ZAP-2018-20
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Fach 18, Seite 1618<br />
Rechtsprechungsübersicht – 1. Hj. <strong><strong>20</strong>18</strong><br />
Sozialrecht<br />
Zur Versicherungspflicht bzw. -freiheit bei einer Tätigkeit als Bereitschaftsarzt in einer geriatrischen<br />
Rehabilitationsklinik s. auch LSG Mainz v. 12.12.<strong>20</strong>17 – L 6 R 255/15 (die zugelassene Revision wurde<br />
eingelegt, BSG B 12 R 2/18 R; hierzu FREUDENBERG jurisPR-SozR 13/<strong><strong>20</strong>18</strong> Anm. 4). Zum Status von Honorarärzten<br />
sind derzeit weitere Verfahren beim BSG anhängig (B 12 R 10/18 R und B 12 R 13/18 R; zum<br />
Status von Pflegekräften, die auf Honorarbasis tätig werden, B 12 R 6/18 R sowie B 12 R 7/18).<br />
VI.<br />
Verfahrensrecht<br />
1. Wiedereinsetzung bei Versäumen der Klagefrist wegen Störung des Telefaxeingangs<br />
bei Gericht<br />
Die Parteien stritten um höhere Leistungen der Grundsicherung vom Zeitpunkt des Wirksamwerdens<br />
einer Mieterhöhung an. Der beklagte Landkreis lehnte dies durch Widerspruchsbescheid vom 13.5.<strong>20</strong>15<br />
ab. Der bevollmächtigte Rechtsanwalt der Klägerin übersandte am Tag des Ablaufs der Klagefrist<br />
vormittags die gegen den Bescheid gerichtete Klageschrift mittels Telefax an das knapp 30 km vom<br />
Kanzleisitz entfernte SG. Die Übermittlung schlug fehl, weil der Telefax-Eingang des SG an diesem Tag<br />
durchgehend gestört war. Als der Bevollmächtigte dies bemerkte, schickte er eine E-Mail an das SG,<br />
an die die eingescannte, unterschriebene Klageschrift als PDF-Datei angehängt war. Die Geschäftsstelle<br />
druckte den Anhang am selben Tag aus und versah ihn mit einem Eingangsstempel. Das<br />
Original der Klageschrift ging erst am nächsten Tag mit der Briefpost ein. Die Vorinstanzen haben die<br />
Klage als unzulässig abgewiesen, sie sei nicht rechtzeitig erhoben.<br />
Das BSG hat im Revisionsverfahren das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an das LSG<br />
zurückverwiesen, weil die Vorinstanzen die Klage zu Unrecht als unzulässig angesehen haben (Urt. v.<br />
24.4.<strong><strong>20</strong>18</strong> – B 8 SO 23/16 R). Das Gericht lässt es offen, ob die als Anhang einer E-Mail an das SG<br />
gesandte, eingescannte und unterschriebene Klageschrift, die am Tag des Fristablaufs vollständig<br />
ausgedruckt beim SG vorlag, verfristet war. Der Klägerin wäre bei Versäumen der Klagefrist jedenfalls<br />
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) zu gewähren.<br />
Hinweise:<br />
• Grundsätzlich wird Wiedereinsetzung nur auf Antrag gewährt, der binnen eines Monats nach Wegfall<br />
des Hindernisses zu stellen ist, § 67 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 SGG. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte<br />
Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag<br />
gewährt werden, § 67 Abs. 2 S. 3, 4 SGG.<br />
§ 67 SGG findet nach § 84 Abs. 2 S. 3 SGG auch im Widerspruchsverfahren Anwendung. Für<br />
Verfahrensfristen im Verwaltungsverfahren gilt § 27 SGB X. Neben den unterschiedlichen Anwendungsbereichen<br />
gibt es zwischen den beiden Vorschriften auch inhaltliche Abweichungen:<br />
• Die Frist, innerhalb derer Wiedereinsetzung zu beantragen ist, beträgt bei § 27 SGB X zwei Wochen,<br />
bei § 67 SGG einen Monat.<br />
• Nach § 27 Abs. 2 SGB X „sind“ die Tatsachen zur Begründung des Antrags glaubhaft zu machen, § 67<br />
Abs. 2 S. 2 SGG sieht vor, dass dies geschehen „soll“.<br />
• Eine Regelung wie in § 27 Abs. 5 SGB X – Ausschluss der Wiedereinsetzung durch Rechtsvorschrift<br />
– fehlt in § 67 SGG.<br />
• Eine erleichterte Wiedereinsetzung bei Verfahrens- und Formfehlern findet sich in § 41 Abs. 3 SGB X.<br />
Kausal für die Fristversäumung um einen Tag war allein die Störung des Faxeingangs bei Gericht. Mit<br />
der Aufgabe der Klageschrift zur Post noch am Tag der gescheiterten Übersendung mittels Telefax hat<br />
der Prozessbevollmächtigte der Klägerin alle ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um<br />
weitere Verzögerungen zu verhindern.<br />
1076 <strong>ZAP</strong> Nr. <strong>20</strong> 24.10.<strong><strong>20</strong>18</strong>