Projekten.<br />
Das geschieht vor allem aus Zeitdruck und mangelndem Verständnis<br />
der Zusammenhänge sowie der Auswirkungen.<br />
ik<br />
www.luenendonk.de<br />
Bild: Lünendonk & Hos sen<br />
fel<br />
de<br />
r<br />
Unternehmen und Verwaltung geht die Cebit<br />
vom 20. bis 24. März 2017 an den Start. „Die<br />
Cebit 2017 wird die Digitalisierung für unsere<br />
Besucher so konkret erlebbar machen wie<br />
noch nie“, sagt dazu Oliver Frese, Vorstand<br />
der Deutschen Messe AG. Gut 3000 beteiligte<br />
Unternehmen aus 70 Ländern werden ihre<br />
Lösungen präsentieren und Visionäre diskutieren<br />
über die digitale Zukunft von Wirtschaft<br />
und Gesellschaft bei den Cebeit Global Conferences.<br />
Der Premierminister des diesjährigen<br />
Partnerlandes Japan, Shinzo Abe, und<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel werden die<br />
Cebit im Rahmen der Welcome Night am 19.<br />
März offiziell eröffnen. Allein aus dem Partnerland<br />
werden sich rund 120 Unternehmen<br />
in allen Themenfeldern der Messe präsentieren.<br />
Die Cebit steht in diesem Jahr unter<br />
dem Topthema „d!conomy – no limits“ und<br />
rückt damit die Chancen der digitalen Transformation<br />
in den Mittelpunkt.<br />
ik<br />
www.cebit.de<br />
Die Lünendonk-<br />
Trendstudie 2016<br />
zu IT-Security und<br />
Risk Management<br />
zeigt, dass die<br />
Bedeutung dieser<br />
Themen klar<br />
erkannt wird<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
<br />
DFKI: Saarbrücker Manifest<br />
Für einen Digitalisierungsruck<br />
in Deutschland<br />
Zum 10. Nationalen IT Gipfel haben Prof. Dr.<br />
August-Wilhelm Scheer und Prof. Dr. Wolfgang<br />
Wahlster gemeinsam mit prominenten<br />
Unterstützern aus Wissenschaft und Praxis<br />
ein Thesenpapier zu den Herausforderungen<br />
und Chancen der Digitalisierung in Deutschland<br />
vorgelegt. Fazit des Saarbrücker Manifests:<br />
Deutschland darf die sich aus der zweiten<br />
Welle der Digitalisierung ergebenden<br />
Chancen nicht ungenutzt lassen und sich<br />
nicht, wie oft in der Vergangenheit, mit der<br />
Rolle des Käufermarktes zufrieden geben.<br />
Die gesunde deutsche Industrie stellt einen<br />
Wettbewerbsvorteil dar, dessen Rendite Politik,<br />
Unternehmen, Forschung und Gesellschaft<br />
mit Ideen und Umsetzungskraft<br />
erwirtschaften müssen. In der jetzt anlaufenden<br />
zweiten Welle der Digitalisierung geht es<br />
um eine weitreichende digitale Vernetzung<br />
ganz unterschiedlicher Bereiche zu globalen<br />
Lösungen. Dafür muss Deutschland gerüstet<br />
sein, nicht zuletzt mit Internetministern auf<br />
Bundes- und Landesebene. Die Autoren des<br />
Saarbrücker Manifests beleuchten sehr<br />
genau die Herausforderungen und Chancen<br />
jener Gruppen, die unsere gesamte Gesellschaft<br />
prägen: Politik, Forschung, Wirtschaft –<br />
hier besonders die ITK-Industrie – Verbände,<br />
Sozialpartner und auch die Gesellschaft als<br />
Ganzes mit ihrer Einstellung zur digitalen<br />
Transformation. Noch seien alle Chancen<br />
offen, die aktuelle Welle der Digitalisierung<br />
aktiv mitzugestalten. Unter www.t1p.de/<br />
0xkw steht das Manifest zum Download bereit.<br />
ik<br />
www.dfki.de<br />
<br />
<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 15
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
KÖPFE DER INNOVATIONSFÖRDERUNG<br />
Im Interview: Henning Kagermann, Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaft Acatech<br />
„Radikale Veränderungen erfordern<br />
fundamentale neue Kompetenzen“<br />
Deutschlands moderner industrieller Kern garantiert Arbeitsplätze, meint Henning Kagermann,<br />
Präsident der Deutschen Akademie der Technikwissenschaft Acatech. Damit das so bleibt, seien<br />
Kooperationen von großer Bedeutung, insbesondere auch beim Thema Industrie 4.0. Wichtig dabei:<br />
Gerade kleine und mittelständische Unternehmen sollten vertreten sein.<br />
Interview: Wolfgang Hess, Redaktionsdirektor für Sonderprojekte in der Konradin Mediengruppe<br />
Bild: Acatech/D. Ausserhofer<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Prof. Kagermann, was verändert sich<br />
durch den Wandel, den wir in Deutschland unter dem Schlagwort<br />
„Industrie 4.0“ diskutieren?<br />
Kagermann: Bei den Firmen entsteht der Bedarf nach Kompetenzen<br />
und Kooperationen, die sie bisher nicht hatten. Beispielsweise<br />
wird Künstliche Intelligenz (KI) plötzlich überall nachgefragt. Geht es<br />
lediglich um inkrementelle Innovationen – also um Innovationen, basierend<br />
auf bestehenden Produkten –, brauchen die Firmen die Wissenschaft<br />
oft nicht. Gibt es aber radikale Veränderungen, benötigen<br />
sie fundamentale neue Kompetenzen, die häufig nur in wissenschaftlichen<br />
Instituten vorhanden sind. Durch solche Kooperationen<br />
Henning Kagermann, Präsident der Deutschen Akademie für Technik -<br />
wissenschaft Acatech<br />
„Schon heute lohnt sich die Ver -<br />
lagerung von Arbeit an Billiglohnstandorte<br />
immer weniger.<br />
Industrie 4.0 führt – wenn wir<br />
sie konsequent angehen – dazu,<br />
dass noch mehr Produktion<br />
zurückgeholt wird.“<br />
16 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
KÖPFE DER INNOVATIONSFÖRDERUNG<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
gewinnen Unternehmen auch neue Mitarbeiter mit der entsprechenden<br />
Expertise.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Welche Rolle spielen dabei Zusammenschlüsse<br />
wie die Plattform Industrie 4.0?<br />
Kagermann: Wichtig ist, dass Konsortien gebildet werden, in denen<br />
nicht nur die Großindustrie, sondern auch der Mittelstand vertreten<br />
sind. Eine Kooperation allein zwischen wissenschaftlicher Exzellenz<br />
und Topfirmen, aber ohne mittelständische Unternehmen, würde eine<br />
tragende Säule unserer sozialen Marktwirtschaft außer Acht lassen.<br />
Auch wird es immer stärker auf leistungsfähige Geschäftsmodell-Ökosysteme<br />
ankommen, in denen kleinere und größere Unternehmen<br />
kooperieren. Daneben ist es wichtig, gemeinsam mit Verbänden<br />
Bewusstsein für den Wandel in der Wirtschaft zu schaffen.<br />
Und dann braucht man natürlich die Politik. Auf diese Weise haben<br />
wir bereits 2013 das Thema Industrie 4.0 bekannt gemacht. Auf der<br />
Hannover Messe haben wir die grundlegende Studie zum Thema an<br />
Bundeskanzlerin Angela Merkel übergeben. Zugleich nahmen die<br />
Verbände das Thema auf und gründeten die Plattform Industrie 4.0,<br />
die heute auch politisch auf höchster Ebene begleitet wird. Der<br />
Transfer in den Mittelstand beschäftigt uns bis heute. Deshalb haben<br />
wir in diesem Jahr einen Online-Kurs „Hands-on Industrie 4.0“<br />
angeboten. Er gibt leicht zugänglich einen Überblick über das Konzept,<br />
seine Anwendungen und Herausforderungen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Mit welchem Erfolg?<br />
Kagermann: Wir hatten fast 8000 Kursteilnehmer. Zwei Drittel davon<br />
kamen aus Unternehmen. Die Kursmodule sind kostenfrei, auf<br />
Deutsch und von überall über das Internet verfügbar. Der Zuspruch<br />
hat uns ermutigt, deshalb starten wir bald einen zweiten Kurs –<br />
über maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Welche Rolle spielten Kooperationen in<br />
Ihrem Berufsleben?<br />
Kagermann: Ich habe durch Kooperieren nur dazugelernt. Wer als<br />
Theoretischer Physiker wie ich zur SAP kommt und nicht kooperiert,<br />
Zur Person<br />
INFO<br />
Henning Kagermann ist seit Juni 2009 einer der beiden<br />
Präsidenten der Deutschen Akademie für Technikwissenschaft<br />
Acatech und leitet seit 2010 die Nationale Plattform<br />
Elektromobilität. 1975 promovierte Kagermann (*1947) in<br />
Physik und habilitierte sich fünf Jahre später für Theoretische<br />
Physik an der TU Braunschweig, wo er anschließend<br />
zum außerplanmäßigen Professor ernannt wurde. Von 1982<br />
bis 2009 arbeitete er bei der SAP AG, ab 1991 als Vorstand.<br />
Kagermann gilt als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten<br />
der „Deutschland AG“. Er leitet auch den Innovationsdialog<br />
zwischen Bunderegierung, Wirtschaft und Wissenschaft.<br />
hat keine Chance. Ich habe anfangs betriebswirtschaftliche Software<br />
mitentwickelt. Und wo lernt man, wo der Schuh drückt? Nur<br />
beim Kunden. Also: Nach Möglichkeit nichts allein im Kämmerlein<br />
entwickeln, sondern immer im Team und am Markt! Von der Philosophie,<br />
das eigene Know-how nach außen abzuschotten, halte ich<br />
wenig. Wer gut ist und zuversichtlich, dass er schneller als die Konkurrenten<br />
unterwegs ist, braucht sich keine Sorgen zu machen,<br />
dass ihm andere die Butter vom Brot nehmen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Sie hatten die Wichtigkeit der Kooperationen<br />
von kleinen und mittelständischen Unternehmen mit der<br />
Wissenschaft genannt. Wie beurteilen Sie denn den Stand dieser<br />
Kooperationen?<br />
Kagermann: Die Zusammenarbeit ist bereits besser als in früheren<br />
Jahren. Dafür ausschlaggebend sind zwei Sachverhalte: Zum einen<br />
hat die Bundesregierung mit Instrumenten wie dem Forschungs-<br />
Campus neue Anknüpfungspunkte für längerfristige und partnerschaftliche<br />
Zusammenarbeit geschaffen. Durch den Forschungs-<br />
Campus, der vor rund zwei Jahren initiiert wurde, fördert das Bundesministerium<br />
für Bildung und Forschung BMBF das Engagement<br />
der Wirtschaft bei Wissenschaftseinrichtungen bis zu 15 Jahre lang.<br />
Rund 100 Unternehmen haben sich für die neun ausgeschriebenen<br />
Forschungs-Campi beworben. Die Auserwählten werden wohl ein<br />
Vielfaches von dem investieren, was sie von staatlicher Seite an Förderung<br />
erhalten. Das zeigt: Firmen sind inzwischen bereit, sich auf<br />
langfristige Forschungsprojekte festzulegen. Andererseits zeigt unser<br />
aktueller Innovationsindikator, dass die Teilhabe von kleinen und<br />
mittelständischen Unternehmen am Innovationssystem ein vordringliches<br />
Thema bleibt.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Warum braucht es eine so lange Förder -<br />
periode?<br />
Kagermann: Ich will das am Beispiel des Leichtbaus veranschaulichen.<br />
Den weiterzuentwickeln, ist schon lange das Ziel vieler Unternehmen.<br />
Doch wenn man verschiedene Materialien gleichzeitig und<br />
in einem Schritt bearbeiten möchte, weil das Ressourcen und Kosten<br />
spart, müssen die wissenschaftlichen Grundlagen erst einmal<br />
geschaffen und dann an die wirtschaftliche Anwendung herangeführt<br />
werden. Ein anderes Beispiel ist der Themenbereich „Big Data“:<br />
Dort gibt es eine enge Kooperation zwischen Top-Mathematikern<br />
der Wissenschaft und Firmen, die an Netzoptimierungen arbeiten,<br />
die für vielerlei Infrastrukturen relevant sind – etwa das Bahnnetz<br />
oder Gasnetze. Die Firmen erhalten zwar viele Daten über ihre<br />
Netze, aber sie kennen noch nicht die besten mathematischen Methoden,<br />
sie auszuwerten und auf dieser Basis die Netze zu optimieren.<br />
Um von der Grundlagenforschung bis zur Anwendung zu kommen,<br />
muss man Kooperationen dauerhaft anlegen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Kommen wir zurück auf das Thema KI –<br />
wird sich die derzeit gute Beschäftigungssituation in Deutschland<br />
durch die massive Integration von KI verschlechtern?<br />
Kagermann: Ich glaube nicht. Dafür gibt es mehrere Gründe. Wenn<br />
wir die neuen Methoden und die sich daraus ergebenden Chancen<br />
nutzen, verbessern wir unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 17
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
KÖPFE DER INNOVATIONSFÖRDERUNG<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Heißt das, jeder Auszubildende wird künftig<br />
von einem elektronischen Coach unterstützt?<br />
Kagermann: Ja – mit elektronisch unterstütztem Lernen können<br />
wir besser auf das Individuum eingehen. Es ist doch gut, wenn sich<br />
das Ausbildungssystem dem Einzelnen anpasst.<br />
Bild: 3dkombinat/Fotolia.com<br />
„Die Digitalisierung erleichtert, individualisiert und erweitert die Aus- und<br />
Weiterbildung“, sagt Henning Kagermann. „Mit innovativen digitalen Methoden<br />
können wir Menschen auch ‚on the job‘ qualifizieren“<br />
weiter und sorgen so für ein Plus an Wertschöpfung und Arbeitsplätzen.<br />
Schon heute lohnt sich die Verlagerung von Arbeit an Billiglohnstandorte<br />
immer weniger. Industrie 4.0 führt – wenn wir sie<br />
konsequent angehen – dazu, dass noch mehr Produktion zurückgeholt<br />
wird. Zweitens haben wir ähnliche Technologieschübe bereits<br />
gut gemeistert. Auch als sich vor etlichen Jahrzehnten die Automatisierungswelle<br />
ankündigte, haben die Menschen gestöhnt. Doch<br />
was ist am Ende passiert? Die Unternehmen, die diese Phase aktiv<br />
gestaltet haben, gehörten zu den Gewinnern – darunter auch viele<br />
deutsche Firmen. Unser moderner industrieller Kern garantiert Stabilität<br />
und Arbeitsplätze. Viele japanische Unternehmen klebten dagegen<br />
lange an den alten Beschäftigungsmodellen, produzierten in<br />
der Folge zu teuer und bekamen Schwierigkeiten.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Sie sehen noch eine weitere Chance bei<br />
der Aus- und Weiterbildung …<br />
Kagermann: …wenn wir mit Industrie 4.0 Arbeitsplätze schaffen<br />
wollen, dann hängt dies ganz entscheidend von der Qualifizierung<br />
der Belegschaften ab. Wir haben zur Kompetenzentwicklung kürzlich<br />
eine Arbeit vorgelegt. Sie zeigt erstens, wie wichtig das Thema<br />
ist, zweitens dass wir hier noch viel zu tun haben und drittens: Die<br />
Digitalisierung erleichtert, individualisiert und erweitert die Aus- und<br />
Weiterbildung. Mit innovativen digitalen Methoden können wir<br />
Menschen auch ‚on the job‘ qualifizieren. Sie ermöglichen eine Weiterbildung,<br />
die am individuellen Wissensstand punktgenau andockt<br />
und Menschen entlang ihres persönlichen Bedarfs qualifiziert. Früher<br />
konnten sich nur wenige Privatlehrer leisten. Heute haben wir<br />
ein gutes Bildungssystem für alle, aber recht große Klassen. Mit digitalen<br />
Hilfsmitteln ist beides möglich: individuelle Bildung, die aber<br />
jedem, jederzeit und überall zugänglich ist. Das kommt der Chancengleichheit<br />
zu Gute.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Da Elektronik auch immer etwas mit Datenspeicherung<br />
zu tun hat, werden die Lernleistungen und -ergebnisse<br />
gläsern.<br />
Kagermann: Die digitalen Assistenten und Unterrichtssysteme<br />
müssen Lernprofile erfassen, nur so sind individualisierte Lerneinheiten<br />
möglich. Natürlich lässt sich potenziell auch auswerten, wer<br />
beispielsweise schneller oder langsamer lernt. Wie bei allen IT-Hilfsmitteln<br />
in der Arbeit müssen die Sozialpartner deshalb die richtige<br />
Balance zwischen dem Nutzen und dem Schutz individueller Daten<br />
aushandeln – deshalb ist es gut, dass wir in Deutschland die Debatte<br />
über Industrie 4.0 früh angestoßen und die Arbeitnehmervertreter<br />
von Beginn an einbezogen haben.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Wird durch Industrie 4.0 Chinas Volkswirtschaft<br />
noch schlagkräftiger?<br />
„Um von der Grundlagenforschung<br />
bis zur Anwendung zu<br />
kommen, muss man Kooperationen<br />
dauerhaft anlegen.“<br />
Kagermann: Die ersten ausländischen Kontakte hatten wir bei Industrie<br />
4.0 mit der chinesischen Academy of Science. Das war<br />
2012. Nachdem wir bei dem Treffen unsere Zielvorstellungen geschildert<br />
hatten, sagten die chinesischen Wissenschaftler: Das brauchen<br />
wir auch. Inzwischen nutzen die Chinesen sogar den deutschen<br />
Begriff Industrie 4.0 – mit „ie“. In China gibt es einen riesigen<br />
Bedarf an dieser Thematik, aber neuerdings höre ich auch Sorgen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Weil das Wirtschaftswachstum an Grenzen<br />
stößt?<br />
Kagermann: China fühlt sich momentan in einer Sandwich-Position.<br />
Die Gehälter sind gestiegen – Billigproduktion wandert in andere<br />
asiatische Länder ab. Das bedroht Chinas Produktion von unten. Von<br />
oben fühlen sich dort viele durch die individualisierten Produktionsmöglichkeiten<br />
von Industrie 4.0 herausgefordert, die andere Volkswirtschaften<br />
– etwa die deutsche – dynamisieren. Nicht wenige chinesische<br />
Fachleute gestehen sich ein, dass die dortige Industrie<br />
eher bei 2.0 steht als bei 4.0. Deshalb würde man gerne von 2 auf 4<br />
springen, was einen enormen Handlungsbedarf bedeutet.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Sie sind nicht nur Acatech-Präsident, sondern<br />
auch einer der drei Vorsitzenden der Nationalen Plattform<br />
Elektromobilität. Diese Plattform – und mit ihr die Bundesregierung<br />
– forderten 2011, dass bis 2020 eine Million Elektroautos in<br />
18 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
KÖPFE DER INNOVATIONSFÖRDERUNG<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
„Nach Möglichkeit nichts allein im<br />
Kämmerlein entwickeln, sondern<br />
immer im Team und am Markt!“<br />
Deutschland zugelassen sind und Deutschland auf internationaler<br />
Ebene zum Leitanbieter wird. Daraus wird nun nichts. Ein<br />
Desaster?<br />
Kagermann: Es war richtig, konkrete Ziele vorzugeben. Sonst wären<br />
wir heute nicht so weit gekommen. Zudem ist das Ziel nicht einkassiert:<br />
Die Regierung Merkel und auch die Nationale Plattform<br />
Elektromobilität stehen dazu. Erfreulicherweise hat die Bundesregierung<br />
Mitte 2016 mit dem Umweltbonus und dem flächenhaften<br />
Ausbau der Lade-Infrastruktur zwei zentrale Initiativen auf den Weg<br />
gebracht, die auf einen starken deutschen Markt für Elektrofahrzeuge<br />
abzielen. Entscheidend wird sein, was 2017 und 2018 bei den Zulassungen<br />
geschieht. Wenn ich anschaue, wie aktiv die Automobilkonzerne<br />
derzeit bei der Fahrzeugentwicklung sind, bin ich zuversichtlich.<br />
Auch kann ich mir sehr gut vorstellen, dass die Nachfrage<br />
nach der Umweltprämie weiter anzieht. Elektroautos sind besonders<br />
für Flottenbetreiber attraktiv. Es braucht jedoch Vorlaufzeit, bevor<br />
sie elektrisch betriebene Dienstwagen beschaffen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: 2016 war das Jahr der entscheidenden<br />
Weichenstellung in Deutschland?<br />
Kagermann: Für mich war es ein sehr wichtiges – auch deshalb,<br />
weil die Konzerne neuerdings darüber reden, wie sich die Elektromobilität<br />
nach 2020 weiterentwickeln soll. Und wir sind bereits erfolgreich.<br />
In wichtigen Märkten wie den USA haben deutsche Automobilhersteller<br />
bei ihren Elektrofahrzeugen einen höheren Marktanteil<br />
als bei Dieselautos und Benzinern. In China haben wir das bisher<br />
nicht geschafft.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Was haben Sie durch das Ehrenamt bei<br />
Acatech dazugelernt?<br />
Kagermann: Ich durfte vor allem viele Menschen treffen, die die<br />
Welt aus unterschiedlichen Blickwinkeln bewegen wollen. Ich habe<br />
ein großes Spektrum an engagierten Leuten mit viel Know-how kennengelernt<br />
– aus verschiedensten Richtungen der Wissenschaft,<br />
aus unterschiedlichsten Wirtschaftsbranchen, aus Gewerkschaften,<br />
Umweltverbänden und vielen anderen Bereichen. Das habe ich so<br />
in meiner Unternehmenszeit nicht erlebt. Ich habe das Amt bei Acatech<br />
auch deshalb angenommen, weil mir die Wettbewerbsfähigkeit<br />
und Zukunft Deutschlands am Herzen liegt. Nach meinem festen<br />
Glauben schaffen wir das nur durch Innovation.<br />
co<br />
www.acatech.de<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 19
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
KÖPFE DER INNOVATIONSFÖRDERUNG<br />
Dr. Oliver Riedel, Leiter des ISW an der Universität Stuttgart und Institutsdirektor des Fraunhofer IAO<br />
„Produktion und Entwicklung lassen<br />
sich nicht mehr voneinander trennen“<br />
Nach mehr als 13 Jahren bei Audi, zuletzt als Leiter der Produktions-IT, hat Dr. Oliver Riedel der Automobilindustrie<br />
den Rücken gekehrt und sich eine neue Aufgabe gesucht. Seit einigen Monaten leitet er<br />
das Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen (ISW) an der<br />
Universität Stuttgart und ist gleichzeitig Institutsdirektor des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft<br />
und Organisation IAO. Im Interview zieht er (Zwischen-)Bilanz.<br />
Interview: Michael Wendenburg, Fachjournalist, Sevilla<br />
Dr. Oliver Riedel, Leiter des ISW<br />
an der Universität Stuttgart<br />
und Institutsdirektor des Fraunhofer<br />
IAO<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Das Thema Digital Manufacturing lässt<br />
Sie also nicht los?<br />
Riedel: Nein, im Gegenteil, jetzt hat es mich richtig am Wickel.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Liegt die Betonung dabei mehr auf der<br />
Forschung oder auf der Lehre?<br />
Bild: Prostep<br />
„Ich glaube, den<br />
PLM-Systemen kommt<br />
eine zentrale Rolle als<br />
strukturierendes<br />
Element zu – voraus -<br />
gesetzt, sie werden von<br />
den Anwendern akzeptiert<br />
und sind offen.“<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Herr Dr. Riedel, weshalb haben Sie Audi<br />
eigentlich verlassen?<br />
Riedel: Mein Weggang hatte stark private Motive. Ich war der Forschung<br />
und Lehre immer eng verbunden, hatte in den letzten Jahren<br />
verschiedene Lehraufträge und habe mich immer um Forschungsthemen<br />
gekümmert. Deshalb konnte ich ein so attraktives<br />
Angebot wie die Professur an der Uni Stuttgart nicht ausschlagen.<br />
Mit der Professur in der Tasche konnte ich dann auch mit dem Fraunhofer<br />
IAO in Verhandlungen treten.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Was macht den Reiz der Doppelrolle aus?<br />
Riedel: Dass die beiden Bereiche Produktion und Entwicklung, über<br />
deren Integration wir seit Jahren reden, jetzt von der Forschungsseite<br />
her in einer Hand liegen. Das ISW ist über 50 Jahre alt und sehr<br />
renommiert in der Steuerungs- und Automatisierungstechnik. Beim<br />
Fraunhofer IAO gibt es das Zentrum für Virtuelles <strong>Engineering</strong> ZVE<br />
mit exzellenten Forscherteams und einer hervorragenden Ausstattung.<br />
Beides wollen wir enger zusammenbringen, weil sich die Themen<br />
nicht mehr trennen lassen. Ein Beispiel: Additive Fertigung ist<br />
eigentlich ein starkes Produktionsthema, aber man wird es nicht optimal<br />
hinbekommen, wenn das <strong>Engineering</strong> nicht mitspielt.<br />
Riedel: Zunächst auf der Lehre. Meine Uniprofessur beinhaltet die<br />
Leitung eines Instituts, an dem wir einen neuen Lehrstuhl geschaffen<br />
haben, der sich um produktionstechnische Informationstechnologie<br />
kümmern wird. Meine erste Aufgabe wird es also sein, Lehrveranstaltungen<br />
über die IT in der Produktion aufzubauen und parallel<br />
dazu Forschungsprojekte zu beantragen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Der deutschen Automobilindustrie wird in<br />
den Medien gelegentlich vorgeworfen, die falschen Prioritäten<br />
zu setzen und Trendthemen wie das Autonome Fahren oder die<br />
Elektromobilität verschlafen zu haben?<br />
Riedel: Ich würde beides trennen. Das Autonome Fahren ist eine<br />
Technologie, die noch primär auf das Auto fokussiert ist und sich gerade<br />
erst Richtung Umwelt erweitert. Hier ist die deutsche Automo-<br />
Zur Person<br />
INFO<br />
Prof. Dr. Oliver Riedel (Jahrgang 1965) leitet seit November 2016<br />
das Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und<br />
Fertigungseinrichtungen (ISW) an der Universität Stuttgart und ist<br />
gleichzeitig Mitglied im Direktorium des Fraunhofer Instituts für<br />
Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO). Vor seiner Berufung war<br />
er bei der Audi AG verantwortlich für die Steuerung der Planungsprozesse<br />
und die Koordination produktionsrelevanter IT. Riedel<br />
studierte Technische Kybernetik an der TU Stuttgart und promovierte<br />
dort an der Fakultät der <strong>Konstruktion</strong>s- und Fertigungstechnik.<br />
Mit den Grundlagen und der praktischen Anwendung von Methoden<br />
zur Virtuellen Absicherung in der Produktentwicklung und<br />
der Produktion beschäftigt er sich über 20 Jahren. Riedel ist verheiratet<br />
und Vater eines erwachsenen Sohnes.<br />
20 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
KÖPFE DER INNOVATIONSFÖRDERUNG<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
bilindustrie extrem weit, aber eben auch sehr konservativ bezüglich<br />
der Sicherheit. Beim Thema Elektromobilität reden wir über ein Gesamtsystem,<br />
in dem das Auto nur noch ein Teil ist. Hier müssen erst<br />
noch grundsätzliche Dinge gelöst werden, beispielsweise wie wir<br />
genügend Ladestrom an den richtigen Orten bereitstellen. Sie können<br />
ja mal ausrechnen, wie viel Strom wir bräuchten, wenn plötzlich<br />
50 Prozent unserer Autos elektrisch fahren würden. Da haben Sie<br />
ruckzuck ein politisches Dilemma, denn so viel Strom können Sie<br />
gar nicht produzieren, ohne alle Kernkraftwerke wieder ans Netz zu<br />
nehmen. Wenn die deutschen Automobilhersteller hier verspätet<br />
reagiert haben, dann weil erst jetzt ungefähr absehbar ist, wie ein<br />
Gesamtsystem für Elektromobilität funktionieren könnte.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Sie haben sich darauf verlassen, dass Andere<br />
die Probleme wie die Ladeinfrastruktur, die Speicherkapazität<br />
etc. lösen?<br />
Riedel: Ich sehe das als ein holistisches System, das nur im Zusammenspiel<br />
mit öffentlicher Ladeinfrastruktur und anderen Mobilitätsangeboten<br />
funktionieren kann. Wir werden lange, sehr lange eine<br />
Mischform aus Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor und elektrischem<br />
Antrieb sehen. Wünschenswert ist natürlich, dass die Hersteller<br />
immer ein, zwei reine Elektrofahrzeuge haben, um Erfahrungen<br />
zu sammeln. Es gibt nämlich noch kein Elektroauto, das einen<br />
kompletten Generationszyklus hinter sich hat.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Ist die Gefahr groß, dass ein branchenfremdes<br />
Unternehmen die traditionellen Hersteller überholt?<br />
Riedel: Die Bedrohung besteht nicht darin, dass irgendein Apple<br />
oder Google anfängt, Autos zu bauen. Eine andere Frage ist, was<br />
passiert, wenn solche Firmen Mobilitätsdienstleistungen anbieten,<br />
die das eigene Auto nicht mehr in den Mittelpunkt stellen, sondern<br />
individuelle und öffentliche Mobilität miteinander verknüpfen. Ein<br />
gutes Beispiel ist Car2Go. In den Städten, in denen die Infrastruktur<br />
da ist, funktioniert das System inzwischen hervorragend. Sogar das<br />
Ladeproblem für die Elektrofahrzeuge hat ein smartes Hirn gelöst,<br />
indem es Freiminuten zum Fahren dafür gibt, dass man ein Auto an<br />
eine Ladestation bringt. Seitdem suchen Studenten in den großen<br />
Städten gezielt nach „leeren“ Elektrofahrzeugen. Sie sehen, dass<br />
ist ein sich selbst kreierendes Gesamtsystem.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Sehen Sie die Automobilhersteller in Entwicklung<br />
und Produktion für die Zukunft gut gerüstet?<br />
Riedel: Technisch gesehen ja, aber es hapert beim Thema Software.<br />
Hier hat man sehr lange versucht, mit den erprobten Fertigungsprozessen<br />
