Berliner Kurier 06.11.2018
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Dienstag, 6. November 2018<br />
Abgewetzte<br />
Lederjacke,<br />
leerer Blick:<br />
Jenny Schily<br />
spielt die<br />
RAF-Aktivistin<br />
als desillusionierte<br />
Gewalttäterin.<br />
WITZDES TAGES<br />
Polizist kontrolliert einen Mann: „Können<br />
Sie sich identifizieren?“ Der Mann kramt<br />
in seiner Tasche ,holt einen kleinen Spiegel<br />
hervor, blickt hinein und sagt: „Ja, das<br />
bin ich!“<br />
WUSSTEN SIE SCHON...<br />
... dass der Anteil von Seniorenmit DepressioneninAltersheimenhöher<br />
ist als bei<br />
GleichaltrigeninPrivatwohnungen? Von<br />
den über 65-Jährigen, diezuHauselebten,<br />
hättenfünfbiszehnProzentDepressionen–<br />
bei deneninPflegeheimen seien es 25 bis 45<br />
Prozent, sagtenPsychologendes Arbeitsbereichs<br />
Altersmedizin am Institutfür Allgemeinmedizin<br />
der Goethe-Universität.<br />
Jenny Schily mit ihrem Vater,dem Ex-RAF-Anwalt<br />
und späteren SPD-Politiker Otto Schily.<br />
www.sam-4u.de<br />
Jenny Schily:<br />
„Die RAF spielt<br />
www.sam-4u.de<br />
WASBEDEUTET...<br />
... Memorabilien? Mit Memorabilien (lat.<br />
memorabilis =denkwürdig) bezeichnet<br />
man zum Beispiel Gegenstände, die die<br />
Erinnerung an jemand oder etwas wachhalten<br />
sollen. Als Memorabilia können<br />
auch Werke der Geschichtsschreibung<br />
und Geografie bezeichnet werden, die in<br />
lexikalischer Form gegliedert sind.<br />
ZULETZT<br />
Polizei-Einsatz wegen Pipi-Einsatz<br />
Wegen „intensivem,penetranten“ Uringeruchs<br />
wurde diePolizeiinHettenleidelheim(Pfalz)<br />
von Anwohnernalarmiert. Die<br />
Quelle und auch die Verursacherinnen warenschnellausgemacht.Die<br />
zweialten<br />
Frauenwarengeständig: Sie hätten den<br />
Uringesammelt, um damit das Unkraut vor<br />
ihrem Anwesen zu bekämpfen,erklärteeine<br />
85-Jährige. Die Bitte, künftig eine geruchsfreundlichere<br />
Alternative zu nutzen, nahmen<br />
die Damen „prinzipiell einsichtig“ auf.<br />
4<br />
194050<br />
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21045<br />
für mich keine Rolle“<br />
DasZDF macht die Tochter des Ex-Terroristen-Anwalts zur Terroristin<br />
Von<br />
BERND PETERS<br />
Ausgerechnet sie! Jenny<br />
Schily (51), Tochter von<br />
Ex-RAF-Anwalt und Ex-<br />
Innenminister Otto Schily<br />
(86), zeigte sich gestern<br />
Abend erstmals selbst als<br />
RAF-Aktivistin. Im ZDF-<br />
Zweiteiler „Der Mordanschlag“,<br />
der morgen fortgesetzt<br />
wird. Die Tochter<br />
des Ex-Terroristenanwalts<br />
wurde für den<br />
Thriller also selbst zur<br />
Terroristin. Im KURIER<br />
erklärt die Schauspielerin<br />
die Hintergründe.<br />
Terror-Rolle? Her damit!<br />
Für die <strong>Berliner</strong>in war die<br />
fiktive RAF-Frau „Bettina<br />
Polheim“, die von mehreren<br />
realen Linksaktivistinnen<br />
inspiriert ist, eine dankbare<br />
Rolle. Nicht nur, weil sie<br />
nicht jeden Tag eine Hauptfigur<br />
in einem ZDF-Zwei-<br />
teiler angeboten bekommt.<br />
Extreme Rollen haben für<br />
Schauspieler eben auch extremes<br />
Potenzial.<br />
„Das Spannende war für<br />
mich die Mischung aus Verblendung,<br />
eiskalter Gewalttätigkeit<br />
und Getriebenheit“,<br />
sagte Schily im Interview.<br />
„Irgendwie wirkt sie<br />
auch hilflos: Wenn sie argumentiert,<br />
drischt sie eigentlich<br />
nur noch Phrasen, es<br />
gibt keine echte Vision<br />
mehr. Sie versucht zwar,<br />
sich die Nöte und Interessen<br />
der Arbeiter auf die<br />
Fahnen zu schreiben, aber<br />
das gelingt nicht und eigentlich<br />
interessiert sich niemand<br />
mehr für die RAF.“<br />
Der Film spielt wohlbemerkt<br />
in den Wendejahren,<br />
als die „dritte Generation“<br />
der RAF aktiv war.<br />
Aber auch wenn die RAF<br />
sich mittlerweile selbst<br />
überlebt habe, kann Schily<br />
dem Film etwas Aktuelles<br />
abgewinnen: „Ein sogar<br />
zeitloses Thema scheint mir<br />
die Radikalisierung von<br />
Menschen zu sein, die sich<br />
für die Abgehängten der Gesellschaft<br />
einsetzen, deren<br />
politische Positionen aber<br />
nur in Form undifferenzierter,<br />
schablonenhafter Verallgemeinerung<br />
möglich<br />
sind. Dazu gehört zwingend<br />
auch ein Feindbild oder eine<br />
Bedrohung, die es mit allen<br />
Mitteln zu bekämpfen<br />
gilt.“<br />
Rechts oder links sei da<br />
nicht wichtig. „Heute<br />
kommt die Radikalisierung<br />
eher aus dem rechten Spektrum.<br />
Die Macht und Autonomie<br />
des Kapitalismus hat<br />
sich aber auch mit der Globalisierung<br />
immer weiter<br />
ausgebreitet – enthemmt<br />
und unanständig.“ Klare<br />
Kante.<br />
Sie selbst sei aber trotz der<br />
RAF-Nähe ihres Vaters nie<br />
versucht gewesen, dort einzusteigen.<br />
„Ich war in dieser<br />
Zeit mehr mit meiner eigenen<br />
Orientierung beschäftigt<br />
– beeinflusst<br />
haben mich Punk-, Ökound<br />
Friedensbewegungen.<br />
Und nach dem Mauerfall<br />
fand ich es aufregend, dieses<br />
neue fremde Land zu<br />
entdecken. Die RAF spielte<br />
für mich, bis auf die spätere<br />
Beschäftigung mit der ersten<br />
Generation, keine Rolle.“<br />
Erst „im Zuge der Arbeit<br />
am Film“ habe sie sich jetzt<br />
wieder intensiver damit beschäftigt.<br />
Was hat sie dabei über die<br />
RAF-Kämpfer gelernt? „Ihr<br />
Wunsch nach radikalen,<br />
einfachen Lösungen kann<br />
man als Reaktion auf die<br />
komplexer und diffuser gewordene<br />
Realität verstehen.“<br />
Das größte Problem,<br />
sie als Schauspielerin darzustellen:<br />
„Ich musste immer<br />
wieder versuchen, den<br />
Klischees zu entrinnen, die<br />
manchmal nicht nur für<br />
mich das Naheliegendste zu<br />
sein schienen.“<br />
Fotos: ZDF,Getty