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Berliner Kurier 06.11.2018

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30 PANORAMA BERLINER KURIER, Dienstag, 6. November 2018*<br />

Gigantischer ProzessinNew York<br />

Für El Chapo<br />

werden ganze<br />

Straßen gesperrt<br />

Dem Ex-Chef des<br />

mexikanischen<br />

Sinaloa-Kartells droht<br />

lebenslänglich Knast<br />

NewYork – BeiGerichtsanhörungen<br />

wandert Joaquín<br />

Guzmáns (61) erster Blickimmer<br />

direkt zu seiner Frau, sofern<br />

sie denn im Saal sitzt.<br />

Auch mit Beginn seines Strafprozesses<br />

kann der mexikanische<br />

Drogenboss, besser bekannt<br />

unter seinem Spitznamen<br />

„El Chapo“, wieder nach<br />

Emma Coronel und den gemeinsamen<br />

Zwillingstöchtern<br />

Ausschau halten. Erst mal<br />

müssen allerdings – unter<br />

höchsten Sicherheitsauflagen<br />

–zwölf Geschworene gefunden<br />

werden, die über den<br />

Mann urteilen sollen, der lange<br />

als einer der meistgesuchten<br />

Verbrecher der Welt galt.<br />

Nach rund zwei Jahren im<br />

Hochsicherheitsgefängnis in<br />

Manhattan –das härter sein<br />

soll als das Lager Guantánamo<br />

auf Kuba –begann gestern für<br />

den 164 Zentimeter kleinen El<br />

Chapo („der Kurze“) der Prozess<br />

mit der Auswahl der Geschworenen,<br />

die aus Sicherheitsgründen<br />

anonym über<br />

Guzmáns Schicksal entscheiden<br />

sollen. Zu groß sei die von<br />

El Chapo ausgehende Gewalt,<br />

nachdem er mutmaßlich Hunderte<br />

Menschen ermorden,<br />

angreifen und entführen ließ,<br />

meint Richter BrianCogan.<br />

Rund 20 bewaffneteSicherheitsleute<br />

schützen das Gerichtsgebäude<br />

in Brooklyn.<br />

Der Auswahlvorgang könnte<br />

sich über mehrere Tage hinziehen.<br />

Der eigentliche Prozessauftakt<br />

ist dann für den<br />

kommenden Dienstag geplant.<br />

DasVerfahren dürfte mehrere<br />

Monate dauern. Rundein Dutzend<br />

Staatsanwälte sitzen in<br />

NewYork an dem Fall, 16 Zeugen<br />

haben sie in Stellung gebracht.<br />

Guzmán hat mehrere<br />

Star-Verteidiger angeheuert.<br />

Aus Sicherheitsgründen wird<br />

Joaquín Guzmán<br />

führte 25 Jahrelang<br />

eines der mächtigsten<br />

Drogenkartelle der Welt.<br />

jeweils die viel befahrene<br />

Brooklyn Bridge gesperrt,<br />

wenn El Chapo zum Gericht<br />

gefahrenwird.<br />

Der 61-Jährige verdiente<br />

nach Überzeugungder Staatsanwaltschaft<br />

mit Drogenschmuggel<br />

und anderen illegalen<br />

Geschäften Milliarden.<br />

LautAnklage soll das mexikanische<br />

Sinaloa-Kartell unter<br />

seiner Führung zwischen<br />

1989 und 2014 fast 155 Tonnen<br />

Kokain in die USA geschmuggelt<br />

haben. Im blutigen<br />

Drogenkrieg, der auch ohne<br />

ihn weitertobt,gleicht Guzmán<br />

einer Jagdtrophäe. Sein weltweiter<br />

Ruhm lässt sich mit<br />

dem des 1993 getöteten Drogenbarons<br />

Pablo Escobar vergleichen.<br />

Die Chicago Crime<br />

Commission hatte ihn 2013<br />

zum Staatsfeind Nummer eins<br />

erklärt –ein Titel, den zuvor<br />

nur Gangsterboss AlCapone<br />

trug. Das Magazin „Forbes“<br />

führte ihn in seinen Milliardärslisten,<br />

sprach vom„mächtigsten<br />

Drogenhändler weltweit“.<br />

Doch wo sein auf rund<br />

14 MilliardenDollar geschätztes<br />

Vermögen steckt, ist eine<br />

der Fragen, die die Ermittler<br />

brennendinteressieren.<br />

2017 war El Chapo in die<br />

USA ausgeliefert worden.<br />

Seitdem sitzt er in dem Hochsicherheitsgefängnis<br />

in Manhattan,<br />

24 Stunden am Tagin<br />

einer 15 Quadratmeter großen,<br />

fensterlosen Zelle. Ausnahmen<br />

gibt es nur unter der Woche,<br />

wenn er täglich eine Stunde<br />

ein Laufband und einen<br />

Januar 2017: El Chapo<br />

in Handschellen bei der<br />

Auslieferung in die USA<br />

Fahrrad-Trainer benutzen<br />

darf. Depressionen und Halluzinationen<br />

seien die Folge,<br />

warnen seine Anwälte. In Mexiko<br />

waren Guzmán zuvor<br />

mehrere spektakuläre Gefängnisausbrüche<br />

gelungen.<br />

Wird Guzmán nur in einem<br />

einzigen der 17 Anklagepunkte<br />

schuldig gesprochen, muss er<br />

den Rest seines Lebens hinter<br />

Gittern verbringen. Die Todesstrafe<br />

ist nach einer Einigung<br />

zwischen Mexiko und den<br />

USAausgeschlossen.

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