auch die Software zu fabrizieren, und das ist nicht unbedingt<br />
gut gelaufen. Jetzt ist die Frage, wie man diesen Wandel hinbekommt,<br />
dass sich das Auto immer mehr über Software definiert und<br />
man deshalb extrem robuste Software-Entwicklungsprozesse<br />
braucht. Und damit meine ich nicht nur die Software im Auto, sondern<br />
auch die Software, die Sie für die Entwicklung und Produktion<br />
selbst benötigen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Was kann das PLM dazu beitragen, neue<br />
Themen wie etwa das Model Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> in die<br />
Kernprozesse zu integrieren? Brauchen wir eine andere Art von<br />
PLM-Systemen oder vielleicht gar keine mehr?<br />
Riedel: Ich glaube, den PLM-Systemen kommt eine zentrale Rolle<br />
als strukturierendes Element zu – vorausgesetzt, sie werden von<br />
den Anwendern akzeptiert und sind offen, denn man wird niemals<br />
mit einem einzigen System alle Strukturierungsaufgaben erledigen<br />
können. Die Systeme müssen im Zusammenspiel funktionieren,<br />
was sie heute nicht oder nur leidlich tun. Eigentlich müsste man ein<br />
System wie ein Auto mit den Methoden des MBSE sowohl aus<br />
Sicht der Entwicklung, als auch aus Sicht der Produktion modellieren,<br />
das heißt man bräuchte Informationen aus beiden Fraktionen –<br />
aber das scheitert noch oft an den Systemgrenzen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Ihre Forderung nach Offenheit richtet sich<br />
in erster Linie an die PLM-Hersteller?<br />
Riedel: An die großen PLM-Hersteller, denn die kleinen sind seit jeher<br />
offen. Die haben zwar alle den Code of PLM Openness unterschrieben,<br />
aber das muss jetzt mit Leben gefüllt werden. Deshalb<br />
werden wir (vom Prostep iViP Verein, Anm. d. Red.) im nächsten<br />
Schritt Zertifikate einführen und das überprüfbar machen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: In den Diskussionen über die Zukunft von<br />
PLM wird immer wieder betont, dass monolithische Systeme<br />
keine Zukunft haben, sondern dass wir modularere Architekturen<br />
mit intelligent vernetzten Informationen benötigen?<br />
Riedel: Das kann ich nur unterstützen. In meiner früheren Funktion<br />
habe ich schon ein paar Mal darüber nachgedacht, wie es wäre,<br />
wenn sich die Automobilhersteller zusammentäten und einen Open<br />
Source-Standard für PLM definieren, um den monolithischen Systemen<br />
zu entkommen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Neulich las ich einen interessanten Beitrag<br />
über die Schieflage des iPLM-Projekts bei Jaguar Land Rover.<br />
Kann man PLM-Systeme überhaupt noch migrieren?<br />
Riedel: Es steht mir nicht zu, über das Projekt zu urteilen. Aber ich<br />
glaube, es ist ein generelles Problem, dass die PLM-Hersteller vieles<br />
versprechen, was heute noch nicht im Produkt ist, sondern erst<br />
mit dem nächsten oder übernächsten Release kommen soll. Sie haben<br />
eigentlich nie einen Release-Stand, der alles hat, was Sie benötigen.<br />
So ein Migrationsprojekt steht und fällt also damit, wie robust<br />
Ihre interne Organisation ist, um auch Misserfolge zu verkraften.<br />
Und sie brauchen ein sehr stabiles Projektmanagement.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: PLM-Migrationsprojekte macht man aber<br />
nicht jeden Tag macht, so dass es an Erfahrung mangelt?<br />
Riedel: Da gebe ich Ihnen Recht, es gibt inzwischen einige gute<br />
PLM-Einführungsprojekte, aber verdammt wenige erfolgreich abgeschlossene<br />
Migrationsprojekte. Jedenfalls nicht bei Großunternehmen.<br />
Und es gibt auf dem freien Markt viel zu wenige Ressourcen,<br />
die Sie einkaufen können, um so etwas zu machen. Wenn Sie richtig<br />
Geld verdienen wollen, machen Sie eine PLM-Beratung auf.<br />
Details zum Code of PLM Openness (CPO)<br />
des Prostep iViP Vereins:<br />
www.prostep.org/de/cpo<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 21
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
AUS DER FACHGRUPPE SE<br />
Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> – auch für KMU<br />
Intensiver Austausch dreier Unternehmen<br />
Ein durchgängiges virtuelles Systemmodell, von den Anforderungen bis zu den Entwicklungsergebnissen<br />
der Fachdisziplinen – das ist die Krönung einer erfolgreichen Einführung von MBSE. Aber vorher<br />
gibt es viel zu tun: Harting Applied Technologies, Elha Maschinenbau Liemke und Friedrich Remmert<br />
entwickeln, bauen und installieren kundenspezifische Anlagen. Im Spitzencluster it’s OWL tauschen<br />
sie sich über SE und für den Mittelstand geeignete MBSE-Werkzeuge aus. Das Fraunhofer IEM als<br />
Forschungspartner moderiert diesen Austausch.<br />
Kirsten Harting, Kommunikation Produktentstehung, Fraunhofer IEM<br />
hier leicht nachvollziehbar und kann für alle Beteiligten verständlich<br />
propagiert werden. Kostenintensive Verzögerungen im Projekt<br />
werden so verhindert.<br />
Diskutieren über MBSE-Werkzeuge im Mittelstand (v.l.): Dr. Christian<br />
Tschirner vom Fraunhofer IEM, Volker Huckriede von Harting Applied<br />
Technologies, Meinolf Tepper von Elha Maschinenbau Liemke und<br />
Dr. Thomas Peitz von Friedrich Remmert<br />
Spezialisierte, kundenspezifische Lösungen mit möglichst<br />
kurzen Lieferzeiten unter Wiederverwendung etablierter<br />
Komponenten: Ähnliche Herausforderungen in der Produktentwicklung<br />
der drei Maschinenbauer Harting Applied Technologies, Elha<br />
Maschinenbau Liemke und Friedrich Remmert führen zu den<br />
gleichen Motiven, den Ansatz des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> voranzutreiben:<br />
Methoden des Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE)<br />
ermöglichen eine schnelle disziplinübergreifende <strong>Systems</strong>pezifika -<br />
tion sowie einen durchgängigen Entwicklungsprozess, der Anforderungen,<br />
Funktionen und Lösungselemente verknüpft und damit auch<br />
ein effizientes Änderungsmanagement ermöglicht. In Projekten mit<br />
dem Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik IEM arbeiten<br />
die drei Unternehmen gemeinsam an Methoden und Heran -<br />
gehensweisen für ihre Entwicklungsprojekte und -prozesse mit<br />
besonderem Fokus auf das mittelständische Umfeld. Mit einem<br />
entsprechenden Softwaretool könnten die Modelle noch besser ausgearbeitet<br />
und analysiert werden.<br />
Die Potenziale der Werkzeuge sind bekannt: Entwickler erschaffen<br />
ein virtuelles Abbild ihres <strong>Systems</strong>, das durch Funktions- und Wirkstrukturen<br />
mit ihren etablierten CAD-Modellen verknüpft ist. Alle<br />
erarbeiteten Anforderungen sind digital hinterlegt und für alle Beteiligten<br />
über den gesamten Entwicklungsprozess verfügbar. Verändern<br />
sich Entwicklungsbedingungen oder Anforderungen, wird dies<br />
Bild: Fraunhofer IEM<br />
MBSE-Tools: Herausforderung im Mittelstand<br />
Im Maschinen- und Anlagenbau etablieren sich die Ansätze <strong>Systems</strong><br />
<strong>Engineering</strong> und MBSE, sowie die entsprechenden Software-Werkzeuge<br />
nur langsam. „Erst seit etwa 2013 erkennt die Branche die<br />
Möglichkeiten, die MBSE mit sich bringt. Erste Entwicklungs -<br />
projekte werden umgesetzt. Diese Entwicklung erkennen wir auch<br />
an der gestiegenen Beteiligung des Maschinen- und Anlagenbaus<br />
bei Fachveranstaltungen wie dem Tag des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
(TdSE)“, so Dr. Christian Tschirner, Abteilungsleiter Digital <strong>Engineering</strong><br />
& Collaboration am Fraunhofer IEM.<br />
Jedes Software-Werkzeug kann dabei aber nur so gut sein, wie der<br />
methodische und konzeptionelle Ansatz, der ihm zugrunde liegt.<br />
Besonders im mittelständischen Maschinen- und Anlagenbau sind<br />
die Anforderungen an die Werkzeuge je nach Unternehmenssitua -<br />
tion und Entwicklungszielen unterschiedlich und müssen in methodischer<br />
Vorarbeit identifiziert werden. „‚Mal eben‘ ein Modell erzeugen<br />
ist häufig nicht möglich,“ sagt Meinolf Tepper, Elha Maschinenbau<br />
Liemke. „Die Bedienung vieler Tools ist sehr komplex. In vielen<br />
KMU sind keine Ressourcen vorhanden, um mehrere Experten in<br />
Vollzeit mit den Werkzeugen arbeiten zu lassen. So muss eine große<br />
Zahl an Mitarbeitern in der Lage sein, die Werkzeuge auch ohne<br />
große Erfahrung zu bedienen.“<br />
Welches Werkzeug passt zu wem?<br />
In Workshops mit den drei ostwestfälischen Unternehmen testeten<br />
die Wissenschaftler des Fraunhofer IEM verschiedene Software-<br />
Werkzeuge auf ihre Leistungsfähigkeit und Anwendbarkeit. Die<br />
besondere Eignung eines Tools für die Anwendung im Mittelstand<br />
lässt sich an einer Reihe von Faktoren festmachen: Das Werkzeug<br />
sollte eine möglichst intuitive Bedienung und ein schnelles Einarbeiten<br />
und Verstehen auch ohne detaillierte Fachkenntnisse ermöglichen.<br />
„Entwicklerteams im Mittelstand setzen sich zu einem großen<br />
Teil aus Generalisten zusammen“, erläutert Meinolf Tepper. „Alle<br />
Beteiligten sollten das Tool bedienen und Änderungen pflegen können.“<br />
Ein weiterer Faktor ist der Funktionsumfang des jeweiligen<br />
Tools: Neben den Basics – wie beispielsweise die Erstellung einer<br />
Architektur oder das Sicherstellen von Traceability – kommt es mehr<br />
denn je darauf an, dass das Werkzeug auch eine einfache Zusammenarbeit<br />
mit Partnern an den Modellen ermöglicht. „Die Funktionalität<br />
des Werkzeugs ist wichtig. Es muss nicht alles ermöglichen,<br />
22 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
Henning Kagermann<br />
im Interview – Seite 16<br />
Steuerungsplattform<br />
von morgen – Seite 54<br />
Aachener WZL greift nach<br />
der Cloud – Seite 62<br />
Maximilian Brandl, Vorsitzender der Geschäftsführung K|E|M von Eplan und Cideon – Seite 34<br />
AUS DER FACHGRUPPE SE<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
Block- und Zustandsdiagramme<br />
zur<br />
Systemmodellierung<br />
in iQuavis mit der<br />
Methode Consens<br />
Bild: Fraunhofer IEM<br />
sondern für den Mittelstand einen soliden Funktionsumfang aufweisen<br />
– der im Zweifel auf einfache Art und Weise auch selbst angepasst<br />
werden kann“, sagt Dr. Thomas Peitz, Technischer Leiter von<br />
Friedrich Remmert.<br />
Als besonders wichtig empfanden die Partner die Möglichkeit, Werkzeuge<br />
zu individualisieren: Die Anwender sollten etwa die Strukturen<br />
des Werkzeugs oder das User Interface ändern und ihr Werkzeug so<br />
auf ihr eigenes Projekt oder den eigenen Aufgabenbereich zuschneiden<br />
können. Zudem ist es hilfreich, wenn das Software-Werkzeug<br />
direkt eine für KMU geeignete Modellierungsmethode unterstützt –<br />
etwa Consens. Verschiedene MBSE-Werkzeuge, davon eine Reihe<br />
von SysML-Editoren, standen zur Auswahl. Der Funktionsumfang ist<br />
oft sehr umfangreich, viele Werkzeuge sind allerdings nur unter größerem<br />
Aufwand und nur bedingt anpassbar. Das aus dem Projektund<br />
Qualitätsmanagement kommende MBSE-Werkzeug iQuavis<br />
weist einen vergleichsweise hohen Funktionsumfang bei leicht<br />
umsetzbaren Anpassungsmöglichkeiten auf. „Vor dem Hintergrund,<br />
dass iQuavis aus dem Qualitäts- und Projektmanagement stammt –<br />
und nicht aus der Software-Entwicklung – haben wir uns für ein<br />
Pilotprojekt mit iQuavis entschieden. Hier wollen wir überprüfen,<br />
wie wir das Thema MBSE und unser agiles Projektmanagement mit<br />
diesem Werkzeug unterstützen können“, sagt Volker Huckriede, Technischer<br />
Leiter Sondermaschinenbau, Harting Applied Technologies.<br />
Fachgruppe SE trifft sich zum Thema Tools<br />
Harting Applied Technologies, Elha Maschinenbau Liemke, Friedrich<br />
Remmert und das Fraunhofer IEM arbeiten im Rahmen von zwei<br />
Netzwerken der Region Ostwestfalen-Lippe zusammen: Der<br />
Spitzencluster it’s OWL und OWL ViProSim. Die Erkenntnisse zum<br />
Einsatz von MBSE-Werkzeugen im Mittelstand kommen auch in<br />
weiteren Projekten der Technologienetzwerke zum Einsatz. So stellt<br />
Meinolf Tepper von Elha Maschinenbau Liemke seine Erfahrungen<br />
beim nächsten Treffen der Fachgruppe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> am<br />
18. Mai 2017 am Fraunhofer IEM in Paderborn vor. Einen zweiten<br />
Anwendervortrag hält Dr.-Ing. Christian von Holst, John Deere. In<br />
einer Tool-Arena können Teilnehmer außerdem verschiedene Software-Werkzeuge<br />
kennenlernen und diskutieren. Anmeldungen zur<br />
Fachgruppe sind möglich auf:<br />
www.its-owl.de<br />
Zu dieser Rubrik<br />
INFO<br />
Die zunehmende Komplexität von Maschinen und Anlagen stellt Unternehmen<br />
vor große Herausforderungen. Für die Produktentwicklung<br />
werden ein ganzheitliches Systemverständnis und die Betrachtung<br />
des gesamten Lebenszyklus erforderlich. Im Rahmen des Spitzenclusters<br />
it‘s OWL – Intelligente Technische Systeme OstWestfalenLippe – wurde<br />
2014 die Fachgruppe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> gegründet. Ziel<br />
ist es, disziplinübergreifende Methoden für die Entwicklung von intelligenten<br />
Maschinen und Anlagen in die Praxis zu bringen. Partner sind<br />
• das Fraunhofer IEM,<br />
• Dassault Systèmes,<br />
• die Netzwerke OWL Maschinenbau,<br />
• OWL ViProSim,<br />
• Digital in NRW – Das Kompetenzzentrum für den Mittelstand sowie<br />
• die Gesellschaft für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE).<br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> ist ein wichtiges Forschungsgebiet im Technologie-<br />
Netzwerk it‘s OWL. Entwurfstechniken unterschiedlicher Disziplinen<br />
werden zu einer übergreifenden Entwurfssystematik zusammengeführt,<br />
die in Modellierungs- und Simulationsmethoden verfügbar gemacht<br />
wird. Dadurch können Unternehmen die Effektivität und Effizienz ihrer<br />
Produktentwicklung steigern. Entwicklungszeiten werden verkürzt,<br />
Abstimmungsbedarfe und nachträgliche Änderungen entfallen und die<br />
Produktqualität steigt.<br />
Hinweis: Veröffentlichungen der Fach -<br />
gruppe SE in der <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong><br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> finden Sie<br />
auch auf der Website der Fachgruppe SE.<br />
Zusätzlich besteht für Teilnehmer die<br />
Möglichkeit, ein Printabonnement zum<br />
ermäßigten Preis zu beziehen. Termine<br />
und Infos zu Veranstaltungen finden<br />
Sie unter:<br />
www.its-owl.de<br />
Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Kooperation<br />
ist sehr wichtig<br />
Das<br />
<strong>Engineering</strong><br />
Magazin<br />
01 2017<br />
www.kem.de<br />
Titelstory Seite 26<br />
Zukunft der Entwicklung<br />
Programmieren<br />
für das IoT<br />
ist modellbasiert<br />
Internet of<br />
Production<br />
Im Gespräch | „Schneller kommunizieren per Syngineer“<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 23
Bild: GfSE<br />
Bereits im Mai 1998 fand im FIZ die<br />
erste Veranstaltung der GfSE mit<br />
internationaler Beteiligung statt<br />
EMEA-Workshop, Jahreskonferenz und Geburtstag<br />
20 Jahre internationale Vernetzung<br />
Internationale Gäste bringen verschiedene Sichten und neuste Erkenntnisse zur Jubiläumsfeier der<br />
Gesellschaft für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> in die Veranstaltungen ein. Mit dem Treffen der internationalen<br />
Arbeitsgruppen zum EMEA-Workshop und der Jahreskonferenz bieten sich Austausch und Vernetzung<br />
zu den aktuellen Themen der Digitalisierung und Vernetzung an.<br />
Sven-Olaf Schulze, Vorsitzender, GfSE<br />
Die GfSE e.V. als deutsches Chapter des International Council on<br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (INCOSE) ist seit 1997 die größte<br />
deutschsprachige Interessensvertretung rund um das Thema <strong>Systems</strong><br />
<strong>Engineering</strong>. Mit der Gründung durch engagierte Forscher der<br />
TU München und Industrievertreter aus der Luft- und Raumfahrt, der<br />
Automobilindustrie und Telekommunikation bei BMW in München<br />
startete die GfSE e.V. die internationale Vernetzung zum Thema <strong>Systems</strong><br />
<strong>Engineering</strong> und gab damit auch den Startschuss, das Thema<br />
im deutschsprachigen Raum zu verankern. Neben der steigenden Anzahl<br />
aus persönlichen Mitgliedern, die die gesamte Bandbreite der erfolgreichen<br />
Industrie vertreten, sind in den letzten Jahren insgesamt<br />
60 korporative Mitglieder der GfSE beigetreten. Sie bringen damit<br />
zum Ausdruck, dass <strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong> (SE) effektiv nutzbare Lösungen<br />
im Zeit alter der Vernetzung und Digitalisierung bietet. Angefangen<br />
vom klassischen <strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Einsatz und der Steigerung<br />
der Vernetzung und verteiltem Arbeiten sind aktuell die Themen<br />
Smart Home, Internet der Dinge und Industrie 4.0 nicht mehr<br />
ohne die Ansätze des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s denkbar.<br />
Diese Inhalte prägen in diesem Jahr die Aktivitäten der GfSE e.V., die<br />
sich zum Ziel gesetzt hat, das Thema <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> mit einem<br />
einheitlichen Ansatz zu etablieren und die Forschung und Industrie als<br />
gemeinnütziger Verein zu unterstützen und weiter zu entwickeln.<br />
Dies hat sich im Februar schon in der ersten Veranstaltung gezeigt.<br />
Das erste europäische Finale des RobSE-Challenge wurde zwischen<br />
den Hochschulen aus Nancy in Frankreich und der Hochschule München<br />
in Pforzheim ausgetragen. In diesem Wettkampf treten die mit<br />
den Mitteln des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s entwickelten Roboter und<br />
Teams in einem Wettkampf an. Neben der Dokumentation, der Fähigkeit<br />
zur Zusammenfassung der Ergebnisse, findet auch ein Wett-<br />
kampf der gebauten Systeme statt. Die Roboter müssen sowohl autonom<br />
als auch in der Interaktion Mensch-Maschine in mehreren<br />
Durchgängen durch einen Parcours mit verschiebenden Aufgaben gesteuert<br />
werden. Das deutsche Team mit dem Roboter Erna hat in diesem<br />
Jahr eindeutig die praktischen Aufgaben im Parcours am besten<br />
gemeistert und sich hier gegen das französische Team durchsetzen<br />
können. Die Ausschreibungen für den nationalen Entscheid für 2017<br />
beginnen im Juli.<br />
Arbeitsgruppen und 20 Jahre Know-how-Transfer<br />
Am 9. und 10. März 2017 findet der nationale GfSE-Workshop in Hannover<br />
mit vielen Themen und Projekten aus dem modellbasierten SE<br />
und dem Product Line <strong>Engineering</strong> statt. Die Themen kommen aus<br />
den Arbeitsgruppen und beschäftigen sich mit <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
für sicherheitskritische Systeme, Product Line <strong>Engineering</strong> (PLE),<br />
Mehrwertanalyse und PLM für ein disziplinübergreifendes Variantenund<br />
Konfigurationsmanagement im MBSE. Neben dem MBSE wird<br />
auch das PLE immer wichtiger, da hier die Variantenvielfalt und die Architektur<br />
von „Entwicklungsproduktlinien“ systematisiert werden.<br />
Ziel ist es, auf dem Workshop unter anderem den Mehrwert und die<br />
Voraussetzungen für Firmen aufzuzeigen. Auf Basis dieser nationalen<br />
Aktivitäten wird es am 19. und 20. September 2017 in Mannheim den<br />
2. INCOSE European Middle East and Africa (EMEA) Workshop geben.<br />
Das Programm wird bis März final entschieden und unter dem<br />
Begriff INCOSE EMEA Workshop veröffentlicht. Auf dem internatio-<br />
24 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
Henning Kagermann<br />
im Interview – Seite 16<br />
Steuerungsplattform<br />
von morgen – Seite 54<br />
Aachener WZL greift nach<br />
der Cloud – Seite 62<br />
Maximilian Brandl, Vorsitzender der Geschäftsführung K|E|M <strong>Konstruktion</strong> von Sonderausgabe Eplan und <strong>Systems</strong> Cideon <strong>Engineering</strong> – Seite 01 2017 34 1<br />
AUS DER<br />
MENSCHEN & UNTERNEHMEN<br />
Bild: GfSE<br />
Bild: GfSE<br />
Arbeitsgruppen auf dem nationalen GfSE-<br />
Workshop 2016<br />
2015 wurde bereits das 25jährige Bestehen des INCOSE (International Council on <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>)<br />
anlässlich des Internationalen Symposiums gefeiert<br />
nalen Workshop im Januar in Los Angeles wurden dazu bereits die<br />
Themen aus den internationalen Arbeitsgruppen vorgestellt. Arbeitsgruppen<br />
aus Automotive, Healthcare, Infrastructure & Transport, Oil &<br />
Energy, Human Factors, System of <strong>Systems</strong>, Architecture, PLE,<br />
MBSE, SE for services, System Thinking, Training und Competency<br />
haben sich beworben und werden sich mit den Themen Digitalisierung<br />
und Vernetzung beschäftigen. Am Abend des ersten Tages wird<br />
es übrigens eine Feier mit den internationalen Gästen geben.<br />
Engagement und Jahresabschluss<br />
Neben diesen Veranstaltungen hat die GfSE Vertreter in den Arbeitsgruppen<br />
in der OMG, hier mit dem Fokus auf MBSE und SysML 2.0,<br />
mit denen INCOSE eine Kooperation hat. Neben diesen Vertretungen<br />
für die Industrie engagiert sich die GfSE auch in der internationalen<br />
<strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Normung rund um die ISO 15288 und ISO<br />
29110. Diese Ergebnisse fließen in Produkte ein und werden auf der<br />
Jahreskonferenz der GfSE, dem TdSE2017 (www.tdse.org) vorgestellt,<br />
der von 8. bis 10. November 2017 in Paderborn stattfindet und<br />
Erfahrungen aus Industrie, Lehre und Forschung kombiniert. In diesem<br />
Jahr findet der TdSE2017 im Heinz-Nixdorf-Forum mit der Nähe<br />
zum neu gegründeten Fraunhofer-Institut für Entwurfstechnik Mechatronik<br />
IEM statt, welches sich im Spitzencluster it’s OWL entwickelt<br />
hat und mit den Themen intelligente Mechatronik im Kontext von Industrie<br />
4.0 fachübergreifend beschäftigt; zudem ist das Fraunhofer<br />
IEM korporatives Mitglied der GfSE. In 2016 fand der TdSE übrigens<br />
bei Schaeffler in Herzogenaurach statt und verzeichnete einen neuen<br />
Teilnehmerrekord. Ein Zuwachs von mehr als 25 % zeigt das Interesse<br />
an <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> mit der Kombination MBSE und PLE.<br />
2017 wird es am ersten Tag wieder Tutorials als Seminare geben, die<br />
sowohl von erfahrenen Experten als auch den Toolherstellern angeboten<br />
werden. Auf den Konferenztagen werden Beiträge aus Industrie<br />
und Forschung präsentiert, die die Teilnehmer immer zu sehr intensiven<br />
Diskussionen anregen. So werden in diesem Jahr Inhalte aus den<br />
Bereichen modellbasierte Systementwicklung und Simulation, agile<br />
Systementwicklungsmethoden, <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> im Mittelstand<br />
inklusive Organisationsentwicklungen, <strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Tools<br />
und ihrer Umgebung oder auch PLM/MBE/MBSE-Integration erwartet.<br />
Fester Bestandteil des TdSE ist das Tool-Vendor-Project (TVP),<br />
welches sich unter Ausstellern und Teilnehmern großer Beliebtheit erfreut.<br />
Mit dem TVP können alle Teilnehmer – Anfänger oder Experten<br />
– einen Einblick in die neuesten Möglichkeiten und Innovationen bekommen<br />
und die Ausrichtungen der einzelnen Anbieter besser verstehen.<br />
Ziel ist es, anhand eines definierten Beispiels Ansatz,<br />
Schwerpunkte und Lösungen – und damit das Verständnis von SE –<br />
vorzustellen, um eine Diskussionen mit den Teilnehmern zu ermöglichen.<br />
Das Programm wird im Juni 2017 auf der Konferenzhomepage<br />
freigegeben. Weiterhin unterstützt das World Cafe den Ideen- und Erfahrungsaustausch<br />
zwischen einzelnen Teilnehmern, die auf Grund ihres<br />
Hintergrundes und Industrie unterschiedliche Erfolge und Best<br />
Practices mitbringen. Den Transfer und die Hinterfragung der Anwendbarkeit<br />
auf die eigene Branche und Firma sollen so gefördert<br />
werden. Mit der Anmeldung kann man sich zu den kostenlosen Seminaren<br />
anmelden; einen Einblick gibt zudem das Video, das auf der<br />
Konferenz-Homepage zur Verfügung steht.<br />
www.gfse.de<br />
Zu dieser Rubrik<br />
Die Gesellschaft für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (GfSE) e.V. als deutsches<br />
Chapter des International Council on <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (INCOSE) ist<br />
seit 1997 die größte deutschsprachige Interessensvertretung rund um<br />
das Thema <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>. In der Rubrik ‚Aus der GfSE‘ berichten<br />
wir regelmäßig über aktuelle Aktivitäten<br />
und Initiativen. Mitglieder der GfSE erhalten<br />
die <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong><br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> digital im Rahmen<br />
ihrer Mitgliedschaft über den Newsletter<br />
der GfSE. Zusätzlich besteht die Möglichkeit,<br />
ein Printabonnement zum ermäßigten Mitgliederpreis<br />
zu beziehen. Angaben zu Verfahren<br />
und Gutscheincode finden sich ebenfalls im<br />
Newsletter der GfSE.<br />
www.gfse.de<br />
Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
Kooperation<br />
ist sehr wichtig<br />
INFO<br />
Das<br />
<strong>Engineering</strong><br />
Magazin<br />
01 2017<br />
www.kem.de<br />
Titelstory Seite 26<br />
Zukunft der Entwicklung<br />
Programmieren<br />
für das IoT<br />
ist modellbasiert<br />
Internet of<br />
Production<br />
Im Gespräch | „Schneller kommunizieren per Syngineer“<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 25
METHODEN<br />
TITELSTORY<br />
Ergebnisse des BMBF-Verbundprojekts mecPro 2<br />
Zukunft der Entwicklung<br />
ist modellbasiert<br />
Die Entwicklung cybertronischer Systeme, die über das Internet der Dinge<br />
miteinander kommunizieren, erfordert neue Werkzeuge, Methoden und<br />
Prozesse. Welchen Beitrag Model-Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> (MBSE)<br />
dazu leisten kann und wie es sich am besten in PLM-Systeme und -Prozesse<br />
integrieren lässt, untersuchte das vom BMBF geförderte Verbundprojekt<br />
mecPro 2 . Im Anschluss an den Tag des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s in Herzogenaurach<br />
präsentierten die Projektteilnehmer ihre Ergebnisse.<br />
Michael Wendenburg, Fachjournalist, Sevilla<br />
26 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
TITELSTORY<br />
METHODEN<br />
Die Ergebnisse aus drei Jahren Forschungsarbeit können sich im<br />
wahrsten Sinne des Wortes sehen lassen: Das Konsortium aus<br />
12 Forschungsinstituten, Industrieunternehmen, Software- und Beratungshäusern<br />
hat nämlich nicht nur mehrere GByte an Dokumenten<br />
und Modellen und fast 1000 Wiki-Seiten produziert, wie Konsortialführer<br />
Dr. Walter Koch, Leiter Forschungs- und Entwicklungsprozesse<br />
bei der Schaeffler-Gruppe, eingangs erwähnte. Das Besondere<br />
sind die beiden Demonstratoren, die am Beispiel einer cybertronischen<br />
Schranke für das autonome Parken und einer Montagelinie für<br />
Zylinderköpfe veranschaulichen, wie sich die modellbasierte Entwicklung<br />
in den PLM-Kontext integrieren lässt. „Wir haben es gewagt,<br />
modellbasierte Entwicklung mit Änderungswesen und Konfigurationsmanagement<br />
zu verbinden“, sagte Prof. Martin Eigner von<br />
der TU Kaiserslautern, Initiator des Projekts, nicht ohne Stolz.<br />
Mit einem Projektvolumen von 4,36 Millionen Euro und einer BMBF-<br />
