Berliner Kurier 08.11.2018
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10 BERLIN BERLINER KURIER, Donnerstag, 8. November 2018<br />
Suchtfaktor Schokolade<br />
Berlin im<br />
Süß-<br />
Geschäftsführer ohne<br />
Hemd und Krawatte:<br />
RobertRausch führtdie<br />
Firma in 4. Generation.<br />
Der berühmte Chocolatier aus Mitte gönnt sich eine neue Laden-Glasur<br />
Von<br />
SILVIA PERDONI<br />
Mitte – Zum 100. Geburtstage<br />
hat der Chocolatier Rausch<br />
dreiMillionenEuro investiert<br />
und sein Schokoladenhaus<br />
umgestaltet. Am Sonnabend<br />
eröffnen am Gendarmenmarkt<br />
eine Erlebnisausstellung<br />
und ein neues Café.<br />
Im zweiten Stock werden fünfzehn<br />
Dessertsauf einer schicken<br />
Theke im Kreisfahren. Das Prinzip<br />
erinnert aneine Sushi-Bar:<br />
Hungrige sitzen amFließband<br />
und schnappen sich ihre Lieblingsteller.<br />
Am Endebezahlen sie<br />
zwischen 3,50Euro und 4,50 Euro<br />
pro Nachtischhäppchen.<br />
Das Konzept setzt auf Gastronomie<br />
zum Mitmachen. Das entspricht<br />
der Linie von Geschäftsführer<br />
Robert Rausch. Vor vier<br />
Jahren übernahm der 31-Jährige<br />
die Leitung des Unternehmens<br />
mit rund 600 Mitarbeitern in<br />
Berlin und Peine von seinemVater.<br />
ImHerbst 2015 verkündete<br />
er den Rückzug aus dem stationären<br />
Handel. Die Schokolade<br />
solltenicht mehrimSupermarkt<br />
zu haben sein, sondern nur noch<br />
am Gendarmenmarkt und im<br />
Onlineshop. Ein Schritt, der das<br />
Unternehmen laut Rausch 13<br />
Millionen Euro Umsatz kostete.<br />
Aber auch ein Schritt, der einen<br />
Fokus auf Qualitätund Markenwert<br />
legte. Die Edelkakaotafeln<br />
sollten nicht längerneben Billigprodukten<br />
verramscht werden.<br />
Seitdem wachse das Onlinegeschäft<br />
stetig, sagt Rausch. „Jährlich<br />
verschicken wir 30 000 bis<br />
40 000 Pakete im Wert von<br />
durchschnittlich 40 Euro.“ Allerdings<br />
hatte der Geschäftsführer<br />
vor zwei Jahren die Hoffnung<br />
auf 50 000 Bestellungen geäußert,<br />
die er nunwohl wieder ein<br />
wenig korrigiert hat.<br />
„Das Einkaufen verändert sich<br />
in allen Branchen“, sagt Robert<br />
Foto: Istockphoto/Gerd Engelsmann<br />
Rausch. Währendsich der Handel<br />
ins Internetverlagere, müssten<br />
Läden mehrals Ware bieten.<br />
Gut dazu passt die Plantagenwelt,<br />
die sich imSchokoladenhaus<br />
am Gendarmenmarkt über<br />
die erste Etage streckt. Ausstellungsbesucher<br />
lernen auf 300<br />
Quadratmetern, wo Kakao herkommt<br />
und wie er gemacht wird.<br />
Am Ende des Rundgangs stellen<br />
Besucher ihre eigene Schokolade<br />
her: Sie rösten Bohnen,<br />
mahlen sie zu Kakaopulver und<br />
vermengen sie mit Rohrzucker.<br />
Das Stückchen, das hinunterplumpst,darf<br />
genascht werden.<br />
Doch trotz des Probierhäppchens<br />
lassen auch die Eintrittspreise<br />
für die Ausstellung schlucken:<br />
Erwachsene zahlen hier<br />
12,50 Euro und Kinder8,50 Euro.<br />
Die Preise scheinen gemacht<br />
für Touristen, die währendihres<br />
Berlin-Besuchs nicht die Taler<br />
umdrehen. 70 Prozent der 1,2<br />
Millionen jährlichen Kunden im<br />
Schokohaus leben nicht in der<br />
Hauptstadt. Die <strong>Berliner</strong> hingegen<br />
schätzten den Werksverkauf<br />
in Tempelhof. Doch der schloss<br />
im Jahr 2017. „Wir wissen, dass<br />
viele den Shop zurückwollen“,<br />
sagt Robert Rausch und grinst.<br />
Konkreter wird er abernicht.