Berliner Kurier 08.11.2018
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12 BERLIN BERLINER KURIER, Donnerstag, 8. November 2018 *<br />
Fotos: Lehrke<br />
DerObdachlosevon Schöneberg<br />
Wie hilftman einem,<br />
der keine Hilfe will?<br />
Hinter diesem<br />
Pfeiler des<br />
Amtsgerichts<br />
Martin-Luther-<br />
Ecke Grunewaldstraße<br />
lebt seit<br />
einem Jahr<br />
ein Obdachloser.<br />
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Ein Mann lebt auf der Straße, weil er es so<br />
möchte –Behörden und Helfer sind machtlos<br />
Von<br />
GERHARD LEHRKE<br />
Schöneberg – Glanz und<br />
Elend stoßen in Berlin oft<br />
unmittelbar aufeinander.<br />
Besonders krass an der Martin-Luther-Straße:<br />
Unter<br />
den Kolonnaden des beeindruckenden<br />
Amtsgerichts<br />
Schöneberg haust ein Obdachloser<br />
in unvorstellbaren<br />
Umständen, und niemand<br />
kann ihm helfen.<br />
Vor einem Jahr hat der Mann<br />
sein Lager hier aufgeschlagen,<br />
vorher campierte<br />
er in einem Eingang<br />
der früheren<br />
BVG-Zentrale am<br />
Kleistpark. Umgeben<br />
von Gestank<br />
und Müllsäcken,<br />
in denen auch von Anwohnern<br />
geschenkte Kleidung<br />
liegt, hockt der Mann<br />
unbestimmbaren Alters in einem<br />
Winkel. Auf Ansprache<br />
reagiert er nicht, weder Blickkontakt<br />
noch Gespräch kommen<br />
zustande.<br />
Immer wieder melden Anwohner<br />
über die Ordnungsamts-App,<br />
was sich dort abspielt.<br />
Der Heilpraktiker Norbert<br />
Stolze, der immer wieder<br />
bei seinen Hunde-Runden<br />
vorbeikommt: „Seit Januar<br />
frage ich regelmäßig bei den<br />
Behörden an, aber der Zustand<br />
ändert sich nicht.“ Mit-<br />
Er säuft nicht,er<br />
pöbelt nicht,aber er<br />
ist vollkommen<br />
heruntergekommen<br />
arbeiter des Gerichts berichten,<br />
dass manchmal das Ordnungsamt<br />
vorbeischaut und<br />
die BSR Müllsäcke mitnimmt.<br />
Tempelhof-Schönebergs Sozialstadträtin<br />
Jutta Kaddatz<br />
(CDU): „Der Mann ist seit Jahren<br />
bekannt.“ Ordnungsamt,<br />
sozialpsychiatrischer Dienst,<br />
Caritas und Kältehilfe hätten<br />
sich um ihn gekümmert, aber:<br />
„Er nimmt weder Hilfe noch<br />
Beratung an.“ Eine Beobachtung,<br />
die Angelika Heller vom<br />
Verein „Sunny on tour –Hilfe<br />
für Obdachlose und ihre Hunde“<br />
bestätigt: „Er nimmt weder<br />
Essen noch Getränke an.“<br />
Laut Kaddatz<br />
wurde er mehrmals<br />
in Kliniken<br />
eingewiesen, verschwand<br />
aber immer<br />
wieder.<br />
„Zwangseinweisung<br />
in eine Einrichtung ist<br />
ansonsten nur möglich, wenn<br />
von ihm Gefahr ausginge. Das<br />
ist nicht der Fall.“ Regelmäßige<br />
Rechtsprechung in solchen<br />
Fällen sei, dass das im Grundgesetz<br />
festgeschriebene<br />
Selbstbestimmungsrecht<br />
schwerer wiege als die Fürsorgepflicht<br />
des Staates.<br />
Die Justiz will das Elendslager<br />
nicht abräumen lassen,<br />
weil der Mann friedfertig sei.<br />
Und so bleibt nur, dass die<br />
Wachtmeister des Gerichts<br />
nach dem Mann sehen und bei<br />
Frost den Kältebus alarmieren,<br />
damit er nicht erfriert.