Fördersumme von 2,5 Millionen Euro war mecPro 2 ein großes Verbundprojekt<br />
im Rahmen einer noch größeren Fördermaßnahme, die<br />
sich vor allem mit Industrie 4.0 und der intelligenten Vernetzung in<br />
der Produktion beschäftigte. Betreut wurde sie vom Projektträger<br />
Karlsruhe (PTKA), dessen Vertretern Koch und Eigner für ihre Unterstützung<br />
dankten. Der Projektantrag wurde aber erst im zweiten Anlauf<br />
genehmigt, weil mecPro 2 im Kontext von Industrie 4.0 eine Sonderstellung<br />
einnimmt. Das Projekt beschäftigt sich nicht nur mit der<br />
Produktion, sondern auch mit der modellbasierten Entwicklung von<br />
cybertronischen Produkten und Produktionssystemen. Inzwischen<br />
habe man erkannt, dass es ohne intelligente Produkte auch keine intelligente<br />
Produktion geben könne, unterstrich Eigner.<br />
Die Entwicklung cybertronischer Systeme zeichnet sich dadurch aus,<br />
dass eine Vielzahl von Disziplinen daran mitwirken, die nicht dieselbe<br />
(Fach-)Sprache sprechen und unterschiedliche IT-Systeme einsetzen.<br />
Wesentliche Zielsetzung von mecPro 2 war es, die Disziplinen näher<br />
zusammenzubringen. Als gemeinsamer Nenner dient dazu die <strong>Systems</strong><br />
Modeling Language SysML und ein abgestimmter Entwicklungsprozess.<br />
Erstmals wurde dabei versucht, die Gräben zwischen<br />
Produktentwicklung und Produktion durch ein gemeinsames Systemmodell<br />
zu überbrücken und Produkt und Produktionssystem als<br />
eine logische Einheit zu betrachten und parallel zu entwickeln.<br />
Demonstratoren mit Vorbildfunktion<br />
Wie das in der Praxis aussehen könnte, veranschaulicht der zweite,<br />
vom Konsortium entwickelte Demonstrator, den Armin Haße von<br />
Siemens PLM Software den etwa 150 Besuchern der Ergebniskonferenz<br />
vorstellte. Ein Highlight der Lösung ist die Möglichkeit, die<br />
Montage der Zylinder auf Basis der in Teamcenter modellierten<br />
SysML-Modelle schon in der frühen Planungsphase in Plant Simulation<br />
zu simulieren, um eine optimale Auslegung des Produktionssystems<br />
und eine produktionsgerechte Produktgestaltung zu gewährleisten.<br />
Die simulationsbasierte Planung erhöhe den Reifegrad der<br />
Fertigungslinie bei Produktionsstart und trage dadurch zu einem reibungslosen<br />
Produktionsanlauf bei, sagte Haße.<br />
Bild: Schaeffler/Konradin Mediengruppe<br />
Mit dem FAG VarioSense-Lager will Schaeffler den Einstieg in<br />
die Digitalisierung einfach machen – über eine Kombination<br />
aus Standard-Wälzlager und Sensorcluster. Damit stehen in<br />
einer kompakten Einheit gleich mehrere Sensorsignale für die<br />
Maschinen- und Prozessüberwachung zur Verfügung. Wie<br />
sich generell disziplinübergreifend Produkte entwickeln lassen,<br />
war Thema des BMBF-Verbundprojekts mecPro 2<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 27
METHODEN<br />
TITELSTORY<br />
Das Akronym mecPro² steht für „Modellbasierter<br />
Entwicklungsprozess cybertronischer Produkte<br />
und Produktionssysteme“ und damit für die Verbindung<br />
zweier sehr unterschiedlicher und oftmals<br />
getrennter Entwicklungsbereiche. Beteiligt<br />
an dem Verbundprojekt war ein Konsortium aus<br />
industriellen und universitären Partnern<br />
Bild: mecPro 2<br />
Bild: Schaeffler<br />
Armin Hasse von Siemens PLM Software<br />
stellt den Demonstrator auf Basis von Siemens<br />
Teamcenter vor<br />
Schwerpunkt des ersten entwickelten Demonstrators war die Integration<br />
von SysML-Modellen in das PLM-System CIM Database von<br />
Contact Software und die Adaption vertrauter PDM-Funktionen wie<br />
Versionsverwaltung, Freigabe- und Änderungsmanagement oder<br />
Konfigurationsmanagement auf die Modell-Artefakte. „Wir haben<br />
den Nachweis erbracht, dass die Artefakte aus SysML grundsätzlich<br />
in PLM abgebildet und verwaltet werden können“, betonte Dr. Patrick<br />
Müller von Contact Software bei der Vorstellung des Demonstrators.<br />
Bahnbrechend neu sei die Möglichkeit, semantische Netze,<br />
wie sie für die Verwaltung der Modellbeziehungen erforderlich sind,<br />
mit den klassischen Stücklistenstrukturen zu verknüpfen, um sie<br />
dann für das Daten- und Prozessmanagement im PLM wirksam werden<br />
zu lassen. So ergeben sich neben dem Nutzen im SysML-Modellmanagement<br />
große Effizienzpotenziale im Änderungswesen,<br />
Projektmanagement und der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit,<br />
wie Müller weiter ausführte.<br />
Die PLM-Integration der modellbasierten Entwicklung ist vielleicht<br />
nicht das wichtigste Ergebnis von mecPro 2 . Sie war für das Projekt<br />
und die 71 Mitstreiter in den verschiedenen Arbeitsgruppen aber insofern<br />
von großer Bedeutung, als sie ihnen deutlich machte, dass ihre<br />
Ideen funktionierten. Außerdem haben die beiden Demonstratoren<br />
Vorbildfunktion für die Weiterentwicklung der PLM-Systeme in<br />
Richtung <strong>Systems</strong> Lifecycle Management. Hier gibt es laut Koch<br />
noch viel zu tun, und Eigner ergänzt: „Die Zukunft von PLM ist föderativ.<br />
Die Informationen liegen nicht mehr in einem monolithischen<br />
PLM-System, sondern verteilen sich über autonome Systeme und<br />
werden intelligent verlinkt.“<br />
Wegweisende Beschreibungssystematik<br />
Eines der Handlungsfelder, in das die Arbeitsgruppen sehr viel Zeit<br />
investierten, war die Spezifikation eines klar strukturierten Referenzprozesses<br />
für die Entwicklung cybertronischer Produkte und Produktionssysteme.<br />
Dazu wurden zunächst die bestehenden Prozesse für<br />
die Mechatronik-Entwicklung bei verschiedenen Automobilherstellern<br />
und -zulieferern erfasst und vereinheitlicht. Dann ergänzte man<br />
diesen konsolidierten Prozess um zusätzliche Module und Aktivitäten.<br />
Ein neues Modul für den Kernprozess der Entwicklung cybertronischer<br />
Produkte ist etwa der Digitale Zwilling; für die Planung der<br />
Produktionssysteme gibt es unter anderem neue Module für die Planung<br />
der Steuerungslogik oder der Zustandserfassung. Insgesamt<br />
setzt sich der Referenzprozess aus 55 Modulen mit mehr als 200 Aktivitäten<br />
zusammen, die über standardisierte Schnittstellen Informationen<br />
mit anderen Modulen/Aktivitäten austauschen. Ein wichtiges<br />
Projektergebnis ist laut Eigner die Definition einer Beschreibungssystematik<br />
für die Modellierung cybertronischer Produkte und Produktionssysteme<br />
in SysML, die das oben beschriebene Prozessrahmenwerk<br />
ergänzt. Es handelt sich um eine Art Verfahrensanweisung,<br />
welche SysML-Elemente wie verwendet und in welcher Reihenfolge<br />
sie erzeugt werden sollen. Damit können sowohl die Produkte als<br />
auch die dazu gehörige Fertigungslinie beschrieben werden, so dass<br />
die Informationen zwischen Produkt- und Produktionssystementwicklung<br />
sehr einfach ausgetauscht werden können. Das ist in dieser<br />
Form einzigartig, weshalb die neue Beschreibungssystematik in<br />
die entsprechenden Normungsgremien eingebracht werden soll.<br />
A propos Normung: Aktuelle Standards decken weder die Bedarfe<br />
der Interoperabilität zwischen SysML-Autorenwerkzeugen ab, noch<br />
berücksichtigen sie die Spezifika von PLM-Anwendungsfällen wie in<br />
mecPro 2 untersucht. Deshalb wurden bei der Entwicklung der beiden<br />
Demonstratoren unterschiedliche Wege bestritten. Contact Soft-<br />
28 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
TITELSTORY<br />
METHODEN<br />
Modellbasiertes <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> mit CIM<br />
Database PLM: Hierarchische Sicht auf die Par -<br />
tialmodelle (SysML, Stückliste, Anforderungen,<br />
etc.), vernetzte Informationen im Semantic Link<br />
Graph, CAD-Modell eines Teilsystems und die<br />
Sicht auf das gesamte Systemmodell (unten)<br />
Bild: Contact Software<br />
Dr. Patrick Müller von Contact Software stellte<br />
den Demonstrator auf Basis von CIM Database vor<br />
Bil<br />
d:<br />
Sh Sch chaef<br />
fle<br />
r<br />
ware entwickelte zusammen mit :em engineering methods eine<br />
Schnittstelle zwischen CIM Database PLM und dem Cameo <strong>Systems</strong><br />
Modeler, während Siemens die Artefakte aus Cameo über das<br />
Visio-Plug-in in Teamcenter integrierte. „Wir wollen einen Datenaustausch-Standard<br />
schaffen, um beispielsweise eine SysML-Architektur<br />
schneiden und in Teilen an verschiedene Zulieferer übergeben zu<br />
können“, sagte Eigner im Gespräch mit Pressevertretern.<br />
Das Konsortium<br />
INFO<br />
MBSE bedeutet einen Kulturwandel<br />
Die modellbasierte Entwicklung erfordert nicht nur neue Werkzeuge<br />
und Standards, sondern auch ein anderes Denken und organisatorische<br />
Veränderungen in den Unternehmen, wie Tim Weilkins, Co-Autor<br />
der SysML-Spezifikation, in seiner Keynote sagte. Deshalb sei<br />
MBSE nicht in einem Schritt erreichbar. Wichtig sind aber auch die<br />
Menschen. Die Frage, wie man die Mitarbeiter auf den langen<br />
Marsch zur modellbasierten Entwicklung mitnehmen kann, ist Gegenstand<br />
weiterer Forschungsprojekte . Die Unternehmen könnten<br />
nicht darauf warten, bis die ersten Generationen junger Generalisten<br />
mit breitem System-Know-how von den Hochschulen auf den Arbeitsmarkt<br />
drängen, sondern müssten ihre eigenen Mitarbeiter weiterbilden,<br />
sagte Koch. Dabei können sie auf die Unterstützung der<br />
Gesellschaft für <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> e.V. (GfSE) bauen, wie der<br />
GfSE-Vorsitzende Sven-Olaf Schulze betonte.<br />
In den Unternehmen besteht ein wachsender Bedarf für die modellbasierte<br />
Entwicklung, der sich auch an dem massiven Zulauf zum Tag<br />
des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s ablesen lässt. Etwa 380 Besucher nahmen<br />
an der mehrtätigen Veranstaltung teil, welche die GfSE in diesem<br />
Jahr bei dem Gastgeber Schaeffler ausrichtete und in deren Anschluss<br />
die mecPro 2 -Ergebniskonferenz stattfand. Das Projekt könne<br />
herausragende Resultate vorweisen, lobte Schulze.<br />
co<br />
www.mecpro.de<br />
Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt mecPro 2 wurde mit<br />
Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung<br />
(BMBF) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA)<br />
betreut. Das mecPro²-Konsortium setzt sich aus vier Kategorien<br />
von Partnern zusammen: Anwendungsunternehmen,<br />
Forschungsinstituten, Beratungsunternehmen und Systemanbietern.<br />
Industrielle Partner waren:<br />
• Contact Software GmbH<br />
• Continental AG<br />
• :em engineering methods AG<br />
• Daimler AG<br />
• Schaeffler Technologies AG & Co. KG<br />
• Siemens AG<br />
• Siemens Industry Software GmbH<br />
• Unity AG<br />
Universitäre Partner waren:<br />
• Fachgebiet Kraftfahrzeuge (TU Berlin)<br />
• Lehrstuhl für Fertigungstechnik und Betriebsorganisation<br />
Kaiserslautern (TU Kaiserslautern)<br />
• Lehrstuhl für <strong>Konstruktion</strong> im Maschinen- und Apparatebau<br />
(TU Kaiserslautern)<br />
• Lehrstuhl für Virtuelle Produktentwicklung (TU Kaiserslautern)<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 29
METHODEN<br />
MBSE/PLM<br />
Nachgefragt: Was hat das Verbundprojekt mecPro 2 gebracht?<br />
„Eine Blaupause für die<br />
Integration von MBSE und PLM“<br />
Drei Jahre lang haben 12 Unternehmen und Forschungseinrichtungen im Rahmen des vom BMBF<br />
geförderten Verbundsprojekts mecPro 2 untersucht, wie der modellbasierte Entwicklungsprozess für<br />
cybertronische Produkte und Produktssysteme aussehen könnte. Prof. Dr. Martin Eigner, Initiator des<br />
Projekts, und Konsortialführer Dr. Walter Koch von der Schaeffler Gruppe, erläutern im Interview die<br />
wichtigsten Erkenntnisse.<br />
Interview: Michael Wendenburg, Fachjournalist, Sevilla<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Prof. Eigner, Sie haben ja schon manches<br />
Forschungsprojekt realisiert. Was war das Besondere an<br />
mecPro 2 , abgesehen von der Größe des Projekts?<br />
Eigner: Ich erinnere mich an kein Projekt mit so vielen Teams und<br />
ich hatte am Anfang ehrlich Angst, dass jeder isoliert vor sich hin arbeitet.<br />
Diese Angst hat sich gelegt, als wir angefangen haben, unsere<br />
Ideen in den beiden Demonstratoren konkret umzusetzen. Plötz-<br />
lich war die ganze Mannschaft begeistert, weil sie gesehen hat,<br />
dass es tatsächlich funktioniert. Die Demonstratoren sind deshalb<br />
für mich das Besondere an dem Projekt.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Der Start des Projekts war ziemlich zäh,<br />
wie Sie, Herr Dr. Koch, erwähnt haben. Was waren die wesent -<br />
lichen Schwierigkeiten?<br />
Bild: Schaeffler<br />
30 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
MBSE/PLM<br />
METHODEN<br />
„Ich bin der festen<br />
Überzeugung, dass<br />
die Klärung des Begriffs<br />
‚cybertronische<br />
Produkte‘ einer der<br />
Erfolgsfaktoren des<br />
Projekts war.“<br />
Bild: Schaeffler<br />
Dr.-Ing. Walter Koch, Leiter Forschungs- und Entwicklungsprozesse,<br />
Schaeffler AG, Herzogenaurach<br />
Koch: Die Antragsphase hat mehr als anderthalb Jahre gedauert.<br />
Das hatte zur Folge, dass viele Experten, die dabei eingebunden waren,<br />
dann mit dem Beginn des Projektes nicht mehr zur Verfügung<br />
standen. Als wir schließlich loslegt haben, stellten wir fest, dass die<br />
nun Beteiligten sehr unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungshaltungen<br />
hatten. Wir mussten uns zum Beispiel erst einmal<br />
auf ein gemeinsames Verständnis des Begriffs ‚cybertronische Produkte‘<br />
einigen, weil wir sonst aneinander vorbeigeredet hätten. Ich<br />
bin aber der festen Überzeugung, dass diese Klärung einer der Erfolgsfaktoren<br />
des Projekts war, ohne den wir nachher nicht so<br />
schnell vorangekommen wären und so viele Ergebnisse produziert<br />
hätten.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Sie haben in dem Projekt viele Handlungsfelder<br />
abgedeckt, von der Definition eines Referenzprozesses<br />
bis zur PLM-Integration des Model Based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s<br />
(MBSE). In welchem gab es denn aus Ihrer Sicht die größten<br />
Durch brüche?<br />
Prof. Martin Eigner (Mitte), Initiator des Projekts, und Konsortialführer<br />
Dr. Walter Koch (rechts) von der Schaeffler Gruppe sprachen mit Michael<br />
Wendenburg über den Nutzen von mecPro 2 nach drei Jahren Projektarbeit<br />
Eigner: Die PLM-Integration war eher Handwerkszeug. Wir haben<br />
da einfach die bewährten Methoden für logische Verknüpfungen aus<br />
der Elektrotechnik und Elektronik übertragen. Die Aufnahme der bestehenden<br />
Mechatronik-Prozesse hingegen war eine echte Sisyphosarbeit.<br />
Diese lieferte jedoch eine Blaupause für jede Firma, die<br />
interdisziplinäre Prozesse aufsetzen möchte. Das wichtigste Ergebnis<br />
war in meinen Augen die Beschreibungssystematik, das heißt<br />
die Art, wie wir cybertronische Produkte und Produktionssysteme in<br />
SysML beschrieben haben – weil diese in die Normung von OSLC<br />
und anderen Standards einfließen wird. Wir haben es geschafft, aus<br />
neun unterschiedlichen Systematiken das Beste herauszufiltern.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Wenn ich das richtig verstehe, geht es um<br />
die Art, wie mit SysML modelliert wird. Ein Art ‚Kochbuch‘?<br />
Eigner: Richtig, es ist eine Methodik, um SysML dadurch besser<br />
anwendbar zu machen, dass man die Vielzahl an Artefakten einschränkt.<br />
Man kann die Systematik in Form eines Profils in den Editor<br />
einlesen und dann funktionieren auch nur noch diese Elemente.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Der Referenzprozess sieht auf dem Papier<br />
sehr fein granular aus. Haben Sie den in Ihrer Organisation<br />
schon umgesetzt?<br />
Koch: Nein, noch nicht. Wir haben aber einige bewährte Aspekte<br />
aus unserem gegenwärtigen Produktentstehungsprozess für mechatronische<br />
Produkte in das Projekt für den Referenzprozess eingebracht,<br />
etwa die modulare Struktur. Da der Referenzprozess des<br />
mecPro 2 -Projekts eine ähnliche Grundstruktur hat, haben wir jetzt<br />
die Möglichkeit, die neuen Prozessmodule, die in mecPro² entstanden<br />
sind, relativ einfach in unseren Schaeffler-PEP einzubinden.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Prof. Eigner, Sie sagten eben, die PLM-Integration<br />
sei nur Handwerkszeug, aber genau da gibt es doch<br />
noch viele offene Fragen und fehlende Standards? Sind Sie an<br />
dieser Stelle nicht weitergekommen?<br />
Eigner: Doch, sehr wohl. Im Rahmen des Projekts haben wir ein<br />
Teilprojekt ausgelöst, das sich Krake nennt und ähnlich wie OSLC<br />
mit der REST-Technologie arbeitet. Sie ermöglicht es, Informationselemente<br />
wie Internetseiten zu verlinken. Ich wundere mich nur,<br />
warum es 17 Jahre gedauert hat, bis jemand diese Technologie für<br />
das PLM entdeckt hat. Damit haben die PLM-Monolithen eigentlich<br />
keine Zukunft mehr, denn man braucht nicht mehr alles zwanghaft in<br />
eine zentrale Datenbank zu packen.<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 31
METHODEN<br />
MBSE/PLM<br />
Bild: Schaeffler<br />
„Das wichtigste<br />
Ergebnis ist die<br />
Beschreibungssystematik<br />
cybertronischer<br />
Produkte und Produktionssysteme<br />
in<br />
SysML – wir haben es<br />
geschafft, aus neun<br />
unterschiedlichen Systematiken<br />
das Beste<br />
herauszufiltern.“<br />
Prof. Dr.-Ing. Martin Eigner, Lehrstuhl für Virtuelle Produktentwicklung,<br />
TU Kaiserslautern<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Wie wird sich denn die PLM-Landschaft<br />
bei Schaeffler durch mecPro 2 verändern?<br />
Koch: Das ist eine schwierig zu beantwortende Frage, denn das<br />
Projekt ist ja noch nicht einmal abgeschlossen. Wir führen intern gerade<br />
die Diskussion, wie wir die Ideen aus dem Projekt basierend<br />
auf unseren eingeführten IT-Tools umsetzen können. Unsere Vorstellung<br />
geht darin, eine leichtgewichtige Schicht darüber zu legen,<br />
in der die Informationen nicht kopiert, sondern einfach nur verlinkt<br />
werden.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Eine Abschlussveranstaltung wie die hier<br />
in Herzogenaurach reicht nicht aus, um die Ergebnisse einer<br />
größeren Öffentlichkeit bekannt zu machen. Was gibt es diesbezüglich<br />
für Pläne?<br />
Eigner: Wir schreiben gerade statt des normalen Abschlussberichtes<br />
ein Buch, das Ende des Jahres auf den Markt kommen wird. Wir<br />
wollen die Informationen so breit wie möglich streuen, denn das Interesse<br />
ist groß. Das beweist allein die hohe Teilnehmerzahl an der<br />
Abschlussveranstaltung, die mich echt beeindruckt hat.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Wie sieht das aus Sicht von Schaeffler<br />
aus? Die Projektergebnisse sind ja durchaus ein Wettbewerbsvorteil?<br />
Sind Sie denn bereit, die zu teilen?<br />
Koch: Es gibt einen Konsortialvertrag, an dem die Juristen aller Partner<br />
mitgewirkt haben, in dem klare Regeln für die Veröffentlichung<br />
der Ergebnisse festgelegt wurden. An die sind wir natürlich gebunden.<br />
Das Ideale wäre natürlich, wenn man die Ergebnisse in einer<br />
komplett neuen IT-Lösung implementieren könnte.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Was hat der Chef eines mittelständischen<br />
Unternehmens von dem Projekt? Wie kann er das in seinem<br />
Betrieb umsetzen?<br />
Eigner: Wir von der TU Kaiserslautern sind in der glücklichen Lage,<br />
dass wir gleichzeitig Mitglied des vom BMWi geförderten Mittelstand-4.0-Kompetenzzentrums<br />
sind. Das ist kein wissenschaftliches<br />
Forum, sondern ein Forum für den Technologietransfer. Wir haben<br />
dadurch viele Kontakte zu Mittelständlern, mit denen wir solche<br />
Themen diskutieren, auch wenn wir das nicht immer Industrie 4.0<br />
nennen. Da finden wir immer wieder Firmen mit tollen Produkten,<br />
die oft schon Sensoren haben, ohne ihr Potential voll auszuschöpfen.<br />
Für einen der Marktführer im Lichtbogenschweißen haben wir<br />
etwa ein neues Servicekonzept entwickelt, wie er mithilfe der Sensordaten<br />
Ausfälle frühzeitig erkennen und seine Kunden bei der Optimierung<br />
der Schweißprozesse unterstützen kann.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Wie praxistauglich sind die Demonstratoren,<br />
in denen die Projektergebnisse eingeflossen sind? Werden<br />
wir so etwas in absehbarer Zeit auch bei Schaeffler sehen?<br />
Zu den Personen<br />
INFO<br />
• Dr.-Ing. Walter Koch ist Konsortialführer für das<br />
Verbundprojekt mecPro 2 (Modellbasierter Entwicklungsprozess<br />
cybertronischer Produkte und Produktionssysteme) und<br />
Leiter Forschungs- und Entwicklungsprozesse bei der<br />
Schaeffler AG in Herzogenaurach.<br />
• Prof. Dr.-Ing. Martin Eigner ist fachlicher Ansprechpartner<br />
für das Verbundprojekt mecPro 2 und hat den Lehrstuhl für<br />
Virtuelle Produktentwicklung der Technischen Universität<br />
Kaiserslautern inne.<br />
32 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
MBSE/PLM<br />
METHODEN<br />
Koch: Wir werden wahrscheinlich keinen neuen Systemhersteller in<br />
unsere IT-Landschaft integrieren, aber da die Methoden übertragbar<br />
sind, werden wir sie an unsere Tool-Vendoren weitergeben. Wir diskutieren<br />
mit ihnen, welches unsere Kernanforderungen sind und wo<br />
sie sich beziehungsweise ihre Systeme weiter entwickeln müssen.<br />
Es gibt da auf Seiten der Systemhersteller noch viel zu tun.<br />
Eigner: Aber wir haben zumindest eine Blaupause. Insbesondere<br />
das was Contact Software und Siemens umgesetzt haben, ist ein<br />
gutes Beispiel dafür, wie so etwas integriert werden kann.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Hat mecPro 2 den Nachweis erbracht, dass<br />
die heutigen PLM-Systeme in der Lage sind, sich zu <strong>Systems</strong> -<br />
Lifecycle-Management-Systemen weiter zu entwickeln?<br />
Koch: Nein, so pauschal kann man das nicht sagen. Manche PLM-<br />
Hersteller, deren Systeme eine bestimmte Architektur haben, sind<br />
in der Lage, diese Funktionalität hinzuzufügen. Und Contact Software<br />
ist sicher einer davon.<br />
Eigner: Ich meine auch, dass die Aussage so pauschal falsch ist –<br />
sonst würde ich mir ja widersprechen, weil ich gerade einen Vortrag<br />
gehalten habe, dass die PLM-Systeme sich komplett ändern müssen,<br />
um den Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Was müssen die PLM-Hersteller denn beispielsweise<br />
ändern?<br />
Eigner: Was gar nicht mehr geht, ist das Geschäftsmodell mit teuren<br />
Lizenzverkäufen, Wartungsgebühren etc. – und wenn der Kunde<br />
dann nach zwei Jahren eine neue Version bekommt, zahlt er noch<br />
mal ein Drittel bis die Hälfte der Kosten, um das ganze Customizing<br />
nachzuziehen. Das ist absolut anachronistisch und liegt nur daran,<br />
dass die Datenmodelle intern nicht sauber verwaltet werden. Moderne<br />
PLM-Systeme verwalten das modifizierte Datenmodell im<br />
Repository und können dadurch nachvollziehen, was der Kunde bekommen<br />
hat und was nachträglich customisiert wurde. Und sie machen<br />
bei Erweiterungen des Datenmodells Vorschläge, wie die neuen<br />
Objekte im GUI abgebildet werden könnten, so dass man die Bedienoberfläche<br />
nicht immer komplett neu zu programmieren<br />
braucht.<br />
co<br />
www.mecpro.de<br />
Hinweis:<br />
Um die Ergebnisse des Verbundprojekts mecPro 2 einem möglichst großen Kreis von Interessenten<br />
zugänglich zu machen, sollen sie wie erwähnt Mitte 2017 in Buchform beim<br />
Springer-Verlag veröffentlicht werden.<br />
Automation und IT:<br />
Treiber der industriellen Revolution.<br />
Industrie 4.0,<br />
Industrial Internet<br />
of Things (IIoT),<br />
Robotik/Cobots und<br />
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24.– 28. April 2017 ▪ Hannover ▪ Germany<br />
hannovermesse.de<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 33
METHODEN<br />
PORTRÄT<br />
PORTRÄT<br />
Eplan und Cideon wollen interdisziplinäre Kommunikation mit dem Syngineer fördern<br />
„Die Autorensysteme wählt der Anwender“<br />
<strong>Systems</strong>-<strong>Engineering</strong>-Ansätze erfordern häufig eine lange Vorbereitung. Damit Mittelständler schneller loslegen können,<br />
bieten Eplan und Cideon den Syngineer an – eine Kommunikationslösung, die sich an die bestehenden Autorensysteme<br />
und PDM-Lösungen koppeln lässt. Im Gespräch mit <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong> erläutern Eplan- und Cideon-Chef Maximilian<br />
Brandl, Cideon-Entwicklungsleiter Rolf Lisse und Eplan-Serviceleiter Bernd Schewior Details der Lösung, die zur<br />
Hannover Messe 2017 verfügbar ist.<br />
Interview: Michael Corban, Chefredakteur, <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong><br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Eplan widmet sich schon seit einiger Zeit der<br />
disziplinübergreifenden Zusammenarbeit. Mit dem Syngineer<br />
adressieren Sie nun ganz konkret die Verknüpfung von Mechanik,<br />
Elektrotechnik und Steuerungs-Software – warum?<br />
Brandl: Früher wurden wir von Kunden überwiegend bezüglich der<br />
Elektrokonstruktion angesprochen, doch in den letzten Jahren wird immer<br />
mehr nach einem Gesamtkonzept gefragt. Will heißen: Wie integrieren<br />
wir das Produktdatenmanagement, also PDM-Systeme? Können<br />
wir auch mechatronisch zusammenarbeiten? Dahinter steht, dass<br />
die Anwender eine immer kürzere Time-to-Market realisieren wollen –<br />
und das führt automatisch zu einem Zusammenrücken der verschiedenen<br />
<strong>Engineering</strong>-Disziplinen. Aus unserer Sicht sind das die Mechanikund<br />
die Elektrokonstruktion sowie Automatisierung, insbesondere die<br />
SPS-Programmierung, sprich Steuerungs-Software. Hinzu kommen<br />
kann auch die Fluidtechnik, doch dies können wir bereits über die Eplan<br />
Plattform abbilden. Mit anderen Worten: Unsere Kunden wollen zukünftig<br />
im <strong>Engineering</strong> viel enger zusammenarbeiten und sicherstellen,<br />
dass die einzelnen Disziplinen viel früher und viel intensiver mitein -<br />
ander kommunizieren. Ein Beispiel: Mechatronische Bauteile wie eine<br />
Ventilinsel erfordern mehrere Sichten auf das Produkt; neben Elektrokabeln<br />
sind Pneumatikschläuche anzuschließen und die geometrischen<br />
Dimensionen zu beachten, um die Ventilinsel richtig zu montieren.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Cideon kommt ja historisch gesehen aus<br />
dem Bereich der Mechanikkonstruktion. Gilt diese Forderung nach<br />
Maximilian Brandl,<br />
Vorsitzender der Geschäftsführung<br />
der Eplan Software &<br />
Service GmbH Co. KG in<br />
Monheim am Rhein und der<br />
Cideon Holding GmbH & Co.<br />
KG in Bautzen<br />
„Bewusst vermeiden<br />
wir den Big Bang –<br />
denn der wäre für<br />
die Kunden immer<br />
aufwendig – und bieten den Vorteil<br />
möglichst niedriger Einstiegshürden.“<br />
Bild: Christoph Landler/Konradin Mediengruppe<br />
dem Zusammenwachsen der Disziplinen auch aus dieser Sicht und<br />
verliert auf Dauer gesehen die Mechanik sogar an Bedeutung, weil<br />
immer mehr Funktionen in Software abgebildet werden?<br />
Lisse: Die Anforderungen decken sich, denn im Endeffekt müssen Informationen<br />
über Sensoren und Aktoren ausgetauscht werden – Mechanik<br />
sowie Elektro- und Steuerungstechnik spielen hier zusammen.<br />
Deswegen lässt sich bezüglich der Bedeutung sagen, dass die Mechanik<br />
nicht abgewertet wird, sondern eher die anderen Disziplinen aufgewertet<br />
werden. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass es nicht ausreicht,<br />
allein in die Mechanik zu investieren, sondern Elektrotechnik, Sensorik<br />
und Software hinzukommen müssen, um Maschinen zu optimieren.<br />
Einige Kunden – klassische Maschinenbauer – sagen sogar, dass sie<br />
zukünftig einen großen Teil Software anbieten und sich damit zu einem<br />
Softwareunternehmen wandeln – ein Grund mehr für uns, in diese Themen<br />
zu investieren.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Welche Unterstützung bietet angesichts dieser<br />
Ausgangssituation der Syngineer?<br />
Brandl: Die Disziplinen sollen leichter zusammenarbeiten können –<br />
das ist das Ziel, das wir vor Augen haben. Dazu nutzen wir im Verbund<br />
von Eplan und Cideon unsere Kompetenzen in der Elektro- und Mechanikkonstruktion.<br />
Entscheidend dabei ist die Erkenntnis, dass wir die Autorensysteme<br />
in den Unternehmen als gesetzt sehen, ein Wechsel hier<br />
eher unbeliebt ist und deswegen vermieden werden sollte. Damit lautete<br />
die Fragestellung für uns, wie sich diese verschiedenen Autorensysteme<br />
koppeln lassen, welche gemeinsamen Elemente noch fehlen.<br />
Dabei haben wir festgestellt, dass gerade Komponenten mit mechatronischen<br />
Aspekten mechanische, elektrotechnische und Softwarekomponenten<br />
enthalten – darüber gilt es, sich auszutauschen. Deswegen<br />
haben wir uns mit unseren Kunden zusammengesetzt und eine neue,<br />
übergreifende Lösung entwickelt, mit der sich die Hauptproblemstellungen<br />
der interdisziplinären Zusammenarbeit, insbesondere die Kommunikation<br />
und Abstimmung zielgerichtet lösen lassen.<br />
Lisse: Der Syngineer existiert also zusätzlich zum PDM-System – denn<br />
wir wollen ja keine Daten verwalten, sondern Informationen aus die-<br />
Eplan- und Cideon-Chef Maximilian Brandl,<br />
Cideon-Entwicklungsleiter Rolf Lisse und<br />
Eplan-Service-Bereichsleiter Bernd Schewior<br />
(v.l.n.r.) sprachen mit <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong> über<br />
Details des Syngineers<br />
34 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
PORTRÄT<br />
PORTRÄT<br />
PORTRÄT<br />
METHODEN<br />
Bild: Christoph Landler/Konradin Mediengruppe<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 35
METHODEN<br />
PORTRÄT<br />
PORTRÄT<br />
Bild: Christoph Landler/Konradin Mediengruppe<br />
Aus Sicht von Eplan-Service-Bereichsleiter<br />
Bernd Schewior,<br />
Eplan- und Cideon-Chef<br />
Maximilian Brandl und<br />
Cideon-Entwicklungsleiter<br />
Rolf Lisse (v.l.n.r.) wollen<br />
immer mehr Anwender die<br />
Mechanik- und Elektrokonstruktion<br />
sowie Softwareentwicklung<br />
enger<br />
zusammenarbeiten lassen<br />
– genau diese Aufgabe<br />
soll der Syngineer erfüllen<br />
sen Daten generieren und in Echtzeit den anderen Disziplinen zur Verfügung<br />
stellen. Wir treten also bewusst nicht in Wettbewerb zu den<br />
Mechanik-CAD-Herstellern mit ihren PDM-Lösungen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Der Fokus liegt also im weitesten Sinne auf<br />
einer Kommunikationsplattform?<br />
Schewior: Exakt, denn unsere Kunden haben nicht die Problemstellung,<br />
dass Mechanik, Elektrotechnik oder Software für sich allein genommen<br />
nicht funktionieren – es hakt vielmehr an der Kombination,<br />
der Abstimmung untereinander. Eine Lösung dieser Aufgabenstellung<br />
setzt voraus, dass die beteiligten Disziplinen zusammen ein gemeinsames<br />
Produkt definieren und kreieren – was in der Zusammenarbeit eine<br />
große Herausforderung darstellt. Viele Anwender haben dazu schon<br />
mechatronische Teams definiert, aber es fehlt noch ein Tool, das diese<br />
Arbeitsweise unterstützt – genau das bieten wir mit dem Syngineer an.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Damit adressieren sie ja das <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
als Synonym für die Zusammenarbeit der Disziplinen,<br />
meiden aber noch das Thema Model-based <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong><br />
(MBSE). Liegt der Grund darin, dass Sie eben kein Modell schaffen<br />
wollen, das die verschiedenen disziplinspezifischen Sichten darauf<br />
bietet, sondern eher eine Art Kommunikationslayer zwischen den<br />
bereits vorhandenen, disziplinspezifischen Modellen?<br />
eines Förderbandes, beeinflusst das direkt die Antriebsauslegung,<br />
aber beispielsweise auch die Integration von Lichtschranken, die nun<br />
wesentlich flinker reagieren müssen. Das ist alles kein Problem, wenn<br />
ich das meinem Kollegen aus der Nachbardisziplin mitteile – genau das<br />
funktionierte aber in der Vergangenheit nicht und der Syngineer soll<br />
dies ermöglichen. Auf diese Weise kann ein Problem frühzeitig vermieden<br />
werden – und muss nicht viel aufwendiger im Rahmen der Inbetriebnahme<br />
gelöst werden.<br />
Lisse: Interessant dabei ist, dass bislang solch eine gemeinsame Kommunikationsbasis<br />
häufig fehlt und erst einmal geschaffen werden<br />
muss. Gerade im mittelständischen Maschinenbau spielt Excel eine<br />
enorm wichtige Rolle – ein gemeinsamer Blick auf die Struktur des Produktes<br />
ist damit aber nur schwer zu realisieren. Hier kommunikativ sicherzustellen,<br />
dass alle bei Änderungen informiert sind und dann auch<br />
mit gültigen aktuellen Werten arbeiten, ist das Ziel. Am Ende müssen<br />
alle die mechatronische Struktur vor Augen haben, da nur auf diese<br />
Weise ein gemeinschaftlicher Blick auf die Maschine oder die zu bauenden<br />
Komponenten möglich ist.<br />
Brandl: Exakt – es geht uns nicht um die allumfassende Lösung sondern<br />
darum, die Kommunikation bezüglich Bauteilen und Baugruppen<br />
dort zu ermöglichen, wo sie dringend erforderlich ist. Alle Komponenten,<br />
die in einer Maschine oder Anlage verbaut werden, basieren im<br />
Prinzip funktional nicht nur auf einer Disziplin, sondern auf mehreren.<br />
So besitzt etwa jeder Leistungsschalter zumindest einen mechanischen<br />
und einen elektrischen Aspekt, bei anderen Elementen kommt<br />
zusätzlich die Software dazu. Ersetzt der Elektroingenieur etwa den<br />
Leistungsschalter durch ein anderes Fabrikat, müssen die anderen davon<br />
erfahren – sonst könnten Probleme bei der Montage auftreten.<br />
Schewior: Genau diese Änderungen spielen im <strong>Engineering</strong>-Prozess<br />
eine enorme Rolle. Wir wissen, dass diese gerade in den 40 Prozent<br />
der Entwicklungszeit vor Fertigstellung gehäuft auftreten und enorme<br />
Auswirkungen haben können. Ändert sich etwa die Geschwindigkeit<br />
Bereits zur SPS IPC Drives 2016 konnten Besucher der<br />
Messe einen ersten Blick auf den Syngineer werfen<br />
Bild: Eplan<br />
36 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
PORTRÄT<br />
PORTRÄT<br />
PORTRÄT<br />
METHODEN<br />
Bernd Schewior,<br />
Bereichsleiter Professional<br />
Services, Eplan Software<br />
& Service GmbH & Co. KG,<br />
Monheim am Rhein<br />
„Es hakt in der<br />
Praxis nicht an den<br />
einzelnen Disziplinen,<br />
sondern an<br />
der Kombination<br />
von Mechanik, Elektrotechnik<br />
oder Software, der Abstimmung<br />
untereinander.“<br />
Bild: Christoph Landler/Konradin Mediengruppe<br />
Rolf Lisse, Head of Development,<br />
Cideon Software<br />
GmbH & Co. KG, Düsseldorf<br />
„Es muss sexy<br />
sein, den Syngineer<br />
zu bedienen –<br />
indem ich etwa die<br />
mechatronische Struktur auf<br />
dem iPad durch Fingerbe -<br />
wegungen umstrukturieren<br />
kann.“<br />
Bild: Christoph Landler/Konradin Mediengruppe<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Sind in den Syngineer Erfahrungen aus der<br />
mechatronischen Konfiguration mit Eplan <strong>Engineering</strong> Configuration<br />
(EEC) eingeflossen?<br />
Brandl: Diese Erfahrungen sind natürlich mit integriert, allerdings muss<br />
man sich vor Augen halten, dass bei der mechatronischen Konfiguration<br />
die Herausforderungen noch höher sind und dies auch einen Kulturwandel<br />
mit sich bringt. Insofern wird es EEC weiter geben und der<br />
Syngineer kommt ergänzend als Kommunikationsplattform hinzu.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Wie lange brauche ich denn mit dem Syngineer<br />
für den Aufbau solch einer Kommunikationsstruktur und welche<br />
Vorarbeit setzt dies voraus?<br />
Schewior: Das ist natürlich situationsabhängig, aber man kann im Prinzip<br />
sofort in einem Teilbereich loslegen. Dazu definiere ich zunächst die<br />
Grundmaschine, die ich aber im Zuge der Entwicklung jederzeit ergänzen<br />
kann. Gerade im <strong>Engineering</strong>-Prozess ist es ja oft so, dass Anforderungen<br />
hinzukommen oder wegfallen oder der Kunde im letzten Moment<br />
Erweiterungen wünscht – dann brauche ich die Flexibilität der<br />
Struktur, diese zu erweitern, und die Kommunikation mit den Nachbardisziplinen,<br />
damit diese erkennen können, welche Auswirkungen die<br />
Änderungen für sie haben.<br />
Brandl: Wir bieten bewusst den Vorteil möglichst niedriger Einstiegshürden<br />
– das ist nicht zu vergleichen mit dem Wechsel eines MCAD-<br />
<strong>Systems</strong>. Im Rahmen der Nutzung des Syngineers kann der Anwender<br />
mit einer Maschine anfangen und zunächst nur einen Elektrotechniker<br />
und einen Maschinenbauer darüber verbinden; um dann bei Bedarf<br />
weitere Personen mit dazu zu nehmen. Bewusst vermeiden wir also<br />
den Big Bang – denn der wäre für die Kunden immer aufwändig.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Stößt das System eventuell ab einer hohen<br />
Komplexität an Grenzen?<br />
Lisse: Rein von der Software her kann ich dynamisch zur Laufzeit umstrukturieren<br />
– wir können jederzeit einen Zwischenknoten einziehen<br />
und/oder Elemente verschieben. Diese Flexibilität steckt in der Software.<br />
Die Herausforderung wird eher im <strong>Engineering</strong>-Prozess des Anwenders<br />
liegen: Über die Veränderung komplexer Strukturen hinaus gilt<br />
es, den Abstimmungsprozess im Unternehmen zu beherrschen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong>: Lassen Sie uns abschließend noch einen<br />
Blick auf die technische Umsetzung werfen: Der Syngineer ist ein<br />
Browser-Add-on?<br />
Lisse: Genau – rein von der Architektur her bieten wir ein Web-Front-<br />
End an, das im Browser läuft und damit auch geräteunabhängig ist.<br />
Zum Einsatz kommen dabei übliche HTML5-Technologien. Damit kann<br />
etwa der Projektmanager dann auch mal schnell auf seinem Tablet<br />
schauen, wie weit ein Projekt vorangeschritten ist. Zusätzlich integrieren<br />
wir den Syngineer aber auch als Plug-in in die einzelnen Autorensysteme,<br />
wozu wir dann auch C++ oder C# nutzen, um uns eng mit<br />
den Autorensystemen zu verzahnen. Das Ziel hierbei ist: Per<br />
Drag&Drop sollen sich Änderungen kommunizieren lassen. Bei den<br />
Plug-Ins handelt es sich um eine neutrale Applikation mit UI und Kommunikationsschicht,<br />
zusammen mit einer spezifischen Hülle für das jeweilige<br />
Autorensystem. Letztlich bietet hier jeder Hersteller ja doch seine<br />
individuelle API. Durch diesen Aufbau lassen sich schnell Plug-ins<br />
entwickeln, beispielsweise auch für Office-Produkte oder Visio; zudem<br />
bieten wir auch eine offene Syngineer-API an, über die sich Systeme anbinden<br />
lassen. Wir selbst bieten die Anbindung derzeit für die Top-<br />
6-Systeme auf der Mechanik-Seite an und sind offen für Ergänzungen.<br />
Möglich ist auf diese Weise bereits das Zusammenspiel von Eplan auf<br />
der Elektrotechnikseite mit Autodesk Inventor und Autocad, Solidworks<br />
sowie Solid Edge im Mechanikbereich und Codesys für die SPS-Programmierung.<br />
Entscheidend ist hier wiederum: Der Kunde soll bei den<br />
Autorensystemen selbst bestimmen können, mit welchem System er<br />
arbeiten will!<br />
www.eplan.de<br />
www.cideon.de<br />
Hannover Messe: Halle 6, Stand K31<br />
Details zum Syngineer<br />
finden sich hier:<br />
www.t1p.de/0i2v<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 37
METHODEN<br />
SERIE<br />
SERIE<br />
Teil 6: it‘s OWL-Querschnittsprojekt <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> – Praxisbeispiel Accumotive<br />
Hochleistungs-Stromspeicher<br />
effizient entwickeln<br />
Hochvoltbatterien bilden zusammen mit Elektromotoren die Herzstücke des Elektroautos. Die Stromspeicher<br />
mit besonders hoher Energiedichte auf engem Raum sind technisch hochkomplex, was ihre<br />
Entwicklung sehr anspruchsvoll macht. Grund genug für ihre Hersteller, sich mit innovativen Entwicklungsmethoden<br />
zu beschäftigen.<br />
Kirsten Harting, Kommunikation Produktentstehung, Fraunhofer IEM<br />
Bild: Fraunhofer IEM<br />
Hochvolt (HV)-Batterien werden aus vielen verschiedenen<br />
Komponenten zusammengesetzt. Die einzelnen sogenannten<br />
Batteriezellen speichern die Energie und sorgen zusammen mit<br />
einer komplexen Elektronik für die Energieversorgung des Fahrzeugs.<br />
Der Wunsch nach hohen Reichweiten bei Elektroautos erfordert<br />
eine optimale Ausnutzung der verfügbaren Bauräume, eine<br />
effektive Kühlung und crashsichere Konzepte. Künftig geht es für<br />
Entwickler der Hochleistungsspeicher darum, immer mehr Energie<br />
auf möglichst kleinem Raum akkumulieren zu können und höhere<br />
Leistung abzugeben: Neben dem Antrieb des Hybrid- oder Elektromotors<br />
sollen Batterien auch andere Komfortfunktionen im Fahrzeug<br />
mit Energie versorgen.<br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> mit Softwareunterstützung: Im SE Live Lab<br />
des Fraunhofer IEM erprobt Accumotive verschiedene Softwaretools<br />
Bedarf an System-Experten steigt<br />
Die Entwicklungsabteilungen sehen sich immer wieder mit neuen<br />
Herausforderungen konfrontiert, weiß Andre Gronke, Clusterleiter<br />
<strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> bei der Daimler-Tochter Accumotive: „Jedes<br />
unserer Projekte soll von neuen Erkenntnissen in der Batterietechnologie<br />
und der Verbesserung bestehender Produktlinien profi -<br />
tieren. Dafür müssen bei Bedarf Änderungen auch noch spät im<br />
Projektverlauf möglich sein – gerade bei komplexen Produkten und<br />
vielen parallelen Projekten mit Gleichteilen keine einfache Aufgabe.“<br />
Bei Accumotive, einem Spezialisten für die Entwicklung und<br />
38 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
SERIE<br />
SERIE<br />
SERIEE<br />
METHODEN<br />
Herstellung von Lithium-Ionen-Batteriesystemen, übernimmt das<br />
Team der Systemauslegung die Synthese der Anforderungen und<br />
unterstützt die Konzeptfindung mit den Fachabteilungen. Neben<br />
Softwaretechnikern, Konstrukteuren und Elektrotechnikern müssen<br />
auch die Perspektiven aus den Abteilungen Testing und Qualitäts -<br />
sicherung sowie – nicht zu vergessen – die des Kunden und der<br />
Zulieferer berücksichtigt werden. „Unser Job ist es, zu gewährleisten,<br />
dass das Zusammenspiel der Komponenten in der Batterie<br />
reibungslos funktioniert“, sagt Andre Gronke.<br />
In der Entwicklung besteht oft in der frühen, konzeptionellen Phase<br />
Optimierungspotential. Bei einem unzureichenden Systemüberblick<br />
entstehen häufig in diesen Phasen Entwicklungsfehler, die zum Teil<br />
erst nach der Inbetriebnahme des Produkts auffallen und dann<br />
enorme zusätzliche Entwicklungsaufwände bedeuten. „Für Accumotive<br />
erhöht sich die Komplexität in doppelter Hinsicht. Durch die<br />
steigenden Anforderungen der Kunden und den steten Technologiefortschritt<br />
steigt die Systemkomplexität ihrer Produkte enorm.<br />
Hinzu kommt eine größere Anzahl an Projekten, die es intern zu<br />
koordinieren und zwischen denen es Anknüpfungspunkte zu erkennen<br />
gilt“, sagt Dr.-Ing. Harald Anacker vom Fraunhofer-Institut für<br />
Entwurfstechnik Mechatronik IEM.<br />
Hochvolt-Batterien<br />
werden aus vielen<br />
verschiedenen Komponenten zusammengesetzt<br />
– der Wunsch nach hohen Reich -<br />
weiten bei Elektroautos erfordert eine optimale<br />
Ausnutzung der verfügbaren Bauräume, eine<br />
effektive Kühlung und crashsichere Konzepte<br />
Lösungsansätze im SE Live Lab<br />
Die Wissenschaftler des Fraunhofer IEM begleiten die Ingenieure<br />
von Accumotive inzwischen in unterschiedlichen Entwicklungs -<br />
reihen von HV-Batterien. Gemeinsam werden so in laufenden Projekten<br />
Methoden des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> angewendet und Accumotive<br />
erarbeitet sich eine durchgängige, durch SE-Methodik<br />
gestützte, Herangehensweise an ihre Entwicklungsprojekte. Der<br />
übergeordnete Ansatz: Lange bevor sich die Fachexperten an die<br />
detaillierte Entwicklung der einzelnen Komponenten machen, wird<br />
fachübergreifende Transparenz und Einigkeit über das Projekt<br />
geschaffen. So denkt beispielsweise auch der Softwaretechniker<br />
nicht nur in der IT-Dimension, sondern leistet durch seine Arbeit<br />
einen Beitrag zum Gesamtprojekt.<br />
Besonders das Umfeldmodell der Methode Consens setzen inzwischen<br />
auch die einzelnen Fachabteilungen mit Erfolg ein. „Das<br />
Sichtbarmachen der verschiedenen Interaktionspartner der zu<br />
entwickelnden HV-Batterien ist von großem Wert“, erklärt Andre<br />
Gronke. „Wir erarbeiten hier ein viel vollständigeres Bild unseres<br />
Entwicklungsprojektes. Durch die bildliche Darstellung der Ele -<br />
mente im Umfeld unserer Batterie – etwa dem E-Motor – und ihrer<br />
Wechselwirkungen erhalten wir ein fachübergreifendes Verständnis<br />
unseres Entwicklungsauftrags und der Interaktion zwischen der<br />
Batterie sowie den beteiligten Fahrzeugkomponenten.“ Auch die<br />
Modellierung der Wirkstruktur, die zeitige Einbindung der Kundenperspektive<br />
über verschiedene Anwendungsszenarien und das Entwerfen<br />
von Verhaltensmodellen sind inzwischen festes Ritual zum<br />
Start aller Entwicklungsprojekte. Ziel von Andre Gronke ist es, das<br />
modellbasierte Denken in den Köpfen der Accumotive-Ingenieure<br />
zu verankern und als standardisierte Vorgehensweise zu etablieren.<br />
Unterstützen könnte da künftig auch eine Softwarelösung, die das<br />
Accumotive-Entwicklungsteam im <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> Live Lab<br />
des Fraunhofer IEM in Paderborn erprobt. Über das Tool werden die<br />
gemeinsam entwickelten Modelle formal aufgebaut und strukturiert<br />
dokumentiert. Auch das parallele Arbeiten von Experten am<br />
gleichen Modell sowie das gemeinsame Änderungsmanagement<br />
sind möglich.<br />
ik<br />
www.its-owl.de<br />
Hintergrund<br />
Bild: Accumotive<br />
INFO<br />
Im Technologie-Netzwerk it‘s OWL – Intelligente Technische<br />
Systeme OstWestfalenLippe – entwickeln über 180 Unternehmen<br />
und Forschungseinrichtungen in 46 Projekten<br />
gemeinsam Lösungen für intelligente Produkte und Produk -<br />
tionssysteme. Das Spektrum reicht von intelligenten Automatisierungs-<br />
und Antriebslösungen über Maschinen, Fahrzeuge<br />
und Hausgeräte bis zu vernetzten Produktionsanlagen.<br />
Über ein innovatives Transferkonzept werden neue Technologien<br />
für eine Vielzahl von – insbesondere kleinen und mittelständischen<br />
– Unternehmen verfügbar gemacht. Ausgezeichnet<br />
im Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums<br />
für Bildung und Forschung<br />
gilt it´s OWL als eine der größten Initiativen<br />
für Industrie 4.0 in Deutschland.<br />
www.its-owl.de<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 39
METHODEN<br />
DATENVERNETZUNG<br />
Linked Data 2016: Herausforderungen der Digitalisierung meistern<br />
Die vernetzte Zukunft von PLM<br />
Mit künstlicher Intelligenz kann man Daten noch intelligenter verlinken und finden. Das war eine der<br />
interessanten Erkenntnisse des von der Conweaver GmbH organisierten World Cafés Linked Data 2016<br />
in Darmstadt. An mehreren Tischen diskutierten die Teilnehmer der Veranstaltung darüber, welche<br />
Vorteile die Verlinkung aus Unternehmenssicht und für die Nutzer hat, welchen Beitrag sie leistet, um<br />
komplexe Prozesse beherrschbar zu machen, und wie sie mit Hilfe der IT umgesetzt werden kann.<br />
Michael Wendenburg, freier Fachjournalist, Sevilla<br />
Die Verlinkung von Daten in föderierten Systemen ist nach Überzeugung<br />
vieler PLM- Experten der einzige Weg, um agil auf die<br />
Herausforderungen der Digitalisierung reagieren zu können. So ähnlich<br />
steht es auch im Thesenpapier Future PLM, das Conweaver zusammen<br />
mit Vertretern von anderen PLM-Lösungsanbietern, -Anwenderunternehmen<br />
und Hochschulen entwickelt hat. Eine der Ideen<br />
hinter den World Cafés sei es, die dort aufgestellten Thesen weiter<br />
zu verdichten, sagten Geschäftsführer Dr. Thomas Kamps und<br />
Vertriebsleiter Sebastian Dörr bei der Begrüßung der Teilnehmer in<br />
Darmstadt. Bei den lebhaften Diskussionen konnte man den Eindruck<br />
gewinnen, die Thesen seien nicht nur verdichtet worden, sondern<br />
es seien auch noch ein paar neue hinzugekommen.<br />
Das ungewöhnliche Format der World Cafés wurde von den Teilnehmern<br />
sehr gut angenommen. An vier Runden Tischen diskutierten<br />
vier Gruppen unter Leitung eines Paten beziehungsweise einer Patin<br />
die Vorteile und Herausforderungen der Verlinkung aus strategischer<br />
Sicht, aus Nutzersicht, aus Implementierungs- und aus Prozesssicht.<br />
Dann wechselten sie an den nächsten Tisch, um die dort<br />
begonnene Diskussion fortzusetzen und um neue Aspekte zu ergänzen,<br />
so dass jeder Teilnehmer zu jedem Thema seine Ideen und<br />
Erfahrungen einbringen konnte. Bei den meisten von ihnen handelte<br />
es sich um Führungskräfte mit viel PLM-Background aus den Bereichen<br />
Entwicklung oder Prozess-IT in Automobilindustrie und anderen<br />
Branchen.<br />
Zwischen Agilität und Perfektion<br />
Die Verlinkung der Daten sei natürlich nur eine vieler möglicher Antworten<br />
auf die Anforderungen an PLM der Zukunft, fasste Bodo<br />
Machner, der viele Jahre lang bei BMW tätig war, die Diskussion<br />
über die strategischen Herausforderungen zusammen; andere seien<br />
zum Beispiel die Gestaltung der Oberflächen oder die Ablösung<br />
der Altsysteme. Nach dem Verständnis der Teilnehmer ist PLM dabei<br />
kein System, sondern eine Vision, die noch dazu immer breiter<br />
wird: Sie müsse künftig auch die Betriebsphase und neue Themen<br />
wie den Digital Twin adressieren. Trotzdem dürfe die Komplexität<br />
der Anwendungen für den Benutzer nicht weiter zunehmen und<br />
sollte reduziert werden.<br />
Eine große, strategische Herausforderung ist das Spannungsfeld<br />
zwischen der gewachsenen IT-Landschaft und den neuen Lösungsansätzen<br />
beziehungsweise der Frage, wie diese Lösungen in die bestehende<br />
IT-Landschaft integriert werden können und wie man wel-<br />
chen Mehrwert für die Kunden und für die eigenen Anwender identifiziert.<br />
Für die IT bedeutet die Implementierung dieser neuen Lösungen<br />
einen Spagat zwischen dem Ruf nach mehr Agilität, das<br />
heißt der schnellen Anpassung an neue Anforderungen, und den hohen<br />
Ansprüchen der Entwicklungsverantwortlichen, die hundertprozentig<br />
perfekte Lösungen erwarten.<br />
Verlinkung mit Blick auf neuronale Netze<br />
Neue Wege in der Produktvernetzung zu beschreiten fällt Unternehmen<br />
leichter, wenn sie die Kosten für die Integration monolithischer<br />
Systeme und die dafür erforderlichen IT-Ressourcen betrachten –<br />
und auch, wie viele wertvolle Experten im <strong>Engineering</strong> dadurch gebunden<br />
werden. Das zeigt die Erfahrung von Bosch. Die vier Business<br />
Sektoren mit ihren unterschiedlichen <strong>Engineering</strong>-Prozessen<br />
und Produktspektren ließen sich weder IT-technisch unter einen Hut<br />
zwingen noch mache eine erzwungene Prozessstandardisierung<br />
„PLM ist kein System, sondern<br />
eine Vision – und sie muss<br />
künftig auch die Betriebsphase<br />
und neue Themen wie den<br />
Digital Twin adressieren.“<br />
wirtschaftlich Sinn, erläuterte Michael Schneider, Bereichsleiter Enterprise<br />
und <strong>Engineering</strong> Plattformen, in seinem Impulsvortrag, der<br />
die Teilnehmer auf das Thema einstimmen sollte.<br />
Bosch hat auf Basis der Conweaver-Technologie seine Metadaten<br />
aus Mechanik-, Elektronik- und Software-Entwicklung so verlinkt,<br />
dass alle Mitarbeiter im Unternehmen über die Google-ähnliche<br />
Suchfunktion darauf zugreifen können. Die Ergebnisse werden auf<br />
einer Webseite gelistet, auf der die Anwender auch sehen, in welchen<br />
Systemen die Daten liegen. Wenn sie einen Datensatz anklicken,<br />
bekommen sie wichtige Attribute angezeigt sowie die Kollegen,<br />
die diese bearbeitet haben. Um die Daten automatisiert verlinken<br />
zu können, wurde das Beziehungswissen darüber, wie die Daten<br />
zusammenhängen in einem Regelwerk festgehalten. Das ist<br />
aber laut Schneider nur ein erster Schritt – weitere sollen folgen. Vorstellbar<br />
sei der Einsatz neuronaler Netze/Algorithmen (etwa Long<br />
Short Term Memory), um weniger oder nicht strukturierte Informa-<br />
40 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
DATENVERNETZUNG<br />
METHODEN<br />
Bild: Conweaver<br />
Agil auf die Herausforderungen der Digitalisierung reagieren – die Ver -<br />
linkung von Daten in föderierten Systemen ist nach Überzeugung vieler<br />
PLM-Experten der einzige Weg, dieses Ziel zu erreichen<br />
tionen zu verlinken. Mit Hilfe der künstlichen Intelligenz könne man<br />
sich auch vorstellen, weitere IT-Systeme schneller anzubinden beziehungsweise<br />
die in ihnen steckenden Informationen mit den bereits<br />
vorhandenen zu verlinken, erläuterte Schneider.<br />
Informationen schneller finden<br />
Das Ziel ist klar: Der Nutzer soll möglichst einfach, schnell und zuverlässig<br />
an Informationen aus unterschiedlichen Quellen gelangen, die<br />
er für die Bewältigung seiner täglichen Arbeit benötigt. Die Herausforderung<br />
bestehe jedoch darin, dass es DEN Nutzer nicht gebe,<br />
fasste Sylke Rosenplänter, Director Virtual Design Operations & System<br />
Development bei der Adam Opel AG und Patin des World Cafés<br />
über die Nutzersicht die Ergebnisse dieser Diskussionsrunde zusammen:<br />
Die Anwender unterscheiden sich von Alter und Kultur, haben<br />
unterschiedliche Blickwinkel auf Prozesse und Informationen<br />
und auch unterschiedliche Erwartungshaltungen, was die Usability<br />
anbelangt.<br />
Die Verlinkung ermöglicht es, Daten aus unterschiedlichen Quellen<br />
in einen Kontext zu stellen, der aber nicht für alle Anwender der gleiche<br />
ist. Intelligente Algorithmen können dafür sorgen, dass jeder jeweils<br />
die Informationen findet, die seinem Profil entsprechen. Das<br />
Dilemma bei der Nutzung solcher Algorithmen beschrieb ein Teilnehmer<br />
mit folgenden Worten: „Wenn ich mich mit dem Amazon-<br />
Account meiner Frau anmelde, würde ich keines der angezeigten<br />
Produkte kaufen, es sei denn ich suche eine Jeans für meine Frau.“<br />
Die Suchergebnisse verändern sich über die Zeit und sind auch für<br />
andere Anwender nicht ohne weiteres reproduzierbar. Anwender,<br />
die in einem bestimmten PLM-Kontext ihre Arbeit verrichten,<br />
bräuchten jedoch verlässliche Informationen – und das über sehr<br />
lange Zeiträume.<br />
Eine wesentliche Einsicht der Diskussionsrunde über die Nutzersicht<br />
war, dass die Tools die zwischenmenschliche Kommunikation<br />
nicht ersetzen dürften und dass die Menschen lernen müssten, Informationen<br />
bereitwilliger zu teilen. Viele „Datenkönige“ haben damit<br />
ein Problem, weil sie befürchten, vom Thron gestoßen zu werden.<br />
Ein große Herausforderung ist auch der Datenschutz, also die<br />
Frage, wie man die Auswertung des Anwenderverhaltens für die intelligente<br />
Suche nutzt, ohne dass dem Nutzer daraus Nachteile entstehen<br />
können.<br />
Offenheit ist eine Grundvoraussetzung<br />
Aber nicht nur Menschen müssen offener mit Informationen umgehen.<br />
Offenheit der IT-Systeme ist eine Grundvoraussetzung, um Informationen<br />
intelligent verlinken zu können, und diese Offenheit<br />
muss vielleicht auch bezahlt werden, weil einige Hersteller davon<br />
mehr profitieren als andere. Das war eine der Kernaussagen der<br />
Diskussionsrunde über die Implementierung verlinkter Daten und<br />
Systeme, die von Achim Besel, <strong>Engineering</strong> Cross Domain Services<br />
bei Bosch, koordiniert wurde. Mit der Verlinkung sei man nie fertig,<br />
weshalb sich ein Use-Case-basierter Implementierungsansatz empfehle,<br />
meinte Besel. Ein unternehmensweites Datenmodell widerspräche<br />
zwar der Idee der Verlinkung, aber aus Sicht der Informationstechnik<br />
sei zumindest ein abstraktes Modell des Informationsgeflechts<br />
erforderlich.<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 41
METHODEN<br />
DATENVERNETZUNG<br />
An mehreren<br />
Tischen diskutierten<br />
die Teilnehmer<br />
an der Darmstädter<br />
Veranstaltung<br />
World Cafés Linked<br />
Data 2016 über die<br />
Vorteile der Ver -<br />
linkung, um kom -<br />
plexe Prozesse<br />
beherrschbar zu<br />
machen<br />
Bild: Conweaver<br />
Teilnehmer der Veranstaltung<br />
World Cafés Linked Data 2016 in<br />
Darmstadt<br />
Bild: Conweaver<br />
Dadurch, dass die Systemgrenzen zunehmend verschwimmen,<br />
nimmt die Komplexität der IT-Infrastrukturen und Prozesse weiter<br />
zu. Zu diesem Schluss kam die Diskussionsrunde über die Prozesssicht,<br />
die Dr. Christoph Kilger, Partner, Advisory Services,<br />
Leader Supply Chain & Operations DACH bei Ernst & Young als Pate<br />
begleitete. Die Teilnehmer diskutierten darüber, ob man diese<br />
Komplexität reduzieren könne und konstatierten, dass sie sich<br />
durch die Verlinkung allenfalls besser beherrschen lasse. Die Vernetzung<br />
der Systeme erlaube es, Abläufe dynamischer zu gestalten<br />
und gleichzeitig die Prozesssicherheit zu gewährleisten, betonte<br />
Kilger. Auch die Datenqualität verbessere sich dadurch, dass<br />
man inkonsistente oder fehlende Daten schneller erkenne. Die<br />
Verlinkung darf sich nach Ansicht der Teilnehmer nicht nur auf die<br />
Suche konzentrieren, sondern muss auch die Erzeugung und Änderung<br />
der Daten unterstützen.<br />
In dieser Runde wurde außerdem die Frage aufgeworfen, ob wir<br />
überhaupt noch Prozesse brauchen, wenn alle Beteiligten irgendwie<br />
miteinander vernetzt sind. Die Mehrheit der Teilnehmer war<br />
der Meinung, dass es ohne Prozesse wohl doch nicht gehe. Man<br />
könne die Prozesse dezentralisieren und statt starrer Quality<br />
Gates die Qualität fortlaufend transparent machen, aber letztlich<br />
müssten die einzelnen Stufen auf ein gemeinsames Prozessziel<br />
ausgerichtet sein, fasste Kilger die Ergebnisse zusammen.<br />
In der Schluss-Keynote wurde der Aspekt aufgegriffen, dass der Linked<br />
Data-Ansatz nicht nur Veränderungen der Prozesse, sondern<br />
auch eine andere Informationskultur erfordert. Ein Wandel, der nach<br />
einem Helden sucht, wie die Schauspieler Oliver Gryzmann und<br />
Martina Seemann vom Improvisationstheater Candid Rhetorics zum<br />
humorvollen Ausklang der Veranstaltung zum Ausdruck brachten. In<br />
Anbetracht der großen Aufgabe beim Umbau der bestehenden<br />
PLM-Landschaften, möchte man meinen, dass dafür der eine oder<br />
andere Held gesucht wird.<br />
co<br />
www.conweaver.com<br />
Details zum Thema<br />
Linked Data Search:<br />
www.t1p.de/74w2<br />
42 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
DATENMANAGEMENT/PLM<br />
TOOLS<br />
Bild: PTC<br />
Mit Closed Loop Lifecycle Management<br />
beschreibt PTC die Zukunft des PLM und<br />
integriert fast spielerisch die Nutzung von<br />
Virtual Reality (VR) und Augmented Reality<br />
(AR) mit dem kürzlich erworbenen Vuforia<br />
PLM und die Zukunft der digitalisierten Industrie: PTC richtet sich strategisch auf das Internet der Dinge aus<br />
Die Digital <strong>Engineering</strong> Journey von PTC<br />
PTC lädt seine Kunden – die alten wie die künftigen – ein, mitzugehen auf eine Digital <strong>Engineering</strong><br />
Reise ins Zeitalter des Internets der Dinge (IoT). PTC ist davon überzeugt, dass sich alle Unternehmen<br />
auf diese Reise begeben werden, weil es in der Zukunft kaum ein Produkt geben wird, das nicht softwaregesteuert<br />
und mit dem Internet vernetzt ist. PTC liefert mit seinen IT-Systemen die Werkzeuge<br />
dafür, solche Produkte zu entwickeln, zu testen, zu betreiben und damit Dienste anzubieten.<br />
Ulrich Sendler, Analyst und Betreiber PLMportal<br />
2014 war für PTC ein wichtiges Jahr. Die Übernahme von Thing-<br />
Worx öffnete dem Anbieter von <strong>Engineering</strong> Software neue Türen.<br />
Das Unternehmen ThingWorx und seine gleichnamige Plattform<br />
waren zu diesem Zeitpunkt den Wenigsten bekannt. Es handelt<br />
sich um eine Technologie-Plattform, die eine sehr schnelle und<br />
sehr einfache Entwicklung von Apps erlaubt. Von kleinen Applikationen<br />
also, über die Daten beliebiger Quellen via Internet in eine Anwendung<br />
eingebunden werden. Ohne Kenntnis von Programmiersprachen<br />
und deren Syntax. Fast wie bei der Gestaltung der eigenen<br />
Bildschirmoberfläche am PC.<br />
Die Akquisition war, wie sich im Nachhinein zeigt, ein genialer<br />
Schachzug. Er ermöglicht PTC die Unterstützung der Industrie nicht<br />
nur in ihrer heutigen Wertschöpfung, sondern auch in der künftigen,<br />
die sich zunehmend in die Welt der vernetzten Nutzung und des Betriebs<br />
der Produkte verlagert. Wobei neue Geschäftsmodelle entstehen,<br />
die das Produkt vor allem als Basis integrierter Dienstleistungen<br />
sehen. Und in den USA spricht man – in Anlehnung an ‚Software<br />
as a Service‘ – auch von ‚Product as a Service‘.<br />
Erst allmählich beginnen die verschiedenen Zweige der Industrie<br />
weltweit diesen Entwicklungsschritt zu begreifen. Vorläufig bleibt<br />
das Kerngeschäft das alte. Die Frage lautete deshalb: Wie würde<br />
PTC den Spagat schaffen, das eigene bisherige Kerngeschäft rund<br />
um CAD und PLM weiterzu entwickeln und gleichzeitig ein neues im<br />
Internet der Dinge zu eta blieren.<br />
Die Antwort war eine Doppelstrategie und eine entsprechende<br />
Neuausrichtung der Unternehmensstruktur. Eine Säule bleibt das<br />
Geschäft mit Software zur Unterstützung der Unternehmensprozesse<br />
in der Fertigungsindustrie, die zweite ist die Unterstützung der<br />
Kunden im Internet der Dinge. CEO Jim Heppelmann stellte allerdings<br />
bereits 2015 klar, dass es zwischen diesen beiden Säulen einen<br />
sehr klaren und engen Zusammenhang und keine Trennlinie<br />
gibt. Das betont er mit seinem zentralen Satz: „IoT ist PLM!“<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 43
TOOLS<br />
DATENMANAGEMENT/PLM<br />
Bild: Sendler<br />
Das Ding im Internet und der Wert der Dienste<br />
Beim PTC Forum Europe in Stuttgart im November 2016 wurde unter<br />
anderem der Sauerstoffkonzentrator Zen-O des Medizingerätebereichs<br />
der GCE-Gruppe vorgeführt, eines Anbieters für industrielle,<br />
medizinische und Reinstgasversorgung. Der Zen-O ist ein Gerät,<br />
das Patienten mit Atemwegserkrankungen mobiler macht. Es ist<br />
tragbar, wiegt 4,66 kg und kann bis zu 2 Liter Sauerstoff pro Minute<br />
liefern, technisch oder atemzuggesteuert. Dieses Gerät gibt es seit<br />
Anfang 2016. Es verfügt über verschiedene akustische und optische<br />
Alarmanzeigen für schwache Batterie, das Fehlen erkennbarer Atmung,<br />
nötigen Service und geringe Sauerstoffkonzentration. So gut<br />
konnte man ohne das Internet der Dinge einen Sauerstoffkonzentrator<br />
machen. Jetzt ist mehr möglich.<br />
GCE suchte einen Weg, das Gerät zu vernetzen und weitergehende<br />
Dienste damit zu verknüpfen – und stieß auf ThingWorx und den<br />
PTC-Partner InVMA, der eine konkrete Lösung vorschlug. Patienten,<br />
Klinikmitarbeiter und Dienstleister sollten durch eine ortsunabhängige<br />
Überwachung der wichtigsten Produkt- und Patientendaten in<br />
der Sicherstellung der Gerätefunktion unterstützt werden. In Kooperation<br />
mit weiteren Partnern brauchte InVMA nur zwei Wochen für<br />
einen Prototyp. Nach zwei Monaten war Zen-O vernetzt. Der Unterschied:<br />
Batteriestatus, Atmung, Sauerstoffkonzentration und Serviceaktivitäten<br />
sind nun unabhängig von der Aufmerksamkeit oder<br />
Verfassung des Patienten zuverlässig im Blick. Die Funktion des Geräts<br />
kann garantiert werden. Zu jeder Zeit, an jedem Ort.<br />
Das Internet der Dinge führt zu einer Verschiebung des Schwerpunkts<br />
der Wertschöpfung. Die Zeit nach dem Verkauf – bisher nur<br />
für Reparaturdienst und Ersatzteillieferanten von Belang – wird für<br />
viele Produkte zum wichtigsten Glied der Wertschöpfungskette.<br />
Kevin Wrenn, Divisional General Manager für das PLM-Segment<br />
von PTC, sagt: „Man braucht ein paar Jahre, um ein Produkt zu entwickeln,<br />
ein paar Monate, um es zu fertigen – aber in Betrieb ist es<br />
oft 20 oder 30 Jahre.“<br />
Anlässlich des PTC Forum Europe in Stuttgart im November 2016 wurde der<br />
Sauerstoffkonzentrator Zen-O des Medizingerätebereichs der GCE-Gruppe<br />
vorgeführt. Mittels ThingWorx ließ sich das Gerät vernetzen und zeigt nun<br />
Batteriestatus, Atmung, Sauerstoffkonzentration und Serviceaktivitäten<br />
unabhängig von der Aufmerksamkeit oder Verfassung des Patienten an<br />
Für die Gestaltung der Dienste und Anwendungen vernetzter Produkte<br />
bietet PTC auf der Basis von ThingWorx eine Reihe vollständig<br />
integrierter Komponenten. Neben dem Generieren der Apps<br />
sind dies vor allem: ThingWorx Analytics zur Laufzeitdatenanalyse,<br />
Abweichungsdatenerkennung, vorausschauenden Analyse und Simulation;<br />
und Kepware zur Vernetzung von Industrieausrüstung und<br />
für die Maschine-zu-Maschine-Kommunikation.<br />
Design für Konnektivität<br />
Viele Produkte haben gar keine Sensoren, und noch mehr haben an<br />
den wichtigen Stellen nicht die richtigen. Es ist eben etwas anderes,<br />
einmal am Tag Daten an einem Display abzulesen und in eine Liste<br />
einzutragen, oder sie automatisiert kontinuierlich über eine drahtlose<br />
Verbindung zu sammeln, zu filtern und zu analysieren. Diesen<br />
Unterschied kann und muss man künftig bei der Entwicklung eines<br />
Produktes berücksichtigen. Design for Connectivity nennt das PTC.<br />
Der Designer muss die Dienste im Blick haben, die über das Produkt<br />
denkbar, sinnvoll und wertvoll sind.<br />
Vor allem in der Einstiegsphase ins Internet der Dinge mangelt es<br />
aber an Daten und folglich an Erfahrung, mit welchen Daten was<br />
möglich ist. Ein Data Driven Design – so eine anderer Begriff, der für<br />
IoT-gerechtes <strong>Engineering</strong> eingeführt wurde – ist also gar nicht so<br />
einfach zu realisieren. Um von vornherein zu wissen und dafür zu<br />
sorgen, dass bestimmte Datenflüsse für dezidierte Ziele analysiert<br />
und eingesetzt werden können, müssen die Möglichkeiten der Datenflüsse<br />
verstanden sein.<br />
Der erste Schritt in Richtung Internet der Dinge besteht deshalb oft<br />
darin, vorhandene oder verfügbare Daten zu nutzen, um sie zu verstehen<br />
und ihre Möglichkeiten besser einschätzen zu können. Spätestens<br />
hier wird vielen Kunden klar, was Produkt-Lebenszyklus-Management,<br />
was PLM ganz praktisch bedeutet: Wer dieses Konzept<br />
verwirklicht hat, der hat solchen Zugriff. Soweit Daten mit Hilfe von<br />
44 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
DATENMANAGEMENT/PLM<br />
TOOLS<br />
PLM zentral erfasst sind, kann das Unternehmen darauf zugreifen.<br />
Beim Schritt ins Internet der Dinge wird den anderen Unternehmen<br />
bewusst, dass sie diesen Schritt ohne PLM nur sehr schlecht, wenn<br />
überhaupt, gehen können.<br />
Ähnlich ist es mit den Daten der Anforderungen, die zur Entwicklung<br />
des Produktes geführt haben, und mit den Daten der Software,<br />
die zur Realisierung seiner Funktionen entwickelt wurde. Wer über<br />
ein Application Lifecycle Management (ALM) verfügt, hat dafür die<br />
Basis. Andernfalls wird er jetzt dafür sorgen müssen, denn sonst ist<br />
seine Software lediglich eine Black Box, die ihm während des Produktbetriebs<br />
wenig nützt.<br />
Und erst recht verhält es sich so mit den Daten, die den Betrieb, die<br />
Wartung, die Ersatzteile, den Service betreffen. Service Lifecycle<br />
Management (SLM) ist ein weiterer Baustein im Portfolio von Unternehmenssoftware,<br />
der umso wichtiger wird, je mehr Bedeutung<br />
den produktbasierten Diensten beigemessen wird.<br />
Die Managementsysteme, die PTC für industrielles <strong>Engineering</strong> im<br />
Portfolio hat – Creo für CAD, Windchill für PLM, Integrity für ALM,<br />
ein ganzes Portfolio für SLM – diese Systeme erhalten auf dem Weg<br />
ins Internet der Dinge eine neue Bedeutung, größer als je zuvor.<br />
PTC ist dabei, dieser neuen Bedeutung gerecht zu werden durch die<br />
schrittweise Integration all dieser Systeme mit eben dieser Thing-<br />
Worx Plattform.<br />
Durch Datenmeere navigieren<br />
Chris Bergquist, PLM Solutions Director, sagt: „Es gibt zwei Dimensionen<br />
der wachsenden Komplexität: Mehr und mehr Informationen<br />
werden von einer wachsenden Zahl unterschiedlicher Experten benötigt.<br />
Einer unserer Kunden sagte uns, seine Ingenieure verbringen<br />
mehr als 60 Prozent ihrer Zeit damit, Informationen aus einem<br />
der großen IT-Systeme anderen Bereichen zur Verfügung zu stellen.“<br />
Ein neues Produkt von PTC hat 2016 wohl aus genau diesem Grund<br />
einen überwältigenden Zuspruch erfahren. Bis zum Ende des ersten<br />
Geschäftsjahres waren über 70.000 Lizenzen von PTC Navigate<br />
verkauft. Dieser Erfolg ist leicht zu erklären.<br />
Mit dem Tool kann der Nutzer auf die Daten ganz unterschiedlicher<br />
Systeme, auch von Drittanbietern, zugreifen, ohne sie direkt zu koppeln<br />
und ihre Daten zu synchronisieren. Lose Kopplung nennt man<br />
das. PTC Navigate nutzt dafür einen sogenannten Mash-up-Layer,<br />
um die Daten einfach zusammenzubringen und darzustellen.<br />
Auf diese Weise stehen dem User Daten von Kunden, aus Aufträgen,<br />
aus Stücklisten, aus der Fertigung, vom Service zur Verfügung,<br />
die er für einen bestimmten Arbeitsschritt braucht. PTC Navigate ist<br />
rollenbasiert, offen und einfach konfigurierbar.<br />
PLM als Kern der digitalen Industrie<br />
Das Herz der Produktdaten, die im Laufe des Produkt-Lebenszyklus<br />
entstehen, und vor allem die Struktur ihrer Beziehungen zueinander,<br />
dieses Herz ist PLM, also im Falle von PTC Windchill. Kevin Wrenn<br />
sagt: „Für uns ist Windchill das Hauptsystem für Entwicklung, Test,<br />
Freigabe, Änderung oder Konfigurationsmanagement.“ Und Chris<br />
Bergquist ergänzt: „Modellbasiertes <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>, Functional<br />
Design und Simulation sind heute ebenfalls entscheidend für<br />
das <strong>Engineering</strong>. Aber gerade in Richtung vernetzter Systeme gilt:<br />
Alle Daten müssen zurückverfolgt werden können.“<br />
Die Industrie braucht ein digitales Produktmodell nicht nur, um auf<br />
die Daten zugreifen zu können. Der digitale Zwilling ist auch die Voraussetzung<br />
dafür, dass aus der Analyse der Betriebsdaten im <strong>Engineering</strong><br />
die richtigen Schlüsse gezogen werden können. Und es ist<br />
in modernen Entwicklungsteams die Basis für Crowd-Sourcing.<br />
Das bekannteste Beispiel hierfür lieferte das überaus erfolgreiche<br />
Startup StreetScooter der RWTH Aachen, das inzwischen von der<br />
Deutschen Post übernommen wurde. Die Post stellt nun ihre Elektro-Fahrzeuge<br />
für die Postzustellung selbst her. Jährlich 10.000 sollen<br />
es ab 2017 werden. In Rekordzeit und zu Rekord-Niedrigkosten<br />
wurde der E-Transporter Work entwickelt. Bereits während der Entwicklung<br />
wurden Daten aus dem Testbetrieb ins Design zurückgespielt.<br />
Für das Projekt setzte StreetScooter auf die gesamte Palette<br />
der PTC-Software, von Creo über Windchill bis zu ThingWorx. Das<br />
bildete auch die Grundlage für Apps, mit denen die neuen Postautos<br />
beispielsweise nach der Rückkehr von der Postzustellung entscheiden,<br />
in welcher Reihenfolge ihre Batterien geladen werden.<br />
Mit Closed Loop Lifecycle Management umschreibt dies PTC heute,<br />
wobei das umfangreiche Softwareportfolio den Kunden unterstützt.<br />
Dabei ist der Anbieter stets weiter auf der Suche nach Ergänzungen,<br />
die in dieses Angebot passen, wie die fast spielerische Nutzung<br />
von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) mit dem<br />
kürzlich erworbenen Vuforia zeigt. Mit mehr als 6.000 Mitarbeitern<br />
will PTC weiterhin Vorreiter sein.<br />
Dass die Kunden die Strategie von PTC verstehen und begrüßen,<br />
äußert sich für Stephan Ellenrieder in sämtlichen Gesprächen, die er<br />
mit ihnen führt. In seinem Kommentar „Keine Digitalisierung ohne<br />
PLM“ schreibt er: „Egal mit welchen Unternehmensleitern und aus<br />
welcher Branche wir momentan über IoT und mögliche darauf aufbauende<br />
AR-Szenarien sprechen – stets geht es in den Gesprächen<br />
auch um die Implementierung eines PLM-<strong>Systems</strong>.“ PLM als Basis<br />
für IoT, und IoT wiederum als Treiber für PLM. Für Stephan Ellenrieder<br />
geht die Gleichung auf: „Die Unternehmensführung begreift zunehmend<br />
die Wichtigkeit einer guten PLM-Basis als Startpunkt für<br />
den eigenen digitalen Fortschritt.“<br />
co<br />
www.ptc.com<br />
Hinweis:<br />
In Ausgabe 01/2016 der <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong> <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> fragten wir danach, ob<br />
PLM in der Industrie 4.0 unwichtig wird oder zentrale Datendrehscheibe (S. 39ff). Der<br />
vorliegende Artikel ist eine leicht gekürzte Fassung des gleichnamigen Hintergrundartikels<br />
von Autor Ulrich Sendler auf dem PLMportal (www.plmportal.org) als Antwort und<br />
gibt die offizielle Strategie von PTC wieder.<br />
Weiterführende Infos zum<br />
Thema IoT aus Sicht von PTC:<br />
www.t1p.de/2f4w<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 45
TOOLS<br />
ANFORDERUNGSMANAGEMENT<br />
Strategische Investition in die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit<br />
Disposition 4.0 für die smarte Fabrik<br />
Die Umsetzung eines Fabrik-4.0-Konzeptes in der Automatisierung erfordert auch eine Disposition 4.0.<br />
Disposition 4.0 ist dabei längst keine Vision mehr sondern bei verschiedenen Technologieführern gelebte<br />
Realität. Die wesentliche Herausforderung und damit der entscheidende Schlüssel zur Disposition<br />
4.0 liegen in der intelligenten Auswertung der ungeheuren Datenmengen, die in heutigen ERP-<br />
Systemen aufgrund der zunehmenden Digitalisierung der Prozesse vorliegen und laufend anwachsen.<br />
Prof. Dr.-Ing. Götz-Andreas Kemmner und Prof. Dr.-Ing. Gerrit Sames<br />
Industrie 4.0 zielt darauf ab, die Industrie für die Zukunft der Produktion<br />
zu rüsten. Ziel ist es, Produktionsvorteile durch eine vernetzte<br />
und sich dynamisch organisierende Fertigung für individualisierte<br />
Produkte zu erreichen. Als wesentliche technologische Grundlagen<br />
der Fabrik 4.0 gelten Cyber-physikalische Systeme und das Internet<br />
der Dinge. Dabei geht es um die selbständige Kommunikation<br />
zwischen verschiedenen Komponenten in Produktion, Wertschöpfungskette<br />
und Supply Chain. Den Überlegungen zur Fabrik<br />
4.0 haftet der Touch rein dezentraler Strukturen an, die keinem gemeinsamen<br />
Plan mehr folgen müssen. Da spricht das Bauteil mit<br />
der Werkzeugmaschine, zu welcher neuen Komponente es verarbeitet<br />
werden möchte und findet selbständig seinen Weg durch die Fabrik<br />
und durch die verschiedenen Lagerstufen. Die Werkzeugmaschine<br />
ordert selbständig die benötigten Werkzeuge im ERP-System.<br />
Doch auch in der Fabrik 4.0 sind übergeordnete zentrale Vorgaben<br />
erforderlich, denn Teile müssen bevorratet und Fertigungsaufträge<br />
müssen disponiert werden. Selbst wenn sich Produktionsmaterial<br />
den Weg durch die Fabrik selbst sucht, muss eine Entscheidung<br />
getroffen werden, wann es auf den Weg gebracht wird. Damit<br />
ein ERP-System Teile automatisch bestellen kann, müssen zuverlässige<br />
Entscheidungsmechanismen aufgebaut werden.<br />
Die Fabrik 4.0 benötigt eine Disposition 4.0<br />
Mechanismen zur Disposition 4.0 bestehen bereits, sie werden<br />
aber erst von wenigen Leistungsführern angewandt. Die wesentliche<br />
Herausforderung und damit der entscheidende Schlüssel zur<br />
Disposition 4.0 liegen in der intelligenten Auswertung der ungeheuren<br />
Datenmengen, die in heutigen ERP-Systemen aufgrund der zunehmenden<br />
Digitalisierung der Prozesse vorliegen und laufend weiter<br />
wachsen. Leider ist die systematische Erfassung und Analyse<br />
der Daten noch wenig entwickelt, und so werden kaum oder nur<br />
wenig Schlussfolgerungen aus den Daten gezogen. Wichtig dabei<br />
ist, dass die Datenanalytik sehr genau auf die Fragestellungen passen<br />
und daher sehr spezifisch ausgelegt sein muss. An geeigneten<br />
mathematischen Verfahren und Algorithmen, um aus den Datenmengen<br />
Informationen herauszufiltern, wird intensiv gearbeitet und<br />
erste in der Praxis anwendbare Lösungen existieren bereits.<br />
Warum die ungeheuren Datenmengen und deren intelligente Auswertung<br />
für die Disposition 4.0 so entscheidend sind, lässt sich<br />
leicht nachvollziehen. Die Disposition ist das Herz eines jeden Unternehmens,<br />
das den gesamten Materialstrom durch Supply Chain<br />
und Wertschöpfungskette pumpt. Deshalb ist die Qualität der Dis-<br />
position für die Wirtschaftlichkeit einer Wertschöpfungskette von<br />
entscheidender Bedeutung. Sie hängt von den Dispositionsparametern<br />
ab, die maßgeblich bestimmen, wie sich Bestände, Lieferbereitschaft,<br />
Reichweiten, Kapazitätsauslastung und Durchlaufzeiten<br />
in Beschaffung, Produktion und Distribution entwickeln und wie<br />
wirtschaftlich damit die gesamte Wertschöpfungskette arbeitet.<br />
ERP-Systeme haben Ziele verfehlt<br />
In der heutigen Fabrik 3.0 fehlt es bereits an einer effektiven Disposition:<br />
Viele Unternehmen müssen feststellen, dass sich trotz Einsatz<br />
von ERP-Systemen zum Beispiel die gewünschte Bestandsreduzierung<br />
nicht einstellt. Auch sind geplante Lieferbereitschaftsgrade<br />
nicht erreicht worden. Wesentliche Ursachen für das Verfehlen<br />
der wirtschaftlichen ERP-Ziele sind in den Unternehmen durchaus<br />
bekannt: Eine Pflege von Dispoparametern findet häufig nicht oder<br />
nur in zu großen Abständen statt. Das liegt zuerst einmal an dem zu<br />
großen manuellen Pflege- und damit Zeitaufwand, der für eine Datenpflege<br />
erforderlich wäre. Doch selbst in den Unternehmen, in denen<br />
ein gewisser Pflegeaufwand betrieben wird, ist die Einstellungsqualität<br />
der Dispositionsparameter meist schlecht, denn einerseits<br />
werden viel zu wenige Parameter betrachtet und andererseits<br />
werden diese i.d.R. nach wie vor nach bestem Wissen durch den zuständigen<br />
Disponenten gesetzt. Die Herausforderungen werden<br />
weiter wachsen und die Zeit für die Datenpflege wird zwangsläufig<br />
immer geringer werden; alleine schon aufgrund der demographischen<br />
Entwicklung wird das notwendige Personal fehlen. Wohl noch<br />
entscheidender ist, dass das Verständnis der Anwender für die Auswirkung<br />
von Dispoparametern sehr eingeschränkt ist, aber selbst<br />
ausgewiesene Experten werden das komplexe Zusammenwirken<br />
nicht mehr zuverlässig beherrschen. Letztlich werden mit den ERP-<br />
Systemen keine geeigneten Werkzeuge zur Optimierung der Dispositionsparameter<br />
zur Verfügung stehen. Viele Manager sehen zwar,<br />
dass die Datenqualität im ERP-System nicht zufriedenstellend ist,<br />
bezweifeln aber immer noch, dass sich durch das Nachjustieren von<br />
Dispositionsparametern viel erreichen lässt.<br />
Falsche Parameter mit gravierenden Auswirkungen<br />
Ziel eines Unternehmens war es beispielsweise, eine Lieferbereitschaft<br />
von 95 % sicherzustellen. Die dafür erforderlichen Bestände<br />
sollten möglichst gering gehalten werden. Durch geeignetes Einstellen<br />
der Dispositionsparameter des ERP-<strong>Systems</strong> ist es gelungen,<br />
die Lieferbereitschaft hinreichend sicherzustellen, allerdings<br />
auf Kosten eines um 18 % höheren Bestandes. Durch weitere Optimierungen,<br />
ergänzt durch eine erweiterte Dispositions- und Prognosefunktionalität,<br />
konnte die geforderte Lieferbereitschaft letztlich<br />
46 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
ANFORDERUNGSMANAGEMENT<br />
TOOLS<br />
Falsche Dispositionsparameter<br />
haben häu-<br />
fig gravierende Auswirkungen<br />
Bild: SCT<br />
sogar mit 40 % weniger Bestand erreicht werden.<br />
Dabei führt die konventionelle Pflege von Dispositionsparametern<br />
nicht zum Erfolg: Erstens ist die konventionelle Pflege von Dispositionsparametern<br />
viel zu aufwändig. Zweitens liefert eine konventionelle<br />
Pflege von Dispositionsparametern keine reproduzierbaren<br />
Dispositionsergebnisse. Diesen Effekt kennt jeder Praktiker, doch<br />
die meisten Unternehmen tun wenig dagegen. Jeder Anwender gewichtet<br />
Sachverhalte anders, verhält sich damit anders und hat darüber<br />
hinaus nur den Überblick über einen Teil des Geschehens. Mit jeder<br />
Urlaubs- oder Krankheitsvertretung, mit jedem Personalwechsel<br />
verändert sich die Dispositionswelt der betroffenen Artikel, was wiederum<br />
Auswirkungen auf alle nachfolgenden Dispositionsstufen hat.<br />
Drittens liefert eine konventionelle Pflege von Dispositionsparametern<br />
keine wirtschaftlich optimierten Ergebnisse. Zu wirtschaftlich optimierten<br />
Dispositionsergebnissen lässt sich nicht per Bauchgefühl kommen,<br />
denn das Zusammenspiel der verschiedenen Dispositionseinstellungen<br />
ist äußerst komplex. Letztlich geht es um statistische Effekte und<br />
statistische Zusammenhänge zwischen Parametereinstellungen und<br />
wirtschaftlichen Ergebnissen. Selbst wenn man von nur zehn Parametern<br />
ausgeht, die für die Performance eines Artikels wichtig sind, kann<br />
kaum jemand das logistische Zusammenwirkungen dieser Parametereinstellungen<br />
beurteilen und damit auch nicht deren betriebswirtschaftliche<br />
Auswirkungen. In leistungsfähigen ERP-Systemen lassen sich pro<br />
Materialnummer jedoch weit mehr Dispositionsparameter einstellen.<br />
Im SAP-System können beispielsweise bis zu 130 Parameter für jedes<br />
Material festgelegt werden; dabei sind Einstellungen zu Vergangenheitswerten,<br />
Quotierungen, Lieferplänen und Kontraktennicht enthalten.<br />
Natürlich benötigt niemand so viele Einstellungen für einen Artikel<br />
zur selben Zeit; weit mehr als 10 sind es in der Praxis jedoch allemal.<br />
Auf den ersten Blick scheint es schwierig, unter diesen Umständen<br />
zu richtig eingestellten Dispositionsparametern zu gelangen.<br />
Big Company Data Analytics für neue Möglichkeiten<br />
Mit dem Werkzeug Diskover Sco von SCT Supply Chain Technologies<br />
existiert eine Fabrik-4.0-Lösung, die in der Lage ist, die umfangreichen<br />
Datenbestände im ERP-System zu nutzen, um damit optimierte<br />
Parametereinstellungen zu ermitteln und bestimmte Dispositionsparameter<br />
laufend zu justieren. Kern der Analyse sind dabei<br />
Simulationen, mit denen überprüft wird, wie sich eine bestimmte<br />
Kombination von Dispositionsparametereinstellungen auf die Wirtschaftlichkeit<br />
der Dispositionsergebnisse auswirken. Mit Simulationsansätzen<br />
arbeitet man heute an vielen Stellen. Diskover Sco simuliert<br />
die Disposition im Rechner, ehe die Parametereinstellungen<br />
in der Praxis umgesetzt werden. Der Simulationsprozess ersetzt dabei<br />
nicht den Fachmann, der die Simulationsergebnisse interpretieren<br />
und daraus Schlüsse ziehen kann. Optimierungsprozesse werden<br />
jedoch drastisch beschleunigt, Risiken deutlich verringert und<br />
es werden qualitativ weit bessere Ergebnisse erreicht. Die Simulationsergebnisse<br />
können einerseits in Dispositionsregelwerken abgebildet<br />
werden. Andererseits werden besonders dynamische Parametereinstellungen,<br />
wie Sicherheitsbestände oder Prognosewerte,<br />
durch Simulationsprozesse direkt nachjustiert. Interessant ist dabei<br />
auch, dass sich für jeden einzelnen Artikel und jedes Material direkt<br />
überprüfen lässt, ob geforderte Lieferbereitschaftsgrade in der Praxis<br />
überhaupt eingehalten werden können und welche Zielbestände<br />
zu erreichen sein werden.<br />
Der grundsätzliche Ablauf der Datenanalysen und Simulationen<br />
lässt sich in fünf Schritte untersteilen:<br />
• Aus Zu- und Abgängen von Beständen lassen sich mit geeigneten<br />
Verfahren Bestandsverläufe, Lieferbereitschaftsgrade und<br />
Reichweiten berechnen.<br />
• Über Simulationen unter Variation von Dispoparametern und Dispositionsstrategien<br />
können gezielt Soll-Reichweiten bzw. Lieferbereitschaftsgrade<br />
bestimmt werden.<br />
• Mit welchen Einstellungen, unter welchen Randbedingungen,<br />
optimierte Bestandshöhen, Reichweiten resp. Lieferbereit-<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 47
TOOLS<br />
ANFORDERUNGSMANAGEMENT<br />
Bild: SCT<br />
Bild: SCT<br />
Big Company Data Analytics eröffnet breite Möglichkeiten it für die Dispo -<br />
sition 4.0<br />
Die Auswirkung eines Regelwerks auf das gesamte Teilespektrum lässt<br />
sich per Simulation mittels Diskover ermitteln<br />
schaftsgrade erreicht werden, wird in Entscheidungstabellen und<br />
Regelwerken abgebildet.<br />
• Die regelbasierten Einstellparameter werden in das ERP-System<br />
zurückgespielt; die manuelle Pflege von Dispoparametern kann<br />
somit entfallen.<br />
• Die Optimierung und das Rückspielen der Ergebnisse ins ERP-<br />
System erfolgt täglich automatisch oder zu wählbaren Zeiten.<br />
Um die Auswirkungen alternativer Dispositionseinstellungen für unterschiedliche<br />
Artikelgruppen zu simulieren, werden im System zu testende<br />
Dispositionsparametereinstellungen oder ganze Regelwerke in<br />
Szenarien übernommen und in den Simulationsprozess gegeben. Die<br />
Ergebnisse lassen sich direkt in Diskover als Gesamtergebnis über alle<br />
Artikel sowie für jeden einzelnen Artikel ansehen, um daraus ggf. Hinweise<br />
für Optimierungsansätze zu erhalten. Auf diese Weise lassen<br />
sich Handlungsalternativen durchspielen und miteinander vergleichen.<br />
Als Ergebnis der Datenanalysen gewinnt man nicht nur Informationen<br />
zu den richtigen Parametereinstellungen im ERP-System, sondern<br />
auch strategische Erkenntnisse und Organisationsregeln. Von direkter<br />
Bedeutung für die Disposition 4.0 ist, wie man mit den technischen Erkenntnissen<br />
hinsichtlich der Dispositionsregelwerke umgehen muss,<br />
um sie in der Praxis effektiv und effizient anwenden zu können.<br />
Auswirkung des Regelwerks auf das Teilespektrum<br />
Mit dem Dispo-Handbuch der 90er-Jahre oder einfachen Arbeitsanweisungen<br />
kommt man heute nicht mehr weit. Das liegt nicht nur<br />
daran, dass es für die Anwender viel zu aufwändig wäre, zwecks<br />
Datenpflege die Regeln nachzuschlagen. Entscheidender ist noch,<br />
dass die Regelwerke auf einer großen Zahl unterschiedlicher Materialklassifizierungen<br />
aufsetzen, die laufend neu berechnet werden<br />
müssen und ohne die die Regelwerke nicht funktionieren. Zur konsequenten<br />
Umsetzung der Disposition 4.0 ist vielmehr ein strategisch<br />
ausgerichtetes Werkzeug erforderlich, das dem ERP-System<br />
die jeweils aktuellen Dispositionsparametereinstellungen vorgibt<br />
und auf diese Weise die Logistik-Performance optimiert.<br />
Ein solches ERP-Performance-Management-System/Dispo-4.0-System<br />
regelt die Parametereinstellungen im ERP-System nach. Es<br />
muss dazu ein breites Spektrum an Grunddaten aus dem ERP-System<br />
übernehmen, zahlreiche Artikelklassifizierungen und Kennzahlenermittlungen<br />
vornehmen, Regelwerke und Entscheidungstabellen<br />
abbilden sowie über umfangreiche Simulationsfunktionen verfügen<br />
und die Einstellungsvorgaben an das ERP-System zurückgeben.<br />
Das ERP Performance Management System gibt dem ausführenden<br />
ERP-System die Strategien und Artikeleinstellungen vor. Für<br />
Klassifizierungen und einfache Regelwerke gibt es bereits verschiedene<br />
Lösungen am Markt. Bei den Simulationsfunktionen trennt<br />
sich heute die Spreu vom Weizen. Auch wenn der Markt noch dünn<br />
gesät ist, auf Big Company Data basierendes ERP-Performance Management<br />
ist in der Praxis angekommen und bei Technologieführern<br />
bereits im Einsatz. Das zeigen verschiedene Beispiele. In allen Fällen<br />
wurden bedeutende Bestandsreduzierungen, verbesserte Lieferbereitschaft<br />
und rationellere Dispositionsprozesse erreicht. ge<br />
www.diskover.de<br />
Bild: SCT<br />
Das ERP Performance Management System gibt dem ausführenden ERP-<br />
System die Strategien und Artikeleinstellungen vor<br />
Details zur Fabrik-4.0-Lösung<br />
Diskover Sco:<br />
www.t1p.de/mnau<br />
48 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
SYSTEMENTWICKLUNG/CAD<br />
TOOLS<br />
Systemwechsel bei globaler Vernetzung und Zusammenarbeit mit Auslandstöchtern<br />
CAD-Umstieg ohne Produktivitätseinbruch<br />
Die Aktualisierung einer gewachsenen, verteilten Entwicklungsumgebung ist ein komplexes Projekt,<br />
das gute Vorbereitung erfordert. Bei TOX Pressotechnik in Weingarten stand die Implementierung von<br />
Creo 3.0 an – synchronisiert an fünf Entwicklungsstandorten rund um die Welt und für 100 User weltweit.<br />
Keine einfache Aufgabe, die das Unternehmen mit Unterstützung von Inneo Solutions löste.<br />
Dipl.-Ing. Ralf Steck, Fachjournalist, Friedrichshafen<br />
TOX Pressotechnik entwickelt und produziert Werkzeuge und Lösungen<br />
für das Clinchen, das auch Durchsetzfügen oder „Toxen“<br />
genannt wird und unter anderem im Karosseriebau zum Einsatz<br />
kommt – als alleinige Verbindung oder zur Fixierung von Klebeverbindungen.<br />
Neben das ursprüngliche Verfahren sind heute eine<br />
ganze Reihe weiterer Fügetechniken getreten, so dass das Unternehmen<br />
eine breite Palette von Lösungen für die unterschiedlichsten<br />
Anforderungen bieten kann – bis hin<br />
zu pneumohydraulischen Antrieben sowie elektromechanischen<br />
Servoantrieben und den<br />
zugehörigen Prozessüberwachungs- und<br />
Prozesssteuerungsanlagen.<br />
Das <strong>Engineering</strong> ist nicht nur am<br />
Weingartener Hauptsitz angesiedelt,<br />
auch die Standorte in den USA, China,<br />
Korea, Japan, Indien und Brasilien<br />
haben eigene <strong>Konstruktion</strong>skapazitäten.<br />
Dabei ist das Kern-Knowhow<br />
in Weingarten konzentriert und<br />
an den internationalen Standorten<br />
wird vor allem für die Anpassung von<br />
Maschinen an lokale Anforderungen oder<br />
für Sondermaschinen gearbeitet. Im CAD/<br />
PLM-Bereich setzt TOX Pressotechnik schon seit 2001 auf die Lösungen<br />
von PTC, damals noch mit den Produkten Pro/Engineer und<br />
Pro/Intralink, die mittlerweile von Creo und Windchill PDMLink abgelöst<br />
wurden. Von Beginn an war die <strong>Konstruktion</strong>sumgebung in<br />
die Unternehmenssoftwarelandschaft eingebettet, zur Verbindung<br />
nutzt TOX Pressotechnik die SAP-Schnittstelle von Innoface.<br />
„Wir hatten über fünf Jahre mit dem Pro/Engineer-Release Wildfire<br />
5.0 gearbeitet und es wurde einfach Zeit, auf die aktuelle Version<br />
Creo 3.0 umzusteigen“, erinnert sich Jochen Baur, CAD/PLM-Verantwortlicher<br />
bei TOX Pressotechnik. „Allzu oft zeigten sich Probleme,<br />
weil Wildfire 5 vom Hersteller nicht mehr mit Bugfixes und Support<br />
unterstützt wurde. Zudem wollten wir in den Bereichen CAD und<br />
CAM wieder mit demselben System arbeiten.“ Seit 2012 setzt die<br />
NC-Programmierung bei TOX Pressotechnik bereits CreoNC ein und<br />
es arbeiten inzwischen alle fünf CAM-Programmierer mit CreoNC<br />
3.0. Die CAM-Lösung ist komplett vernetzt und in die IT-Landschaft<br />
aus CAD-, PDM- und TDM-System integriert. Wird in beiden Abteilungen<br />
mit demselben System gearbeitet, vereinfacht sich zum<br />
Bild: TOX Pressotechnik<br />
Standardprodukte verknüpft TOX<br />
Pressotechnik zu Komplettlösungen<br />
vom Handarbeitsplatz bis zur verketteten<br />
Fertigung. Dazu gehören auch<br />
robotergeführte Clinchzangen<br />
einen die Datenübergabe zwischen CAD- und CAM-Bereich, zum<br />
anderen sind natürlich auch Administration und Pflege des <strong>Systems</strong><br />
einfacher.<br />
Releasewechsel mit System<br />
Als Vorbereitung für den CAD-Releasewechsel musste zunächst die<br />
benötigte Umgebung geschaffen werden; so wurde die zu Creo 3.0<br />
kompatible Version 10.2 des Datenverwaltungssystems PDMLink<br />
bereits Anfang des Jahres 2015 eingeführt, das aktuelle Release der<br />
Inneo Startup Tools Anfang 2016. Diese von Inneo entwickelte<br />
Sammlung von Werkzeugen rund um Creo ist für die Anwender<br />
ebenso wichtig wie für den Administrator. Letzerem erspart die<br />
Startup-Tools-Funktion, Creo-Einstellungen und Startparameter zentral<br />
zu verwalten, viel Arbeit und Zeit. Die User schätzen unter anderem<br />
die Bibliotheksfunktion der Startup Tools, die es ermöglicht,<br />
sehr schnell auf Norm- und eigene Standardteile zuzugreifen.<br />
Ein Releasewechsel muss gut vorbereitet sein, fährt Baur fort: „Zuerst<br />
informiert man sich, schaut sich die Software an, bewertet die<br />
spezifischen Vorteile für den eigenen Arbeitsprozess. Dann gilt es<br />
im nächsten Schritt die Software genauer zu prüfen, zu validieren<br />
und zum Schluss komplett durchzutesten.“ Dieser Prozess dauerte<br />
mehrere Wochen, teils Monate. „Alle Funktionen, alle Abläufe, alle<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 49
TOOLS<br />
SYSTEMENTWICKLUNG/CAD<br />
Schnittstellen müssen passen. Erst dann folgte die Freigabe für das<br />
erste produktive Pilotprojekt.“ Zunächst starten die ersten Key-User<br />
mit dem neuen System. TOX Pressotechnik arbeitete dabei nicht<br />
mit Testdaten, sondern begann direkt mit realer Entwicklungsarbeit.<br />
Zur Vorbereitung waren die Key-User lediglich auf einem halbtägigen<br />
Hands-On-Seminar von Inneo, wie Baur weiter ausführt. „Es ist<br />
wichtig, hier Leute zu haben, die mitmachen, die hinter der Idee<br />
stehen und Begeisterung für das Neue haben.“<br />
Nach erfolgreichem Verlauf der Pilotprojektphase wurde ein konkreter<br />
GoLive-Termin festgelegt. Vor diesem Termin erhielten alle Kon-<br />
TOX Pressotechnik bietet<br />
Lösungen für eine Reihe von<br />
Fügetechniken, bis hin zu den<br />
zugehörigen Prozessüberwachungs-<br />
und Prozesssteuerungsanlagen<br />
strukteure gruppenweise eine eintägige Updateschulung bei Inneo<br />
an deren Standort im nahen Lindau. Währenddessen wurden alle<br />
CAD-Arbeitsplätze auf Creo 3.0 aktualisiert, denn nach Baurs Erfahrung<br />
ist es ausschlaggebend, dass die Anwender nach der Schulung<br />
sofort mit dem neuen System arbeiten können. Der eigentlich im<br />
Umfang der Updateschulung enthaltene zweite Schulungstag wurde<br />
auf einen Zeitpunkt mehrere Wochen nach der Einführung verlegt.<br />
Die Anwender konnten also bereits erste Erfahrungen mit dem<br />
System sammeln und hatten beim zweiten Termin die Möglichkeit,<br />
Themen und Fragen gezielter anzugehen. Baur erläutert: „Es ist<br />
wichtig, die Anwender am Anfang nicht komplett zu überfordern.<br />
Die Leute sollen und müssen sich erst einmal an das neue System<br />
gewöhnen. Das ist für die einen einfacher, für die anderen schwieriger.“<br />
Daher war das primäre Ziel beim Umstieg, zunächst die bekannten<br />
Arbeitsabläufe und Funktionen in Creo umzusetzen und anzuwenden.<br />
Zum Anwender<br />
INFO<br />
Bild: TOX Pressotechnik<br />
Die TOX Pressotechnik GmbH & Co. KG wurde im Jahr 1978 im oberschwäbischen<br />
Weingarten von Eugen Rapp gegründet. Das nach wie vor<br />
im Familienbesitz befindliche Unternehmen beschäftigt über 1100 Mitarbeiter,<br />
etwa 650 davon im Ausland. TOX Pressotechnik entwickelt und<br />
produziert Werkzeuge und Lösungen für das Clinchen, eine Verbindungstechnik<br />
für Bleche, die heute im Automobilbau und anderen Bereichen<br />
millionenfach zum Einsatz kommt. Clinchwerkzeuge bestehen aus einem<br />
Rundstempel und einer Matrize; werden zwei Bleche mit dem Stempel in<br />
die Matrize gepresst, fließt das Material in der Matrize nach unten und<br />
außen und es bildet sich eine druckknopfähnliche Form. Damit sind die<br />
beiden Bleche nach dem Clinchen unlösbar miteinander verbunden. Das<br />
Verfahren ist extrem materialschonend, so bleiben die Oberflächen und<br />
sogar Beschichtungen der Bleche unverletzt.<br />
Heute sind neben das ursprüngliche Verfahren eine ganze Reihe weiterer<br />
Fügetechniken getreten, so dass TOX Pressotechnik eine breite Palette<br />
von Lösungen für die unterschiedlichsten Anforderungen bieten kann. Ein<br />
weiteres Hauptprodukt ist das TOX-Kraftpaket, ein pneumohydraulischer<br />
Antrieb, der die hohe Geschwindigkeit pneumatisch betriebener Zylinder<br />
mit der hohen Kraft hydraulischer Antriebe kombiniert. Zudem umfasst<br />
die TOX-Produktpalette elektromechanische Servoantriebe und die zugehörigen<br />
Prozessüberwachungs- und Prozesssteuerungsanlagen. Diese<br />
Standardprodukte verknüpfen die TOX Pressotechnik-Ingenieure zu Komplettlösungen<br />
vom Handarbeitsplatz bis zur verketteten Fertigung; ein<br />
weiteres Produkt sind robotergeführte Clinchzangen, beispielsweise für<br />
den Karosseriebau. In vielen Fällen deckt eine der Standardlösungen die<br />
Anforderungen ab, ansonsten werden natürlich auch Sonderlösungen<br />
entwickelt.<br />
www.tox-de.com<br />
50 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
SYSTEMENTWICKLUNG/CAD<br />
TOOLS<br />
Zusammenspiel von PLM und CAD<br />
Creo 3 wurde überwiegend positiv aufgenommen,<br />
sagt Baur im Rückblick: „Natürlich ist es<br />
schwierig, nach so vielen Jahren mit<br />
Wildfire eine neue Benutzeroberfläche<br />
zu lernen, da tut sich mancher schwerer<br />
als andere. Aber insgesamt und dank der<br />
guten Schulung gelang uns der Übergang nahezu<br />
perfekt. Was sehr positiv auffällt, ist unter anderem<br />
die bessere Performance von Creo im Zusammenspiel<br />
mit Windchill. Viele weitere kleine Details helfen<br />
den Konstrukteuren bei ihrer täglichen Arbeit und<br />
bringen positive Stimmung dem neuen System gegenüber.“<br />
Einige in Creo 3.0 neu hinzugekommene Funktionen wurden<br />
noch gar nicht eingeführt, um den Umstieg nicht zu verkomplizieren,<br />
beispielsweise die Unite-Technologie, mit der Creo 3.0<br />
Fremdformate direkt öffnen kann. Da bei TOX Pressotechnik viel mit<br />
Fremdformaten gearbeitet wird, sollten diese sich durch Unite einfacher<br />
handhaben lassen.<br />
„Es ist wichtig, Leute zu haben,<br />
die mitmachen, die hinter der<br />
Idee stehen und Begeisterung<br />
für das Neue haben.“<br />
Durch die enge globale Vernetzung und Zusammenarbeit mit den<br />
Auslandstöchtern war es wichtig, dass die Standorte außerhalb<br />
Deutschlands zeitnah auf das neue Release umgestellt wurden,<br />
denn wie bei allen CAD-Systemen sind Creo-Daten nicht abwärtskompatibel.<br />
CAD-Daten aus Creo 3.0 können nicht in Wildfire geöffnet<br />
werden, so dass die Auslandstöchter ohne schnelle Umstellung<br />
von den aktuellen Daten abgeschnitten worden wären. „Dadurch<br />
standen wir natürlich unter Druck“, erinnert sich Baur. „Das gesamte<br />
Umstiegsprojekt musste so koordiniert werden, dass es keinen Produktivitätsausfall<br />
und auch keinen Produktivitätseinbruch gab.“ So<br />
wurden innerhalb eines Zeitraums von vier bis sechs Wochen alle<br />
Standorte komplett auf Creo 3.0 aktualisiert. Neben dem Hauptstandort<br />
Deutschland betraf dies die Auslandsstandorte USA, China,<br />
Indien und Brasilien mit insgesamt bis zu 100 CAD-Anwendern. Alle<br />
Standorte sind über Windchill PDMLink miteinander verbunden. TOX<br />
Pressotechnik versucht, in allen Ländern mit den gleichen Werkzeugen<br />
und den gleichen Prozessen zu arbeiten. Trotzdem hat natürlich<br />
jedes Land doch auch seine Eigenheiten und immer auch seine eigene<br />
Herausforderung.<br />
Bild: TOX Pressotechnik<br />
Pneumatische Antriebe von<br />
TOX Pressotechnik werden als<br />
TOX-Kraftpaket angeboten und bestehen<br />
aus einem energiesparenden<br />
Pneumatikzylinder mit integriertem<br />
Ölsystem und automatisch einsetzenden<br />
Krafthüben<br />
Bei der Aktualisierung einer solch komplexen Systemlandschaft ist<br />
natürlich auch ein zuverlässiger und kompetenter Partner wichtig.<br />
„Inneo ist unser PTC-Ansprechpartner – sehr wichtig ist dabei die<br />
technische Hotline von Inneo. Die Mitarbeiter dort reagieren sehr<br />
schnell auf unsere Anrufe und beantworten unsere Anfragen. Die<br />
von uns gemeldeten Fehler werden geprüft, bestätigt und bei Bedarf<br />
auch an PTC weitergeleitet. Bei Inneo ist jede Menge Erfahrung<br />
mit allen PTC-Produkten vorhanden.“ Für die technische Umsetzung<br />
des CAD-Releasewechsels zeichnete Baur alleine verantwortlich:<br />
„Das notwendige Know-how haben wir hier im Haus.“ Baur arbeitet<br />
bereits seit 1996 mit den PTC-Produkten: „Ich habe da alles mitgemacht,<br />
Pro/Engineer seit Release 16 und auch die ganze PDM-Historie<br />
von PTC mit Pro/PDM, Pro/Intralink und Windchill PDMLink.“<br />
Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt im Jahre 2008 stieg TOX<br />
Pressotechnik bereits auf die Windchill-Technologie um.<br />
Alle notwendigen Schulungen laufen über Inneo. Man kennt sich<br />
mittlerweile, das Verhältnis ist freundschaftlich, auch die regionale<br />
Nähe bietet Vorteile, und die CAD-Anwender gehen gerne zu den<br />
Trainings nach Lindau. „Creo 3.0 hat die Arbeitsweise der Anwender<br />
nicht verändert, aber es zeigt sich schon jetzt, dass durch die neuen<br />
Funktionen, die Verbesserungen und die bessere Performance ein<br />
Optimierungspotential für den <strong>Konstruktion</strong>sprozess vorhanden ist“,<br />
zieht Baur ein erstes Fazit. „Mit Creo 3.0 ist TOX Pressotechnik wieder<br />
auf dem aktuellen Stand und hat alle Optionen und Möglichkeiten,<br />
die dieses System bietet.“<br />
co<br />
www.inneo.de<br />
Eine Übersicht zum Lösungsspektrum<br />
von Creo findet sich hier:<br />
www.t1p.de/ldlv<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 51
TOOLS<br />
PROGRAMMIERSYSTEME<br />
Bild: Wago<br />
Ist der Smartdesigner an das Beschriftungssystem<br />
von Wago angekoppelt, kann die Kennzeichnung<br />
aller projektierten Artikel direkt aus dem<br />
Projektierungstool heraus erfolgen<br />
Ob Änderung der Produktion oder Neubau<br />
einer Anlage: Damit alles läuft, muss die<br />
Schaltanlage entsprechend konstruiert,<br />
konfiguriert und programmiert werden<br />
Bild: Wago<br />
Von der Projektierung bis zur fertigen Schaltanlage<br />
Durchgängig entlang der Wertschöpfung<br />
In der industriellen Zukunft werden Bestell- und Produktionsprozesse mehr und mehr digitalisiert und<br />
automatisiert. Das Ziel sind Durchgängigkeit und Datentransparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette,<br />
um so Kosten und Zeiten zu reduzieren und unnötigen Aufwand zu vermeiden. Mit Smart<br />
Data <strong>Engineering</strong> bietet Wago jetzt eine Lösung, die Kunden von der Planung und Projektierung über<br />
das <strong>Engineering</strong> bis hin zur Prüfung und Inbetriebnahme unterstützt.<br />
Dr. Thomas Holm, Head of Innovation & Technology bei Wago Kontakttechnik<br />
Mit Industrie 4.0 wird nicht alles anders. Die Wettbewerbsfähigkeit<br />
eines Unternehmens wird auch weiterhin von den<br />
Produkteigenschaften, der Expertise der Mitarbeiter und von der Effizienz<br />
der Unternehmens- und Produktionsprozesse abhängen. Um<br />
Schaltanlagen- und Steuerungsbauer auf dem Weg zu mehr Effizienz<br />
dieser Prozesse zu unterstützen, bietet Wago mit Smart Data<br />
<strong>Engineering</strong> eine Vielzahl an Daten und Services rund um die Projektierung<br />
individueller Produkte und Lösungen an. Das ermöglicht eine<br />
durchgängige Datenhaltung und verhindert Systembrüche, die zu<br />
Iterationen und damit zu einem deutlichen Mehraufwand führen<br />
können.<br />
Lösungen aus einem Guss<br />
Hier gilt es bereits bei der elektrotechnischen Planung und der Projektierung<br />
anzusetzen: Muss der Schaltanlagenbauer im Rahmen<br />
der Planung Daten unterschiedlichster Planungstool importieren,<br />
weil es erforderlich ist Kundenprojektdaten wie Schaltpläne oder<br />
Komponentenlisten zu übernehmen, unterstützt Wago ihn mit dem<br />
Projektierungstool Smartdesigner. Das Programm verfügt über<br />
Schnittstellen zu verschiedenen CAE-Tools wie Eplan und Wscad<br />
und ermöglicht so die einfache Übernahme bestehender Planungsstände.<br />
Die Web-Anwendung ist per Browser nutzbar, ohne in die<br />
eigene IT eingebunden werden zu müssen. Das spart Zeit und Kosten<br />
und ist vor allem dann von Vorteil, wenn die hauseigene IT an einen<br />
externen Dienstleister ausgelagert ist, der die Neuinstallation<br />
oder das Update einer Software berechnet. Zudem entfällt jegliche<br />
Versionierungsproblematik.<br />
Werden für die Schaltschränke elektromechanische Komponenten<br />
oder Automatisierungssysteme von Wago verwendet, kann der Hersteller<br />
zudem die direkte Verknüpfung mit dem Wago-Onlinekatalog<br />
nutzen und die gewünschte Lösung bequem und bedarfsorientiert<br />
zusammenzustellen. Hier stehen jederzeit die aktuellsten Artikeldaten<br />
in Form von Datenblättern, Produktfotos sowie Downloads von<br />
CAE- und CAD-Daten zur Verfügung. Ist die Tragschiene konfiguriert,<br />
wird sie automatisch durch die Software überprüft. Diese weist bei<br />
Reihenklemmen beispielsweise darauf hin, dass eine Abschlussplatte<br />
gesetzt werden muss, um zu vermeiden, dass stromführende<br />
Teile einander berühren. Bei Komponenten aus dem Bereich der Au-<br />
52 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
PROGRAMMIERSYSTEME<br />
TOOLS<br />
e!Cockpit unterstützt alle<br />
Herstellungsschritte von<br />
der Hardware-Konfiguration<br />
und Programmierung<br />
über die Simulation und<br />
Visualisierung bis zur Inbetriebnahme<br />
Bild: Wago<br />
tomation werden auch elektrische Plausibilitäten wie Spannungswechsel<br />
oder Stromeinspeisungen geprüft. Anschließend können<br />
die gewünschten Produkte und auch die komplett bestückte Tragschiene,<br />
über den Onlineshop bestellt werden. Nach der Prüfung<br />
können die einmal erarbeiteten Daten zur weiteren Nutzung oder<br />
ein erneutes Review vollständig in 3D dargestellt und dokumentiert<br />
werden. Auch Stücklisten und Fotos der verwendeten Produkte<br />
oder Beschriftungsdaten für die Komponenten, die später im Schaltschrank<br />
verbaut werden, können erstellt werden.<br />
Immer richtig gekennzeichnet<br />
Eine Anbindung vom Smartdesigner an das Beschriftungssystem<br />
von Wago macht es außerdem möglich, die Kennzeichnung aller<br />
projektierten Artikel direkt aus dem Projektierungstool heraus vorzunehmen.<br />
Immer dann, wenn der Schaltanlagenbauer nicht die vorkonfektionierte<br />
Tragschiene bei Wago bestellt, sondern diese selbst<br />
aus den einzelnen Komponenten aufbaut, spart er so zusätzliche Arbeitsschritte.<br />
Außerdem wird die die Inbetriebnahme beschleunigt,<br />
da die fertigen Beschriftungsstreifen oder -schilder nur noch angebracht<br />
werden müssen. Diese Kennzeichnung ist vor allem für Maschinen<br />
und Anlagen nach dem Baukastenprinzip elementar. Auf der<br />
einen Seite werden die verschiedenen Module keineswegs ausschließlich<br />
betriebsintern entwickelt und produziert, sondern von jeweils<br />
spezialisierten Partnerunternehmen. Auf der anderen Seite<br />
werden die Baugruppen vielfach zuerst im eigenen Werk aufgebaut<br />
und getestet, nach der Abnahme wieder abgebaut und zum Zielort<br />
transportiert, der sich letztlich auf der ganzen Welt befinden kann.<br />
Dort angekommen, sind es nicht immer die gleichen Personen welche<br />
die finale Inbetriebnahme durchführen – eine konsistente Beschriftung<br />
ist somit sehr hilfreich.<br />
Da die Beschriftung in der Praxis vor allem günstig, einfach und<br />
schnell zu erstellen sein muss, bietet Wago ein aufeinander abgestimmtes<br />
Beschriftungssystem aus Drucker, Projektierungs-Software<br />
und Beschriftungsmaterialien an. In Verbindung mit dem mehrzeilig<br />
bedruckbaren Beschriftungsstreifen ist der handliche und vielseitig<br />
einsetzbare Thermotransferdrucker Smartprinter an Schnelligkeit<br />
kaum zu überbieten. Neben dem Beschriftungsstreifen lassen<br />
sich auch diverse andere Materialien verarbeiten. Das Druckbild des<br />
Smartprinters ist klar, dauerhaft beständig gegenüber äußeren Umwelteinflüssen<br />
sowie wisch- und kratzfest gemäß DIN EN 60068.<br />
Nahtlose Integration in die Automatisierungstechnik<br />
Das <strong>Engineering</strong>-Tool e!Cockpit unterstützt alle Herstellungsschritte<br />
von der Hardware-Konfiguration und Programmierung über die Simulation<br />
und Visualisierung bis zur Inbetriebnahme der Schaltanlage.<br />
Um Anwendern kostbare Zeit bei der Einarbeitung in das Tool zu<br />
sparen, ist die Benutzeroberfläche aktuellen Office-Programmen angelehnt.<br />
Damit der Anwender die Übersicht über sein Projekt auch<br />
dann behält, wenn die Komplexität zunimmt, ist die Menügestaltung<br />
der Bedienoberfläche kontextsensitiv gelöst. Das heißt, es<br />
werden lediglich die Menüpunkte und Funktionen dargestellt, die<br />
sich im aktuellen Status quo der Projektierung oder Bedienung sinnvoll<br />
sind und sich ausführen lassen. Komponenten können dann per<br />
Drag-and-drop im Hauptbereich der Bedienoberfläche platziert und<br />
virtuell miteinander verbunden werden. Fehlverbindungen werden<br />
dadurch von vornherein ausgeschlossen, anstatt zu einem späteren<br />
Zeitpunkt aufwendig identifiziert und behoben werden zu müssen.<br />
Über das e!Cockpit kann die fertige Schaltanlage außerdem abschließend<br />
geprüft werden.<br />
ge<br />
www.wago.com<br />
Weitere Informationen über<br />
den Smart Designer:<br />
www.t1p.de/epbe<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 53
TOOLS<br />
PROGRAMMIERSYSTEME<br />
Bild: Phoenix Contact<br />
PLCnext Technology als Basis für eine neue, offene Steuerungsplattform<br />
Bestens für die Zukunft gerüstet<br />
Der stetige technologische Wandel – beeinflusst beispielsweise durch Industrie 4.0, das Internet of<br />
Things (IoT) oder Datensicherheit – wirkt sich sowohl auf entsprechende Hersteller als auch Anwender<br />
aus. Mit der neuen PLCnext Technology für seine kommenden Steuerungen zeigt Phoenix Contact<br />
die vielfältigen Chancen auf, die sich daraus ergeben.<br />
Dipl.-Ing. (FH) Frank Walde, Mitarbeiter im Competence Center Automationworx,<br />
Phoenix Contact Electronics GmbH, Bad Pyrmont<br />
Wie seine Kunden steht Phoenix Contact stets vor der Frage,<br />
welche Zukunftstrends wirklich relevant sind und welche Lösungen<br />
der aktuelle, aber auch zukünftige Markt in diesem Zusammenhang<br />
erwartet. Bei der Frage, was eine moderne Steuerungsarchitektur<br />
erfüllen muss, haben sich die Spezialisten mit den Anforderungen<br />
langjähriger Anwender sowie Vertriebspartner auseinandergesetzt.<br />
Diese Zielgruppen treibt unter anderem um, wie sie Lösungen<br />
schneller als die Mitbewerber auf den Markt bringen können.<br />
Außerdem möchten sie die ständig wachsende Anzahl von<br />
Varianten mit weniger Aufwand realisieren sowie den Ansprüchen<br />
möglichst vieler Anwendungsbereiche an die IT-Sicherheit gerecht<br />
werden.<br />
Die Vorteile von Linux nutzen<br />
Um die aufgeführten Ansprüche umzusetzen, wurde die PLCnext<br />
Technology von Grund auf neu entwickelt. Bei allen Aktivitäten stehen<br />
die Anwender im Fokus, die direkt in Entwicklungsschritte eingebunden<br />
werden. Hier zeigte sich frühzeitig, dass zum einen<br />
Offenheit und darüber hinaus Durchgängigkeit wesentliche Eigenschaft<br />
sind. Mit Linux als Betriebssystem hat die PLCnext Technology<br />
daher die Möglichkeit, auf nahezu allen Hardware-Architekturen<br />
eine einheitliche Basis zu verwenden. Linux ist nicht nur absolut<br />
echtzeitfähig, sondern erlaubt Phoenix Contact und seinen Kunden<br />
auch eine schnelle Partizipation an den aktuellen Entwicklungen der<br />
Community. Linux stellt jedoch lediglich ein Betriebssystem dar und<br />
liefert somit noch nicht alle Antworten auf heutige und zukünftige<br />
Herausforderungen.<br />
54 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
PROGRAMMIERSYSTEME<br />
TOOLS<br />
Mit der PLCnext Technology erfüllt<br />
Phoenix Contact die verschiedenen<br />
Anforderungen von Entwicklern und<br />
Anwendern auf einfache Weise. So<br />
lassen sich Entwicklungszeiten reduzieren<br />
sowie Kosten minimieren,<br />
und die beteiligten Personen können<br />
sich auf das Projekt sowie ihr<br />
Kerngeschäft konzentrieren<br />
Bild: Phoenix Contact<br />
Bild 1: Die PLCnext Technology bietet eine Plattform für viele Lösungen<br />
Mit der PLCnext Technology bietet Phoenix Contact nun aber eine<br />
Hardware-unabhängige Plattform, die auf Linux aufsetzt und dessen<br />
Vorteile einfach nutzbar macht. Gleichzeitig stellt sie die Stabilität<br />
und Funktionen zur Verfügung, die von einer modernen Steuerung<br />
erwartet werden. Im Unterschied zu anderen Lösungen muss sich<br />
der Entwickler bei der PLCnext Technology nicht mehr darum kümmern,<br />
welche SPS später tatsächlich eingesetzt wird. Am Ende des<br />
Projekts wählt er einfach eine Steuerung mit PLCnext Technology in<br />
der passenden Leistungsklasse aus. So lässt sich die Anwendung<br />
flexibel skalieren und fertige Lösungen können immer wieder neu<br />
zusammengestellt werden (Bild 1).<br />
„Linux ist nicht nur absolut<br />
echtzeitfähig, sondern es erlaubt<br />
eine schnelle Partizipation an den<br />
aktuellen Entwicklungen der<br />
Community.“<br />
In der am besten geeigneten<br />
oder geläufigen Sprache programmieren<br />
Als Basis der PLCnext Technology fungiert eine intelligente Schicht<br />
zwischen Anwenderprogramm und Betriebssystem, über die sämtliche<br />
Systemkomponenten Daten synchron sowie in Echtzeit unter -<br />
einander austauschen, aber auch Systemdienste einfach zugänglich<br />
machen. Aufgrund ihrer offenen Schnittstellen kann der Anwender<br />
über die Zwischenschicht problemlos eigene Programme („Apps“)<br />
integrieren respektive installieren sowie mit allen anderen Systemkomponenten<br />
und dem Betriebssystem kommunizieren. Dabei ist<br />
es unerheblich, ob die Programme klassisch in IEC 61131-3, Hochsprache<br />
oder per Matlab Simulink erstellt werden. Der Entwickler<br />
entscheidet sich für das für die jeweilige Applikation am besten geeignete<br />
Software-Werkzeug oder kombiniert sogar verschiedene<br />
Tools. Während der IEC-61131-3-Programmierer also die neue Software<br />
PC Worx Engineer verwendet oder Modelle direkt in Matlab Simulink<br />
erzeugt und lädt, wählt der Hochsprachen-Programmierer<br />
zwischen Visual Studio und Eclipse. So entwickelt jeder Mitarbeiter<br />
in seinem gewohnten Tool und es fallen keine Kosten für die Schulung<br />
in anderen Programmierwerkzeugen an (Bild 2).<br />
Wie bereits erwähnt, lassen sich mit der PLCnext Technology sämtliche<br />
genannten Programme erstellen. Die Ausführung ist sowohl in<br />
zyklischen als auch Event-basierten Tasks möglich. Ebenfalls werden<br />
Multi-Core-Systeme unterstützt. Selbstverständlich werden<br />
hierbei harte Echtzeitanforderungen mit minimalem Jitter erfüllt. So<br />
können die Entwickler Lösungsmodule erstellen und diese dann beliebig<br />
weiternutzen, was zu deutlich kürzeren Entwicklungszeiten<br />
und modularen Anlagenkonzepten führt.<br />
Weitere Kommunikationsprotokolle integrieren<br />
Während der Entwickler über die Programmiersprache und die erforderlichen<br />
Tools entscheidet, muss sich die Steuerung in die Kommunikationslandschaft<br />
und Richtlinien der Endkunden respektive Branchen<br />
einfügen. Deshalb erweist es sich als wichtig, dass sie die wesentlichen<br />
Übertragungsstandards unterstützt und zudem offen für<br />
weitere Protokolle ist. Als ein relevanter Standard sei hier OPC UA<br />
angeführt. Über das herstellerunabhängige Protokoll tauschen immer<br />
mehr industrielle Komponenten flexibel und sicher Daten untereinander<br />
aus. Daher verfügt die PLCnext Technology standardmäßig<br />
über einen integrierten OPC-UA-Server. In diesem Zusammenhang<br />
zeigt sich insbesondere die Anbindung aller Komponenten an die<br />
Zwischenschicht als merklicher Vorteil. Im Zusammenspiel mit den<br />
eingebundenen taktsynchronen Datenloggern und dem OPC-UA-<br />
Server entsteht in wenigen Minuten sowie ohne Programmierung<br />
eine vollwertige Datenerfassungs- und Meldungslösung.<br />
Die PLCnext Technology arbeitet darüber hinaus mit den bewährten<br />
Proficloud-Diensten und erlaubt ferner die Integration eigener<br />
Cloud-Lösungen. Damit ist ein Schritt in Richtung vorausschauende<br />
Diagnose sowie IoT getan. Selbstverständlich werden auch die klassischen<br />
Feldbussysteme sowie die Echtzeit-Ethernet-Standards unterstützt.<br />
Dabei ist die PLCnext Technology konsequent auf die spätere<br />
Einbindung weiterer Protokolle ausgelegt, so dass die Anwender<br />
flexibel auf zukünftige Entwicklungen reagieren können.<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 55
TOOLS<br />
PROGRAMMIERSYSTEME<br />
Bild 2: Die Plattform<br />
passt zum Program-<br />
mierwerkzeug des<br />
Anwenders<br />
Bild: Phoenix Contact<br />
Alle Funktionen in einem Tool zusammenführen<br />
Der Projekterfolg gründet sich nicht nur auf die Steuerung und deren<br />
Basistechnologie, sondern vor allem auf eine optimale Integration<br />
in die Entwicklungswerkzeuge. Bei der Erarbeitung der PLCnext<br />
Technology hat sich Phoenix Contact deshalb ergänzend zur bestmöglichen<br />
<strong>Engineering</strong>-Unterstützung darauf konzentriert, dass der<br />
Entwickler bei Bedarf eigene Wege gehen kann. Dazu sind sämtliche<br />
Komponenten der PLCnext Technology modular aufgebaut, und<br />
alle wesentlichen Bestandteile lassen sich konfigurieren. Auf diese<br />
Weise erhält der Anwender die volle Kontrolle über das System.<br />
Durch den Vorteil der Bündelung sämtlicher Funktionen wird in den<br />
meisten Fällen die neue Software PC Worx Engineer zur Pro -<br />
grammierung und Konfiguration der SPS zum Einsatz kommen.<br />
Bild 3: Die IT-Security ist komplett in die PLCnext Technology integriert<br />
Bild: Phoenix Contact<br />
„Im Unterschied zu anderen<br />
Lösungen muss sich der<br />
Entwickler bei der PLCnext<br />
Technology nicht mehr darum<br />
kümmern, welche SPS später<br />
tatsächlich eingesetzt wird –<br />
er wählt sie einfach am Ende<br />
des Projektes aus.“<br />
Die Oberfläche der Software fokussiert sich ebenfalls auf den Anwender<br />
und ist daher konsequent nach Handhabungs-Gesichtspunkten<br />
konzipiert. Neben der IEC-61131-3-Programmierung werden<br />
sämtliche Funktionen – wie die Web-Visualisierung, funktionale<br />
Sicherheit und Modularität der PLCnext Technology – in diesem Tool<br />
zusammengeführt. Aufgrund der zentralen Konfiguration lassen sich<br />
die Daten durch wenige Mausklicks beispielsweise mit den taktsynchronen<br />
Daten loggern, dem OPC-UA-Server oder der Web-Visualisierung<br />
teilen. Weiterhin verfügt PC Worx Engineer über integrierte<br />
Safety-Funktionen, so dass auch Safety-Steuerungen direkt programmiert<br />
werden können.<br />
Sicherheitsaspekte normenkonform umsetzen<br />
Aktuell und in Zukunft sind die aufgeführten Funktionen durch die<br />
branchenspezifischen Anforderungen an die IT-Security zu ergänzen.<br />
In diesem Zusammenhang erweisen sich Netzwerksicherheit und<br />
Fernwartung zweifellos als wichtig, doch hinter der IT-Security verbirgt<br />
sich mehr. Von heutigen Systemen wird die Integrität, Verfügbarkeit<br />
und vor allem die Vertraulichkeit aller Daten verlangt (Bild 3).<br />
Das gelingt nur durch eine tiefe Integration unterschiedlicher Mechanismen<br />
und Verfahren auf sämtlichen Ebenen der PLCnext Technology<br />
sowie der Entwicklungsumgebung PC Worx Engineer. Deshalb<br />
bietet die PLCnext Technology Security-by-Design, so dass die<br />
Sicherheitsaspekte gemäß der weltweit führenden Norm IEC<br />
62443 umgesetzt werden. IT-Security erweist sich somit nicht länger<br />
als Hindernis, sondern auf Basis der PLCnext Technology als<br />
Schlüssel für neue Projektideen.<br />
co<br />
www.phoenixcontact.de<br />
Weiterführende Infos zu<br />
PLCnext Technology:<br />
www.t1p.de/4owd<br />
56 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
IT-INFRASTRUKTUR<br />
ANWENDUNG<br />
Die Trends im Rechenzentrum 2017<br />
IT-Leistung aus der Cloud<br />
Auch im Bereich IT für Unternehmen sorgt die Digitalisierung für eine stetige Weiterentwicklung der<br />
Anforderungen sowie der entsprechenden Rechenzentren. Rittal bietet dafür zusammen mit seinen<br />
Partnern schlüsselfertige und skalierbare IT-Umgebungen mit kundenindividuellen Services aus einer<br />
Hand an. Doch in welche Richtung geht die Entwicklung?<br />
Martin Kipping, Director International IT-Projects, Rittal<br />
Für den Mittelstand sind Investitionen in IT-Systeme im Rahmen<br />
der digitalen Transformation besonders wichtig. Allerdings fehlen<br />
genau in diesen Unternehmen häufig die nötigen IT-Experten sowie<br />
das entsprechende Kapital zum Aufbau solcher Systeme. Der<br />
Mittelstand wird praktisch gezwungen, immer mehr IT-Leistung aus<br />
der Cloud zu beziehen. Die Verantwortlichen bei Rittal sehendeshalb<br />
drei große Trends für 2017, die IT-Verantwortliche kennen sollten.<br />
IoT und Industrie 4.0<br />
Im Rahmen der digitalen Transformation geht der Trend deutlich hin<br />
zu branchenspezifischen Clouds zur Unterstützung von Industrie-4.0-Umgebungen.<br />
Schon in diesem Jahr werden zahlreiche<br />
neue branchenspezifischen Clouds entstehen, die sogenannten<br />
Industry Collaborative Clouds. Marktanalysten von IDC geben an,<br />
dass sich die Anzahl der Clouds bis 2018 auf rund 450 Stück verdreifachen<br />
wird. Die damit geschaffenen Anwendungsplattformen stehen<br />
dann allen Teilnehmern zur Verfügung, die dort ihre Daten austauschen,<br />
ihre eigenen Prozesse und Services integrieren oder die<br />
Produktentwicklung gemeinsam vorantreiben. Getrieben wird diese<br />
Entwicklung von neuen digitalen Geschäftsmodellen und Dienstleistungen,<br />
die auf Daten aus vernetzten Sensoren, Maschinen und<br />
Endgeräten, also auf dem Internet der Dinge (IoT) basieren. Von der<br />
dabei entstehenden Vernetzungen versprechen sich Unternehmen<br />
enorme Effizienzsteigerungen.<br />
Edge Computing und modulare Rechenzentren<br />
Anbieter IT-technischer Unterstützung werden in 2017 verstärkt<br />
modulare und vorkonfigurierte IT-Lösungen einsetzen, die sich<br />
schnell und unkompliziert aufstellen und in Betrieb nehmen lassen.<br />
Gleichzeitig müssen die Systeme das zukünftige Wachstum des<br />
Unternehmens unterstützen. Deshalb sollten sie auf offenen Technologien<br />
basieren und skalierbar sein. Dieser Trend beruht darauf,<br />
dass die benötigten Latenzzeiten des Internets der Dinge sowie<br />
rechenintensiver Analytics-Anwendungen häufig extrem kurz sind.<br />
Bei den riesigen und kontinuierlich anfallenden Datenmengen, die<br />
beispielsweise das Internet der Dinge erzeugt, ist es in den meisten<br />
Fällen erforderlich, dass schon vor Ort eine erste Datenanalyse vorgenommen<br />
wird. Und nur mit einem dezentralen Ausbau der IT-<br />
Landschaft lässt sich eine IT-technische Unterstützung von verteilten<br />
Entwicklungs- und Produktionsstandorten erreichen.<br />
Außerdem erfüllen modulare und vorkonfigurierte Komplettsysteme<br />
die Bedingungen für das Edge-Computing, also die Verarbeitung von<br />
Daten nahe am Ursprungsort. Dabei werden an den „Rändern“ des<br />
Unternehmensnetzwerkes zusätzliche IT-Kapazitäten geschaffen.<br />
Die Analysten von IDC prognostizieren, dass solche Systeme bis<br />
2019 etwa 43 % der durch das IoT erzeugten Daten verarbeiten.<br />
Zusammen mit seinen Partnern kann Rittal schlüsselfertige und skalierbare<br />
IT-Umgebungen mit kundenindividuellen Services aus einer Hand anbieten<br />
Cloud und Datacenter als Serviceleistung<br />
Ob nun einzelne Software-Anwendungen oder komplette Platt -<br />
formen bezogen werden – der Trend geht hin zu einem Datacenteras-a-Service-Modell,<br />
bei dem Unternehmen ganz unterschiedliche<br />
Services aus der Cloud beziehen und damit gezielt die bestehende<br />
IT-Landschaft ergänzen. Hier bieten sich auf die Nutzung von<br />
Rechenleistung optimierte Modelle an. Eine Untersuchung von IDC<br />
zeigt, dass kleine und mittelständische Betriebe bis 2019 für weltweit<br />
bis zu 40 % der Public-Cloud-Ausgaben verantwortlich sein<br />
könnten. Ein Schwerpunkt, dessen Bedeutung dabei noch weiter<br />
steigt, ist, dass die IT-Infrastrukturen ausfallsicher sein müssen.<br />
Ansonsten sind die Kosten für Energie und Personal in Deutschland<br />
vergleichsweise hoch, und es herrscht ein spürbarer Fachkräfte -<br />
mangel an IT-Experten. Dennoch können Unternehmen von Standortvorteilen<br />
wie der Rechtssicherheit, dem Datenschutz, einer leistungsfähigen<br />
Internet-Anbindung sowie der zuverlässigen Energieversorgung<br />
profitieren. Insgesamt ist die Branche auf Wachstum<br />
eingestellt.<br />
ik<br />
www.rittal.de<br />
Details zu den IT-Infrastruktur-Lösungen von Rittal:<br />
www.t1p.de/smmw<br />
Bild: Rittal<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 57
ANWENDUNG<br />
KOMMUNIKATION/SECURITY<br />
Moderne Baugruppen für<br />
die industrielle Datenkommunikation<br />
bieten von Haus<br />
aus umfangreiche Sicherheitsmechanismen<br />
an<br />
Bild: SSV Software <strong>Systems</strong><br />
Die Sicherheit einer Anwendung muss als Prozess betrachtet werden<br />
Safety ohne Security geht nicht<br />
Das Thema Safety und die funktionale Sicherheit haben im Maschinen- und Anlagenbau inzwischen<br />
einen hohen Stellenwert. Dieser Sachverhalt ist sicherlich auch mitverantwortlich für den beachtlichen<br />
Exporterfolg deutscher Produkte und deren guten Ruf. Etwas anders sieht es noch immer mit der<br />
Security aus. Da werden komplette Anlagen mit dem Internet verbunden und die Fernzugriffsschnittstelle<br />
lediglich mit einem Benutzernamen und einem Passwort geschützt. Lösungen für mehr Sicherheit<br />
bietet SSV Embedded.<br />
Klaus-Dieter Walter, Geschäftsführer SSV Software <strong>Systems</strong><br />
Dass man mit der Benutzername-Passwort-Kombination heute<br />
keine Angreifer fernhalten kann, musste vor einiger Zeit ein<br />
führender deutscher Hersteller von Hightech-Heizungen erfahren,<br />
der die Steuerungen eines namhaften Schweizer Anbieters einsetzt.<br />
Da viele betroffene Anlagen über die Angriffsziel-Suchmaschine Shodan<br />
zu finden waren, wurde in diesem Fall sogar das BSI (Bundesamt<br />
für Sicherheit in der Informationstechnik) eingeschaltet. Über den Vorfall<br />
wurde in den Medien ausgiebig berichtet. Vor kurzem waren in<br />
großem Stil Router, Security-Kameras und andere IoT-Geräte betroffen.<br />
Viele dieser Baugruppen waren und sind zum Teil immer noch lediglich<br />
mit einem werkseitig voreingestellten Benutzernamen/Passwort<br />
vor unerlaubten Zugriffen aus dem Internet geschützt.<br />
Eigentlich haben die Unternehmen in Deutschland das Potenzial,<br />
auch bei der Security für Maschinen und Anlagen ganz vorne mitzuspielen.<br />
Dazu muss lediglich dafür gesorgt werden, dass die erforderlichen<br />
Security-Baugruppen und Funktionen – ähnlich wie Kfz-Sicherheitsgurte<br />
in den 70er Jahren – nicht erst vom Betreiber nachträglich<br />
selbst beschafft und hinzugefügt werden müssen, sondern<br />
gleich zur Standardausstattung gehören.<br />
SSV Software <strong>Systems</strong> hat inzwischen eine hochentwickelte und<br />
praxiserprobte Security-Plattform mit zahlreichen Bausteinen für<br />
Maschinen- und Anlagenbauer zu bieten, mit der nicht nur der be-<br />
troffene Hightech-Heizungshersteller die aktuellen Fernzugriffsprobleme<br />
lösen konnte und die auch erfolgreich einem umfangreichen<br />
Sicherheitscheck durch einen Prüfdienstleister unterzogen wurde.<br />
Architekturbedingte Schwachstellen<br />
Eigentlich ist es schon mehr als verwunderlich, dass unzählige<br />
Steuerungen und MSR-Baugruppen heute zwar überwiegend mit<br />
IP-fähigen Schnittstellen und entsprechenden Softwarefunktionen<br />
(wie Webserver) ausgestattet sind, aber meistens ohne spezielle<br />
bzw. geeignete Schutzmaßnahmen gegen externe und interne Angriffe<br />
betrieben werden. Dabei zeigt schon ein Blick auf die typische<br />
Regelschleife einer MSR-Anwendung, dass es aus Sicht der IT-Security<br />
mit der HMI- und Fernzugriffs- bzw. Wartungsschnittstelle<br />
zwei architekturbedingte Schwachstellen für Angreifer gibt. Über<br />
diese Schnittstellen lassen sich MSR-Systeme mit überschaubarem<br />
Aufwand manipulieren und nachhaltig stören.<br />
Die meisten Steuerungen und Regelungen benötigen eine Bedienerschnittstelle,<br />
um zum Beispiel Sollwerte einzustellen und aktuelle<br />
Prozessdaten zu visualisieren. Solche HMI-Lösungen werden entweder<br />
als dedizierte Systeme oder aber als Baustein auf einer PC-<br />
Plattform realisiert, die häufig in andere Netzwerke, zum Beispiel<br />
ein Corporate-LAN, eingebunden ist. Durch eine solche Office-IT-<br />
Verbindung besteht aber oftmals ein risikobehafteter (indirekter)<br />
Link zum weltweiten Internet. Dieser Sachverhalt ist vielen MSR-<br />
Technikern und Anlagenverantwortlichen häufig noch nicht einmal<br />
58 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
KOMMUNIKATION/SECURITY<br />
ANWENDUNG<br />
Die klassische Controller-Schleife<br />
einer Automatisierungsanwendung<br />
enthält hochsensible Datenpunkte.<br />
Ein typisches Beispiel sind Aktoren<br />
und die Sollwerte einer Steuerung.<br />
Existiert in der Controller-Schleife<br />
eine ungeschützte Fernzugriffsschnittstelle,<br />
ist auch die Safety der<br />
gesamten Einrichtung nicht gewährleistet<br />
Bild: SSV Software <strong>Systems</strong><br />
Bild: SSV Software <strong>Systems</strong><br />
In der Praxis muss die Fernzugriffsschnittstelle für alle externen Zugriffe<br />
mindestens über ein VPN-Gateway mit X.509-Zertifikaten gesichert werden<br />
bekannt – sie meinen nach wie vor, ihre Anlage bzw. MSR-Lösung<br />
hat überhaupt keine Verbindung zum Internet.<br />
Um die Verfügbarkeit einer Lösung zu steigern und im Störungsfall<br />
möglichst schnell reagieren zu können, haben viele Hersteller ihre<br />
Produkte und Lösungen mit einer internetbasierten Fernwartungsschnittstelle<br />
ausgestattet. Welches Gefahrenpotenzial sich hinter einem<br />
solchen Zugang verbirgt, kann man dem BSI-Dokument ‚Industrial<br />
Control System Security – Top 10 Bedrohungen und Gegenmaßnahmen‘<br />
entnehmen. Die ‚Unberechtigte Nutzung von Fernwartungszugängen‘<br />
findet man dort auf dem ersten Platz der Top 10.<br />
Durch zukünftige Industrie-4.0-Anwendungen wird noch mindestens<br />
eine weitere unsichere Schnittstelle hinzukommen. Neben dem<br />
Fernwartungs-Interface wird dann auch eine spezielle Interoperabilitätsschnittstelle<br />
existieren, um die einzelnen Steuerungs- und IT-Anwendungen<br />
verschiedener Standorte miteinander zu verbinden. Ohne<br />
entsprechende Sicherheitsvorkehrungen können Angreifer dann<br />
nicht nur die IT- und Automatisierungssysteme eines einzelnen Unternehmens,<br />
sondern sogar einer vollständigen Lieferkette attackieren.<br />
Firewalls und VPNs nutzen<br />
HMI-Schnittstellen sind in der Regel völlig ungeschützte Zugänge,<br />
um einer Visualisierungsbaugruppe oder Software den Schreib-/Lesezugriff<br />
auf die Daten einer Steuerung zu ermöglichen. Ein typisches<br />
Beispiel wäre der Zugriff einer Scada-Software auf die Modbus-Schnittstelle<br />
einer SPS, um Parametervorgaben zu schreiben<br />
und Prozessdaten zu lesen. Zwischen der IP-Schnittstelle einer<br />
Steuerung und einem HMI-System sollte aus Sicherheitsgründen<br />
ein geeigneter Paketfilter als Firewall betrieben werden.<br />
Viele Wartungszugänge haben lediglich einen Passwortschutz. Zur<br />
wirkungsvollen Absicherung einer Fernzugriffs- und Wartungsschnittstelle<br />
empfiehlt sich der Einsatz eines Virtual Private Networks<br />
(VPN). Dafür wird zwischen Steuerung bzw. MSR-Baugruppe<br />
und Internet ein VPN-Gateway geschaltet, das den Endpunkt eines<br />
speziellen Sicherheitstunnels bildet.<br />
Am anderen Tunnelende befindet sich in der Regel ein Servicerechner<br />
für den Fernzugriff mit einer entsprechenden VPN-Software. Die<br />
Tunnelverbindung durch das Internet wird mit Hilfe einer aufwändigen<br />
Datenverschlüsselung und Signierung abgesichert. Um die Sicherheit<br />
zu optimieren, wird der Schlüssel (Session Key) für den Tunnel<br />
alle paar Stunden automatisch geändert. Vor dem Aufbau des<br />
VPN-Tunnels müssen sich die Kommunikationspartner beidseitig<br />
mit Hilfe sogenannter X.509-Zertifikate authentifizieren. Da der Verbindungsaufbau<br />
zwischen VPN-Gateway und Servicerechner nicht<br />
direkt, sondern über einen Fernwartungs-Infrastrukturserver (z. B.<br />
der Security Server SSR/525) erfolgt, lässt sich durch das Ausstellen<br />
und Sperren einzelner Zertifikate die Zugriffsberechtigung für alle<br />
Systeme verwalten.<br />
Gesamtlösung prüfen und testen<br />
Hinsichtlich der Security ist jede Lösung ein individuelles System<br />
mit unterschiedlichen Anforderungen und Gegebenheiten. Insofern<br />
kann es für eine bestimmte MSR-Anwendung auch keine Security-<br />
Lösung von der Stange geben, die einmal eingebaut und dann vergessen<br />
wird. Die Sicherheit einer Anwendung muss als Prozess behandelt<br />
werden. Insofern ist das Ergebnis auch immer wieder durch<br />
Audits zu überprüfen. Dazu gehören auch Penetrationstests nach<br />
den jeweils neuesten Gesichtspunkten, um einen optimalen Schutz<br />
für die HMI- und Fernzugriffsschnittstellen zu gewährleisten. ge<br />
www.ssv-embedded.de<br />
Predictive Maintenance –<br />
Die digitale Glaskugel<br />
www.t1p.de/3aql<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 59
ANWENDUNG<br />
INDUSTRIE 4.0<br />
Unter dem Namen Klippon Connect teilt<br />
Weidmüller sein Reihenklemmenan -<br />
gebot in Universal- und Applikationsprogramm<br />
auf<br />
Bild: Weidmüller<br />
Weidmüller setzt auf intelligente Verbindungstechnik<br />
Erfolgsfaktor Kundennähe<br />
Weidmüller kombiniert auf seinem Weg vom Komponentenhersteller zum Lösungsanbieter bewährte,<br />
als auch neue Lösungen zu einer auf Industrie-4.0-Anforderungen ausgerichteten Gesamtlösung. Dafür<br />
muss das Produktportfolio angepasst und ausgebaut sowie neue Lösungen und innovative Geschäftsmodelle<br />
integriert werden. Kundennähe ist ein entscheidender Erfolgsfaktor auf diesem Weg.<br />
José Carlos Álvarez Tobar, Vertriebsvorstand der Weidmüller-Gruppe<br />
Wer nah am Kunden ist, ist ein Gewinner. Kundennähe schafft<br />
loyale Kunden, die dem Unternehmen treu bleiben und immer wieder<br />
aufs Neue bei ihm kaufen. Loyale Kunden sind einem Unternehmen<br />
eher wohlgesonnen und haben ein hohes Potential, aktive<br />
Empfehlungsgeber zu werden. Auf diesen Überzeugungen basiert<br />
unsere Weidmüller Vertriebsstrategie. Weiterhin ist für mich als Vertriebsvorstand<br />
der nationale und internationale Kundenkontakt ausschlaggebend<br />
für unseren Erfolg. Deshalb habe ich die Nähe zu unseren<br />
Kunden schnell in den Fokus gerückt und geschärft. Den Kunden<br />
verstehen, Lösungen gemeinsam mit ihm entwickeln und dadurch<br />
einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen, das steht im<br />
Mittelpunkt unserer Vertriebsaktivitäten. Ein weiterer Erfolgsfaktor<br />
ist unsere internationale Präsenz. Gelebte Kundennähe erfordert einen<br />
ständigen interaktiven Austausch mit umfassender Kommunikation.<br />
Der hohe Kommunikationsgrad bedeutet, dass sich die Mitarbeiter<br />
intensiv mit den Wünschen des Kunden beschäftigen. Je<br />
mehr Ansprechpartner es im Vertrieb gibt, desto besser. Weidmüller<br />
stellt seinen Kunden beispielsweise bestens qualifizierte Industry<br />
José Carlos<br />
Álvarez Tobar,<br />
Vertriebsvorstand<br />
der Weidmüller-<br />
Gruppe<br />
Bild: Weidmüller<br />
60 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
Bild: Weidmüller<br />
Bild: Weidmüller<br />
Die Reihenklemmen der A-Serie sind mit integrierten Pushern ausgestattet<br />
Die Reihenklemmen der A-Reihe besitzen einen einheitlichen Prüf- und<br />
Testabgriff an jeder Klemmstelle<br />
Development Manager an die Seite, die in den jeweiligen Industrie-<br />
Branchen zuhause sind. Sie führen Diskussionen auf „Augenhöhe“,<br />
um so eine passgenaue Lösung gemeinsam mit den Kunden zu erarbeiten.<br />
Eine weitere, sehr wichtige Schnittstelle zum Kunden sind<br />
unsere Außendienstmitarbeiter, die eine persönliche Betreuung vor<br />
Ort gewährleisten. Den Pre-& After-Sales-Service bilden wir mit unserem<br />
gut geschulten Verkaufsinnendienst ab. Alle Ansprechpartner<br />
agieren individuell, aber auch als Team.<br />
„Industrie 4.0 verlangt eine<br />
höchstmögliche Anpassungs -<br />
fähigkeit – in technischer und in<br />
unternehmerischer Hinsicht“<br />
Weltweite Vertriebsregionen<br />
Wir haben unsere weltweiten Vertriebsregionen neu strukturiert.<br />
Unser Ziel ist es, dadurch unsere Vertriebsaktivitäten zu fokussieren,<br />
Synergien zu nutzen und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.<br />
Im Rahmen der Strategie 2020 haben wir eine konsequente Orientierung<br />
an weltweite Märkte und Kunden vorgenommen – basierend<br />
auf regionalspezifische Anforderungen. Damit passen wir unsere<br />
Organisation konsequent an die veränderten Bedürfnisse unserer<br />
Kunden weltweit an und gehen einen weiteren Schritt zu<br />
mehr Kundennähe auf unserem Weg zum Lösungsanbieter.<br />
Vom Komponentenhersteller zum Lösungsanbieter<br />
Für den Komponentenbereich steht exemplarisch Klippon Connect:<br />
Unter Klippon Connect präsentiert Weidmüller innovative Verbindungstechnik<br />
zum effizienten Planen, Installieren und Betreiben.<br />
Die neuen Reihenklemmen und prozessunterstützenden Services<br />
sind konsequent daran ausgerichtet, in allen Phasen des Schaltschrankbaus<br />
einen Mehrwert zu erzielen – von der Planung über die<br />
Installation bis zum laufenden Betrieb. Im Rahmen von Industrie 4.0<br />
hat sich Weidmüller das Ziel gesetzt, für die Smart Factory von morgen<br />
Industrial-Connectivity-Lösungen auf der Grundlage neuester<br />
Informations- und Kommunikationstechnologien anzubieten. Als Anwendungsfelder<br />
wurden Industrial Analytics, Cloud Services, Energiemanagement,<br />
Digitalisierung und Vernetzung sowie Datendurchgängigkeit<br />
im Lebenszyklus definiert.<br />
Cloud-Services für intelligente<br />
Informationsverarbeitung<br />
Der webbasierte Cloud-Services ermöglicht die intelligente Informationsverarbeitung<br />
von quasi jedem beliebigen Punkt der Welt aus.<br />
Aktuelle Prozessinformationen können ortsunabhängig über das Internet<br />
abgefragt und notwendige Software-Anpassungen schnell<br />
und kosteneffizient vorgenommen werden. Die Weidmüller Energiemanagement-Lösungen<br />
bieten eine Unterstützung beim Aufdecken<br />
von Ineffizienzen und Energiesparpotenzialen innerhalb der jeweiligen<br />
Anlage. Die Weidmüller Industrial-Analytics-Lösungen<br />
sammeln und verarbeiten eine Vielzahl von Daten rund um die betreffende<br />
Anlage und werten sie mittels intelligenter Verfahren aus.<br />
Auf dieser Basis werden Anomalien und Ineffizienzen unterschiedlichster<br />
Anwendungen zuverlässig aufgedeckt, Fehlerprognosen erstellt<br />
und Wartungsempfehlungen gegeben. Mit innovativen kommunikationsfähigen<br />
Signalwandlern, I/O-Systemen, Routern und<br />
Switches macht Weidmüller außerdem die Daten im Netzwerk verfügbar<br />
und gewährleistet dabei IT-Sicherheit. Weidmüller kombiniert<br />
auf seinem Weg vom Komponentenhersteller zum Lösungsanbieter<br />
bewährte, als auch neue Lösungen zu einer auf Industrie 4.0 Anforderungen<br />
ausgerichteten Gesamtlösung.<br />
jg<br />
www.weidmueller.com<br />
Details zu Klippon Connect:<br />
www.t1p.de/50zj<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 61
ANWENDUNG<br />
INDUSTRIE 4.0<br />
PERSPEKTIVEN<br />
PERSPEKTIVEN<br />
Bild: Konradin Mediengruppe<br />
Aachener Forscher arbeiten am ‚Internet of Production für agile Unternehmen‘<br />
„Ein Laboratorium ist nicht genug –<br />
deswegen wird die Welt zum Labor“<br />
Das ‚Internet of Production für agile Unternehmen‘ soll es uns erlauben, das Potenzial moderner Werkzeugmaschinen<br />
vollständig auszuschöpfen. Daten dafür könnten Anwender auf nichts weniger als der<br />
ganzen Welt liefern – und dafür Zugang zu Expertenwissen erhalten. Die spannende Frage wird sein:<br />
Wer ist letztlich im Besitz dieses Know-hows und kann dies nutzen?<br />
Michael Corban, Chefredakteur, <strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong><br />
Wie kann ich Produkt A am schnellsten fertigen, wenn Maschine<br />
1234 ausfällt? Antworten auf Fragen wie diese wollen die<br />
Forscher des Werkzeugmaschinenlabors (WZL) der RWTH Aachen<br />
von 18. bis 19. Mai 2017 anlässlich des Aachener Werkzeugmaschinen-Kolloquiums<br />
(AWK) liefern. „Wir sammeln schon lange Daten,<br />
machen aber zu wenig damit“, meint Prof. Günther Schuh, Geschäftsführender<br />
Direktor des WZLs. Gründe dafür seien die zahlreichen<br />
Parameter und die sich daraus ergebende Komplexität der Bearbeitungsvorgänge<br />
in Werkzeugmaschinen, die eine Analyse und<br />
Auswertung aufwendiger machten als vergleichbare Big-Data-Ansätze<br />
im Konsumbereich. Spannend ist an dieser Stelle der Vergleich<br />
mit den uns allen vertrauten Navigationsgeräten: Hier wird<br />
ein hochauflösendes Umgebungsmodell zur Routenplanung kombiniert<br />
mit Informationen über die aktuelle Verkehrslage, erfasst über<br />
die jeweiligen ‚smarten‘ Navigationsgeräte. Im Ergebnis erhält jeder<br />
Verkehrsteilnehmer eine jederzeit verfügbare optimierte Routenplanung<br />
– das genau steckt hinter der recht präzisen Vorhersage der<br />
Ankunftszeit. „Noch können wir das in der Produktion nicht, obwohl<br />
die meisten Daten vorliegen – aber zusammen mit dem existenten<br />
Vorwissen lassen sich Zusammenhänge erkennen und damit die Effizienz<br />
und Produktivität der Werkzeugmaschinen verbessern“, so<br />
Schuh weiter. „Mit diesen Möglichkeiten wird die technische Welt<br />
zum Labor und in der Folge werden die Restriktionen bisheriger Laboratorien<br />
aufgehoben.“<br />
Den Aachener Wissenschaftlern rund um die vier Professoren Christian<br />
Brecher, Fritz Klocke, Robert Schmitt und Günther Schuh<br />
schwebt in Analogie zum ‚Internet der Dinge‘ (Internet of Things,<br />
IoT) ein ‚Internet of Production für agile Unternehmen‘ vor, in dem<br />
jede Werkzeugmaschine rund um den Globus Daten liefern könnte –<br />
und auf diese Weise dabei helfen würde, Expertenwissen aufzu -<br />
62 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
INDUSTRIE 4.0 ANWENDUNG<br />
PERSPEKTIVEN<br />
PERSPEKTIVEN<br />
Am Beispiel der Bliskfertigung<br />
lässt sich exemplarisch zeigen, wie<br />
sich mittels einer domänenübergreifenden<br />
Lernplattform Bearbeitungsprozesse<br />
optimieren lassen – unter<br />
Nutzung des ‚digitalen Schattens‘<br />
und von AR-Technologie<br />
Den Erfolg des Streetscooters vor<br />
Augen, wollen die Aachener WZL-<br />
Wissenschaftler erneut zeigen, wie<br />
sich Elektrofahrzeuge günstiger entwickeln<br />
lassen – im Blick haben sie<br />
dabei ein Kleinfahrzeug, das ‚nach<br />
Prämie‘ nur 12.000 € kosten soll und<br />
sich damit als Zweitauto empfiehlt<br />
Bild: Konradin Mediengruppe<br />
bauen – im Sinne einer „domänenübergreifenden Lernplattform“.<br />
Zwangsläufig stellt sich damit die Frage, wer letztlich Eigner dieses<br />
Know-hows ist und dies wirtschaftlich nutzen kann – eine Antwort<br />
darauf haben auch die Aachener noch nicht. Klar ist allerdings: Würde<br />
das Silicon Valley über Werkzeugmaschinen-Know-how verfügen,<br />
wäre diese Frage hinfällig – dann gäbe es bereits eine solche Plattform.<br />
Gefordert sind an dieser Stelle sicher die Maschinenbauer, die<br />
in einem ersten Schritt Daten über ihre eigenen Werkzeugmaschinen<br />
hinweg sammeln könnten; Sinn macht aber durchaus auch,<br />
weitergehend Daten über Maschinen verschiedener Anbieter hinweg<br />
zu sammeln. „Den Aufbau solch einer Plattform muss man systematisch<br />
herbeiführen“, betont Schuh. „Dafür wollen wir den<br />
Grundstein legen!“<br />
Daten liefern für Produktivitäts-Know-how<br />
So attraktiv das Motto – die Welt als Labor – klingt, so spannend ist<br />
zugleich natürlich auch die Frage, ob die Anwender ihre Daten wirklich<br />
zur Verfügung stellen wollen. In der Praxis könnte diese Frage<br />
eher eine untergeordnete Rolle spielen; insbesondere dann, wenn<br />
mit der Teilefertigung nicht zwangsläufig das eigentliche Betriebs-<br />
Know-how – sprich Alleinstellungsmerkmal – verbunden ist. Gut<br />
denkbar, dass die Anwender also durchaus bereit sind, Daten im<br />
Gegenzug für den Zugriff auf das Bearbeitungs-Know-how zu liefern,<br />
wenn sie anschließend wesentlich produktiver fertigen können.<br />
Erkennbar wird an dieser Stelle aber durchaus der gelegentlich<br />
als ‚disruptiv‘ beschriebene Charakter der Umwälzungen, die mit Industrie<br />
4.0 und dem IoT verbunden sein können.<br />
Gelingt den Aachenern also der Aufbau einer domänenübergreifenden<br />
Lernplattform, könnte diese dabei helfen, Bearbeitungsprozesse<br />
wesentlich besser zu verstehen und das Leistungspotenzial moderner<br />
Bearbeitungszentren auszuschöpfen. Wie das in der Praxis<br />
aussieht, zeigen die WZLer anlässlich des AWKs am Beispiel der<br />
Blisk-Fertigung per 5-Achs-Bearbeitung. Die an der Maschine erfassten<br />
Daten – die Aachener sprechen gerne von dem ‚digitalen<br />
Schatten‘ – werden dazu mit Modelldaten zusammengeführt und<br />
analysiert; und über dieses ‚Simulieren mit Realdaten‘ lassen sich<br />
Verbesserungspotenziale erkennen. Selbstredend sind Virtual Reality<br />
(VR) und Augmented Reality (AR) gängige Tools, um diese Potenziale<br />
sichtbar zu machen.<br />
Elektromobilität als Experimentierfeld<br />
Trotz des Begriffs ‚Werkzeugmaschine‘ im Namen beschäftigen sich<br />
die Ingenieure des WZLs – und des angeschlossenen Fraunhofer-Instituts<br />
für Produktionstechnologie (IPT), zusammen immerhin rund<br />
1300 Mitarbeiter – intensiv auch mit dem Thema Produktionstechnologie,<br />
man könnte auch sagen ‚Industrie 4.0‘. So verweist Günther<br />
Schuh nicht ohne Stolz darauf, dass die Streetscooter GmbH –<br />
2010 im Umfeld der RWTH Aachen gegründet und inzwischen durch<br />
die Deutsche Post DHL Group übernommen – Elektrofahrzeuge in<br />
respektablen Stückzahlen fertigt. Folgt man der Aufstellung des Manager<br />
Magazins aus dem Januar 2017, schob sich der Streetscooter<br />
2016 mit 1500 zugelassenen Exemplaren hinter BMW i3, Renault<br />
Zoe und Audi A3 e-tron auf Platz 4 – und damit vor Teslas Model S.<br />
Mit Rückenwind geht man deswegen an die Entwicklung eines<br />
Elektro-Kleinfahrzeugs in der e.GO Mobile AG, das sich so günstig<br />
fertigen lassen soll, dass man es sich als Zweitfahrzeug leisten<br />
kann. „Wir wollen den OEMs keine Konkurrenz machen“, betont<br />
Schuh, „sondern nur zeigen, wie sich das mit Industrie 4.0 umsetzen<br />
lässt!“<br />
Disruption, Digitalisierung sowie Kapital- und Kosteneffizienz lauten<br />
deshalb die Schlagworte, mit denen die WZLer ihre Ziele erreichen<br />
wollen. e.GO setzt dazu auf eine unkonventionelle Produkt- und damit<br />
verbunden Produktionsarchitektur auf – ein immer wieder anzutreffendes<br />
Merkmal der Industrie 4.0, bei dem Produkt- und Produktionsengineering<br />
Hand in Hand gehen (siehe dazu auch unsere Titelstory<br />
S. 26 ff zu den Ergebnissen des Verbundprojekts mecPro 2 in<br />
dieser Ausgabe). Dies erfordere von Anfang an eine enge Rückkopplung<br />
mit der Entwicklung und die Bewältigung der damit verbundenen<br />
Sprünge in Produktion, Beschaffung und Logistik, so Schuh weiter.<br />
Bereits 2018 soll die Serienfertigung anlaufen – unter anderem<br />
durch Rückgriff auf Standardausrüstungen, einen pragmatischen Automatisierungsgrad<br />
und auf minimales Komponentenhandling ausgelegte<br />
Prozesse.<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 63
ANWENDUNG<br />
INDUSTRIE 4.0<br />
PERSPEKTIVEN<br />
PERSPEKTIVEN<br />
Prof. Günther Schuh,<br />
Lehrstuhl für Produktionssystematik<br />
am WZL der<br />
RWTH Aachen<br />
Prof. Fritz Klocke,<br />
Lehrstuhl für Technologie<br />
der Fertigungsverfahren<br />
am WZL der RWTH<br />
Aachen<br />
Bild: WZL der RWTH Aachen<br />
„Wir lassen uns<br />
doch nicht vom<br />
Silicon Valley erzählen,<br />
dass wir<br />
jetzt mit Daten<br />
arbeiten können<br />
– nur weil wir die ersten drei<br />
Schritte längst gemacht haben,<br />
den vierten aber noch nicht!“<br />
Bild: WZL der RWTH Aachen<br />
„Wir müssen<br />
einen durchgängigen<br />
Datenaustausch<br />
ermöglichen.<br />
Relevante<br />
Probleme müssen<br />
dazu aus produktionstechnischer<br />
Sicht sauber formuliert und<br />
Fragen des Schutzes von geistigem<br />
Eigentum geklärt werden.“<br />
Am 18. und 19. Mai 2017 bietet sich Besuchern des AWKs die Chance,<br />
sowohl das ‚Internet of Production für agile Unternehmen‘ als<br />
auch den Aufbau der e.GO-Fertigung selbst in Augenschein zu nehmen.<br />
Dazu finden an den zwei Tagen insgesamt vier Vortragssessions<br />
zu diesen Themen statt:<br />
• Agile Produktentwicklung<br />
• Lernende Produktionssysteme<br />
• Internetbasierte Produktionstechnik<br />
• Wissenschaft in der Produktionspraxis<br />
Nachfolgend dazu jeweils eine kurze Zusammenfassung der jeweiligen<br />
Keynotes.<br />
Agile Produktentwicklung<br />
Der Druck auf Unternehmen, immer schneller, günstiger und radikaler<br />
zu innovieren, ist in den letzten Jahren signifikant gestiegen.<br />
Nach wie vor tun sich insbesondere etablierte Unternehmen<br />
schwer, diesen Forderungen gerecht zu werden – beeinflusst durch<br />
menschliche Verhaltensmuster und historisch gewachsene Strukturen<br />
in der Produktentwicklung. So ist etwa der menschliche Verstand<br />
an evolutionäre Entwicklungen gewöhnt und denkt bei der<br />
Neuentwicklung von Produkten in bekannten Verhaltensmustern –<br />
was einer radikalen Innovation entgegenwirkt. Daher stehen am Anfang<br />
der agilen Produktentwicklung die Beispiele, welche auf Basis<br />
von Markt- und Technologiekenntnissen intern ohne Einbeziehung<br />
des Kunden definiert werden müssen und die zu adressierenden<br />
Kundenbedürfnisse beschreiben. Leicht zu fassen ist dies an dem<br />
Henry Ford zugeschriebenen Zitat aus den Anfängen der Automobilentwicklung:<br />
„Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen,<br />
hätten sie gesagt schnellere Pferde.“ Ein Lösungsraum für die<br />
agile Produktentwicklung spannt sich also erst auf, wenn ‚weitergedacht‘<br />
wird. Hinzu kommt die Herausforderung, dass die zunehmende<br />
Interdisziplinarität in der Entwicklung zu steigenden Verständnisproblemen<br />
zwischen den jeweiligen Fachdisziplinen führt –<br />
was eine fachspezifische Optimierung der Produktumfänge zur Folge<br />
hat. Diese semantischen Konflikte können nur durch interdisziplinäre<br />
Entwicklungsteams und eine fachübergreifende Datendurchgängigkeit<br />
adressiert werden. Agile Unternehmen benötigen darüber<br />
hinaus die Fähigkeit, aus den eigenen Erfahrungen zu lernen<br />
und Änderungen schnell umzusetzen. Hierfür sind durchgängige<br />
und echtzeitfähige Datenstrukturen notwendig. Unternehmensweit<br />
einheitliche Informationsstände führen zur Reduktion von Informationsbeschaffungszeiten<br />
und ermöglichen in Kombination mit flexiblen<br />
Produktionstechnologien die hochfrequente Umsetzung von<br />
Änderungsaufträgen.<br />
Lernende Produktionssysteme<br />
Die Vernetzung und Digitalisierung von Produktionssystemen im<br />
Sinne der Industrie 4.0 ermöglicht eine zentrale Aggregation von<br />
Planungs- und Prozessinformationen. Auswertungen auf Basis dieser<br />
stetig wachsenden Datengrundlage erlauben in einem nächsten<br />
Schritt die Ableitung von Prozesswissen sowie das Lernen für zukünftige<br />
Bearbeitungsfälle. Für agile Unternehmen im globalen<br />
Wettbewerb stellt dies eine neue Möglichkeit dar, um Produktqualität,<br />
Produktivität und Verfügbarkeit weiter zu steigern. Zentrale Herausforderungen<br />
bestehen in der strukturierten Datenerfassung sowie<br />
einer kontextsensitiven Datenverarbeitung, mit dem Ziel einer<br />
Mehrwert-orientierten Auswertung. Die Anforderungen an Datenverfügbarkeit<br />
und -aufbereitung orientieren sich stark an den Fragestellungen,<br />
die durch Entscheider unterschiedlicher Planungsebenen<br />
vorgegeben werden. In der Praxis ergeben sich daher für verschiedene<br />
Planungsebenen unterschiedlich ausgeprägte Rückführungsschleifen.<br />
Bezogen auf die klassische CAD-CAM-NC-Verfahrenskette<br />
kann grundsätzlich zwischen drei solcher Schleifen unterschieden<br />
werden, die nicht entkoppelt voneinander ablaufen, sondern<br />
kaskadierend aufgebaut sind:<br />
• Die innerste Schleife befindet sich auf Werkstattebene. Im Fokus<br />
stehen die echtzeitnahe Überwachung von Prozess und Maschine<br />
während einer spezifischen Bearbeitung sowie die Rückmeldung<br />
von identifizierten Fertigungsproblemen in die Arbeitsvorbereitung.<br />
Dementsprechend werden hier die höchsten Anforderungen<br />
an Datendichte und Einbindung von technologischem Domänenwissen<br />
zur Datenauswertung gestellt.<br />
64 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
INDUSTRIE 4.0 ANWENDUNG<br />
PERSPEKTIVEN<br />
PERSPEKTIVEN<br />
Prof. Robert Schmitt,<br />
Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik<br />
und Qualitätsmanagement<br />
am WZL<br />
der RWTH Aachen<br />
Prof. Christian Brecher,<br />
Lehrstuhl für Werkzeugmaschinen<br />
am WZL der<br />
RWTH Aachen<br />
Bild: WZL der RWTH Aachen<br />
„Die Datensammlung<br />
erfordert<br />
kein einheitliches<br />
Datenformat –<br />
die Strukturierung<br />
erfolgt erst<br />
im Nachhinein. Entscheidend ist,<br />
dass sich weitere Informationen<br />
ergänzen lassen.“<br />
Bild: WZL der RWTH Aachen<br />
„Derzeit werden<br />
die Möglichkeiten<br />
moderner Werkzeugmaschinen<br />
meistens nicht<br />
vollständig genutzt<br />
– wir können also die Produktivität<br />
steigern, wenn es uns<br />
gelingt, den Bearbeitungsprozess<br />
bestmöglich zu führen.“<br />
• Eine angepasste produktspezifische Auswahl von Fertigungsressourcen<br />
und Betriebsmitteln innerhalb der Arbeitsvorbereitung<br />
wird bei der mittleren Schleife betrachtet. Ergebnisse der Qualitätssicherung<br />
werden hier mit den verwendeten Betriebsmitteln<br />
auf Werkstückebene in Verbindung gebracht, strukturiert abgelegt<br />
und zukünftig für eine statistische Bewertung von Planungsalternativen<br />
vorgehalten.<br />
• Ähnlich verfahren wird in der äußeren Rückführungsschleife: Um<br />
einer steigenden Variantenvielfalt flexibel zu begegnen, erfolgt<br />
hier eine Bewertung von alternativen Prozessketten für strategische<br />
Neuausrichtungen auf Basis von Produktions- und Logistikkenngrößen.<br />
Vorgestellt werden im Rahmen der Ausstellung des AWKs zudem<br />
themenbezogene, industrienahe Demonstrator-Lösungen. Das hierzu<br />
benötigte Domänenwissen wird am Werkzeugmaschinenlabor an<br />
zahlreichen Prüfständen entwickelt und in Form von schnellrechnenden<br />
Modellen abgebildet. Auf diese Weise kann es effizient in Datenauswertungen<br />
eingebunden und angewendet werden.<br />
Internetbasierte Produktionstechnik<br />
Die Produktion wird sich in Zukunft selbstständig auf individuelle<br />
Bearbeitungsaufgaben einstellen und darüber hinaus Optimierungspotenziale<br />
im Hinblick auf Produktivität, Flexibilität und Qualität weiter<br />
ausschöpfen. Zentrale Voraussetzung ist die konsequente und<br />
umfassende Datenakquisition entlang der gesamten Wertschöpfungskette.<br />
Neue modellbasierte Analysemethoden ermöglichen<br />
es, Einzelprozesse und Prozessketten adaptiv zu steuern. Die vollständige<br />
Vernetzung der Maschinen, Werkzeuge und aller IT-Systeme<br />
garantiert dabei den Datenaustausch in Echtzeit. Erweiterte Produktdatenmodelle,<br />
sogenannte ‚digitale Zwillinge‘, werden relevante<br />
Daten der Fertigungshistorie kontextbasiert für Analysen bereitstellen<br />
und so die Prozessentwicklung und -optimierung in der Einzel-<br />
und Serienfertigung deutlich beschleunigen. Softwarebasierte<br />
Assistenzsysteme, sogenannte ‚Technology-Apps‘, werden Prozess -<br />
entwickler, aber auch Maschinenbediener befähigen, ihre Kompetenzen<br />
noch wirkungsvoller einzusetzen. Gerade die Herstellung<br />
hochwertiger Komponenten, etwa für die Luftfahrt, die Energietechnik<br />
oder den Werkzeug- und Formenbau, wird von einer vernetzten,<br />
adaptiven Produktion profitieren. Produzierende Unternehmen leben<br />
heute praktisch in zwei Welten: in einer realen, in der Bauteile,<br />
Werkzeuge und Maschinen existieren und – getrennt davon – in einer<br />
virtuellen Welt, in der Prozess- und Bauteildaten gespeichert<br />
sind. Für eine Zuordnung des Bauteils zu den dazugehörigen Daten<br />
muss ein Mitarbeiter genau wissen, wo welche Daten zu finden<br />
sind. Diese Kluft zwischen Realdaten und der digitalen Welt soll mit<br />
dem Wandel zur Industrie 4.0 verschwinden. Ein digitaler Zwilling<br />
wird durch Identifikationssysteme direkt aus der zentralen unternehmensinternen<br />
Datenbank gewonnen und trägt alle aufgezeichneten<br />
Daten der Fertigungshistorie einschließlich der Projekt- und<br />
Auftragsdaten mit sich.<br />
Keynote Wissenschaft in der Produktionspraxis<br />
„An der Schneide des Drehstahls entscheidet sich die Dividende<br />
des Unternehmens“, lautet ein Zitat von Georg Schlesinger aus dem<br />
Jahr 1904. Rund 100 Jahre später befinden wir uns im Zeitalter der<br />
Industrie 4.0 und Thesen wie ‚Data is the New Oil‘ belegen den<br />
Stellenwert der Digitalisierung. Doch sollten produzierende Unternehmen<br />
Daten nicht zum Selbstzweck oder zu reinen Dokumentationszwecken<br />
erheben. Vielmehr ergeben sich erhebliche Potenziale<br />
für die Produktionspraxis, wenn die Datenerhebung, -bevorratung<br />
und -analyse in wissenschaftlicher Herangehensweise erschlossen<br />
werden. Innovationen ergeben sich vor allem dann, wenn wissenschaftliche<br />
Methoden nicht aus den Ingenieurwissenschaften, sondern<br />
aus anderen Disziplinen angewandt werden.<br />
Infos zu Programm und<br />
Anmeldung zum AWK 2017:<br />
www.awk-aachen.de<br />
K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 65
INSERENTENVERZEICHNIS<br />
VORSCHAU<br />
Deutsche Messe AG,<br />
Hannover ..................................... 33<br />
Fiessler-Elektronik GmbH & CO KG,<br />
Esslingen ..................................... 15<br />
Kullen-KOTI GmbH,<br />
Reutlingen ................................... 68<br />
ZUM SCHLUSS...<br />
Bild: Miele<br />
MICRO-EPSILON-<br />
Mess- Technik GmbH & Co. KG,<br />
Ortenburg ...................................... 3<br />
WSCAD electronic GmbH,<br />
Bergkirchen ................................. 19<br />
Die disziplinübergreifende Zusammenarbeit muss Hürden überwinden...<br />
Wir berichten über den Einsatz des <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong>s<br />
(SE) bei der Miele & Cie. KG. SE ist ein wichtiges Forschungsgebiet<br />
im Technologie-Netzwerk it‘s OWL – Intelligente<br />
Technische Systeme OstWestfalenLippe, an dem<br />
Miele beteiligt ist. Entwurfstechniken unterschiedlicher Disziplinen<br />
werden zu einer übergreifenden Entwurfssystematik<br />
zusammengeführt, die in Modellierungs- und Simulationsmethoden<br />
verfügbar gemacht wird. Dadurch können Unternehmen<br />
die Effektivität und Effizienz ihrer Produktentwicklung<br />
steigern. Entwicklungszeiten werden verkürzt, Abstimmungsbedarfe<br />
und nachträgliche Änderungen entfallen<br />
und die Produktqualität steigt.<br />
Cartoon: Erik Liebermann<br />
ISSN 1612–7226<br />
Herausgeberin: Katja Kohlhammer<br />
Verlag:<br />
Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Ernst-Mey-Straße 8,<br />
70771 Leinfelden-Echterdingen, Germany<br />
Geschäftsführer: Peter Dilger<br />
Verlagsleiter: Peter Dilger<br />
Redaktion:<br />
Chefredakteur:<br />
Dipl.-Ing. Michael Corban (co), Phone + 49 711 7594–417<br />
Stellvertretender Chefredakteur:<br />
Johannes Gillar (jg), Phone + 49 711 7594–431<br />
Redakteure:<br />
Dr.-Ing. Ralf Beck (bec), Phone +49 711 7594–424;<br />
Dipl.-Ing. Andreas Gees (ge), Phone +49 711 7594–293;<br />
Irene Knap B.A. (ik), Phone +49 711 7594–446;<br />
Jens-Peter Knauer (jpk), Phone +49 711 7594–407;<br />
Bettina Tomppert (bt), Phone +49 711 7594–286<br />
Redaktionsassistenz:<br />
Gabriele Rüdenauer,<br />
Phone +49 711 7594–257<br />
E-Mail: kem.redaktion@konradin.de<br />
Layout:<br />
Matthias Rösiger, Phone +49 711 7594–273<br />
Redaktionelle Mitarbeit:<br />
Dipl.-Ing. Jürgen Goroncy<br />
Gesamtanzeigenleiter:<br />
Andreas Hugel, Phone +49 711 7594–472<br />
Zurzeit gilt Anzeigenpreisliste Nr. 52 vom 1.10.2016<br />
Auftragsmanagement:<br />
Annemarie Olender, Phone +49 711 7594–319<br />
Leserservice:<br />
Ute Krämer,<br />
Phone +49 711 7594–5850<br />
Fax +49 711 7594–15850<br />
E-Mail: ute.kraemer@konradin.de<br />
<strong>KEM</strong> erscheint monatlich und wird kostenlos nur an<br />
qualifizierte Empfänger geliefert.<br />
Bezugspreise: Inland 85,00 €inkl. Versandkosten und<br />
MwSt.; Ausland: 85,00 €inkl. Versandkosten.<br />
Einzelverkaufspreis: 8,60 € inkl. MwSt., zzgl. Versandkosten.<br />
Bezugszeit: Das Abonnement kann erstmals vier<br />
Wochen zum Ende des ersten Bezugsjahres gekündigt<br />
werden. Nach Ablauf des ersten Jahres gilt eine Kündigungsfrist<br />
von jeweils vier Wochen zum Quartalsende.<br />
Auslandsvertretungen:<br />
Großbritannien: Jens Smith Partner ship, The Court, Long<br />
Sutton, GB-Hook, Hampshire RG29 1TA, Phone 01256<br />
862589, Fax 01256 862182, E-Mail: media@jens.demon.co.uk<br />
Schweiz: IFF media ag, Frank Stoll, Technoparkstr.3,<br />
CH-8406 Winterthur, Phone +41 52 633 08 88,<br />
Fax +41 52 633 08 99, E-Mail: f.stoll@iff-media.ch USA:<br />
TD.A. Fox Advertising Sales, Inc., Detlef Fox, 5 Penn<br />
Plaza, 19th Floor, New York, NY 10001, Phone +1 212<br />
8963881, Fax +1 212 6293988, detleffox@comcast.net<br />
Gekennzeichnete Artikel stellen die Meinung des Autors,<br />
nicht unbedingt die der Redaktion dar. Für unverlangt<br />
eingesandte Manuskripte keine Gewähr. Alle in <strong>KEM</strong><br />
erscheinenden Beiträge sind urheberrechtlich geschützt.<br />
Alle Rechte, auch Übersetzungen, vorbehalten. Reproduktionen<br />
gleich welcher Art, nur mit schriftlicher Genehmigung<br />
des Verlages.<br />
Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Stuttgart.<br />
Druck: Konradin Druck GmbH, Leinfelden-Echterdingen.<br />
Printed in Germany.<br />
© 2017 by Konradin-Verlag Robert Kohlhammer GmbH,<br />
Leinfelden-Echterdingen.<br />
<strong>KEM</strong> <strong>Konstruktion</strong> <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 02/2017 erscheint am 10. Oktober 2017<br />
EDA<br />
66 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017
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K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017 67
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68 K|E|M <strong>Konstruktion</strong> Sonderausgabe <strong>Systems</strong> <strong>Engineering</strong> 01 2017